| Titel: | Polytechnische Schau. | 
| Autor: | Kalpers | 
| Fundstelle: | Band 342, Jahrgang 1927, S. 139 | 
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                        Polytechnische
                              								Schau.
                        (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszüge
                           								– nur mit Quellenangabe gestattet.)
                        Polytechnische Schau.
                        
                     
                        
                           Ein neuer Handfernsprecher. Nachdruck verboten! Einer der
                              									Glanzpunkte der Leipziger Technischen Frühjahrsmesse war ein neuer Handfernsprecher
                              									– ein Mikrotelephon sagt der Deutsche – von Siemens und Halske, ein Glanzpunkt
                              									deshalb, weil er auf seinem Gebiete mehr als den üblichen kleinen Fortschritt
                              									bringt. Zwei Neuerungen sind es, die als wesentliche Schritte vorwärts anzusehen
                              									sind, nämlich die Herstellung des ganzen Handfernsprechers aus einem einzigen
                              									Stück, das aus einem außerordentlich widerstandsfähigen Isolierpreßstoff gefertigt
                              									ist (Bild 1), und die Herstellung des Fernhörers als Kapsel (Bild 2), die einfach in
                              									den Handfernsprecher eingelegt wird und dadurch ihre leitenden Verbindungen bekommt.
                              									Beim Mikrophon machte man das – abgesehen von der Kinderzeit des Fernsprechers –
                              									immer schon so, aber die Herstellung des Fernhörers als Kapsel ist ein ganz 
                              									neuer, großen Erfolg versprechender Gedanke, und zwar aus zahlreichen Gründen.
                              									So ist eine solche Fernhörerkapsel ein Gegenstand, der sich wie kaum ein anderer zur
                              									Reihen- und Massenherstellung eignet: Sie wird also billig und kann für alle
                              									überhaupt in Betracht kommenden Zwecke vollkommen einheitlich hergestellt
                              									werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 342, S. 140
                              Abb. 1.
                              
                           Nur die Wicklungen auf dem Magneten müssen verschiedene
                              									Windungszahlen haben, je nachdem, ob es sich um ein Gerät für Ortsbatterie – wobei
                              									der Apparat selbst mit einer Batterie versehen ist –, oder um eines zum Anschluß an
                              									Aemter mit Zentralbatterie – wobei der Apparat keine Batterie hat, sondern vom Amt
                              									aus mit Strom gespeist wird –, oder ob es sich um Funkhörer handelt, die ja
                              									bekanntlich etwa je 2000 Ohm Widerstand haben müssen. Aber diese Spulen werden
                              									ebenfalls reihenmäßig hergestellt und auf die Magnete einfach aufgeschoben, so daß
                              									diese kleine Abweichung die Einheitlichkeit der Herstellung in keiner Weise stören
                              									kann. Als einen der wichtigsten Vorteile der Fernhörerkapsel sehe ich an, daß ihr
                              									Magnet nicht einstellbar ist; das klingt sonderbar, denn man hielt bisher die
                              									Einstellbarkeit für einen Vorzug. Die rauhe Wirklichkeit sieht aber anders aus; fast
                              									alle einstellbaren Fernhörer sprechen nicht so gut, wie man es nach der Sorgfalt
                              									ihrer Herstellung erwarten sollte, weil eben die Einstellvorrichtung von
                              									Nichtsachkundigen verstellt, oder, wenn man sich ganz deutlich ausdrücken will, weil
                              									daran gespielt wird. Man muß froh sein, wenn dabei das Schallblech nicht so verbogen
                              									wird, daß es dauernden Schaden leidet und nie mehr gut arbeiten kann. Die
                              									Fernhörerkapsel kann aber so hergestellt werden, daß sie mit Sicherheit die beste
                              									Wirkung ergibt. Ein weiterer Vorteil ist natürlich die bequeme Auswechselbarkeit,
                              									namentlich in Verbindung mit der Billigkeit: Taugt ein Fernhörer nichts mehr, so
                              									wirft man die kleine Kapsel einfach weg und setzt eine neue ein – das ist das Werk
                              									von Sekunden; dieses Verfahren erspart Zeit, Geld und Aerger, und man hat dann eben
                              									nicht einen notdürftig instandgesetzten Fernhörer, sondern einen vollkommen neuen
                              									mit allen seinen guten Eigenschaften.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 342, S. 140
                              Abb. 2.
                              
                           Der ganze Handfernsprecher mit seiner gefälligen Form, an dem sich keine
                              									Vernickelung von Metallteilen abgreifen kann – was immer schlecht aussieht, wenn es
                              									geschehen ist –, weil keine Metallteile außen vorhanden sind, ist leicht sauber zu
                              									halten, da er keine scharfen Kanten und Rinnen hat, in denen sich Schmutz festsetzen
                              									könnte. Er ist erheblich leichter als die bisherigen Handfernsprecher und kann
                              									trotzdem einen Puff vertragen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 342, S. 140
                              Abb. 3.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 342, S. 140
                              Abb. 4.
                              
                           An Zusammenbauarbeit wird dadurch erheblich gespart, daß die Leitungen gleich mit in
                              									den Handgriff eingepreßt werden. Auch dieser Umstand hat eine Verbilligung zur
                              									Folge. Früher baute man Fernsprechapparate mit Zierleisten, die wahre Wunderwerke
                              									der Möbeltischlerkunst waren, auch Rokokofernsprecher gab es – heute läßt man sie
                              									durch ihre gedrungene, einfache, zweckentsprechende Form wirken. Gerade in
                              									Verbindung mit solchen Apparaten (Bild 3 und 4) wirkt der neue Handfernsprecher
                              									besonders schön, und wenn man sich erst daran gewöhnt hat, so mag man die alten
                              									Ausführungsformen gar nicht mehr sehen.
                           
                           Auch sonst sind übrigens die Apparate sehr vereinfacht worden; insbesondere die
                              									für weitergehende Anforderungen, wie solche mit Rückfrage- und Reihenschaltung usw.
                              									sind nicht mehr die Ungeheuer von ehedem, die einen halben Schreibtisch einnahmen.
                              									Das alles wird dazu beitragen, dem Fernsprecher noch eine erheblich weitere
                              									Verbreitung zu sichern, als er sie heute schon hat, und ihn immer mehr zu einem
                              									Diener des arbeitenden Menschen zu machen. Die Möglichkeiten, die die Technik auf
                              									diesem Gebiete bereits heute bietet, werden lange noch nicht genügend
                              									ausgenutzt.
                           Max. Fischer.
                           Metallisierung von Gasbehältern. M. U. Schoop macht interessante Mitteilungen über den Schutz
                              									von Gasbehältern gegen Rostansatz. Die Spritzverzinkung hat sich für diesen Zweck
                              									recht gut bewährt und es kann bezüglich des Rostschutzes hierbei unbedenklich eine
                              									Garantie von 15–20 Jahren übernommen werden. Der Rostschutz von Gasbehältern ist
                              									besonders wichtig an Orten, die in der Nähe des Meeres oder in tropischem Klima
                              									liegen; so hat Verfasser z.B. in Dänemark an den Wandungen von Gasbehältern
                              									eingefressene Löcher beobachtet, die jedoch mit Hilfe der Spritzverzinkung dauerhaft
                              									verschlossen werden konnten. Bei solchen Eisehbauten, die wie z.B. Bojen dauernd der
                              									Einwirkung des Meerwassers ausgesetzt sind, wird zweckmäßig nicht Zink, sondern Blei
                              									aufgespritzt.
                           Die Kosten der Spritzverzinkung sind zwar höher als die eines Farbanstriches, dieser
                              									Unterschied wird aber durch den Wegfall der Kosten für die Instandhaltung mehr als
                              									ausgeglichen. Für 100 qm Spritzverzinkung an einem Gasbehälter des Gaswerkes Zürich
                              									ergaben sich folgende Kosten:
                           
                              
                                 Zinkdraht, 81 kg je 1,70 Fr.
                                 137,70 Fr.
                                 
                              
                                 Sauerstoff, 8,5 cbm je 1,70 Fr.
                                 14,45 Fr.
                                 
                              
                                 gel. Acetylen 4,5 cbm
                                 25,00 Fr.
                                 
                              
                                 Löhne: 2 Mann × 23 Std. je 1,70 Fr.
                                 78,20 Fr.
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                 255,35 Fr.
                                 
                              
                           Die Kosten stellen sich somit auf rd. 2,– Mk. je qm Fläche,
                              									wobei aber zu beachten ist, daß das Zuspritzen solcher Stellen, wo die Bleche
                              									übereinandergelegt und vernietet sind, wesentlich mehr Zeit und mehr Metall
                              									erfordert. Andererseits ist im obigen Preis das Reinigen der Bleche mit dem
                              									Sandstrahlgebläse nicht mit inbegriffen.
                           Das Metallisieren läßt sich durch Anwendung einer Führungsvorrichtung für die
                              									Spritzpistole wesentlich verbilligen. Da hierbei der Abstand der Spritzdrüse von der
                              									Blechoberfläche, konstant ist wird der Schutzüberzug auch gleichmäßiger.
                           Das Metallspritzverfahren von Schoop beruht bekanntlich darauf, daß feinzerteiltes
                              									Metall in geschmolzenem Zustand mit Hilfe eines Preßluftstrahles von 3,5 at auf die
                              									betreffende Oberfläche geschleudert wird. Infolge der außerordentlichen
                              									Geschwindigkeit, mit der die Metallteilchen auf die Oberfläche aufprallen, entsteht
                              									ein sehr festhaftender Ueberzug, so daß man den Vorgang gewissermaßen als eine
                              										„kalte Schweißung“ ansehen kann.
                           Die neueste Bauart der Spritzpistole, Type HG, unterscheidet sich von den früheren
                              									Ausführungen dadurch, daß die Preßluft nicht konzentrisch, sondern durch flache
                              									Schlitzdüsen zugeführt wird, ferner daß die zum Schmelzen des Zinkdrahtes
                              									erforderlichen Gase (Azetylen und Sauerstoff) nicht mehr getrennt, sondern fertig
                              									gemischt dem Brenner zugeführt werden. Durch den Wegfall des zweiten Gasschlauches
                              									wird der Apparat nicht nur handlicher, sondern auch der thermische Wirkungsgrad wird
                              									hierdurch wesentlich verbessert. In den Metallisator-Werkstätten in Zürich wird nach
                              									diesem Verfahren schon seit zwei Jahren ausschließlich gearbeitet.
                              									Flammenrückschläge sind hierbei bisher nie beobachtet worden, während
                              									sonderbarerweise diese Erscheinung bei getrennter Zuführung der beiden Gase des
                              									öfteren vorgekommen ist. Bei Verwendung dieser neuen Ausführung der Spritzpistole
                              									wird bei der Verzinkung ein Wirkungsgrad von etwa 85 Proz. erzielt. Somit entfallen
                              									bei einem Verbrauch von 81 kg Zinkdraht für 100 qm Fläche 0,81 × 0,85 = 0,68 kg Zink
                              									auf 1 qm Fläche. Unter normalen Verhältnissen werden für das Ueberziehen von 1 qm
                              									Fläche 6–7 Minuten gebraucht; bei Vorhandensein von Stoßfugen und Nieten, die wie im
                              									vorliegenden Falle eine besondere Behandlung erfordern, beträgt der Zeitaufwand
                              									jedoch 12–15 Minuten. Die Erfahrung hat gezeigt, daß die Spritzverzinkung von
                              									Gasbehältern und Tanks aller Art ohne Betriebsstörung ausgeführt werden kann und das
                              									auch bei etwaigem Ausströmen von Leuchtgas aus undichten Stellen der Behälterwand
                              									eine Entzündung des Gases keinesfalls eintritt, da der zum Zerstäuben des
                              									Zinkdrahtes nötige Luftstrahl einen kräftigen Gegendruck bewirkt. (Chem.-Ztg. 1926,
                              									S. 850 bis 851.)
                           Sander.
                           Schwarzkern-Temperguß. Beim amerikanischen oder
                              									Schwarzkern-Temperguß verwendet man anstatt einer oxydierenden Umgebung wie beim
                              									europäischen Verfahren eine chemisch neutrale Umgebung und der Prozeß besteht in
                              									einer Zersetzung des Zementits in Eisen und Graphit, die dem Gußstück einen
                              									schwarzen Bruch im Kern und einen weißen an der Peripherie verleiht. Namentlich für
                              									Stücke mit starken Querschnitten ist das Verfahren dem europäischen vorzuziehen,
                              									indem der Einfluß der Temperatur im Stückinneren mehr zur Geltung kommt als die
                              									desoxydierende Wirkung, die den Kern nur bei schwachen Querschnitten erreicht. Den
                              									Amerikanern ist es gelungen, die Technik der Tempergießerei erheblich zu verbessern,
                              									aus welcher Tatsache die bedeutende Entwicklung dieses Industriezweiges ihre
                              									Erklärung findet; man kann sagen, daß der Schwarzkern-Temperguß z. Z. dort eines der
                              									wichtigsten Eisenerzeugnisse darstellt. Die Herstellung von Schwarzkern-Temperguß
                              									kann auf zweierlei Weise erfolgen: synthetisch durch Kohlung von Stahlspänen und
                              									durch direktes Schmelzen des Eisens unter gleichzeitiger Aenderung der
                              									Zusammensetzung im gewünschten Sinne. Die bestgeeignete Zusammensetzung scheint sich
                              									in folgenden Grenzen zu bewegen: 2,35–2,60% Kohlenstoff, 0,8 bis 1,0% Silizium, 0,3%
                              									Mangan, 0,03% Schwefel, 0,15–0,25% Phosphor. Die Zerreißfestigkeit von
                              									Schwarzkern-Temperguß ist umgekehrt proportional zum Gesamtkohlenstoff-Gehalt. Dies
                              									rührt daher, daß der Zusammenhang des Ferrits durch die Anwesenheit von
                              									Temperkohle-Partikeln unterbrochen wird. Das Silizium erleichtert 
                              									die Trennung in freien Kohlenstoff und Ferrit aus dem Zementit. Seine
                              									Anwesenheit (in Mengen, die umgekehrt proportional zum Kohlenstoff sind) ist für die
                              									Zersetzung des Eisenkarbides wesentlich. Die Zersetzung des einfachen Karbides Fe3C unter dem Einfluß der Wärme geht leichter vor
                              									sich, als wenn ein Doppelkarbid vorhanden ist, etwa das Doppelkarbid von Eisen und
                              									Mangan, dessen Anwesenheit die Perlitbildung begünstigt. Eine größere Menge von
                              									Schwefel als gewöhnlich könnte wegen der Bindung eines Teiles des Mangans als
                              									Sulphid die Vermehrung des Mangangehaltes zulassen. Ist auf der einen Seite eine
                              									Festigkeitssteigerung durch das Mangan zu erwarten, so darf auch die das Tempern
                              									nachteilig beeinflussende Perlitbildung nicht außer acht gelassen werden. Das
                              									Einpacken der Stücke in den Kästen hat mit Stoffen zu erfolgen, die nicht oxydierend
                              									wirken, genügend fein für die Entfernung und den Abzug der Luft sind und die einen
                              									ziemlich schnellen Wärmeaustausch gestatten. Sand entspricht zwar den beiden ersten
                              									Bedingungen, ist aber ein schlechter Wärmeleiter. Walzensinter ist zu oxydierend und
                              									Eisenerz zu grobkörnig und nicht gleichmäßig nichtoxydierend. Immerhin läßt sich die
                              									ungenügende Neutralität der beiden letzteren verbesseren. Ihr Einfluß auf den
                              									Kohlenstoff der Gußstücke verursacht eine dauernde Verminderung ihres
                              									Eisenoxydgehaltes. Ist dieser auf geringe Grenzen eingeschränkt, so wird ihr Einfluß
                              									der Kohlenstoffentfernung durch Oxydation ganz verschwindend; solange kein
                              									neues Material zugesetzt wird, ist auch eine nachteilige Wirkung nicht zu
                              									befürchten. Der Zusatz von saurer gemahlener Schlacke vermindert die Aktivität
                              									dieser beiden Körper, ohne ihrer Leitfähigkeit zu schaden. Man kann demnach ein
                              									Gemisch von Erz, Walzensinter und Schlackenmehl verwenden. Die Wahl der Temperöfen
                              									hat mit großer Sorgfalt zu erfolgen. Die Bildung der Temperkohle vom graphitischen
                              									Kohlenstoff aus, auf der die ganze Schwarzkern-Tempergußerzeugung beruht, erfolgt
                              									langsam und allmählich während der Abkühlung. Die Geschwindigkeit der Abkühlung muß
                              									mit derjenigen der Temperkohlebildung zusammentreffen, da man sonst in der Nähe des
                              									Rekaleszenz-Punktes Perlit erhält, der härter und schwerer bearbeitbar ist. Die
                              									Abkühlungsgeschwindigkeit wird mit 7–10° in der Stunde bei hohen Temperaturen
                              									angenommen und mit 3–5 ° nach Erreichung der Temperatur von 760 °. Namentlich
                              									zwischen 760 und 690 ° muß man besonders dafür Sorge tragen, nicht unter diese
                              									Geschwindigkeit zu kommen.
                           Durchschnittsergebnisse von Schwarzkern-Temperguß sind: 39,5 kg/mm2 Zerreißfestigkeit und 14–15% Dehnung (auf 50
                              									mm). Die Zahlen 42,5 kg/mm2 und 20% stellen
                              									Höchstwerte dar. In allen Fällen, bei denen die Dehnung 20% überschritten hat,
                              									betrug der Kohlenstoffgehalt rund 2,35%. (La Fonderic Moderne.)
                           Dr.-Ing. Kalpers.