| Titel: | Das Lagermetall Thermit. | 
| Autor: | Kalpers | 
| Fundstelle: | Band 343, Jahrgang 1928, S. 178 | 
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                        Das Lagermetall Thermit.
                        KALPERS, Das Lagermetall Thermit.
                        
                     
                        
                           Es hat nicht an vielen Versuchen gefehlt, die infolge ihres hohen Zinngehaltes
                              									teuren Legierungen für Lagermetalle durch billigere Legierungen zu ersetzen. Diese
                              									Versuche setzten vor allem in der Kriegszeit ein, als die sonst aus dem Ausland
                              									bezogenen Metalle durch die Unterbindung der Einfuhr nicht mehr in genügendem Maße
                              									den gesteigerten Bedürfnissen der Industrie zur Verfügung gestellt werden konnten.
                              									Auch die späteren Jahre zwangen bei der Auswahl der Metalle zu größter Sparsamkeit,
                              									so daß es begreiflich erscheint, wenn auch späterhin die Bemühungen, zweckdienliche
                              									und gleichzeitig billigere Lagermetall-Legierungen ausfindig zu machen, mit Eifer
                              									fortgesetzt wurden. Wertvolle Dienste dabei leisteten die Ergebnisse der Arbeiten
                              									von Heyn und Bauer, die sich auf die Beschaffenheit der Kristalle im Lagermetall
                              									bezogen und von denen die späteren Forscher ausgingen. Die Zahl der als Ersatz für
                              									Zinn in Frage kommenden Metalle ist ziemlich gering, da außer einem niedrigen Preis
                              									für den vorgesehenen Zweck andere wichtige Faktoren zu erfüllen sind, wie geringe
                              									Schwindung beim Gießen, Härtegrad, Bruchfestigkeit, Belastung, Druckfestigkeit
                              									u.a.m. Die Erfahrung hat allmählich zu der Erkenntnis geführt, daß als Basis in der
                              									Legierung das Zinn durch Blei ersetzt werden kann. Eine größere Härte wurde dem an
                              									sich zu weichen Blei durch Legieren von Blei mit Antimon verliehen. Diese unter dem
                              									Namen Hartblei bekannte Legierung würde schon für nicht zu große Beanspruchungen von
                              									Lagermetallen genügen. Durch Einführen von etwas Zinn wird die
                              									Blei-Antimon-Legierung beträchtlich verbessert, ebenso durch weiteres Hinzulegieren
                              									von Kupfer. Eine derartige Legierung enthält z.B. 79 v. H. Blei, 14 v. H. Antimon, 5
                              									v. H. Zinn und 2 v. H. Kupfer. Von diesen Vierstofflegierungen ging Th. Goldschmidt,
                              									Essen, aus und erzielte durch Zusatz hochschmelzender Bestandteile, wobei sich das
                              									Nickel bei weitem am besten bewährte, eine neue Lagermetall-Legierung, das Thermit,
                              									in die Nickel bis zu einigen Hundertteilen eingeführt werden kann, ohne den
                              									Schmelzpunkt übermäßig zu erhöhen. Durch den Zusatz von Nickel werden nicht nur die
                              									Festigkeitseigenschaften erhöht und die Vergießbarkeit günstig beeinflußt,
                              									sondern der Legierung auch gute Gleiteigenschaften – eine für Lagermetalle besonders
                              									wichtige Anforderung – verliehen.
                           Das Gefüge des Thermit-Lagermetalles ist gekennzeichnet durch dicht gelagerte,
                              									gleichmäßig verteilte Härtekörper, die in einer plastischen, bleireichen Grundmasse
                              									eingebettet sind und für deren Erhaltung sich eine schnelle Abkühlung der Schmelze
                              									besser eignet als eine langsame, da bei dieser letzteren die Härtekörper genügend
                              									Zeit haben, zu wachsen und daher zu großen Abmessungen ausfallen können. Die
                              									Gießtemperatur der Legierung beträgt 480° bis 520° und ist möglichst einzuhalten,
                              									wenn auch eine Ueberschreitung der Gießtemperatur nicht so gefährlich ist wie bei
                              									den anderen Legierungen. Schon im Interesse der Vermeidung von Metallverlust durch
                              									Abbrand sollte die Gießtemperatur nicht höher gehalten werden, als gerade notwendig
                              									ist. Das spezifische Gewicht des Thermits beträgt 9,8, ist also ziemlich hoch,
                              									welche Tatsache dadurch ihre Erklärung findet, daß die Legierung stark bleihaltig
                              									ist. Günstig ist die geringe Schwindung beim Uebergehen aus dem flüssigen in den
                              									festen Zustand von nur 0,55 v.H. Wenn auch die Härte allein nicht als Maßstab für
                              									die Beurteilung der Beschaffenheit von Lagermetallen zu gelten hat, so kommt ihr
                              									doch eine große Bedeutung zu. Am besten eignet sich die Bestimmung der Härte nach
                              									dem Kugeldruckversuch von Brinell, der allerdings nur da von Wert ist, wenn die
                              									Prüfbedingungen einheitlich gehalten werden, d.h. nicht allein die Größe der
                              									Eindruckkugel und die angewandte Belastung sollen bei den Versuchen gleich sein zur
                              									Ermöglichung eines Vergleichs, sondern auch die Belastungsdauer. So beträgt die
                              									Härte beim Thermit für eine Belastungsdauer von 30 Sekunden 31 bis 32
                              									Brinelleinheiten, für eine Belastungsdauer von 3 Minuten 28 bis 30 Brinelleinheiten.
                              									Der Unterschied ist durch das Nachgeben der bleireichen Legierung bei größerer
                              									Belastungsdauer zu erklären.
                           Nachdem aber die Lagermetalle bei höheren Temperaturen beansprucht zu werden pflegen
                              									als bei Zimmertemperaturen, ist es erforderlich, auch das Verhalten des Thermits in
                              									bezug auf seinen 
                              									Härtegrad bei höheren Temperaturen zu kennen. Noch bei 35° besitzt das Thermit
                              									für eine Druckdauer von 3 Minuten eine Härte von 25, bei 60° eine solche von 20, bei
                              									75° eine von 18, bei 100° eine von 15, bei 125° eine von 13, während ein bekanntes
                              									Zinnweißmetall (70 v. H.% Zinn, 13 v. H. Antimon, 12 v. H. Blei, 5 v. H. Kupfer) bei
                              									125° eine Härte von 8 bis 9 besitzt. Dieses günstige Verhalten des Thermits bei
                              									höheren Temperaturen ist von Wichtigkeit bei vorübergehendem Warmlaufen von Lagern,
                              									wie es bei aussetzender Schmierung usw. vorkommt. Für die Prüfung der
                              									Gleiteigenschaften erwies sich besonders das Verfahren von Prof. von Hanffstengel
                              									als geeignet, da es sehr schnell Anhaltspunkte für deren Beurteilung zu geben
                              									vermag. Dieses Verfahren geht davon aus, die Frage zu prüfen, wie sich das
                              									Lagermetall verhält, wenn einmal die Schmierung versagen sollte. Die Kenntnis dieser
                              									Eigenschaft ist von großer Wichtigkeit angesichts der Gefahr, die sowohl für das
                              									Lager als auch für die Maschinen und den Betrieb überhaupt entsteht. Bei diesem
                              									Prüfverfahren wird eine rechteckige Probe des Metalles gegen eine umlaufende
                              									Stahlscheibe gepreßt und die Schmierung beschränkt sich darauf, daß ein einziger
                              									Tropfen Oel von bestimmter Größe auf die Scheibe gebracht und gleichmäßig verteilt
                              									wird. Es wird nun festgestellt, wie lange es dauert, bis sich die ersten blanken
                              									Späne von der Lauffläche der Metallprobe lösen; auf die Weise erhält man einen
                              									Anhaltspunkt für die Widerstandsfähigkeit des Metalles beim Trockenlauf.
                              									Gleichzeitig wird der Reibungswiderstand zwischen der Metallprobe und der
                              									umlaufenden Scheibe selbsttätig aufgezeichnet und man erhält Kurven, die das
                              									Verhalten der Metalle zum Ausdruck bringen. Das Thermit-Lagermetall weist bei dieser
                              									Prüfung eine Laufzeit von 39 Minuten auf, die Legierung aus 83,3 v. H. Zinn, 5,6 v.
                              									H. Kupfer, 11,1 v. H. Zinn dagegen eine solche von nur 34 Minuten. Bei den Versuchen
                              									von Prof. Kammerer wurden verschiedene Lager gleichzeitig unter gleichen Bedingungen
                              									erprobt, indem die betreffenden Maschinen mit je einem Lager aus Thermit und aus der
                              									genannten Legierung mit 83,3 v. H. Zinn besetzt wurden. Es wurden zunächst Versuche
                              									bei vollkommener Ringschmierung vorgenommen, dann die Geschwindigkeit auf bestimmter
                              									Stufe konstant erhalten, aber der Flächendruck gesteigert, dann weiter der
                              									Flächendruck kontsant erhalten und die Geschwindigkeit erhöht. Die
                              									Geschwindigkeitsstufen lagen zwischen 0,63 bis 6,0 m/s, die Druckstufen zwischen 9,5
                              									bis 150 kg/cm2. Zunächst ergab sich, daß bei
                              									niedrigen Belastungsstufen unter vollkommener Schmierung die Lagermetalle sich
                              									ziemlich gleichwertig verhalten. Erst bei den höheren Belastungsstufen treten die
                              									Eigenschaften der Metalle hervor, wenn nämlich die zwischen Lagermetall und Zapfen
                              									gebildete Oelschicht immer dünner wird, allmählich der Zustand der
                              									halbtrockenen Reibung eintritt, das Lager sich erwärmt und das Oel immer
                              									dünnflüssiger wird, bis der Oelfilm sich zerreißt und Lagermetall und Zapfen sich
                              									unmittelbar berühren. Diese Versuche von Kammerer bestätigten die Ergebnisse nach
                              									Hanff-Stengel, bei denen das Thermit mehr leistete als die andere Legierung. Während
                              									diese Legierung sich bereits nach 50 Minuten auf 55° erwärmte, wurde beim Thermit
                              									diese Temperatur erst nach 68 Minuten erreicht. Die Frage, welche Geschwindigkeiten
                              									und welche Lagerdrucke beim Thermit anwendbar sind, läßt sich allgemein nicht ohne
                              									weiteres beantworten, da die sonstigen Arbeitsbedingungen bei den verschiedenen
                              									Verwendungsgebieten auch verschieden sind, z.B. in Antriebmaschinen für Kraftwerke,
                              									bei Straßenbahnen, in Krananlagen, Fahrstühlen für Privathäuser, Kraftwagen, bei
                              									Pleuelstangen von Dieselmotoren, abgesehen davon, daß auch das Klima, der Rauch,
                              									Staub, die Feuchtigkeit und die Erwärmung der Räume, in denen die Lager zu arbeiten
                              									haben, eine Rolle spielen. Bei vollkommener Ringschmierung geben folgende Zahlen
                              									einen Anhaltspunkt über zulässige Geschwindigkeiten und Drucke:
                           
                              
                                 bei einer Geschwindigkeit
                                 von 1,05 m/s
                                 
                              
                                 
                                 ein Druck bis 150 kg/cm2,
                                 
                              
                                 bei einer Geschwindigkeit
                                 von 2,72 m/s
                                 
                              
                                 
                                 ein Druck bis 125 kg/cm2,
                                 
                              
                                 bei einer Geschwindigkeit
                                 von 4,00 m/s
                                 
                              
                                 
                                 ein Druck bis 25 kg/cm2,
                                 
                              
                                 bei einer Geschwindigkeit
                                 von 6,00 m/s
                                 
                              
                                 
                                 ein Druck bis 15 kg/cm2.
                                 
                              
                           Zu bemerken ist dabei, daß diese Werte noch nicht die
                              									Belastungsgrenzen darstellen.
                           Das Schmelzen des Thermit-Lagermetalles erfordert keine besonderen Aufmerksamkeiten;
                              									man hat lediglich dafür Sorge zu tragen, daß bei 480 bis 520° gegossen und daß das
                              									Metall bei schnellem Niederschmelzen mit Holzkohle bedeckt wird. Ferner sind die
                              									auszugießenden Lagerschalen auf etwa 150 bis 200° vorzuwärmen. Das Metall sollte
                              									nicht länger unter Hitze erhalten werden, als unbedingt notwendig ist. Ein
                              									verlorener Kopf an der Form ist immer anzubringen, ebenso ist auf gute Entlüftung
                              									der Form zu achten. Fehler können sich ergeben bei zu niedriger Gießtemperatur, bei
                              									starker Ueberhitzung des Metalles infolge Entstehens von Verlusten durch Abbrand,
                              									dann bei Verwendung zu flacher Gießpfannen mit großer Oberfläche wegen gesteigerter
                              									Oxydationsgefahr, bei Fehlen einer Holzkohlendecke, beim Vergießen in zu kalten
                              									Lagerschalen, bei zu großen Fallhöhen während des Eingießens. Abfallstücke aus
                              									Thermit lassen sich ohne weiteres wieder verwenden ohne Beeinträchtigung der
                              									Eigenschaften des Gusses.
                           Dr.-Ing. Kalpers.