| Titel: | Bayerns Elektrizitätswirtschaft. | 
| Autor: | Landgräber | 
| Fundstelle: | Band 343, Jahrgang 1928, S. 83 | 
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                        Bayerns Elektrizitätswirtschaft.
                        LANDGRAEBER, Bayerns Elektrizitätswirtschaft.
                        
                     
                        
                           Durch die nunmehr vollzogene Einigung zwischen Bayernwerk und Rhein-Main-Donau
                              									A.G. über den Strombezug aus den künftigen Mainwasserkräften kommt die
                              									Rhein-Main-Donau A.-G. auf ihre Gestehungskosten und das Bayernwerk zu billigem
                              									Strompreis. Die Gestehungskosten der Mainwasserkräfte waren zu rund 2,4 Pfg./kWh
                              									errechnet. Nachdem für die 50 Mill. kWh-Leistung der ersten drei Kraftwerke der
                              									Bayerische Staat jährlich 500000 Mark zuschießt, werden von den 2,4 Pfg.
                              									Gestehungskosten vom Bayern werk 1,5 Pfg. und vom Bayerischen Staat, also von den
                              									Steuerzahlern rund 1 Pfg./kWh bezahlt. Das Bayernwerk hat sich also für einen
                              									billigen Uebernahmestrompreis von 1,5 Pfg./kWh durchgesetzt.
                           Einen noch billigen Strompreis hat sich früher das Bayernwerk aus dem Walchenseewerk
                              									gesichert, als es galt, die Anleihen für das Walchenseewerk aufzuwerten. Auf Grund
                              									eines Bayernwerk-Gutachtens hat damals der Bayerische Staat und der Bayerische
                              									Landtag eine höhere Anleihe-Aufwertung abgelehnt, da sonst das Walchenseewerk nicht
                              									mehr wirtschaftlich sei. Dies hat nun zur Folge, daß der Walchenseestrom ¾ Pfg./kWh
                              									kostet, während bei höherer Aufwertung der Strom auf etwa 1¼ Pfg./kWh gekommen wäre.
                              									Der billige Strom aus dem Walchenseewerk geht also zum Teil zu Lasten der Sparer und
                              									der billige Strom aus den Mainwasserkraftwerken zu Lasten der Steuerzahler.
                           Vom Achenseewerk in Tirol kauft das Bayernwerk auf die Dauer von 20–25 Jahren
                              									jährlich 85 kWh und bezahlt dafür nach dem Anleihe-Prospekt der Firma Lismann,
                              									Newyork, 530352 Dollar = 2225000 Mark jährlich oder für 1 kWh rund 2.75 Pfg. Dazu
                              									kommen die Kosten der Fernleitung und die Verluste, so daß der Strom aus 
                              									Tirol bis Mitte Konsumgebiet wohl auf 3 Pfg./kWh zu stehen kommt. Dem
                              									Achenseewerk vergütet das Bayernwerk also um 2,0–2,25 Pfg./kWh und in den 25
                              									Vertragsjahren um rund 40 Millionen Mark mehr. Mit diesen 40 Mill. Mark bezahlt und
                              									amortisiert Bayern das Tiroler Achenseewerk. Es kommt dazu, daß das Bayernwerk den
                              									Strom an außerbayerische Stromabnehmer billiger liefert, als an die einheimischen.
                              									Seine Politik kann daher dahin zusammengefaßt werden, daß es für bayerischen Strom
                              									weniger bezahlt als für auswärtigen und nach auswärts Strom billiger liefert als an
                              									bayerische Abnehmer.
                           Das Bayernwerk hat seine Stellung, welche den bayerischen Wasserkräften entsprechen
                              									würde, innerhalb der deutschen Elektrizitätswirtschaft nicht zu halten vermocht. Das
                              									Bayernwerk läuft hinterher und ist auf Strom von auswärts angewiesen. Es fehlt das
                              									Ziel und die eigene Stärke. Das Bayernwerk müßte sich mehr auf eigene Werke stützen
                              									und nicht auf fremde Werke im Süden und im Westen angewiesen sein. Strom aus eigenen
                              									Werken zu liefern, wäre auch für Bayern vorteilhafter, denn mit dem Bezug des
                              									teueren Stromes von auswärts bezahlt und amortisiert Bayern die fremden Werke
                              									und läßt eigene Gelegenheiten ungenutzt.
                           Die Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke bauen große Wasserkraftwerke in
                              									Vorarlberg und Tirol. Württemberg erwirbt Wasserrechts-Konzessionen in der Schweiz,
                              									norddeutsches Kapital finanziert die Ennswasserkräfte und Niederösterreich und
                              									rechnet auch damit, daß der Strom nach Bayern geliefert werden kann, während der
                              									Wasserkraftausbau in Bayern stockt. Verhandlungen über die Verleihung und über den
                              									Ausbau von Wasserkräften in Bayern erfordern viele Jahre und viele Jahre vergehen,
                              									bis sich die maßgebenden Kreise geeinigt haben, wenn es sich darum handelt,
                              									Wasserkräfte durch den Staat nutzbar zu machen. In der Periode des derzeitigen
                              									Landtages ist z.B. ein derartiger Beschluß überhaupt nicht zustande gekommen. Der
                              									Schaden daraus ist für Bayern groß. Bayern isoliert sich und geht auch der Vorteile
                              									verlustig, die in den Naturschätzen seiner Wasserkräfte ruhen.
                           Landgräber.