| Titel: | Die Druckknopfsteuerung der Werksmaschinen als Wirtschaftlichkeitsfaktor in gewerblichen und industriellen Betrieben. | 
| Autor: | F. A. Förster | 
| Fundstelle: | Band 343, Jahrgang 1928, S. 174 | 
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                        Die Druckknopfsteuerung der Werksmaschinen als
                           								Wirtschaftlichkeitsfaktor in gewerblichen und industriellen Betrieben.
                        Von Oberingenieur F. A. Förster, Berlin.
                        FOERSTER, Die Druckknopfsteuerung der Werksmaschinen als
                           								Wirtschaftlichkeitsfaktor.
                        
                     
                        
                           Mehr und mehr ist man im heutigen Wirtschaftsleben darauf bedacht, die
                              									Produktionsarbeit in den gewerblichen und industriellen Betrieben zu
                              									rationalisieren. Diese Rationalisierung hat u.a. auch dazu geführt, die
                              									Werksmaschinen an Stelle des veralteten Transmissionsantriebes mit elektrischem
                              									Einzelantrieb auszurüsten und zwar mit einem Einzelantrieb, welcher der Arbeitsweise
                              									der betr. Maschine in jeder Hinsicht entspricht und den höchsten Nutzen aus
                              									derselben herauszuholen ermöglicht. Abgesehen von der nachweisbaren
                              									betriebswirtschaftlichen Ueberlegenheit des elektrischen Einzelantriebes sind die
                              									Vorteile desselben auch für die gesamte Elektrizitäts- und Energiewirtschaft von
                              									sozial- und nationalökonomischer Bedeutung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 173
                              Abb. 1. Einfacher zweiteiliger Druckknopfschalter.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 173
                              Abb. 2. Druckknopftafel mit vier Druckknöpfen für verschiedene
                                 										Betriebsvorgänge.
                              
                           Wenn wir in Deutschland nach dem verlorenen Kriege, angesichts des durch die
                              									sozialpolitische Gesetzgebung festgesetzten achtstündigen Normalarbeitstages
                              									auf dem Weltmarkte wieder vorankommen und unseren Platz behaupten wollen, so müssen
                              									wir die verkürzte Arbeitszeit durch schnelleres Arbeitstempo und Rationalisierung,
                              									d.h. durch intensivste Ausnutzung aller modernen Arbeitsmethoden wieder ausgleichen.
                              									Der elektrische Einzelantrieb im Verein mit der modernen Druckknopfsteuerung für die
                              									Werksmaschinen trägt diesen Bestrebungen Rechnung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 173
                              Abb. 3.Selbsttätiger Umkehr-Regulier-Anlasser einer
                                 										Universal-Drehbank-Druckknopfsteuerung. (Türen geöffnet.)
                              a) offen;b) geschlossen.
                              
                           Wie ganz anders ist das Bild einer Werkstätte mit elektrischem Einzelantrieb
                              									gegenüber dem einer Werkstätte mit Transmissionsantrieb, der durch das chaotische
                              									Wirrsal der vielen schwingenden, schlagenden und so überaus geräuschvoll teils
                              									vertikal, teils horizontal laufenden Riemen, der Vorgelege und Ausrücker etc. den
                              									Gesamteindruck 
                              									einer Werkstätte so nervenaufpeitschend, unruhevoll und sinnverwirrend macht,
                              									ganz abgesehen davon, daß die vielen laufenden Riemen leider erfahrungsgemäß auch zu
                              									mancherlei Betriebsunfällen die unvermeidliche Veranlassung bieten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 174
                              Abb. 4. Große Spitzendrehbank mit Reguliermotor und eingebauter
                                 										Druckknopfsteuerung (Maschinenfabrik Frorieg, Rheidt).
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 174
                              Abb. 5. Horizontal-Bohr- und Fräsmaschine mit Reguliermotor und
                                 										Druckknopfsteuerung beim Bearbeiten eines Walzenständers. (Maschinenfabrik
                                 										Schieß-Defries, Düsseldorf.)
                              
                           Für den elektrischen Einzelantrieb ist die Auswahl des für jede spezielle
                              									Werksmaschine geeigneten Motors von größter Wichtigkeit. Abgesehen von der zur
                              									Verfügung stehenden Stromart (Gleichstrom, Einphasen-Wechselstrom und Drehström) und
                              									der für den Betrieb der Werksmaschine zu erfüllenden Anforderungen, wie Regelbarkeit
                              									der Umlaufzahl, Vor- und Rückwärtslauf u.a.m. ist in erster Linie die richtige Größe
                              									des Motors für die von der Werksmaschine zu leistende Arbeit unter
                              									Berücksichtigung der ganzen Arbeitsweise zu bestimmen. Sofern hierfür nicht von
                              									vorhandenen Maschinen der gleichen Art, oder auf Erfahrung gestützte oder sonstwie
                              									zuverlässige Daten vorliegen, kann diese Ermittlung in einfachster Weise erfolgen,
                              									indem man die Werksmaschinen mit der normalen Arbeitsbelastung provisorisch durch
                              									einen beliebigen Elektromotor der gleichen Stromart mittels Riemen antreiben läßt
                              									und in die Zuleitungen zum Motor einen Leistungsmesser (Wattmesser) einschaltet, aus
                              									dessen Angaben sich die Größe des erforderlichen Motors einwandsfrei ergibt. Wenn
                              									man sich vergegenwärtigt, daß der Wirkungsgrad aller Antriebsmaschinen und
                              									Betriebsmotoren bei normaler Vollast, der Nennleistung, seinen höchsten Wert hat und
                              									daß bei den Einphasenmotoren und Drehstrommotoren auch noch der Leistungsfaktor (cos
                              										λ) zu berücksichtigen ist, der in Abhängigkeit von
                              									der Belastung den Wirkungsgrad u. U. weiter nachteilig beeinflussen kann, so wird
                              									man leicht einsehen, welche sehr beachtliche wirtschaftliche Bedeutung die Wahl der
                              									richtigen Motorengröße hat. Andererseits sind die Energieverluste beim
                              									Transmissionsantrieb für jede Arbeits- bzw. Werksmaschine sehr wesentlich höhere,
                              									und zwar ohne Rücksicht auf den Wirkungsgrad der einfachen, doppelten oder
                              									dreifachen Riemenübertragung und dem Riemenschlupf etc., allein schon durch die
                              									ständige Bereitschaftsstellung und die oft beträchtliche Leerlaufarbeit der gesamten
                              									Transmissionsanlagen, die doch ununterbrochen im Betriebe sein müssen, auch dann,
                              									wenn der größte Teil der Werksmaschinen einer Werkstätte vorübergehend nicht im
                              									Betriebe ist. Beim elektrischen Einzelantrieb wird der Motor abgestellt, wenn an der
                              									Maschine nicht gearbeitet wird, und ein Verbrauch von elektrischer Energie findet
                              									nicht statt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 174
                              Abb. 6. Zeugdruckmaschine mit Einzelantrieb durch Drehstrom-Nebenschlußmotor
                                 										mit Druckknopfsteuerung.
                              
                           Ein sehr wesentlicher weiterer Vorzug des elektrischen Einzelantriebes ist aber darin
                              									zu erblicken, daß sich die Griffzeiten auf ein
                              									wirtschaftliches 
                              									Minimum beschränken lassen. Unter „Griffzeiten“ ist das An- und
                              									Abstellen (Ein- und Ausrücken) der Maschine, die Umlaufsregelung (das Einstellen der
                              									hierfür vorgesehenen Apparate, bzw. das Ueberleiten des Riemens auf andere
                              									Riemenscheiben-Uebersetzungen beim Transmissionsantrieb), der Vor- und
                              									Rückwärtslauf, d.h. seine Einstellung an den Maschinen, wo er erforderlich ist
                              									u.a.m., zu verstehen, kurzum alle Handgriffe für den gesamten Steuerungs-, Regulier-
                              									und Umschaltungs-Mechanismus, dessen Bedienung oft umständlich ist und deshalb mehr
                              									oder weniger Zeit erfordert, die sehr wesentlich in der Kalkulation zu
                              									berücksichtigen ist.Vergl. Karl Meller. „Einzelantrieb von
                                       												Werkzeugmaschinen“ (Verlag S. Hirzel, Leipzig 1927).
                           Durch die neuerdings immer mehr zur Anwendung gelangende Druckknopfsteuerung für den elektrischen Einzelantrieb, durch welche
                              									dieser ganze mehr oder weniger umständliche An- und
                              									Abstell-Steuerungs-Regulier-Reversier- und Umschalt-Mechanismus auf die Bedienung
                              									einiger Druckknöpfe eingerichtet ist (Abb. 1 und 2), werden diese Griffzeiten auf das alleräußerste
                              									Minimum beschränkt. Hierzu sind je nach Art und Anzahl der an einer Maschine
                              									auszuführenden Manipulationen naturgemäß auch mehr oder weniger komplizierte
                              									Apparate notwendig (vergl. Abb. 3 a und b), deren
                              									Beschaffung allerdings die Werksmaschine verteuert. Man wird deshalb die
                              									Druckknopfsteuerung da, wo komplizierte und kostspielige Hilfsapparate erforderlich
                              									sind, nur bei solchen, meist größeren Maschinen zur Anwendung bringen, bei denen der
                              									dadurch zu erzielende Gewinn die Anschaffungskosten für die Druckknopfsteuerung mit
                              									allem Zubehör in absehbarer Zeit ausgleicht oder rentiert oder wo sonstige
                              									betriebstechnische oder wirtschaftliche Vorteile die Einrichtung rechfertigen.
                           Während man bei uns in Deutschland im allgemeinen im Hinblick auf die Kostenfrage
                              									vorzugsweise nur größere Werksmaschinen mit Druckknopfsteuerungen ausrüstet, hat man
                              									in Amerika viel weitgehendere Anwendung von der Druckknopfsteuerung gemacht und
                              									dabei die Werksmaschinen so eingerichtet, daß der Arbeiter mit Hilfe von ein paar
                              									Druckknöpfen seine Maschine und die Arbeit an derselben beherrscht. Es handelt sich
                              									dabei aber im wesentlichen um Werksmaschinen, die durch ungelernte Arbeiter
                              									bedient werden können und die an die Intelligenz des Arbeiters keine übertriebenen
                              									Ansprüche stellen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 175
                              Abb. 7. Rollmaschinen, angetrieben durch Drehstrom-Reihenschlußmotoren, mit
                                 										Druckknopfsteuerung. Vorn: Rollenschneidemaschine, dahinter:
                                 										Umrollmaschine.
                              
                           Hierbei ist wohl auch zu berücksichtigen, daß die Intelligenz der ungelernten
                              									Arbeiter in Amerika, insbesondere die der Farbigen nicht ganz auf der Höhe der
                              									ungelernten Arbeiter in den europäischen Kultur Staaten steht und diesen Mangel in
                              									bezug auf die Produktion soll die Druckknopfsteuerung ausgleichen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 175
                              Abb. 8. Kalanderantrieb. 100-PS-Drehstirom-Asynchronmotor mit Hilfsmotor,
                                 										Reduktionsgetriebe und Überholungskupplung mit Druckknopfsteuerung.
                              
                           Aber neben den größeren Maschinen gibt es auch bei uns in Deutschland einige kleinere
                              									Maschinen, für die sich die Druckknopfsteuerung sehr vorteilhaft eingeführt hat, für
                              									Maschinen, die für das An- und Abstellen nur sehr einfache Anlaßgeräte erfordern und
                              									die meist mit den einfachsten aller Betriebsmotoren, d. i. mit
                              									Drehstrom-Kurzschlußmotoren betrieben werden, so z.B. die Zentrifugen in den
                              									Zuckerfabriken und besonders die 
                              									Schleifmaschinen, die zweckmäßig sogar für das An- und Abstellen mit einer
                              									soliden Druckknopfsteuerung für Fußbetrieb eingerichtet werden, so daß bei ihnen
                              									überhaupt kein Handgriff erforderlich ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 176
                              Abb. 9. Schaltbild eines Drehstrom-Kalanderantriebes in Kaskadenschaltung
                                 										(D.R.P. a.).
                              a = Spannungswandler, b =
                                 										Überstromauslöser, c = Schütz, d = Hilfstransformator, e = Bremsmagnet, f =
                                 										Hauptmotor, g = Hilfsmotor, h = Widerstände, i = Druckknopf „Einziehen“,
                                 										k = Druckknopf „Halt“.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 176
                              Abb. 10. Rotationsmaschine mit vollautomatischem Antrieb. Verlegung von
                                 										Stahlpanzerrohr. Anordnung von Druckknopftafeln.
                              
                           Bei den größeren Werksmaschinen mit Druckknopfsteuerung ist die Einrichtung
                              									meist so getroffen, daß der Arbeiter von seinem jeweiligen Standorte aus, der sich
                              									je nach dem Arbeitsfortgang an der Maschine ändert, die Maschine steuern und alle
                              									Maßnahmen durchführen kann, welche die Arbeit an der Maschine erfordert. Es sind zu
                              									diesem Zweck mehrere Druckknopftafeln von gleicher Einrichtung mit gleicher
                              									Knopfzahl in Parallelschaltung an verschiedenen Stellen der Maschine angebracht
                              									(vergl. Abb. 5 und 7–10), die als Standplatz für den Arbeiter
                              									in Frage kommen können. Bisweilen ist es zweckmäßig, an Stelle von mehreren, an
                              									verschiedenen Stellen an der Werksmaschine anzubringenden Druckknopftafeln nur eine Druckknopftafel mit der erforderlichen Anzahl von
                              									Druckknöpfen zu verwenden, die aber dann an beweglichem Kabel ortsveränderlich
                              									eingerichtet sein muß, damit sie von dem Arbeiter, jeweilig an seinen wechselnden
                              									Standplatz an der Maschine mitgenommen werden kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 176
                              Abb. 11. Druckknopf-Tafel zur Rotationsmaschine mit vollautomatischem
                                 										Antrieb.
                              
                           Bei den Metallbearbeitungsmaschinen kommt die Druckknopfsteuerung hauptsächlich an
                              									den großen Spitzendrehbänken (Abb. 4) und an den
                              									großen Bohrwerksmaschinen (Abb. 5) zur Anwendung. In
                              									der Textilindustrie werden in Amerika z.B. in der Spinnerei alle Selfaktoren, Flyer
                              									und Ringsspinnmaschinen und in der Weberei die Webstühle mit Druckknopfsteuerung
                              									betrieben. Bei uns in Deutschland sind in der Textilindustrie Druckknopfsteuerungen
                              									bisher nur an den Maschinen der Textilveredlungsindustrie, an Kalandern und
                              									Zeugdruckmaschinen (Abb. 6) zur Ausführung gekommen.
                              									Die großen Maschinen in der Papierfabrikation werden selbstverständlich auch bei uns
                              									in Deutschland neuerdings fast ausschließlich mit Druckknopfsteuerung ausgerüstet,
                              									so insbesondere die großen Papiermaschinen, die Roll- 
                              									und Umrollmaschinen (Abb. 7) und die Kalander
                              										(Abb. 8/9), desgl.
                              									die größeren Schnellpressen und namentlich die Rotationsmaschinen (Abb. 10).
                           Bei den großen Rotationsmaschinen unterscheidet man zwischen halbautomatischen und
                              									vollautomatischen Antrieb. Um das zeitraubende und bei großen Maschinen schwierige
                              									Drehen der Maschine von Hand zu vermeiden, wird bei halbautomatischen Antrieben ein
                              									Hilfsmotor vorgesehen. Dieser treibt die Welle des Hauptmotors über ein aus mehreren
                              									Zahnradpaaren bestehendes Hilfsgetriebe mit eingebauter selbsttätiger
                              									Ueberholungskupplung an. Ist die Rotationsmaschine nicht mit einem solchen
                              									Hilfgetriebe versehen, so kann sie auch nachträglich damit ausgerüstet werden.
                           Beim vollautomatischen Betrieb wird sowohl der Hilfsmotor als auch der
                              									Hauptmotor lediglich durch Druckknopfsteuerung bedient. Zum Steuern des Hilfsmotors
                              									während der Vorbereitungsarbeiten dienen in derselben Weise wie beim
                              									halbautomatischen Antrieb die Druckknöpfe „Vorrücken“, „Einziehen“ und
                              										„Halt“. Um die Anlaßwalze zu verstellen, sind zwei Druckknöpfe
                              										„Schneller“ und „Langsamer“ vorgesehen (Abb. 11).
                           An Industriebetrieben, in denen auch in Deutschland für Werksmaschinen bereits
                              									Druckknopfsteuerungen zur Ausführung gekommen sind, kommen weiter in Betracht neben
                              									der Zuckerindustrie (Zentrifugen), die Gummiindustrie (Mischwalzwerke und Kalander),
                              									ferner unter den Bäckereimaschinen die Mammutöfen sowie die größeren Maschinen in
                              									den Nudel- und Maccaronifabriken.