| Titel: | Die elektrische Schweißung mit dem Wechselstromlichtbogen. | 
| Autor: | Franz | 
| Fundstelle: | Band 339, Jahrgang 1924, S. 224 | 
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                        Die elektrische Schweißung mit dem
                           								Wechselstromlichtbogen.
                        Von Dipl.-Ing. Franz
                           								(Charlottenburg).
                        FRANZ, Die elektrische Schweißung mit dem
                           								Wechselstromlichtbogen.
                        
                     
                        
                           Man unterscheidet grundsätzlich drei Arten von elektrischen Schweißverfahren.
                              									Bei dem ersten werden zwei Metallstucke als Elektroden verwendet, bei dem zweiten
                              									ein Kohlestab und das zu schweißende Werkstück. Das dritte sieht als eine Elektrode
                              									das Werkstück, als andere den Stab aus dem zur Schweißung gewünschten Zusatzmetall
                              									vor. Wegen der günstigen Wärmeausnützung ist dieses Verfahren das
                              									gebräuchlichste.
                           Da das Werkstück größere Masse besitzt als der Schmelzstab, ist es erwünscht, dem
                              									Werkstück eine größere Wärmemenge zuzuführen als dem Schweißstab. Bei der Schweißung
                              									mit Gleichstrom wird dies einfach dadurch erreicht, daß das Werkstück an den
                              									positiven Pol angeschlossen wird, da der Spannungsabfall und damit die Wärmewirkung
                              									auf der Anodenseite des Lichtbogens erfahrungsgemäß größer ist, als an der
                              									Kathode. Während nun über die Gleichstromschweißung wenig Klagen laut wurden, waren
                              									die Ansichten über die Verwendbarkeit des Wechselstromlichtbogens zur Schweißung
                              									recht geteilt. Mußte er doch – so schien es – schon bezüglich seiner Wärmewirkung
                              									infolge des Polwechsels dem Gleichstrombogen unterlegen sein. Zur Prüfung dieser
                              									Frage wurden von Dr.-Ing. F. Wörtmann in der Techn. Hochschule Hannover eingehende
                              									Versuche mit Wechselstromlichtbogen angestellt, über die im 9. Heft der Zeitschrift
                              										„Der elektrische Betrieb“ (22. Jahrgang) berichtet wird. Es wurde eine
                              									Reihe von Oszillogrammen des Wechselstromlichtbogens aufgenommen, an Hand deren es
                              									sich nachweisen, ließ, daß auch beim Wechselstromlichtbogen eine ungleiche, das
                              									Werkstück begünstigende Verteilung der Wärmemenge stattfand und zwar infolge der
                              									Gleichrichterwirkung von Elektroden verschiedener Temperatur. Die Jonisierung einer
                              									Gasstrecke geht von der Kathode aus. Da die Leitfähigkeit und damit der
                              									Stromdurchgang im Lichtbogen von der Temperatur der Elektroden abhängt, ist es klar,
                              									daß dann, wenn der dünnere und deshalb heißere Schweißstab als Kathode dient, die
                              									Stromwelle des Bogens einen größeren Ausschlag zeigt als wenn das kühlere Werkstück
                              									Kathode ist. Der Ueberschuß der einen Stromwelle über die andere geht nun sozusagen
                              									als Gleichstrom, der den Wechselstrom überlagert, (daher
                              										„Gleichrichterwirkung“) vom Werkstück zum Schmelzstab, so daß auch hier
                              									dem Werkstück eine größere Wärmemenge zugeführt wird als dem Stab. Der
                              									Ueberschußstrom in der Richtung Werkstück - Schweißstab kann bis 46 % des
                              									Effektivwertes des Stroms betragen.
                           Begünstigt wird die Wärmewirkung noch durch die Tatsache, daß die Zeitdauer der
                              									Stromwelle während der Schmelzstab Kathode ist, die Dauer der andern Welle
                              									übertrifft; was sich geometrisch in der Weise äußert, daß die horizontale Achse des
                              									Koordinatensystems um einen konstanten Strombetrag abwärts verschoben wird. Dieser
                              									Unterschied der Stromwellendauer scheint durch den stromliefernden
                              									Streutransformator bewirkt zu werden, der bei der mit der Umpolung wechselnden
                              									Belastung eine verschiedene Phaseneinstellung des Stromes gegenüber der Spannung
                              									zeigt. Vielleicht wird aber auch durch die wechselnde Temperatur der Elektroden ein
                              									zusätzlichen Strom erzeugt, der die oben erwähnte Verschiebung der Abszissenachse
                              									nach sich zieht.
                           Bei den Versuchen von Dr. Wörtmann stellte sich übrigens noch heraus, daß das
                              									Geräusch beim Lichtbogen hoher Stromstärke eine Folge der großen
                              									Spannungsschwankungen ist, die durch das Verdampfen des Schweißstabes entsteht,
                              									während er als Kathode dient.
                           Zündung und Aufrechterhaltung des Wechselströmlichtbogens sind schwieriger als beim
                              									Gleichstrombogen. Bei der Prüfung der Bedingungen hierfür ergab sich, daß der
                              									Wechselstrombogen mit Sicherheit gezündet wird, wenn die Schweißmaschine eine
                              									gewisse magnetische Speicherfähigkeit besitzt, so daß die Spannung genügt, die zur
                              									Zündung des Lichtbogens erforderliche Ionisation der Gasstrecke einzuleiten. Die
                              									Aufrechterhaltung des Bogens ist wesentlich von der Geschwindigkeit abhängig, mit
                              									der die Entfernung zwischen Werkstück und Schweißstab, also die Lichtbogenlänge
                              									verändert wird. Bei schnellem Abheben des Schmelzstabes, wobei die Elektroden noch
                              									nicht genügend erwärmt sind, in Verbindung mit der sogenannten Entladungsverzögerung
                              									erreicht die Spannung leicht einen Betrag, der den sonst in jeder Periode zweimal
                              									sich wiederholenden Zündvorgang nicht mehr leisten kann. Der Wechselstrombogen hat
                              									demnach in der Tat die Neigung leichter abzureißen als der Gleichstrombogen, doch
                              									läßt sich hiergegen ein Hilfsmittel finden. Umgibt man den Schweißstab mit dem Oxyd
                              									von einem Leichtmetall, z.B. Na2 O, so kann die
                              									zur Zündung notwendige Spannung stark verringert werden.
                           Während die bisher erwähnten Messungen dazu dienten die Theorie über den
                              									Wechselstrom-Schweißlichtbogen zu fördern, sollen im folgenden Untersuchungen über
                              									die Leistungsfähigkeit des Wechselstrombogens gebracht werden. Es stellte sich
                              									heraus, daß im allgemeinen der Verbrauch an elektrischer Energie zum Einschmelzen
                              									von 1 kg Schweißgut zwischen 2 und 3 kWstd. beträgt. Dabei gilt 2 kWstd. für den
                              									günstigsten Fall, daß bei Gleichstromschweißung der Stab Anode ist, 3 kWstd., wenn
                              									der Stab Kathode ist. Für Wechselstromschweißung hatte man Werte in der Mitte
                              									zwischen 2 und 3 kWstd. erwartet, die Messungen ergaben aber, daß die Energiewerte
                              									nur 10 % über den günstigsten Gleichstromwerten lagen. Da die eingangs beschriebene
                              									Gleichrichterwirkung diese Erscheinung nicht voll zu erklären vermochte, nahm man
                              									eine Beobachtung zu Hilfe, nach der je nach der Polarität des Schweißstabes
                              									verschiedene Tropfenformen auftreten, die eine bestimmte, zufällig günstige
                              									Erwärmung des Stabes zur Folge haben. Freilich – die Erwärmung des Werkstückes ist
                              									nicht ganz so groß wie bei Gleichstromschweißung, doch gleicht sich dieser Nachteil
                              									dadurch aus, daß auch das jeweils abgeschmolzene Schweißstabquantum geringer ist, so
                              									daß insgesamt die günstigsten Bedingungen wieder erreicht werden: daß nämlich soviel
                              									von der Werkstückoberfläche flüssig wird, um die geschmolzene Stabmenge voll
                              									aufsaugen zu können. – Die Wechselstromschweißung kann auch da mit Vorteil verwendet
                              									werden, wo sonst wegen der auftretenden Materialspannungen nur Gleichstromschweißung
                              									mit umgekehrten Polen möglich wäre, z.B. bei dünnwandigem Guß.
                           Die Wärmemenge, die pro 1 kg Schweißgut auf das Werkstück übertragen wurde, betrug
                              									bei Gleichstromschweißung mit:
                           
                              
                                 a) dem Werkstück als Anode:
                                 rd. 64 %,
                                 
                              
                                 b) dem Werkstück als Kathode:
                                 rd. 58 %,
                                 
                              
                                 bei Wechselstromschweißung:
                                 rd. 61 %
                                 
                              
                           der gesamten aufgewandten Wärmemenge.
                           Da die gesamte Wärmemenge bei Wechselstromschweißung um etwa ⅓ kleiner ist als bei
                              									Gleichstrom, da ferner die Schweißgeschwindigkeit eine höhere ist, und da der
                              									Wirkungsgrad des Wechselstromtransformators den des Gleichstromumformers übersteigt,
                              									so dürfte eine wirtschaftliche Ueberlegenheit der Wechselstromschweißung gegeben
                              									sein. In der Bindung zwischen Werkstück und dem Schweißgut, d.h. bezüglich der
                              									Festigkeit der aneinander geschweißten Stücke läßt sich kein merklicher Unterschied
                              									zwischen den beiden Stromarten feststellen, doch empfiehlt Dr. Wörtmann namentlich
                              									bei ungeübtem Personal die Wechselstromschweißung mit einer etwa 20 % höheren
                              									Stromstärke vornehmen zu lassen, als bei Gleichstrom verwendet würde.
                           Aus der ganzen Untersuchung ergibt sich zumindest die Zuverlässigkeit, wenn nicht
                              									sogar die Ueberlegenheit der Wechselstromschweißung bei sachgemäßer Verwendung.