| Titel: | Blitzschutz von Kirchen. | 
| Autor: | C. Michalke | 
| Fundstelle: | Band 339, Jahrgang 1924, S. 211 | 
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                        Blitzschutz von Kirchen.
                        Von Dr. C. Michalke
                           								(Charlottenburg).
                        [Blitzschutz von Kirchen.]
                        
                     
                        
                           Kirchen sind wegen ihrer hochragenden Türme besonders Einschlägen des Blitzes
                              									ausgesetzt. Wegen der großen Gefährdung der in der Kirche versammelten Menschen muß
                              									der Blitzschutz möglichst vollkommen sein. Das Bestreben, nichts zu unterlassen, was
                              									zugleich unter Berücksichtigung des hohen Kunstwertes der Baulichkeiten und der
                              									Kirchenschätze für deren Schutz getan werden kann, wurden manchmal in
                              									unwirtschaftlicher und zugleich unkünstlerischer Weise überflüssige Maßnahmen beim
                              									Bau der Blitzableiter getroffen. Die Anschauungen über die zweckmäßigste Ausführung
                              									von Blitzableitern haben sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt und geklärt. Auch
                              									wenn nicht wirtschaftliche Gründe zur möglichst einfachen Ausführung zwingen, werden
                              									Blitzableiter gegenüber früheren Anlagen, einfacher und dabei zweckmäßiger
                              									hergestellt.
                           Selten kann der Architekt, so wünschenswert es auch wäre, schon beim Entwurf eines
                              									Bauwerks auf die erforderliche Herstellung der Blitzableiter Rücksicht nehmen. Er
                              									überläßt es dem Blitzableiterfabrikanten, nachträglich die Leitungen am Gebäude
                              									anzubringen. Nicht immer gelingt es da, das Zweckmäßige mit dem Schönen so zu
                              									verbinden, daß der künstlerische Eindruck nicht gestört wird. In Abb. 1 ist beispielsweise die Blitzableiterführung für
                              									einen Kirchturm dargestellt, wie man sie zuweilen noch findet. In den meisten Fällen
                              									läßt sich aber eine allen neuzeitlichen Ansprüchen und Vorschriften gerecht werdende
                              									Blitzableiteranlage auch noch nachträglich einbauen, ohne das Gesamtbild ungünstig
                              									zu beeinflussen.
                           Von den früher für einen guten Blitzableiter als unentbehrlich angesehenen feinen
                              									Spitzen, vergoldet oder mit Platinbelegung versehen, auf hohen Auffangstangen ist
                              									man zwar dank der Aufklärung abgegangen, man hält aber vielfach noch an
                              									Altväterlichem fest und verlegt besondere Leitungen, wo vorhandene natürliche
                              									Metallmassen für die Ableitung des Blitzes vollauf genügen würden.
                           Die in Bild 1 dargestellte von der Kirchturmspitze
                              									herabführende unschöne Leitung ist überflüssig, wenn die Kirchturmbedeckung metallen
                              									ist. Es genügt vollständig, wenn die Leitung (Bild 2)
                              									erst weiter unten dort angeschlossen wird, wo die Metallbelegung aufhört. Den
                              									vorgeschriebenen Querschnitt von mindestens 100 mm2 für Eisen, für Zink 150, für Blei 300, für Kupfer 50 mm2 besitzen Metalldächer wohl stets. Die große
                              									Oberfläche der Dächer ist für die Fortleitung des Blitzstroms günstig.
                              									Selbstverständlich muß die als Auffangvorrichtung dienende Kirchturmspitze, das
                              									Kreuz, die Wetterfahne oder dergleichen mit dem Metalldach sicher leitend verbunden
                              									sein. Diese Verbindung, ebenso die der Leitung mit dem Dach muß so sein, daß auch
                              									bei Regenwetter keine Elementenbildung, bei der das elektropositive Metall
                              									zerfressen wird, eintritt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 211
                              Abb. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 211
                              Abb. 2.
                              
                           An ein Kupferdach darf beispielsweise keine Eisenleitung ohne
                              									Schutzmaßnahme angeschlossen werden, da das Eisen durch das vom Kupfer herabrinnende
                              									Wasser zerstört wird. (Unschädlich könnte dies durch einen kleinen
                              									Durchführungisolator gemacht werden, der die Ueberbrückung der Verbindungsstelle
                              									durch Feuchtigkeit verhindert. Dieses Ueberbrücken, das für die Wirksamkeit des
                              									galvanischen Elements nötig ist, kann auch durch ein kleines metallenes Schutzdach
                              									verhindert werden, das in den oberen Leitungsteil eingefügt ist.)
                           
                           Noch mehr verschlechtert wird das Aussehen, wenn längs des Turms außen zur
                              									Erhöhung der Zuverlässigkeit des Blitzschutzes zwei Ableitungen verlegt werden.
                           Hat der Turm kein Metalldach, so kann doch gleichfalls ein unschönes Verlegen der
                              									Ableitungen vermieden werden, wenn die Leitung im Innern des Turms herabgeführt
                              									wird, wodurch zugleich innere Metallmassen des Turms in übersichtlicher Weise mit
                              									der Blitzableitung in Verbindung gebracht werden können.
                           Daß das massige Kirchturmkreuz oder die Wetterfahne durch einen Einschlag zerstört
                              									werden könnten, ist kaum anzunehmen. Durch eine besondere überragend angebrachte
                              									Auffangstange ist auch keine Gewähr gegeben, daß dieser allein bei einem Einschlag
                              									den genannten Blitzstrom aufnimmt. Eine solche Auffangstange muß mit allen
                              									Metallteilen des Turmes gut leitend in Verbindung stehen, wenn keine Gefährdung
                              									durch Ueberschläge eintreten soll. Eine besondere Blitzableitung für den Turm macht
                              									die sichere Verbindung dieser Metallteile nicht überflüssig.
                           Der Ableiter des Turms genügt allein nicht, um auch das Kirchenschiff zu schützen.
                              									Die in vielen Lehrbüchern angegebenen Angaben über den sog. Schutzraum hochragender
                              									durch Ableiter geschützter Bauteile sind nach der mutmaßlichen Potentialverteilung
                              									des elektrischen Feldes gefühlsmäßig angenommen und können nicht als unbedingt
                              									sicher gelten. Das Schiff muß daher wie jedes andere Gebäude noch durch Ableiter
                              									geschützt werden.