| Titel: | Polytechnische Schau. | 
| Autor: | Sbr. | 
| Fundstelle: | Band 342, Jahrgang 1927, S. 20 | 
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                        Polytechnische
                              								Schau.
                        (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
                           								– nur mit Quellenangabe gestattet.)
                        Polytechnische Schau.
                        
                     
                        
                           Die 9. Hauptversammlung der Brennkrafttechnischen Gesellschaft
                                 										in Dresden am 3. und 4. Dezember 1926. Zum ersten Male hielt die
                              									Brennkraft-technische Gesellschaft ihre Hauptversammlung außerhalb Berlins ab.
                              									Befürchtungen, der Besuch möchte deshalb weniger rege als sonst sein, haben sich als
                              									unbegründet erwiesen, es sei gleich hier festgestellt, daß diese Dresdner Tagung
                              									einen vollen Erfolg bedeutete.
                           Nachdem am 3. Dezember eine Sitzung des Hauptausschusses den Auftakt gegeben hatte,
                              									begann der 4. Dezember in der Aula der Technischen Hochschule mit einer
                              									geschäftlichen Sitzung, an die sich der wissenschaftlich-technische als öffentlicher
                              									Teil anschloß.
                           Nach einer kurzen Begrüßungsansprache des Vorsitzenden Generaldirektors Henrich,
                              									eröffnete Dipl.-Ing. M. Biener von der Sächsischen Maschinenfabrik vorm. Richard
                              									Hartmann, Chemnitz, die Vorträge mit dem Thema: Neuzeitliche Kraft- und Wärmeanlagen
                              									in Textil- und Papierfabriken. Die Nöte der Kriegs- und Nachkriegszeit, so führte
                              									der Redner aus, haben die Industrie zu allergrößter Sparsamkeit gezwungen. Demgemäß
                              									haben viele Firmen bereits ihre Betriebsmittel umgestaltet und verbessert; in
                              									manchen Betrieben allerdings wird auch heut noch sehr unwirtschaftlich verfahren. Es
                              									sind Kohlenkonten zu führen, die über Art, Herkunft, Preis, Verbrauch usw. an Kohle
                              									Aufschluß geben. Das ergibt die Rohbilanz, die eine ständige Kontrolle des
                              									Kohlenverbrauchs im Verhältnis zum Fertigfabrikat nötig macht. In dieser Bilanz sind
                              									zu unterscheiden:
                           
                              1. Kessel-, d. i. Kohlenverbrauchsanlage,
                              2. Die Kraftmaschine, das ist die Krafterzeugungsanlage.
                              3. Die Kraftübertragung, das ist die
                                 										Kraftverbrauchsanlage.
                              4. Die Dampf- bzw. Wärmeübertragungsanlage.
                              5. Die Abdampfverwertungsanlage.
                              
                           Der Redner besprach diese Fälle und ging dann zum Schlusse seiner Ausführungen noch
                              									auf die Einzylinder-Gegendruckmaschine, die Verbunddampfmaschine mit
                              									Zwischendampfentnahme und Vakuumheizung, die Zwillingsdampfmaschine mit
                              									Abdampfverwertung sowie auf das Prinzip der Hochdruck-Vorschaltmaschine ein, die
                              									zweckmäßig mit 30–40 at Eintrittsspannung und 12 at Gegendruck ausgeführt wird und
                              									deren nachträgliche Hinzufügung zu älteren Anlagen – abzusehen natürlich von den neu
                              									aufzustellenden Hochdruckkesseln – mit verhältnismäßig geringen Kosten verknüpft
                              									ist.
                           Für den zweiten Vortrag hatte Dr.-Ing Dolch, Direktor des Universitätsinstitutes für
                              									technische Chemie in Halle (Saale), das Thema gewählt: Die Verschwelung der Kohlen
                              									als wirtschaftliches Problem. In heutiger Zeit hat jede Behandlung der
                              									Kohlenverschwelung noch recht problematischen Charakter, weil die technische
                              									Durchführung noch der festen Form entbehrt und eine Vielheit recht verwickelter
                              									Fragen noch der Lösung harrt, ja, selbst die Grundlagen des Problems in
                              									wirtschaftlicher Beziehung noch sehr umstritten sind. Ausgangspunkt bildet die
                              									Aufgabe, aus der Kohle – zunächst der Braun-, dann aber auch der Steinkohle 
                              									– flüssige Brennstoffe herauszuwirtschaften. Die Richtlinien für die weitere
                              									Entwicklung der Verschwelung sind heute ebenfalls noch nicht einheitlich; man hat
                              									vielmehr folgende drei Fälle zu unterscheiden:
                           1. Die Verschwelung als Fortsetzung der technisch und wirtschaftlich wohl
                              									befriedigenden, aber bis zu einem gewissen Grade überholten Verschwelung der
                              									mitteldeutschen Braunkohle.
                           2. Die Verschwelung von Braunkohle ganz anderer Art (Lignitkohlen), deren Teergehalt
                              									beträchtlich geringer als derjenige der deutschen Braunkohlen ist und bei denen die
                              									Aufbereitung des Teers neue Fragen aufrollt.
                           3. Die Verschwelung der Steinkohlen.
                           In seinen tiefgründigen Ausführungen kam Dolch auch auf die sogenannte
                              									Kohlenverflüssigung zu sprechen. Es sei zweifelhaft, ob sie bessere Ergebnisse als
                              									die Verschwelung liefern kann, die ja als Rückstand noch hochwertigen Schwelkoks
                              									ergibt. Für mitteldeutsche Braunkohle bietet die Verschwelung jedenfalls vorläufig
                              									noch die besseren Aussichten, erst wenn ein Absinken des Teeranfalls eintreten
                              									sollte, bedeutet die Verflüssigung für sie eine Gefahr.
                           Prof. Dipl.-Ing. Seidenschnur, Direktor des Braunkohlenforschungsinstitutes zu
                              									Freiberg, sprach über den Stand der Schweltechnik nach den neuesten Forschungen.
                              									Anknüpfend an die alte Streitfrage „Retorten oder Spülgasschwelung,“
                              									berichtete er über in Freiberg angestellte Versuche, die diese Streitfrage ihrer
                              									Lösung wohl erheblich näherbringen werden. Ein Mitarbeiter des Vortragenden,
                              									Dipl.-Ing. Raithel, hat sich eingehend mit den „Grundlagen der
                                 										Braunkohlenentteerung mittels Spülgasen“ befaßt. Diese Arbeiten lassen die
                              									großen Vorzüge des Spülgasverfahrens erkennen, das 100% Teerausbeute (gemäß Analyse
                              									nach Fischer) ermöglicht. Die Temperatur kann dabei in einfacher Weise geregelt
                              									werden, und da Spülgas den Prozeß beschleunigt, so sind große Durchsätze erzielbar.
                              									Professor Seidenschnur machte auf die Fehler der bisherigen Schnelltrocknung
                              									aufmerksam und zeigte, wie sie z.B. bei einem langsam arbeitenden Bandtrockner
                              									vermieden werden können.
                           Als nächster Redner sprach Dr.-Ing. W. Anderhub von Escher Wyss u. Cie., Zürich,
                              									über: „Neuzeitliche Dampfturbinenanlagen für hohe und höchste Drücke für
                                 										vereinigte Heiz- und Kraftbetriebe, mit besonderer Berücksichtigung der Textil-
                                 										und Papierindustrie.“ Der Vortragende behandelte dabei vorzugsweise die
                              									Bedeutung des Hochdruckdampfes für vereinigte Heiz- und Kraftbetriebe. Diese
                              									Bedeutung ist bei Gegendruckbetrieben anders als bei Kondensationsbetrieben zu
                              									beurteilen, denn bei letzteren ist der Hauptzweck die Verbesserung des thermischen
                              									Wirkungsgrades, bei ersterem dagegen Leistungssteigerung. Der Vortragende zeigte in
                              									sehr interessanten Kurvendarstellungen für die verlustlose Turbine die Zusammenhänge
                              									zwischen Druck und Leistung und legte dar, daß der thermische Wirkungsgrad des
                              									Gegendruckbetriebes bei geschlossener Speisung 100% ist, während er bei gesondertem
                              									Heizbetrieb und Krafterzeugung im Kondensationsbetriebe stets kleiner als 100% und
                              									zwar um so kleiner ausfällt, je größer die Leistung wird. Er behandelte sodann
                              									den Einfluß des Turbinenwirkungsgrades auf die Zusammenhänge von Heizfähigkeit,
                              									Leistung und Dampfdruck.
                           An einem Beispiel aus der Zellstoffabrikation wurde von Dr.-Ing. Anderhub
                              									nachgewiesen, daß mit neuzeitlichen Turbinen in Betrieben mit verhältnismäßig
                              									kleinem Heizdampfverbrauch mit reinem Gegendruckbetrieb auszukommen ist. Am Schlusse
                              									führte der Vortragende im Lichtbilde eine Reihe neuzeitlicher Zoelly-Turbinen vor,
                              									wie sie von der Firma Escher Wyss & Cie. in ihren Werken zu Zürich und
                              									Ravensburg hergestellt worden sind, bzw. werden. Von besonderem Interesse waren
                              									dabei eine bei S.S.W. in Berlin-Siemensstadt bereits in Betrieb befindliche
                              									1000pferdige Turbine für 1000 atm. Betriebsdruck, 15 atm Gegendruck, 400 C
                              									Dampftemperatur, n = 10000/Min., untersetzt auf 3000/Min., ferner eine zurzeit in
                              									der Werkstatt fertiggestellte, in Hoch- und Niederdruck unterteilte Turbine für
                              									3700-PS-Leistung, 180 atm Betriebsdruck und 420 C Dampftemperatur; bei dieser Anlage
                              									beträgt das Druckgefälle des Hochdruckteiles (180–34) atm, das des Niederdruckteiles
                              									(34 bis 6,5) atm.
                           Oberingenieur Schultz von den S.S.W. Berlin-Siemensstadt besprach nunmehr die
                              									elektrischen Kraftanlagen in Textilfabriken. Die Textilindustrie zeichnet sich durch
                              									die große Zahl und Mannigfaltigkeit der von ihr verwendeten Arbeitsmaschinen aus.
                              									Dementsprechend sind auch die Aufgaben, die sie für den elektrischen Einzelantrieb
                              									stellt, sehr verschieden und umfangreich.
                           Der elektrische Einzelantrieb hat sich deshalb durchgesetzt, weil die Elektrizität
                              									ein bequemes Energie- und Transportmittel darstellt und die zugeführte Energie mit
                              									Hilfe des Elektromotors in einfachster Weise in mechanische Arbeit umgewandelt
                              									werden kann. Während man bei mechanischen Antrieben an bestimmte Leistungsgrößen
                              									gebunden ist, also bei Überschreitung gewisser Leistungsgrenzen verschiedene
                              									Kraftstellen im Werke anordnen muß, gibt die Elektrizität die erwünschte Möglichkeit
                              									zum Einzelantrieb trotz Zentralisierung der Primärkraftstation. Der Einzelantrieb
                              									aber gibt mannigfache Vorteile. Von den Antrieben für die Spinnerei erläuterte
                              									Schultz die regelbaren Drehstrom-Spinnmotoren und ihre Arbeitsweise. Interessant war
                              									hierbei die Mitteilung, daß neuerdings an Stelle der Reihenschlußmotoren, die
                              									ziemlich drehzahlempfindlich sind, Nebenschlußmotoren verwendet werden, die
                              									dieselben Eigenschaften wie die bekannten Gleichstromnebenschlußmotoren besitzen.
                              									Das ist besondevs wichtig beim Anschluß an Überlandzentralen, in denen größere
                              									Stromschwankungen vorkommen.
                           Eine große Zahl von Lichtbildern zeigte, wie mannigfaltig die Elektrotechnik heute
                              									bereits in Textilfabriken Verwendung findet und in wie hohem Maße sie sich den
                              									besonderen Anforderungen dieses Gebietes anzupassen verstanden hat. Das gleiche
                              									Urteil läßt sich auch für die elektrischen Kraftanlagen in Papierfabriken abgeben,
                              									die Oberingenieur O. Kessler, ebenfalls von den S.S.W. in Berlin-Siemensstadt, unter
                              									Vorzeigung einer schier erdrückenden Fülle von Lichtbildern eingehend besprach. Die
                              									elektrische Kraftübertragung, so leitete der Redner seinen Vortrag ein, hat sich in
                              									Papierfabriken trotz anfänglicher Widerstände heute auf 
                              									der ganzen Linie durchgesetzt, da sie ein unentbehrlich gewordenes Hilfsmittel
                              									zur Rationalisierung der Produktion und Wahrung höchster Wirtschaftlichkeit und
                              									größter Betriebssicherheit ist. Die höchste Wirtschaftlichkeit der elektrischen
                              									Kraftübertragung ist erreichbar, wenn der Elektromotor möglichst in direkter
                              									Kupplung oder mit einer einfachen Riemen- oder Zahnräderübertragung die
                              									Arbeitsmaschine selbst antreibt. Die elektrische Kraftübertragung schafft den großen
                              									produktionstechnischen Vorteil, daß man die Arbeitsmaschine ohne Rücksicht auf ihre
                              									Antriebsverhältnisse so aufstellen kann, wie es der rationelle Produktionsgang
                              									erfordert. Der Vortragende erläuterte nun die Ausführung des elektrischen
                              									Einzelantriebes an den hauptsächlich in Betracht kommenden Arbeitsmaschinen der
                              									Papierfabrikation, und zwar in der Holzschleiferei, bei den Holländern und
                              									Kegelstoffmühlen sowie beim Antrieb des konstanten und variablen Teiles der
                              									Papiermaschine. Am schwierigsten war die Lösung des Problems, den variablen Teil der
                              									Papiermaschine elektrisch anzutreiben. Man verwendet jetzt allgemein hierfür die
                              									Leonard-Schaltung. Die Entwicklung großer schnellaufender Papiermaschinen zur
                              									Massenherstellung von Zeitungspapier war nur durch Verwendung des elektrischen
                              									Einzelantriebes an den einzelnen Gruppen der Papiermaschine selbst möglich. Auch bei
                              									der Beschaffung von Feinpapiermaschinen muß heute die Frage, ob besser
                              									Transmissionsantrieb oder elektrischer Einzelantrieb zu wählen ist, sorgfältig
                              									geprüft werden.
                           Als letzter Redner erhielt sodann Direktor Lest von der Muskauer Papierfabrik Graf
                              									Arnim, Muskau, das Wort zur Behandlung des Themas: Wärme- und Kraftwirtschaft im
                              									Rahmen der Gesamtwirtschaft.
                           Die Aussprache wurde von Herrn Direktor Teufer, Berlin, eröffnet, der über die in der
                              									Textilveredlungsindustrie zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit ergriffenen Maßnahmen
                              									berichtete.
                           Über verschiedene Einzelheiten zu den VortѲägen sprachen dann noch Direktor Lösel,
                              									Dipl.-Ing. Strecker und Dipl.-Ing. Vorbrodt.
                           Der Vorsitzende, Generaldirektor Henrich, schloß hierauf die 9. Hauptversammlung der
                              									Brennkrafttechnischen Gesellschaft mit Worten des Dankes.
                           Zur Frage der Konzessionen in Rußland. Nach den letzten
                              									russischen Angaben verteilen sich die wichtigsten Konzessionen auf folgende Länder:
                              									Deutschland 20, England 16, Amerika 11, Schweden 4, Frankreich 3 usw.; auf die
                              									Montanindustrie erstrecken sich hiervon am meisten: 20, Verarbeitende Industrie 19,
                              									Baugewerbe 2 usw. In der letzten Zeit ist in Deutschland offenbar ein Abflauen des
                              									Interesses an den Konzessionen in Rußland eingetreten. Die Gründe hierfür sind nicht
                              									schwer zu finden. Die Schaffung von Konzessionsunternehmungen bedingt eine
                              									Aufwendung von neuem in der Produktion anzulegenden Geldkapital, das man dort sicher
                              									nur anlegen wird, wenn man sich eine höhere Verzinsung verspricht als in
                              									Deutschland, abgesehen von Einzelfällen, wo für spätere Interessen auch momentan
                              									Opfer gebracht werden. Da außerdem Konzessionen langfristige Kapitalanlage bedeutet,
                              									konnte bei den zeitweilig sehr hohen Zinssätzen in Deutschland für
                              									langfristiges Geld ein ebenso hoher Gewinn aus Konzessionen in Rußland nicht
                              									vorausgesetzt oder auch nur erhofft werden.
                           In der Krisenperiode der deutschen Wirtschaft tauchte oft von deutscher Seite der
                              									Gedanke auf, ganze Unternehmungen, für deren Produkte in Deutschland kein Absatz zu
                              									finden war, nach Ruß-Land zu verkaufen bzw. als Konzessions-Unternehmen
                              									hinüberzutransportieren. Von der großen Anzahl dieser Angebote wurde bisher nur eins
                              									von den Sowjetleuten zum Abschluß gebracht (Rheinmetall, Lokomotivfabrik). Die
                              									Gründe hierfür hat man in folgendem zu sehen: Die Bewertung von ganzen
                              									Industrieunternehmungen bei einer Ueberführung in ein anderes Land ist
                              									außerordentlich schwierig. Die Loslösung der ganzen Maschinerie von ihrem Standort,
                              									die Ueberführung derselben nach Rußland, der Verlust des Absatzes und der
                              									Bezugsquellen für Rohstoffe, das alles vermindert natürlich den Wert der Ausrüstung.
                              									Hinzu kommt noch, daß große Kosten durch den notwendigen Bau von Fabrikgebäuden in
                              									Rußland für die Unterbringung der Ausrüstung entstehen. In dem Falle der erwähnten
                              									Lokomotivfabrik kamen noch erschwerend für die Verhandlungen die
                              									Absatzschwierigkeiten hinzu, in denen sich die deutschen Lokomotivfabriken befinden,
                              									was die gegnerische Partei natürlich ausunutzen versuchte.
                           Nun ist in den letzten Monaten eine Veränderung auf dem Geldmarkt insofern
                              									eingetreten, als er durch das Vorhandensein größerer Mengen freien Geldkapitals
                              									außerordentlich flüssig geworden ist. Dies drückt sich vor allem in der Tatsache
                              									aus, daß die Zinssätze nicht nur für tägliches Geld sanken (3% und darunter),
                              									sondern auch für Monatsgeld (5%) und länger, während der Reichsbankdiskont 5%
                              									beträgt, ein Satz, der nur von den nordischen Ländern und Holland in Europa
                              									unterboten wird. Dies bedeutet, daß, wenn es sich um die Möglichkeit einer neuen
                              									Kapitalanlage in Rußland handelt, der Rentabilitätsvergleich nicht mehr mit dem
                              									Zinssatz für Geldkapital, sondern mit der bei einer industriellen Anlage in
                              									Deutschland selbst erreichbaren Profitrate zu ziehen ist. Man wird sich also bei der
                              									Anlage von Kapital für das Land entscheiden, in welchem man für die Zukunft mit
                              									einem höheren Gewinn rechnen zu können glaubt.
                           Nun ist anzunehmen, daß nach Beendigung des englischen Bergarbeiterstreiks, wenn auch
                              									nicht sofort, so doch nach einiger Zeit, die Lage der deutschen Industrie wieder
                              									schwieriger werden und der Absatz auf dem Weltmarkte wieder auf größere
                              									Schwierigkeiten stoßen wird. Ferner ist in Betracht zu ziehen, daß nach der
                              									Modernisierung der technischen Einrichtungen der Industrie eine Erhöhung der
                              									Produktion und damit unweigerlich die Notwendigkeit sich ergeben wird, eine noch
                              									größere Menge der Produktion als bisher auf dem Weltmarkt abzusetzen. Da dies nur
                              									unter Preisopfern möglich sein wird, wird die Durchschnittsdividende in Deutschland
                              									nach wie vor eine niedrige sein und es wird wenig aussichtsreich bleiben,
                              									Geldkapital in neu zu schaffenden industriellen Unternehmungen anzulegen. Es scheint
                              									somit die Möglichkeit in Zukunft eher zu bestehen
                              									
                              									deutscherseits Kapital im Auslande und auch in Konzessionen in Rußland
                              
                              									anzulegen.
                           Die Sowjetregierung wird auch in Zukunft aus mehreren Gründen gezwungen sein,
                              									deutschen Konzessionären in jeder Weise entgegenzukommen. Die Ausdehnung, oder
                              									überhaupt das Wiederaufleben der industriellen Produktion war in Rußland nur möglich
                              									durch restlose Ausnutzung der vorhandenen Produktionsanlagen. Da aber
                              									zugegebenermaßen selbst bei der für jeden Industriezweig vorgesehenen Erhöhung der
                              									Produktion für 1926/27 die Aufnahmefähigkeit des bäuerlichen Marktes größer ist und
                              									bleiben wird, so ist die weitere Ausdehnung der industriellen Produktion für die
                              									Sowjetunion eine zwingende Notwendigkeit. Da also die ökonomische Möglichkeit
                              									besteht, deutsches Kapital für Unternehmungen in Rußland bereitzustellen, so kann
                              									man wohl für die Zukunft mit einer Belebung auf dem Gebiete der Konzessionen
                              									rechnen. Was auch immer bisher über die angeblichen Schädigungen, die deutsche
                              									Konzessionäre in Rußland durch amtliche Stellen erfahren haben sollen, in die Presse
                              									gedrungen ist, zahlenmäßig belegte Beispiele hat man nie dafür bisher erhalten
                              									können; wohl aber ist im Gegenteil durchaus einwandfrei festgestellt worden, daß
                              									sich z.B. die Wirthsche Holzkonzession mit ihren Sägewerken, Papierfabriken usw.
                              									weit über den ursprünglich vorgesehenen Rahmen hinaus entwickelt hat.
                           Aus einer offiziellen russichen Aufstellung, die in einem ganz andern Rahmen
                              									veröffentlicht wurde, sie sollte den Umfang der russischen Industrie darstellen,
                              									geht übrigens hervor:
                           Der Wert der Produktion betrug pro Arbeiter in Rubel pro
                                 										Jahr (1925/26):
                           
                              
                                 Maschinenbau:
                                 staatlich
                                 1940
                                 
                              
                                 
                                 privat
                                 3710
                                 
                              
                                 
                                 ein konzessionierter    Betrieb
                                 
                                    
                                    4005
                                    
                                 
                              
                                 
                                 und
                                 
                                 
                              
                                 Chemische Industrie:
                                 staatlich
                                 5459
                                 
                              
                                 
                                 privat
                                 8605
                                 
                              
                                 
                                 ein konzessionierter    Betrieb
                                 
                                    
                                    38400
                                    
                                 
                              
                           Woraus wohl hervorgeht, daß das in Konzessionen angelegte Kapital sich wohl ganz gut
                              									verzinsen wird, wenn man außerdem noch beachtet, daß die Produktionszahlen, die oben
                              									für staatliche und private Betriebe angegeben wurden, annähernd den in europäischen
                              									Industrieländern üblichen entsprechen.
                           
                              Rgl.
                              
                           Gebrauchserlaubnis für Kraftomnibuslinien? – Eine
                              									Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 26.11.26. 78 T 1925. –
                           1. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat entschieden: An öffentlichen Straßen und
                              									Plätzen steht einer Stadtgemeinde sowohl privatrechtliches Eigentum zu, sowie auch
                              									ein öffentlich-rechtliches Wegeherrschaftsrecht. Da aber die öffentlichen Wege dem
                              									Gemeingebrauch dienen, ist eine gewisse Einschränkung der gemeindlichen Rechte von
                              									selbst gegeben, d.h. die Gemeinde muß sich die Benutzung der Wege in mancherlei
                              									Hinsicht gefallen lassen.
                           So ist z.B. die Benutzung einer Straße durch Automobile etwas, was die Gemeinde
                              									im Hinblick auf die neuzeitliche Verkehrsentwicklung zu konzedieren hat. Hieran wird
                              									nichts dadurch geändert, daß das Befahren einer Straße in regelmäßigen Zeitabständen
                              									erfolgt. Auch sind die Interessen der Gemeinden durch § 3 des Gesetzes über
                              									Änderungen im Polizeiwesen vom 27. 6. 21 (Rgbl. S. 199) geschützt, wonach die
                              									Polizei im Einvernehmen mit der Gemeinde vorzugehen hat. Will sich eine Gemeinde
                              									gegen übermäßige Abnutzung der Straßenoberfläche schützen, so steht ihr zufolge § 17
                              									des Wegebaugesetzes vom 12. 1. 70 das Recht zu, unter Umständen einen Kostenbeitrag
                              									zu verlangen.
                           2. In vielen Fällen wird jedoch durch eine örtliche Polizeiverordnung die regelmäßige
                              									Benutzung einer Straße von der Zustimmung der Gemeinde abhängig gemacht werden. Auch
                              									hat sie zufolge § 76 Gewerbeordnung einen Einfluß auf die Tarifgestaltung.
                           3. Dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht lag ein Fall zur Entscheidung vor, wo
                              									infolge einer Polizeiverordnung ohne Zweifel eine Konzessionspflicht für den
                              									Unternehmer einer solchen Omnibuslinie bestand. In dem Kompetenzstreit, der zwischen
                              									Staat und Gemeinde entbrannt war, entschied das Oberverwaltungsgericht zugunsten des
                              									Staates mit folgender Begründung:
                           
                              „Wenn im vorliegenden Falle das Sächsische Ministerium des Innern den
                                 										Kompetenzstreit selbst zu lösen versucht hat, indem es die Zustimmung des
                                 										Staates für erforderlich erklärte, so ist diese Entscheidung zu billigen. Die
                                 										Behauptung der Stadt, ihr Wege-Hoheitsrecht sei verletzt worden, ist
                                 										unrichtig.“
                              
                           
                              Zufolge § 97 der Sächsischen Gemeindeordnung gehört die Sicherheits- und
                                 										Verkehrspolizei zu den staatlichen Aufgaben, die lediglich den Gemeinden
                                 										delegiert werden können. Die Regelung des Kraftlinienwesens ist
                                 										verkehrspolizeilicher Natur; somit auch die Konzessionserteilung für ein
                                 										derartiges Unternehmen. Es bedarf daher der Zustimmung des Staates, im vor.
                                 										Falle also der Zustimmung der Kreishauptmannschaft.“
                              
                           L. Oppenheimer.
                           Kennfarben für Rohrleitungen. Der Fachnormenausschuß für
                              									Rohrleitungen, Gruppe Farben für Rohrleitungen, hat der Oeffentlichkeit soeben das
                              									Normblatt über Kennfarben für Rohrleitungen übergeben.Normblatt DIN 2403e „Kennfarben für Rohrleitungen“
                                    										 Als Grundfarbe wurde festgelegt für
                           
                              
                                 Dampf
                                 rot
                                 Lauge
                                 lila
                                 
                              
                                 Wasser
                                 grün
                                 Oel
                                 braun
                                 
                              
                                 Luft
                                 blau
                                 Teer
                                 schwarz
                                 
                              
                                 Gas
                                 gelb
                                 Vakuum
                                 grau
                                 
                              
                                 Säure
                                 orange
                                 
                                 
                                 
                              
                           Die weitere Unterteilung für die verschiedenen Arten der Leitungsinhalte geschieht
                              									durch farbige Querbänder, deren Tönung in einigen Fällen ebenfalls von der früheren
                              									abweicht. Die Anbringung der Farbkennzeichen ist jedem Betriebe überlassen. Die
                              									obigen Grundfarben sollen möglichst auch bei Rohrplanzeichnungen angewandt werden.
                              									Dem Verwendungszweck entsprechende Unterscheidungen sind durch hellere oder dunklere
                              									Abtönung der Grundfarbe herbeizuführen und in einer Farbtafel auf den Rohrplänen zu
                              									erläutern.
                           
                              
                                 Sbr.