| Titel: | Die Entwicklung der neuzeitlichen Vergaser. | 
| Autor: | Wimplinger | 
| Fundstelle: | Band 339, Jahrgang 1924, S. 199 | 
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                        Die Entwicklung der neuzeitlichen
                           								Vergaser.
                        Von Dipl.-Ing. Wimplinger, Berlin-Südende.
                        (Forts. v. Ste. 114 d. Bds.)
                        [Die Entwicklung der neuzeitlichen Vergaser.]
                        
                     
                        
                           Der Vergaser im Kraftwagen wird oft mit dem Herzen im menschlichen Organismus
                              									verglichen. Die Ansprüche, die an einen neuzeitlichen Vergaser im Fahrbetrieb
                              									gestellt werden, sind sehr zahlreich und nicht leicht zu erfüllen. Der Vergaser muß
                              									ermöglichen, daß der Motor auch im kalten Zustande leicht anspringt, wobei eine
                              									möglichst niedrige Drehzahl im Leerlauf und unter Belastung zu erreichen ist. Dem
                              									schnellen Wechsel der Fahrgeschwindigkeit, die durch das schnellen Oeffnen des
                              									Drosselorgans erfolgt, muß der Vergaser durch die sofortige Lieferung der
                              									notwendigen Brennstoffmenge folgen können. Dies entspricht einer sofortigen
                              									Kraftentfaltung des Motors und einer guten Regulierfähigkeit beim plötzlichen
                              									Wechsel der Motordrehzahl. Mit Rücksicht auf einen wirtschaftlichen Betrieb hat der
                              									Vergaser weiterhin die Aufgabe, bei allen Motordrehzahlen und geringstem
                              									Brennstoffverbrauch die höchst erreichbare Motorleistung bei allen Motordrehzahlen
                              									zu erzielen. Dies ist mit Rücksicht auf die hohen Brennstoffpreise von besonderer
                              									Bedeutung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 199
                              Abb. 1.
                              
                           In Abb. 1 und 2 ist die
                              									Bauart des Solexvergasers dargestellt, der sehr häufig, besonders bei schnellen
                              									Personenwagen, Verwendung findet. Der Querschnitt für das Brennstoff-Luftgemisch
                              									wird durch den Drehschieber V eingestellt, wobei derselbe den ganzen Querschnitt
                              									freigibt, so daß der Gemischstrom innerhalb desselben auf keinerlei Hindernis stößt.
                              									Das Ar springen des Motors geschieht bei fast ganz geschlossenem Drehschieber
                              									und die Brennstoffzufuhr erfolgt in dieser Stellung nun durch die Leerlaufdüse g,
                              									die mit dem Vergaserhauptkanal durch die Bohrung y verbunden ist. Wird der
                              									Drehschieber V noch mehr geöffnet, dann wird der Leerlaufkanal y allmählich
                              									geschlossen. Dadurch wird eine gleichmäßige Erhöhung der Drehzahl und eine
                              									gleichmäßige Leistungssteigerung des Motors erreicht. Die Hauptdüse G ist innerhalb
                              									des Lufttrichters K angeordnet. Wie die Abb. 4 zeigt,
                              									besteht die Hauptdüse aus drei Teilen: dem Düsenhalter t, dem Düsenhütchen A und der
                              									kalibrierten Brennstoffdüse G. Die kleinste Oeffnung des Drehschiebers kann sehr
                              									genau durch die Schraube Z eingestellt werden, welche gleichzeitig, wie Abb. 1 zeigt, als Anschlag für die größte Oeffnung
                              									dient.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 199
                              Abb. 2.
                              
                           Die Gemischbildung beruht hier auf der Veränderlichkeit des Brennstoffspiegels
                              									innerhalb der Brennstoffdüse. Steigert sich der Brennstoffverbrauch, so sinkt der
                              									Brennstoffspiegel. Die Flüssigkeitssäule u nach Abb.
                                 										4 wird mit zunehmender Drehzahl schnell verbraucht, so daß der
                              									Brennstoffspiegel in der Düse bis o sankt. Bei niedriger Drehzahl dagegen kommt
                              									durch die Oeffnung o mehr Brennstoff nach, als der Motor verbraucht, so daß die
                              									Flüssigkeitssäule u eine von der Drehzahl abhängige Größe erhält. Innerhalb dieser
                              									Höhe wird durch die ebenfalls genau kalibrierten Oeffnungen s und a Luft zugeführt,
                              									welche, um in das Innere der Düse G zu gelangen, im fein verteilten Zustande sich
                              									mit der Brennstoffsäule u vermischen wird. Durch die Größe der Luftlöcher a wird
                              									also die Zusammensetzung des Gemisches automatisch reguliert, so daß bei jeder
                              									Drehzahl die günstigste Gemischbildung eintritt. Durch eine solche automatische
                              									Regulierung wird jede Brennstoffvergeudung vermieden. Im allgemeinen ist es nicht
                              									schwer, einen Vergaser so einzustellen, daß er bei einer bestimmten Drehzahl oder
                              									Leistung den geringsten Brennstoff verbraucht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 200
                              Abb. 3.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 200
                              Abb. 4.
                              
                           Weit schwieriger ist es aber, die Wirkungsweise des Vergasers
                              									so zu gestalten, daß er bei jeder Drehzahl den geringst möglichen
                              									Brennstoffverbrauch erzeugt. Bei Vergasern mit zwei Düsen tritt öfters die
                              									Erscheinung auf, daß bei dem Uebergang von der einen auf die andere Düse Lücken in
                              									der Stetigkeit der Gemischbildung eintreten. Es treten sogenannte „Aussetzer“
                              									ein, welche dann praktisch durch überschüssige Brennstoffzuführung an dieser
                              									Stelle vermieden werden. Zu diesem Zwecke wird in den meisten Fällen eine größere
                              									Leerlaufdüse gewählt, als für den Leerlauf erforderlich wäre, wodurch eine dauernde,
                              									wenn auch geringe Brennstoffvergeudung entsteht. Durch die Bauart des Solexvergasers
                              									und der zweckentsprechenden Anordnung des Drehschiebers V sind solche Lücken in der
                              									Gemischbildung möglichst vermieden. Die bauliche Ausgestaltung des Vergasers ist so
                              									getroffen, daß derselbe aus zwei Teilen besteht, die durch den Bolzen l und Mutter E
                              									zusammengeschraubt werden. Der obere Teil des Vergasers bleibt also am Motor
                              									befestigt, wenn der untere Teil gelöst wird, um Schwimmer, Haupt- oder Leerlaufdüse
                              									auszuwechseln. Bei einem solchen Düsenwechsel geht kein Brennstoff verloren. Die
                              									Brennstoffzuführung befindet sich ebenfalls wegen der besseren Zugänglichkeit
                              									oberhalb des Schwimmers (Abb. 1). Diese Anordnung hat
                              									den Vorteil, daß die Schwimmernadel p und ihr Sitz x leicht nachgeprüft werden kann,
                              									ohne den Schwimmer aus dem Gehäuse herausnehmen zu müssen. Die Einstellung des
                              									Vergasers besteht darin, die geeigneten Abmessungen des Lufttrichters K und der
                              									beiden Brennstoftdüsen G und g zu bestimmen. Die Einregulierung der beiden Düsen G
                              									und g ist einfach, da sie in ihrer Wirkung von einander unabhängig sind. Die
                              									Aenderung der einen Düse beeinflußt keineswegs die andere in irgend weicher Weise.
                              									Wenn Bohrung, Hub und Drehzahl bei der Höchstleistung des Motors bekannt sind, so
                              									wird die Größe des Lufttrichters K an Hand von Erfahrungszahlen bestimmt, oder so
                              									berechnet, daß an der engsten Stelle desselben eine mittlere Luftgeschwindigkeit von
                              									etwa 100 m entsteht.
                           
                              
                                 (Forts. folgt.)