| Titel: | Die russischen Steinkohlenlager im Donezbecken. | 
| Autor: | Landgräber | 
| Fundstelle: | Band 343, Jahrgang 1928, S. 71 | 
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                        Die russischen Steinkohlenlager im
                           								Donezbecken.
                        Die russischen Steinkohlenlager im Donezbecken.
                        
                     
                        
                           Rußlands wichtigstes Steinkohlenrevier ist das Donezbecken, oberflächlich ein
                              									Denudationsplateau in rd. 360 m Meereshöhe, aus dem härtere Sandsteinbänke und
                              									Kalkschichten rippenähnlich oder hügelartig hervortreten. Während die Anfänge der
                              									Kohlengewinnung wohl im Nebel der Zeiten verschwinden, datieren die ersten
                              									authentischen Nachrichten hierüber aus der Zeit Peter des Großen, etwa aus der
                              									zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die Produktion jener Zeiten wurde jedoch
                              									lediglich zur Befriedigung lokalen Bedarfs herangezogen und war von geringem Umfang.
                              									Um die Wende des 18. Jahrhunderts erhielt die Donezkohle insofern eine gewisse
                              									Bedeutung, als sie zur Verhüttung der damals gegründeten Luganski-Hütte herangezogen
                              									wurde. Diese verbrauchte einst mehr als 70 Prozent der Gesamtproduktion. Im Jahre
                              									1839 wurde diese auf 14346 t beziffert. Damals wurde gleichzeitig die Verwendbarkeit
                              									des Anthrazits erkannt, wodurch der Bergbau einen gewaltigen Anstoß zur
                              									Produktionssteigerung erhielt. Die Anthrazitgruben, die stellenweise über Material
                              									verfügen, wie es einzig und allein auf der Welt dasteht, erhöhten ihre Förderung
                              									innerhalb 10 Jahren um das 80fache. Von 25 Betrieben im Jahre 1825 stieg ihre Zahl
                              									nach 20 Jahren auf 50. Durch verstärkten Ausbau des Bahnnetzes im Donezgebiet – das
                              									dort angelegte Eisenbahnnetz kann für russische Verhältnisse als sehr dicht
                              									angesehen werden – in den Jahren 1868 bis 1878 kam es zu umfangreichen Neugründungen
                              									und Betriebserweiterungen. Im Jahre 1878 betrug die Gesamtförderung schon weit über
                              									1000000 t. Um jene Zeit hatte die Donezkohle einen kräftigen Wettbewerb mit
                              									Auslandkohle zu erdulden, deren Gesamtimport sich auf ungefähr 14000000 t belief.
                              									Neue Absatzmöglichkeiten verschafften die Gründung verschiedener neuer Hütten und
                              									vor allem die Entdeckung der Eisenerze von Krivoy-Rog in den 70er Jahren. Bis zum
                              									Jahre 1914 war die Gesamtzahl der Gruben auf etwa 240 angewachsen. Rund die Hälfte
                              									davon förderte Steinkohle und die andere Hälfte Anthrazit. Im Jahre 1907 wurden die
                              									ersten Koksöfen mit Neben-Produktengewinnung unter Feuer, gesetzt. Ihre Anzahl stieg
                              									in den darauffolgenden 5 Jahren auf 659. Augenblicklich werden 3500000 t Koks
                              									erzeugt, die aber infolge umfangreicher Neuanlagen in Bälde 5000000 t erreichen
                              									dürfte. Die Förderung betrug im Jahre 1914 rund 27½ Millionen Tonnen. Während der
                              									Kriegs- und Nachkriegszeit war sie erheblichen Schwankungen unterworfen, hat aber
                              									bereits jetzt schon wieder die Höhe von 25000 Tonnen erreicht. Etwa 25 % der
                              									Förderung besteht aus Anthrazit. Durch eine im Gange befindliche durchgreifende
                              									Mechanisierung von Gruben soll die Gesamtförderung des Donezbeckens auf rund
                              									50000000 t jährlich gesteigert werden. Vornehmlich die zur Zeit im Bau
                              									befindlichen großen Gruben werden bis ins Kleinste mechanisiert und
                              									elektrifiziert, um die Leistung pro Mann und Schicht bis auf 1,5 t zu erhöhen,
                              									wodurch die Gestehungskosten auf 3 Rubel erniedrigt werden sollen. Man glaubt sogar
                              									auf Gruben mit besonders günstigen Ablagerungen und Abbauverhältnissen eine Leistung
                              									bis zu 2,5 t pro Mann und Schicht zu erzielen. Die Gesamtkohlenvorräte des
                              									Donezbeckens werden auf 70 bis 75 Milliarden t geschätzt. Die Kohlenarten bestehen
                              									aus Anthrazit, Magerkohle, Schmiedekohle, Kokskohle, Gaskohle und Flammkohle.
                           Die Schichten des Donez-Karbons besitzen eine Mächtigkeit von 12000 m. Es wechseln
                              									dort Sandsteine, Tonschiefer und Kalkbänke miteinander ab. Die
                              									Ablagerungsverhältnisse sind in geologischer Hinsicht nicht uninteressant.
                              									Stratigraphisch gliedert sich das Karbon in drei Hauptabteilungen. Die faunenreichen
                              									Kalkeinlagerungen spielen bei der Identifizierung sowohl bei den Haupt- wie bei den
                              									Unterabteilungen eine hervorragende Rolle. Seit den 90er Jahren führt das
                              									Geologische Komitee Untersuchungs- und Kartierungsarbeiten für eine genaue
                              									Gliederung durch. Die Schichten der unteren Abteilung beginnen über dem Oberdevon
                              									mit grauem dolomitischen Kalk, festen grauschwarzen Kalken, kieseligen Mergeln und
                              									Porphyr. Kalke mit Spirifer medius, Sp. tomacensis und Productus giganteus sind hier
                              									vorherrschend. Kalke der folgenden Lagen enthalten vornehmlich Pr. Latissimus,
                              									ferner sind diese Partien gekennzeichnet durch Sandsteine, Tonschiefer und weiße
                              									Arkosen. Bauwürdige Kohlenschichten sind in dieser mit C1 bezeichneten Abteilung nicht gefunden. Sie treten erst in der
                              									nächstfolgenden Stufe, die 3000 bis 4000 m mächtig ist, auf. In den Unterstufen
                              									dieses geologischen Abschnittes, die mit C2 bzw.
                              										C25, und C26 bezeichnet
                              									werden, kommen die wichtigsten Kohlenflöze vor. Ihre Mächtigkeit schwankt von 0,58
                              									bis 1,5 m. Vorherrschend sind Sandsteine und Schiefer; die Kalke treten zurück,
                              									bilden aber durchgehende Horizonte. Die Unterstufe C23 hat im Gorlov-Rayon eine Stärke von
                              									rund 600 m, im Rokovo-Kessel von rund 1000 m, im Dolzansk-Kessel von 1120 bis 1250
                              									m. Floristisch hat diese Stufe große Aehnlichkeit mit den Saarbrücker Schichten. Die
                              									Flora geht in den jungen Abschnitten allmählich in eine den Ottweiler-Schichten
                              									ähnelnde über. C23
                              									und C25 enthalten
                              									die meisten Flöze. Ihre Zahl beträgt 41, während die übrigen nur insgesamt 11
                              									aufweisen können.
                           Die obere Schichtenserie C3, des Mittelkarbons, 2500
                              									m mächtig, hat nennenswerte Kohlenablagerungen nur in den tiefen Lagen aufzuweisen,
                              									die Flözmächtigkeiten von 0,7 m und darüber enthalten. Zuunterst liegen dunkelgrauer
                              									Kalk von bedeutender Mächtigkeit. Die Fauna der höheren Lagen deutet schon auf das
                              									herannahende Oberkarbon 
                              									hin. C33
                              									besitzt bereits keinerlei bauwürdige Kohlenbänke mehr, dafür aber mehrere
                              									fusulinenreiche Kalkbänke, entsprechend der sogenannten Artastufe in Ostrußland. Die
                              									Flora entspricht den Ottweiler-Schichten Westeuropas.
                           Im ganzen kennt man im Donbaß ungefähr 200 Flöze; 100–120 sind in der mittleren
                              									Abteilung C2, 50–60 in C3, während die übrigen auf Unterkarbon und Permokarbon entfallen. Flöze
                              									mit baubarer Mächtigkeit von über 0,5 m gibt es etwa 30–40. Selten übersteigt sie
                              									1,0–1,5 m. Die größte bisher gefundene Gesamtmächtigkeit beträgt etwa 28 bis 30 m
                              									und die mittlere rd. 15,5 m. Fast alle metermächtigen Flöze und darüber weisen
                              									Zwischenmittel auf. Der Heizwert ist bei Gaskohle 8285 Cal., bei Schmiedekohle 8331,
                              									Kokskohle 8335 und Magerkohle 8477 Cal. Der C-Gehalt schwankt bei Steinkohle
                              									zwischen 68,27 und 87,28 %, der H-Gehalt zwischen 5,71 und 4,61, der Aschegehalt
                              									zwischen 1,20 und 3,24 und die Feuchtigkeit zwischen 0,82 und 9,04. Beim Anthrazit
                              									sind die Schwankungen folgende: C = 90,62–91,27, H = 1,62–2,38, O = 1,50–3,00, N =
                              									0,87–1,56, S = 1,00–1,33, Asche = 2,29–3,34 und Feuchtigkeit = 0,45–2,50. Unreine,
                              									blätterige und russige Kohlen sind fast immer feuchter als reine Glanzkohle.
                              									Faserkohle hat stets mehr Wasser als plattige Kohle. Harte, spröde und körnige
                              									Glanzkohle in plattiger Absonderung herrscht bei weitem vor. „Platten- und
                                 										Faserkohle“ gehen häufig ineinander über. Als Einschlüsse kommen
                              									allenthalben Kännelkohle, Mattkohle oder Rußkohle mit scharfer Abgrenzung vor. Der
                              									Gehalt an flüchtigen Bestandteilen schwankt zwischen 14 und 45 %. Auf asche- und
                              									wasserfreie Substanz umgerechnet hat Gaskohle 42–32%, Schmiedekohle 32–26%,
                              									Kokskohle 26–18 % und Magerkohle weniger als 18 % flüchtige Bestandteile. Der Gehalt
                              									an flüchtigen Bestandteilen nimmt ziemlich regelmäßig von Osten nach Westen zu. Er
                              									steigt z.B. im Streichen eines Flözes auf eine Entfernung von 50 Werst (1 Werst ~ 1
                              									km) auf etwa das fünffache. Oertliche Abweichungen sind allenthalben zu beobachten
                              									und werden beeinflußt von Störungen größeren Umfangs. Nach der Tiefe sind
                              									Aenderungen des Gasgehaltes zu beobachten. Allgemein sind hangende Flöze gasreicher.
                              									Ausnahmen im umgekehrten Sinne sind nicht selten. Diese stark wechselnden
                              									Veränderungen in der Beschaffenheit der Flöze gaben Veranlassung zu der Ansicht, daß
                              									im Donezbecken sowohl allochthone wie autochthone Entstehung in Frage kommt. Die
                              									meisten Ablagerungen dürften jedoch autochthonen Ursprungs sein. Zum Teil gehen die
                              									Flözstärken auf primäre Unregelmäßigkeiten zurück, hervorgerufen durch
                              									verschieden mächtige Ueberlagerung sowie durch Wegführung der primären
                              									Pflanzenleiber durch vordringende Meeresfluten. Sekundäre Stauung oder Zerrung
                              									benachbarter Ablagerungen dürften ebenfalls für jene Unregelmäßigkeiten in Frage
                              									kommen.
                           Tektonische Einwirkungen sind überhaupt für den Aufbau des Felsgerüstes im
                              									Donezbecken von mehr oder weniger charakteristischem Einfluß sowohl hinsichtlich der
                              									Flözart wie hinsichtlich der für die Ausbeutung günstigen Emporhebung der nutzbaren
                              									Kohlenlagen gewesen.
                           Während die Faltungsintensität im allgemeinen weniger bedeutsam in Erscheinung trat,
                              									als in anderen europäischen Kohlengebieten und überkippte Lagerung und
                              									Ueberschiebungen im größeren Ausmaß selten sind, machen sich Längs- und
                              									Diagonalstörungen, die eine Abart zwischen Verwerfungen und Blattverschiebungen
                              									darstellen, oft störend bemerkbar. Weit verbreitet sind senkrecht zum Streichen
                              									verlaufende Querstörungen. Sie stehen im ursächlichen Zusammenhang mit dem
                              									Hauptluftsystem. Die Faltung verdankt die Doneztektonik dem Umstand, daß die Flöze
                              									des Mittelkarbons in eine für den Bergbau leicht erreichbare Tiefe gehoben wurden.
                              									Im geologischen Aufbau unterscheidet man von OSO–WNW streichende 3 Haupt-Mulden und
                              									2 Haupt-Sättel. Die sogenannten Hauptantiklinale und die nördliche Antiklinale sind
                              									die bedeutsamsten Aufwölbungen im tieferen Untergrunde. Die Mulden zu beiden Seiten
                              									sind vornehmlich kesselartig gestaltet. Die Donezfaltung ist dadurch
                              									charakterisiert, daß die Achsen der Falten auf- und abgebogen sind. Daher erscheinen
                              									die Mulden als Tröge und die Faltenzüge gewissermaßen kuppelförmig in den Sätteln.
                              									Neben den großen Faltenzügen kann fast allerorts Spezialfaltung und Fältelung
                              									beobachtet werden. Der Faltungsvorgang muß sich des öfteren wiederholt haben. Im
                              									Großen und Ganzen haben Dislokationen des Donezkarbons am Ende des Paläozoikums im
                              									Lias, Dogger, am Ende der Jurazeit und zu Beginn des Untertertiärs stattgefunden.
                              									Das Tertiär selbst hat an dem Faltungsprozeß nicht mehr teilgenommen. Das
                              									Deckgebirge der Donezfalten besteht aus Permschichten, mesoischen Ablagerungen,
                              									jurassischen Gesteinen. Kreide, Tertiär, Löß und Lößlehm. Ihre Auflagerung ist
                              									jedoch keineswegs gleichmäßig. Sie sind z. T. zerstört worden. Senone Sedimente
                              									haben einst ziemlich gleichmäßig das gesamte Donezbecken ausgefüllt. Ihre Glieder
                              									wie Glaukonitmergel und weiße Schreibkreide bilden heute noch das direkte Hangende
                              									des Oberkarbons.
                           
                              Landgräber