| Titel: | Neue Anwendungen der Kohlensäure als Feuerlöschmittel. | 
| Autor: | Ed. Fischer | 
| Fundstelle: | Band 343, Jahrgang 1928, S. 110 | 
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                        Neue Anwendungen der Kohlensäure als
                           								Feuerlöschmittel.
                        Von Dipl.-Ing. Ed.
                                 									Fischer, Berlin.
                        Neue Anwendungen der Kohlensäure als Feuerlöschmittel.
                        
                     
                        
                           Schon seit mehr als 10 Jahren bedient man sich bekanntlich der sogenannten
                              									Trockenfeuerlöscher, bei denen ein Löschpulver mit Hilfe von verdichteter
                              									Kohlensäure auf den Brandherd geschleudert wird. Durch die gleichzeitige Wirkung des
                              									Löschpulvers (Natriumbikarbonat) und der gasförmigen Kohlensäure wird das Feuer
                              									meist sehr rasch erstickt, da der Zutritt des Luftsauerstoffs unterbunden wird. Der
                              									handliche Apparat besteht aus einem zylindrischen Löschpulverbehälter, der 3 bis 4
                              									kg Löschpulver faßt und der mit einer kleinen Stahlflasche fest verbunden ist. Die
                              									Stahlflasche enthält 300 bis 450 g verflüssigte Kohlensäure, sie ist auf 190 at
                              									geprüft und durch ein normales Flaschenventil mit Handrad verschlossen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 109
                              Abb. 1
                              
                           Der Trockenfeuerlöscher hat sich in allen denjenigen Fällen besonders gut bewährt, wo
                              									Wasser als Löschmittel versagt oder aber nicht zulässig ist, wie bei Bränden von
                              									Benzin oder Benzol bzw. von elektrischen Maschinen oder Transformatoren. Mit der
                              									starken Zunahme des Kraftwagen-, Motorboot- und Flugzeugverkehrs sowie der hierdurch
                              									bedingten Vermehrung und Vergrößerung der Betriebstofflager in den Städten wie auf
                              									dem Lande hat die Frage eines wirksamen Feuerschutzes eine erhöhte Bedeutung
                              									erlangt. Dies gilt in gleicher Weise für zahlreiche Betriebe der chemischen
                              									Industrie, die leicht entzündliche, niedrigsiedende Flüssigkeiten entweder
                              									selbst herstellen oder weiter verarbeiten, wie z.B. Teerdestillationen,
                              									Oelraffinerien, Lack- und Kunstseidefabriken. Aehnlich liegen die Verhältnisse in
                              									den elektrischen Zentralen, die immer größeren Umfang annehmen und deren Generatoren
                              									und Transformatoren außerordentlich große Werte darstellen, die nicht nur vor
                              									Zerstörung geschützt, sondern auch vor längerem Stillstand bewahrt werden
                              									müssen.
                           Für derartige Fälle hat man neben den kleinen Handapparaten auch fahrbare
                              									Feuerlöscher gebaut, die 80 kg Löschpulver enthalten und eine entsprechend stärkere
                              									Wirkung haben. In chemischen Fabriken und namentlich in elektrischen Kraftwerken hat
                              									man aber in neuerer Zeit vielfach selbsttätige Kohlensäure-Löschvorrichtungen
                              									eingerichtet, die ähnlich den Sprinkleranlagen arbeiten und sofort nach Ausbruch
                              									eines Brandes in Tätigkeit treten.
                           Das Löschen von Generatorbränden in elektrischen Kraftwerken stellt besondere
                              									Anforderungen. Löschpulver darf hierbei keine Verwendung finden, weil die Innenteile
                              									der Maschinen vor Verschmutzung bewahrt werden müssen; infolgedessen arbeitet man
                              									hier mit Kohlensäure ohne jeden Zusatz. Ferner muß dafür gesorgt werden, daß auch
                              									nach der Erstickung der Flamme die Kohlensäure-Atmosphäre mindestens bis zum
                              									Stillstand des 
                              									Generators erhalten bleibt, damit die durch den Lichtbogen hoch erhitzten
                              									Metallmassen sich abkühlen können und ein Wiederaufflammen des Brandes bei
                              									Luftzutritt mit Sicherheit verhindert wird. Abb. 1
                              									zeigt eine derartige selbsttätige Löscheinrichtung, Bauart Walther & Co.,
                              									Köln-Dellbrück.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 110
                              Abb. 2
                              
                           Sie besteht aus einer Batterie von 6 Kohlensäureflaschen (A),
                              									die auf dem Kopf stehend auf einer Wage montiert sind, und dem Löschventil (B), das
                              									auf elektrischem Wege durch einen an den Differentialschutz der Maschine
                              									angeschlossenen Zugmagneten (C) in einem Bruchteil einer Sekunde geöffnet wird. An
                              									Stelle von einzelnen Stahlflaschen kann auch ein größerer Sammelbehälter Verwendung
                              									finden. Aus dem Ventil strömt die Kohlensäure durch einen Hochdruckschlauch und die
                              									Rohrleitung (D) zu den Verteilerdüsen (E), die im Innern des Maschinengehäuses
                              									angebracht sind. Die Anlage ist so durchgebildet, daß die Kohlensäure beim Oeffnen
                              									der Flaschenventile nicht einfrieren kann und daß Schneeniederschläge in der
                              									Rohrleitung nicht eintreten. Das Löschventil (B) kann außer auf elektrischem Wege
                              									auch durch einen Handhebel oder auch durch Fernbetätigung geöffnet werden.
                           Die Anordnung der Stahlflaschen bzw. des Sammelbehälters auf einer Waage ermöglicht
                              									auf einfachste Weise die Anlage ständig auf ihre Löschbereitschaft zu prüfen, ohne
                              									einzelne Teile auszubauen. In Kraftwerken mit mehreren Generatoren wird vorteilhaft
                              									eine gemeinsame Kohlensäurestation für sämtliche Maschinen mit einer Reservebatterie
                              									eingebaut. So sind z.B. die neun Generatoren und die zugehörigen Transformatoren des
                              									Großkraftwerkes Klingenberg der Stadt Berlin mit einer Kohlensäure-Löschanlage
                              									nach diesem System ausgerüstet, und zwar werden hier de Löschventile der einzelnen
                              									Generatoren im Falle eines Durchschlages selbsttätig geöffnet, während die Zuleitung
                              									der Kohlensäure zu den Transformatoren von Hand erfolgt. Es sind hier 2 große
                              									Kohlensäurebehälter von je 550 kg Inhalt auf einer Kontrolwaage montiert, von denen
                              									der eine als Reserve dient. Es ist bemerkenswert, daß die Kosten der gesamten
                              									Löscheinrichtung noch nicht 1% vom Kapitalwert der Generatoren betragen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 110
                              Abb. 3
                              
                           Auch die feste Kohlensäure, der sogen. Kohlensäureschnee,
                              									findet in jüngster Zeit mit Erfolg als Feuerlöschmittel für offene Brandstellen
                              									Anwendung. Es ist ohne weiteres verständlich, daß Kohlensäureschnee durch seine
                              									niedrige Temperatur (– 79°) sowie durch die große Gasmenge, die er beim Verdampfen
                              									liefert, stark kühlend und erstickend auf den Brandherd wirkt. Es mußte jedoch ein
                              									Weg gefunden werden, um den Kohlensäureschnee auf einfache Weise in größerer Menge
                              									herzustellen und ihn dann in den Brandherd zu schleudern. Dies ist durch Verwendung
                              									besonderer Düsen sowie eines eigenartigen Ausstoßrohres gelungen, und zwar wird der
                              									beim Ausströmen der verflüssigten Kohlensäure aus der Stahlflasche gebildete Schnee
                              									von dem gleichzeitig entstehenden Gasstrahl mitgerissen und in das Feuer
                              									geschleudert. Der Schnee verdampft in dem Feuer sehr rasch, wobei er seiner Umgebung
                              									eine beträchtliche 
                              									Wärmemenge entzieht, während die aus dem Schnee gebildete gasförmige
                              									Kohlensäure zugleich das Feuer einhüllt und den Zutritt von Luftsauerstoff
                              									verhindert. Auf diese Weise gelingt es in überraschend kurzer Zeit, selbst große
                              									brennende Flächen, namentlich Tanks, vollkommen zu löschen, wie Abb. 2 zeigt.
                           Der neue Feuerlöscher kommt unter dem Namen „Polar-Total“ in verschiedenen
                              									Ausführungen in den Handel. Der Hand-Apparat (Abb. 3)
                              									besteht aus einem etwa 4 kg verflüssigte Kohlensäure enthaltenden Druckgefäß, dem
                              									Schnee-Erzeuger und einem Ausstoßrohr. Der ganze Apparat wiegt nur etwa 14 kg. Um
                              									ihn in Tätigkeit zu setzen, braucht man nur den Schlagstift am Flaschenventil
                              									einzudrücken. Der Apparat benötigt also weder Wasser noch Chemikalien, er ist
                              									frostsicher und überall anwendbar, da das Löschmittel ohne jeden Rückstand verdampft
                              									und ein elektrischer Nichtleiter ist.
                           Eine andere Ausführungsform besteht aus einem kleinen Wagen (Abb. 4), auf dem 2 Stahlflaschen gelagert sind, die je 25 kg verflüssigte
                              									Kohlensäure enthalten. Beide Flaschen sind durch eine gemeinsame Leitung an ein
                              									Absperrventil mit Handrad angeschlossen. Ein 12 m langer Druckschlauch mit
                              									Schneerohr vervollständigt die Ausrüstung. Eine Reihe von zum Teil recht schwierigen
                              									Löschversuchen, die einem größeren Kreise von Sachverständigen von den beiden
                              									Herstellern des neuen Apparates, der Total-Ges. m. b. H. in Charlotenburg und der
                              									Walther & Co., A.-G. in Köln-Dellbrück, vorgeführt wurden, lieferte ein sehr
                              									günstiges Ergebnis. Der Apparat ist für alle feuergefährlichen Betriebe und ebenso
                              									für elektrische Zentralen ein außerordentlich wirksamer Schutz.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 111
                              Abb. 4