| Titel: | Die Hamburg-Amerika-Linie und ihre heutige Flotte. | 
| Autor: | Castner | 
| Fundstelle: | Band 342, Jahrgang 1927, S. 50 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Die Hamburg-Amerika-Linie und ihre heutige
                           								Flotte.
                        Von Dipl.-Ing. Castner.
                        CASTNER, Die Hamburg-Amerika-Linie und ihre heutige
                           								Flotte.
                        
                     
                        
                           Wie alle deutschen Schiffahrtsgesellschaften hat auch die Hamburg-Amerika-Linie
                              									während des Krieges und in Erledigung des Vertrages von Versailles ungeheure
                              									Verluste an Material und Geldeswert gehabt, die bei ihr um so erheblicher und für
                              									das ganze deutsche Volk und die deutsche Wirtschaft um
                              									so schmerzlicher waren, als auch die drei größten Schiffe der Welt,
                              										„Imperator,“
                              									„Vaterland“ und „Bismarck,“ in die Hand haß- und neiderfüllter Feinde
                              									ausgeliefert werden mußten. Allein diese drei Schiffe bedeuteten für die Hapag
                              									bereits einen Verlust von über 160000 Brutto-Register-Tonnen (1 Tonne = 2,83 cbm).
                              									Die Gesamtflotte der Hapag betrug kurz vor Kriegsausbruch (März 1914) 439 Fahrzeuge
                              									mit 1360360 Br.-Reg.-Tonnen. Hiervon gingen aus den angegebenen Gründen insgesamt
                              									178 Ozeandampfer mit zusammen 1235397 Br.R.T. verloren. Aber selbst dieser ungeheure
                              									Aderlaß hat es nicht vermocht, den gesunden Körper dieser größten Hamburger
                              									Schiffahrtsgesellschaft zu vernichten. Mit echt deutschem Fleiß und deutscher
                              									Zähigkeit, mit dem unbeugsamen Willen zur Tat und zum Wiederaufstieg und in der
                              									festen Zuversicht auf eine glücklichere Zukunft ging die Hapag unverzüglich an die
                              									Arbeit, mit dem Erfolge, daß ihre Flotte heute wieder aus 880000 Br.R.T., darunter
                              									Seeschiffe mit 836159 Br.R.T. besteht. Wenn auch unter der heutigen Flotte einige
                              									alte Bekannte zu finden sind, so wurden doch fast alle Schiffe neu gebaut, wobei
                              									alle Erfahrungen der letzten Jahre in schiffbaulicher, wie in maschinentechnischer
                              									Hinsicht weitgehend ausgenutzt wurden. So kommt es denn, daß die Hapag heute
                              									über eine Flotte erstklassiger Schiffe verfügt, die in jeder Beziehung zweckmäßig
                              									gebaut und eingerichtet sind und daher den Fahrgästen nicht nur jede erdenkliche
                              									Bequemlichkeit und Annehmlichkeit bieten, sondern, was die Hauptsache ist, einen
                              									wirtschaftlichen Betrieb gewährleisten. Da nun am 20. Oktober 1926 ein neuer
                              									Riesendampfer „New York“ der Albert-Ballin-Klasse („Albert Ballin,“
                              									„Deutschland,“
                              									„Hamburg“) von Stapel gelaufen ist, der an Bismarcks Geburtstag 1927 seine
                              									erste Ausreise antreten soll, dürfte es sich wohl verlohnen, diesen Anlaß zu einer
                              									näheren Betrachtung der Hamburg-Amerika-Linie, ihres Schiffsparkes und ihrer
                              									sonstigen Einrichtungen zu benutzen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 342, S. 49
                              Abb. 1.Hauptverwaltungsgebäude der Hapag in Hamburg am Alsterdamm.
                              
                           Nebenbei sei erwähnt, daß die Hapag bei ihrer Gründung im Jahre 1847 über ein
                              									Aktienkapital 
                              									von 460000 M., sowie als ersten Schiffsbestand über eine Flotte von 3 Schiffen
                              									mit insgesamt 1600 Br.R.T. verfügte. Heute beträgt das Aktienkapital 130 Millionen
                              									RM.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 342, S. 50
                              Abb. 2.Die Tonnage der Hamburg-Amerika Linie.
                              
                           Zunächst ein allgemeiner Ueberblick über die Entwicklung der Hapag in der
                              									Nachkriegszeit, die für die Gesellschaft eine Periode harter, aber zielbewußt
                              									durchgeführter Wiederaufbauarbeit gewesen ist. In stetem Ringen mit den
                              									Hindernissen, die sich aus den anormalen politischen und wirtschaftlichen
                              									Verhältnissen dieser Zeit ergaben, ist es ihr gelungen, ihre Tätigkeit im Dienste
                              									des Weltverkehrs wieder soweit aufzunehmen, daß ihre Flagge heute wieder auf allen
                              									Hauptstrecken ihres ehemaligen Liniennetzes weht. Auf 75 verschiedenen Linien fuhren
                              									damals die Hapagdampfer über See und vermittelten zwischen etwa 400 Hafenplätzen in
                              									allen Teilen der Welt einen regelmäßigen Verkehr. Dieser weltumspannenden
                              									Vorkriegsarbeit bereitete der Krieg ein jähes Ende. Er zerstörte die
                              									Geschäftsverbindungen der Gesellschaft im Auslande und nahm ihr den größten Teil
                              									ihrer überseeischen Niederlassungen. Hierdurch, sowie durch den Verlust des größten
                              									Teiles ihrer Flotte war die Gesellschaft für unbestimmte Zeit aus dem Weltverkehr
                              									ausgeschaltet.
                           Für den neu einsetzenden Wiederaufbau gab es zwei Wege: langsam und
                              									schrittweise aus eigener Kraft oder Zusammenarbeit mit anderen. Der erste bot
                              									geringe Aussicht auf baldigen Erfolg. Bei der Finanznot des Reiches war an eine
                              									vollständige Entschädigung für die enteigneten Schiffe nicht zu denken; wann die
                              									Gesellschaft wieder in den Besitz einer entsprechenden Anzahl eigener Schiffe
                              									gelangen würde, blieb bei der damaligen Lage völlig unbestimmt. Mit einem längeren
                              									Brachliegen des Betriebes wuchs aber die Gefahr eines allmählichen Verfalles der
                              									Geschäftsorganisation.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 342, S. 50
                              Abb. 3.Anteil der deutschen, britischen, niederländischen und
                                 										nordamerikanischen Flagge am Hamburgischen Seeschiffsverkehr.
                              
                           Wesentlich größere Vorteile bot dagegen der zweite Weg. Daß er für die Hapag
                              									überhaupt gangbar wurde, ist der Wertschätzung zu verdanken, 
                              									die man ihrer Reedereierfahrung und ihrer Organisation im Auslande
                              									entgegenbrachte. Aus Amerika kam die Anregung zu gemeinsamer Arbeit, und
                              									Verhandlungen, die zwischen der Hapag und den amerikanischen Reedern im Frühjahr
                              									1920 gepflogen wurden, fanden ihren Abschluß in einem Vertrage mit dem
                              									Harriman-Konzern, der eine 20jährige Arbeitsgemeinschaft der beiden Vertragspartner
                              									auf der Grundlage völliger Gleichberechtigung begründete, dabei aber in vollem
                              									Umfange die Selbständigkeit – auch die finanzielle – beider Kontrahenten wahrte.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 342, S. 51
                              Abb. 4.Zweischraubendampfer „Albert Ballin“.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 342, S. 51
                              Abb. 5.Hapagdampfer „Deutschland“ nimmt seinen Liegeplatz am Kai
                                 										ein.
                              
                           Seine wesentlichste Auswirkung hat das Abkommen auf der New
                                 										Yorker Linie erhalten. Im September 1920 eröffnete die Hapag zusammen mit
                              									den United American Lines (Harriman Line) einen wöchentlichen Frachtdienst zwischen
                              									Hamburg und New York, der bald darauf Frachtfahrten nach Boston, Baltimore und
                              									Philadelphia angegliedert wurden. Eine wichtige Erweiterung erfuhr der gemeinsame
                              									New Yorker Dienst 1921 durch die Wiederaufnahme der Auswandererbeförderung mit
                              									mehreren Dritter-Klasse-Spezialdampfern. Mit der Einführung dieses neuen Schiffstyps
                              									trug man den Verhältnissen der ersten Nachkriegszeit Rechnung, die ein schnelleres
                              									Wiederaufleben des Auswanderer- als des Kajütenverkehrs erwarten ließen. Die
                              									folgenden Jahre brachten dann eine umfangreiche Wiederaufnahme des Kajütenverkehrs.
                              									Im Frühjahr 1922 erwarben die United American Lines die beiden je 20000 
                              									Brutto-Register-Tonnen großen Passagierdampfer „Resolute“ und
                              										„Reliance“ und setzten sie nach New York in Fahrt. Mitte 1923 und Anfang
                              									1924 konnte die Hapag ihre beiden größten und schönsten Schiffe, die je 21000 B.R.T.
                              									fassenden Zweischrauben-Turbinendampfer „Albert Ballin“ und
                              										„Deutschland“ nach New York auf die Reise schicken. Ein drittes Schiff
                              									dieser Klasse, der Dampfer „Hamburg“ wurde im Frühjahr 1926 in Dienst
                              									gestellt, während das vierte Schwesterschiff „New York“ am 20. Oktober 1926
                              									vom Stapel gelaufen ist. Außer diesen Schiffen, die drei Passagierklassen führen,
                              									laufen noch mehrere Dampfer, die eine Kajüts- und eine 3. Klasse haben. Von ihnen
                              									sind besonders zu erwähnen die Dampfer „Thuringia“ und „Westphalia“
                              									mit je 12000 Br.R.T. und „Cleveland“ mit 17000 Br.R.T.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 342, S. 52
                              Abb. 6.Dampfer „Hamburg“.
                              
                           Der im Februar 1920 zwischen Harriman und Hapag abgeschlossene Gemeinschaftsvertrag
                              									hat zur beiderseitigen Zufriedenheit gearbeitet. Er ließ aber doch bei der weiteren
                              									Entwicklung der beiden Parteien den Wunsch auf eine zweckmäßigere Umgestaltung
                              									aufkommen, die in dem Uebergang der Schiffe gegen eine finanzielle Interessennahme
                              									Harrimans als der geeignetsten Lösung gegeben schien. Es wurde vereinbart, daß
                              									das Stimmrecht der Aktien, die in Harrimans Besitz übergehen, bei der Verwaltung der
                              									Hapag bleibt, und daß die amerikanischen Geschäftsfreunde einschließlich des Herrn
                              									W. A. Harriman in dem Verwaltungsrat der United American Lines die weiterhin als
                              									Generalagenten der Hapag in den Vereinigten Staaten tätig sind, ihre Sitze
                              									behalten.
                           Auf Grund dieser Abmachungen sind Anfang August 1926 die Dampfer „Resolute,“
                              									„Reliance“ und „Cleveland“ wieder in den Besitz der Hapag
                              									übergegangen. Da ein Teil der Dampfer Southampton, Boulogne bzw. Cherbourg anläuft,
                              									ein anderer Teil über Queenstown und Boston geht, bieten sie zugleich unmittelbare
                              									Reisegelegenheiten nach England, Irland, Frankreich und den nördlichen Teilen
                              									Nordamerikas.
                           Einen sehr beachtenswerten Zuwachs erfuhr die Hamburg-Amerika-Linie weiterhin durch
                              									die am 28. Oktober 1926 erfolgte Fusion mit den Deutsch-Austral- und Kosmos-Linien.
                              
                              									Dieser betrug von den Deutsch-Austral-Linien 20 Seedampfer und Motorschiffe mit
                              									109474 Br.R.T., Kosmos-Linien 17 Seedampfer und Motorschiffe mit 101310 Br.R.T.,
                              									Stinnes-Linien 23 Seedampfer und Motorschiffe mit 152385 Br.R.T. Hiermit ist die
                              									Hapag wieder in die Reihe der größten Weltreedereien eingetreten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 342, S. 52
                              Abb. 7.Damenzimmer II. Klasse des Dampfers „Deutschland“.
                              
                           Das Liniennetz der Hamburg-Amerika-Linie hatte zu Beginn des Jahres folgende Gestalt:
                              									Nach Nordamerika werden drei Dienste gefahren: Einmal ein Passagier- und
                              									Frachtdienst nach New York, in dem die größten Einheiten der Flotte Verwendung
                              									finden. Die dort beschäftigte Tonnage wurde im vergangenen Jahre wesentlich
                              									vergrößert und zwar von 66000 B.R.T. auf 144000 
                              									B.R.T. In der kommenden Reisesaison werden durch die im April erfolgende
                              									Fertigstellung der „New York“ 165000 B.R.T. auf der Route Hamburg-New York in
                              									Fahrt sein. Des weiteren besteht ein monatlicher Frachtdienst nach Philadelphia,
                              									Baltimore und Norfolk und schließlich in Verbindung mit anderen Reedereien ein
                              									vierzehntäglicher Frachtdienst nach Nordamerika-Westküste (Los Angeles, San
                              									Franzisco, Seattle und Portland, Or.).
                           Einen Frachtdampferdienst nach Südamerika-Ostküste unterhält die Hapag wieder seit
                              									Ende Februar 1920. Im Sommer 1921 wurde neben dem Frachtdienst eine mit kombinierten
                              									Fracht- und Passagierdampfern betriebene Linie eingerichtet, auf der ebenso, wie im
                              									Frachtdienst, anfangs auch Dampfer der United American Lines beschäftigt waren,
                              									jetzt aber nur noch Schiffe der Deutschen Gesellschaft tätig sind, und zwar
                              									Spezialschiffe zur Beförderung von Passagieren in der 3. Klasse.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 342, S. 53
                              Abb. 8.Laube I. Klasse des Dampfers „Albert Ballin“.
                              
                           Der im November 1920 wieder eröffnete Verkehr nach Mittelamerika und Westindien setzt
                              									sich gegenwärtig aus folgenden Diensten zusammen: Gemeinsam mit der Ozean-Linie
                              									einem zwölftägigen Passagier-, Post- und Frachtschnelldienst nach Cuba-Mexiko, einem
                              									monatlichen Frachtdienst nach Cuba, einem monatlichen Passagier- und
                              									Frachtdienst über Trinidad nach Venezuela und Columbien bis Puerto Barrios
                              									(Westindien Linie A), einem monatlichen Frachtdienst nach Venezuela und Columbien
                              									bis Christobal/Colon und Port Limon (Westindien Linie B), in Verbindung mit Kosmos
                              									und Roland Linie einem monatlichen Frachtdienst über Venezuela und Columbien nach
                              									Zentralamerika-Westküste (Westindien Linie C) und einem dreiwöchentlichen
                              									Frachtdienst nach Puerto Rico, Jamaica, Santiago de Cuba, Haiti, San Domingo
                              									(Inseldienst).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 342, S. 53
                              Abb. 9.Speisesaal I. Klasse des Dampfers „Hamburg“.
                              
                           Den Verkehr nach der Westküste Südamerikas eröffnete die Hapag wieder im Februar 1922
                              									mit einer hauptsächlich der Frachtbeförderung dienenden Linie. Heute ist die
                              									Hamburg-Amerika-Linie in der Südamerika-Fahrt durch fünf Dienste vertreten: ein
                              									vierzehntäglicher Passagierdienst nach Brasilien und dem La Plata, ein
                              									vierzehntäglicher Frachtdienst nach dem La Plata und einer nach Brasilien, in
                              									Gemeinschaft mit der Kosmos und Roland-Linie: ein zehntäglicher Passagier- und
                              									Frachtdienst nach Südamerika-Westküste durch den Panama-Kanal und ein
                              									vierzehntäglicher Passagier- und Frachtdienst nach Südamerika-Westküste durch die
                              									Magellanstraße.
                           
                           Der vierzehntägliche Ostasiendienst der Hapag besteht gegenwärtig aus zwei
                              									Linien, wobei die Schiffe abwechselnd die Route A über Penang. Singapore, Honkong,
                              									Shanghai, Kobe und Yokohama, und die Route B über Port Swettenham, Manila, Yokohama,
                              									Kobe, Osaka, Taku Barre Tientsin), Dalny und Tsingtau fahren. Die
                              									Hugo-Stinnes-Linien unterhalten ebenfalls einen Fracht- und Passagierdienst nach den
                              									Straits, China und Japan.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 342, S. 54
                              Abb. 10.Kabine I. Klasse des Dampfers „Hamburg“.
                              
                           Nach Niederländisch-Indien führt in Verbindung mit anderen Reedereien ein
                              									vierzehntäglicher Post-, Fracht- und Passagierdienst durch den Suezkanal nach
                              									Sabang, Belawan, Batavia und anderen Häfen. Ein zehntäglicher Post- und Frachtdienst
                              									geht um das Kap der guten Hoffnung direkt nach Australien und ein monatlicher Post-
                              									und Frachtdienst nach Südafrika-Australien.
                           Der von mehreren deutschen Reedereien unterhaltene „Deutsche Afrika – Dienst“
                              									umfaßt gegenwärtig 10 Dienste. Die Hapag partizipiert daran mit drei
                              									Passagierdampfern und einigen Frachtschiffen. In ähnlicher Weise wie im Verkehr nach
                              									Afrika sind auch die nach der Levante fahrenden deutschen Reedereien zu einem
                              									Gemeinschaftsdienst unter dem Namen „Deutsche Levante Linie“ vereinigt,
                              									die in Gemeinschaft mit dem Norddeutschen Lloyd und der Stettiner Dampfer-Compagnie
                              									regelmäßige Fahrten nach dem Mittelmeer und dem Schwarzen Meer unterhält. Es folgen
                              									der Rheinseedienst, welcher von der im Besitz der Hapag befindlichen
                              									Hamburg-Rhein-Linie zwischen Hamburg und den Rheinhäfen durchgeführt wird, ferner
                              									der Durchfrachten vermittelnde Emden-Dienst, sowie durch die Hapag-Seebäderdienst G.
                              									m. b. H. eine Passagier- und Frachtlinie nach den Nordseeinseln Helgoland und
                              									Sylt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 342, S. 54
                              Abb. 11.Rauchzimmer I. Klasse des Dampfers „Albert ...“.
                              
                           So hat die Hapag in 5 Jahren des Wiederaufbaues ihre Tätigkeit auf allen
                              									Hauptstrecken ihres früheren Liniennetzes wieder aufgenommen. Ihre Schiffe verkehren
                              									heute wieder in regelmäßiger Fahrt nach allen wichtigen Häfen des amerikanischen
                              									Erdteiles, Australiens, Ostasiens und Afrikas. Mit ihrem hochwertigen
                              									Schiffsmaterial, ihren zahlreichen Ueberseediensten, ihrer weitverzweigten
                              									Geschäftsorganisation und ihrem wohlgeschulten Betriebspersonal ist die Hapag heute
                              									wieder, was sie vor dem Kriege war: eine zuverlässige Mittlerin des Deutschen
                              									Verkehrs über See und eine bewährte Gehilfin des Deutschen Außenhandels.
                           
                           Einige kurze Angaben über Hamburgs Seeschiffsverkehr in der Nachkriegszeit
                              									dürften hier wohl am Platze sein. Vor kurzem stellte das handelsstatistische Amt
                              									Hamburg eine instruktive graphische Darstellung des hamburgischen
                              									Seeschiffsverkehrs, geordnet nach den wichtigsten Flaggen und bezogen auf die Jahre
                              									1913, 1921, bis 1925, zusammen. Ausgehend von dem Verkehr im Jahre 1913 wird die
                              									Entwicklung in den Nachkriegsjahren deutlich gezeigt. Wie bekannt, war die deutsche
                              									Flagge am Schiffsverkehr in Hamburg 1913 mit 60% beteiligt. Als nach Kriegsende die
                              									Reste unserer Handelsflotte in ausländische Hände übergingen, Rückkäufe und
                              									Neubauten erst allmählich einsetzten, war naturgemäß der deutsche Anteil äußerst
                              									gering, der ausländische umso größer. Von 1921 ab machte sich eine stetige Zunahme
                              									bemerkbar, sodaß im Jahre 1925 Schiffe unter deutscher Flagge bereits mit 38,5% am
                              									Hafenverkehr Hamburgs Anteil hatten. Im Jahre 1926 dürfte sich das Verhältnis noch
                              									weiter zu Gunsten der deutschen Flagge entwickelt haben. Dieses Verhältnis
                              									zwischen dem einstigen und dem gegenwärtigen Verkehrsanteil entspricht ungefähr dem
                              									Verhältnis zwischen dem ehemaligen Umfang unserer Handelsflotte, und dem heutigen.
                              									Als bemerkenswert ist der korrespondierende Rückgang des englischen Flaggenanteils
                              									von 34,1% im Jahre 1922 auf 30,9 bzw. 28,2 bzw. 26,4% in den Jahren 1923–1925
                              									hervorzuheben; die nordamerikanische Flagge, die vor dem Kriege in der Ueberseefahrt
                              									kaum in die Erscheinung trat – ihr Anteil am Hamburger Hafenverkehr belief sich nur
                              									auf 0,02% – sicherte sich entsprechend dem riesigen
                              									Tonnagezuwachs auch in Hamburg einen verhältnismäßig hohen Anteil mit etwa 17% im
                              									Jahre 1921, der in der Folgezeit erheblich zurückging und 1925 nur noch etwa 4%
                              									betrug. Die niederländische Flagge konnte nach Kriegsende im Hamburger Hafenverkehr
                              									erheblichen Raum gewinnen, den sie auch bis heute ungefähr auf gleicher Höhe
                              									erhalten hat.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 342, S. 55
                              Abb. 12.Halle I. Klasse des Dampfers „Hamburg“.
                              
                           
                              (Schluß folgt.)