| Titel: | Die 10. Hauptversammlung der Deutschen Gesellschaft für Metallkunde | 
| Fundstelle: | Band 343, Jahrgang 1928, S. 160 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Die 10. Hauptversammlung der Deutschen
                           								Gesellschaft für Metallkunde
                        Die 10. Hauptversammlung der Deutschen Gesellschaft für
                           								Metallkunde
                        
                     
                        
                           fand unter der Leitung des Vorsitzenden J. Czochralski in der Zeit vom 23. bis 26. Juni in Gegenwart zahlreicher Vertreter staatlicher Behörden,
                              									der Wissenschaft und der Industrie in Dortmund statt.
                           Das Thema, dem die Gesellschaft den 1. Verhandlungstag widmete, war „Gase in
                                 										Metallen, ihre schädlichen und nützlichen Wirkungen“. Schon während ihrer
                              									Herstellung kommen die Metalle in Berührung mit Gasen, die ihre Eigenschaften
                              									wesentlich beeinflussen und bei der Verarbeitung und Verwendung der Werkstoffe dem
                              									Metallfachmann vielerlei Schwierigkeiten verursachen. Herr Prof. Dr. A. Sieverts, Jena, sprach als erster Redner über die
                              									physikalisch-chemischen Grundlagen der Aufnahme von Gasen durch Metalle.
                              									Anschließend daran erörterte Dr.-Ing. W. Hessenbruch die
                              									neuzeitlichen Verfahren zur Untersuchung der Gase als Betriebskontrolle des
                              									Erzeugers. Die Bedeutung, die die Metallfachleute der ganzen Erde diesen
                              									Gasuntersuchungen beimessen, geht daraus hervor, daß es bei der Gasbestimmung in
                              									Metallen zu einer sehr bemerkenswerten internationalen Zusammenarbeit gekommen ist,
                              									die durch den leider so früh verstorbenen Prof. Dr.-Ing. P. Oberhoffer, Aachen, eingeleitet wurde. An diesen Untersuchungen
                              									beteiligten sich Deutschland, die Vereinigten Staaten, Schweden und England. Den
                              									Uebergang zur Behandlung reiner Betriebsfragen bildete der Vortrag von Dr.-Ing. E.
                              									H. Schulz, Dortmund. Er sprach über die technologische
                              									Bedeutung der Gase in Metallen. Die Erscheinungsform der in den Metallen frei
                              									vorkommenden Gase liegt in den Hohlräumen, die sie bilden und die in gegossenen
                              									Werkstücken zu Schwächungen führen, die sich im Betrieb sehr unangenehm auswirken.
                              									Zum Nachweis dieser Fehler, die äußerlich nicht sichtbar sind, hat sich die
                              									Untersuchung mit Röntgenstrahlen, die auf einer besonderen Tagung der Deutschen
                              									Gesellschaft für Metallkunde erörtert worden ist, als besonders brauchbares
                              									Hilfsmittel zur Ueberprüfung der Gußstücke erwiesen. Auch die Motorkolben des
                              									Amerikaflugzeuges „Bremen“ wurden durch Röntgenstrahlen u.a. auf
                              									Gaseinschlüsse geprüft. Die Herstellung blasenfreier Güsse ist eine sehr wichtige
                              									Aufgabe unserer zahlreichen Gießereien. Die in Metall gelösten Gase können
                              									anderseits als Legierungsbestandteil in geeigneten Fällen in günstiger Weise Metalle
                              									härten und dadurch wesentlich zu einer Verbesserung der Eigenschaften beitragen. Wie
                              									im nächsten Vortrag Dr. Rapatz ausführte, beeinflußt z.B.
                              									besonders der Sauerstoff die Härtbarkeit des Stahles. Besondere Bedeutung hat auch
                              									die Oberflächenhärtung des Eisens im Stickstoff erlangt, die berufen erscheint, das
                              									alte Einsatzhärteverfahren der Stähle zu ersetzen. Die Gase, die bei Erstarren der
                              									Metalle entweichen, haben schließlich auf die Art der Kristallbildung und damit auf
                              									die Festigkeitseigenschaften großen Einfluß. Gasfragen auf dem Gebiet der
                              									Nichteisenmetalle behandelte der Vortrag von J. Czochralski, der insbesondere auf die Silizium-Aluminiumlegierungen
                              									einging. Das Bestreben, gasfreie Metalle herzustellen, hat zur Ausbildung der
                              									Vacuumschmelzverfahren geführt, die Gegenstand des Vortrages von Dr. Rohn waren. Für bestimmte Zwecke der Technik haben sich
                              									nur die Metalle als brauchbar erwiesen, die durch Schmelzen im Vacuum erzeugt worden
                              									sind, so z.B. Legierungen für Thermoelemente, für funkentelegraphische
                              									Hochvacuumröhren, für korrosionsfeste und oxydationsbeständige Legierungen, für
                              									Legierungen von großer Festigkeit bei Temperaturen bis zu 1000 Grad und darüber und
                              									schließlich für Heizwiderstände für elektrische Glühöfen. Im Jahre 1927 wurden nicht
                              									weniger als 150 Tonnen vacuumgeschmolzene Metalle hergestellt.
                           Der 2. Verhandlungstag brachte die Erörterung einer Reihe von Sonderfragen, wobei der
                              									Nachmittag dieses Tages den Leichtmetallen gewidmet war. Von den Vorträgen des
                              									Vormittags sei u.a. erwähnt der von Prof. M. v. Schwarz,
                              									München, über die Anwendung des Polarisations-Mikroskopes bei der Untersuchung von
                              									Kupferlegierungen. Das geschilderte Verfahren bietet außerordentliche Vorteile bei
                              									der Betrachtung der Metallschliffe, da bestimmte Bestandteile farbig aufleuchten,
                              										
                              									während die anderen praktisch dunkel bleiben. Auch für die so wichtige
                              									Phosphorbronze hat sich dieses Untersuchungsverfahren bestens bewährt. Ein anderer
                              									Vortrag betraf die Untersuchung der Säurebeständigkeit der
                              									Chrom-Eisen-Nickellegierungen. Prof. Guertler hat mit W.
                              										Ackermann 74 Legierungen mit besonderer Sorgfalt im
                              									Vacuum hergestellt und untersucht. Als angreifendes Mittel wurde Salpeter-,
                              									Schwefel-, Salz- und Essigsäure verwendet. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind
                              									für die chemische Industrie sehr beachtenswert. Eine von Zeit zu Zeit immer wieder
                              									auftauchende Frage ist die Herstellung synthetischer Körper aus Metallpulver. Der
                              									Weg zur Herstellung von Metallkörpern führt normalerweise über den Schmelzfluß, aus
                              									dem heraus das Material durch Guß und evtl. anschließende mechanische Verarbeitung
                              									geformt wird. Es besteht aber noch eine Möglichkeit, Metallkörper herzustellen,
                              									nämlich aus Metallkristalitten gewonnenes Pulver zusammenzupressen und dann einer
                              									Wärmebehandlung zu unterziehen. Ueber diese Wärmebehandlung berichtete Prof. Dr. Sauerwald, dem es gelang, ein Preßverfahren bei höheren
                              									Temperaturen auszubilden. Schließlich sei von den Vorträgen des Vormittags noch
                              									erwähnt derjenige von Dr.-Ing. M. Haas von der Techn.
                              									Hochschule Aachen über Fortschritte in der Untersuchung der Metalle auf Grund ihrer
                              									Wärmeausdehnung.
                           Die Vorträge des Nachmittags behandelten Fragen der Aluminium- und
                              									Beryllium-Legierungen, insbesondere die Vergütungserscheinungen. Bemerkenswert waren
                              									Mitteilungen von Dr.-Ing. Sachs, Berlin-Dahlem, über
                              									Festigkeitseigenschaften vergütbarer Aluminiumlegierungen. Es zeigte sich, daß durch
                              									eine besondere Art der Vergütung Streckgrenze und Zugfestigkeit der einzelnen
                              									Kristalle sehr erhöht wurden, ohne Verminderung der Dehnung. Es scheint daher eine
                              									Verbesserung der technisch wichtigen Eigenschaften durch besondere Wärmebehandlung
                              									möglich zu sein, wie sie durch Kaltbearbeitung nicht erreicht werden kann. Weitere
                              									Vergütungsmöglichkeiten erörterte Prof. Dr. Fraenkel, der
                              									über vergleichende Untersuchungen der Zugfestigkeit, Härte und elektrische
                              									Leitfähigkeit bei der Kalt- Warm- und Kochvergütung sprach. Namentlich die zuletzt
                              									angeführte Behandlungsweise, die ein Abschrecken der Legierungen in kochendem Wasser
                              									darstellt, wurde in ihrer Auswirkung eingehend untersucht. Die beiden Vorträge von
                              									Dr. Masing und Dr. Dahl
                              									befaßten sich mit den Beryllium- und Kupfer-Legierungen. Diesen Legierungen spricht
                              									man eine große Zukunft zu, da sie die Grundlage bilden für Werkstoffe mit hoher
                              									Wärmebeständigkeit bei günstigen Härtewerten. Für den Flugzeugbau würde eine solche
                              									Legierung einen merkbaren Fortschritt gegenüber den bisher verwendeten Legierungen
                              									bedeuten.