| Titel: | Die Wärmeverteilung in den Dieselmotoren. | 
| Autor: | R. W. Müller | 
| Fundstelle: | Band 343, Jahrgang 1928, S. 234 | 
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                        Die Wärmeverteilung in den
                           								Dieselmotoren.
                        Regierungsbaumeister a. D. R. W. Müller, Witten, Ruhr.
                        MÜLLER, Die Wärmeverteilung in den Dieselmotoren.
                        
                     
                        
                           Zweck und Wesen der Untersuchung war die Ermittelung der Wärmeverteilung in
                              									Dieselmotoren, die sich ergebenden Wärmespannungen genau festzulegen und die
                              									erlangten Werte, die für die konstruktive Beherrschung der Wärmespannungen in
                              									Verbrennungsmotoren eine wesentliche Voraussetzung bilden, für die
                              									Betriebssicherheit dieser Motoren nutzbar zu verwerten. Hierbei kommt in erster
                              									Linie die Kenntnis des Temperaturverlaufs in den Zylinderwandungen in Frage, sodann
                              									muß eine Berechnung der Wärmespannungen auf Grund der gegebenen Temperaturverteilung
                              									durchführbar sein. Im folgenden wird zunächst die theoretische Seite kurz besprochen
                              									und daran anschließend über eingehende Temperaturmessungen an einem Sulzer
                              									Zweitaktmotor berichtet. Dabei wurden die Temperaturen an den zummeist die
                              									Aufmerksamkeit fesselnden Stellen der Zylinderwandung auf thermo-elektrischem Wege
                              									gemessen und sowohl im Deckel- und Zylindereinsatz, wie auch im Kolbenring und
                              									Kolben die Temperaturschwingungen während eines Arbeitsspieles photographisch
                              									aufgenommen. Diese durch die eingehende Untersuchung über die Wärmeverteilung in den
                              									Dieselmotoren erhaltenen Ergebnisse haben wichtige Fingerzeige für die Art der
                              									Konstruktion der einzelnen Teile von Verbrennungs-Motoren gegeben, wodurch die
                              									Betriebssicherheit dieser Motorenart wesentlich erhöht worden ist.
                           Zur Beherrschung der Wärmespannungen, die sich aus den Temperaturunterschieden
                              									ergeben, ist vor allem die genaue Kenntnis der übrigens veränderlichen Verteilung
                              									der Temperaturen in den Zylinderwandungen erforderlich. Selbstverständlich hängt der
                              									Erwärmungsgrad der Zylinderwandungen und Kolbenteile von der Temperatur der
                              									Verbrennungsgase ab. Nun sind die Temperaturen nicht unveränderlich, sondern sind
                              									vielmehr starken Schwankungen während des Arbeitsspieles unterworfen. Nur wenn
                              									man genau die Bedingungen kennt für den Austausch der Wärme einerseits auf der Seite
                              									der mit den Gasen in Berührung kommenden Wandungen, andererseits auf der vom
                              									Kühlwasser berieselten Seite, wird eine Bestimmung des Wärmeverlaufs möglich sein.
                              									Durch Indikatordiagramme sowie durch Messungen des Berieselungswassers ergeben sich
                              									schon annähernde Werte.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 233
                              Abb. 1.
                              
                           Vorweg soll gesagt werden, daß mit einem Übertragungskoeffizienten gerechnet werden
                              									muß, der während des Arbeitsganges in weiten Grenzen schwankt, was den
                              									Wärmeaustausch zwischen den Gasen und der Wandung, die mit den Gasen in Berührung
                              									kommt, anbetrifft. Besonders an einer Stelle ist die Wärmeübertragung auf die
                              									Wandung sehr groß, nämlich in nächster Nähe des oberen toten Punktes, wo infolge der
                              									starken Kompression dieser Wärmeübergang ein Vielfaches des durchschnittlichen 
                              									Wertes beträgt. Bei einer nichtgekühlten Wandung kann sich folglich die
                              									Temperatur sogar weit über die durchschnittliche Temperatur der Gase erhöhen, ferner
                              									werden die Temperaturschwankungen stark durch diese starke Veränderlichkeit
                              									beeinflußt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 234
                              Abb. 2.
                              
                           Die in ein gegebenes Größenelement eines Körpers infolge eines Sinkens der
                              									herrschenden Temperatur eindringende Wärmemenge veranlaßt eine Temperatursteigerung
                              									dieses Elementes, wobei natürlich die spezifische Wärme eine Rolle spielt. Die sich
                              									hieraus ergebende Grundgleichung zur Bestimmung der Temperaturverteilung mit
                              										K=\frac{\Delta}{c\,.\,\gamma} als Wärmeleitungskoeffizient
                              									lautet:
                           \frac{\delta\,\tau}{\delta\,t}=K\,\left(\frac{\delta^2\,\tau}{\delta\,x^2}+\frac{\delta^2\,\tau}{\delta\,y^2}+\frac{\delta^2\,\tau}{\delta\,z^2}\right)
                              									(1)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 234
                              Abb. 3.
                              
                           In den Zylinderwandungen sind nun je nach dem Fortschreiten des Arbeitsvorganges die
                              									Verteilungen der Temperaturen veränderlich, die aber in unveränderliche
                              									Durchschnittswerte zerlegt werden können, bei denen sich in bestimmten Zeiträumen
                              									wiederkehrende Temperaturschwingungen übereinanderschichten, wenn die Wärme von
                              									der von den Gasen bestrichenen Seite aus in das Innere der Wandung eindringt. Wendet
                              									man dies auf die Hauptgleichung an, so ergibt sich, daß diese sich in zwei
                              									Gleichungen zerlegen läßt. Diese erwähnten Temperaturschwingungen dringen aber nur
                              									wenige Millimeter tief in die Wandung ein, so daß praktisch die besondere Form und
                              									die Abmessungen der Wandungen ohne Bedeutung sind. Infolgedessen ergibt sich für die
                              									Grundgleichung des thermischen Leitungsvermögens:
                              										\frac{\delta\,\tau}{\delta\,t}=K\,\frac{\delta^2\,\tau}{\delta\,x^2}                
                              									(2).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 234
                              Abb. 4.
                              
                           Gemäß der Zeit ist andererseits für die bleibende bz
                              									Verteilung die Veränderung der Temperatur
                              										\frac{\delta\,\tau}{\delta\,t}=0, daher der Klammerausdruck
                              									der Gleichung (l) ebenfalls 0;
                              										\frac{\delta^2\,\tau}{\delta\,x^2}+\frac{\delta^2\,\tau}{\delta\,y^2}+\frac{\delta^2\,\tau}{\delta\,z^2}-0            
                              									(3).
                           Für die in bestimmten Zeiträumen wiederkehrende Temperaturveränderung gibt die
                              									allgemeine Auflösung der Gleichung (2) in diesem Falle die Temperatur t in Abhängigkeit von der Tiefe der betrachteten
                              									Schicht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 234
                              Abb. 5.
                              
                           \tau=\tau_m-ax+\frac{\sum\nolimits^\infty}{v=1}\,Cve-\sqrt{\frac{v\,\omega}{2\,K}}\,x\,.\,cos\,\left(\nu\,\omega\,t-\sqrt{\frac{\nu\,\omega}{2\,K}}\,x-\delta\,\nu\right)
                              									(4).
                           
                           Die Temperatur der Wandung kann also durch eine Gerade dargestellt werden, auf
                              									welcher sich die gebogenen Wellen aufschichten, die die Temperaturschwingungen
                              									darstellen. Ihre Weite wird nach dem Innern der Wandung zu nach einem
                              									Exponentialgesetz geringer und zwar sehr schnell. Endlich liefern die Bedingungen,
                              									unter welchen sich der Wärmeaustausch durch die Oberfläche vollzieht, eine Gleichung
                              									für die Gastemperatur, die andererseits durch das Indikatordiagramm angegeben wird.
                              									Durch einen Vergleich wird die Bestimmung der Größen der Oberflächentemperaturen
                              									ermöglicht. Entsprechend dem unveränderlichen Wärmefluß schichten sich diese
                              									Temperaturschwingungen auf die Verteilung der durchschnittlichen Temperatur auf.
                              									Zunächst hat die Lösung nur Gültigkeit für einen unveränderlichen
                              									Wärmeleitungskoeffizienten auf der Gasseite, jedoch kann diese Differentialgleichung
                              									nicht mehr unmittelbar gelöst werden, wenn man von dieser Voraussetzung abweicht.
                              									Dagegen führt ein von ersterer abweichender Weg zum Ziel und seine Anwendung hat für
                              									einen Zweitaktmotor bei voller Belastung und 100 Umdrehungen in der Minute die in
                              										Abbildung 1 wiedergegebene Kurve der Schwingungen
                              									der Oberflächentemperatur gegeben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 235
                              Abb. 6.
                              
                           Die Temperatur schwingt an der mit den Gasen in Berührung kommenden Oberfläche in
                              									bestimmten Zeiträumen wiederkehrend um einen Durchschnittswert. Trotz der gewaltigen
                              									Veränderung der Gastemperatur in einem Motor während einer Umdrehung schwankt diese
                              									Temperatur nur um 14° C nach oben und um 8° C nach unten und im Innern der
                              									Wandung gleichen sich diese Temperaturschwingungen schnell aus. Es wurde
                              									festgestellt, daß in einer Tiefe von nur 5 mm diese Temperaturschwingung nur noch ½°
                              									C beträgt. In der Abbildung 1 sind die sich auf die
                              									verschiedenen Tiefen beziehenden Temperaturkurven aufgetragen, und zwar von
                              									Millimeter zu Millimeter Tiefe, so daß man für jede Kurbelwellenstellung die
                              									Verteilung der Temperatur in der Wandung erhält, ebenso sind in Abb. 3 für die ersten fünf Millimeter Wandungsdicke
                              									einige kennzeichnende Kurven wiedergegeben. Praktisch können die
                              									Temperaturschwingungen die unveränderliche Verteilung der Temperaturen nur bis zu
                              									einer Tiefe von 5 mm störend beeinflussen, trotzdem die Gastemperaturen in sehr
                              									weiten Grenzen schwanken, d.h. zwischen den Abgastemperaturen und denen bei der
                              									höchsten Verbrennung. Daraus ergibt sich, daß die Temperaturschwingungen in den
                              									Wandungen sehr gering sind. Trotz dieser geringen Temperaturschwingungen bewirken
                              									doch andererseits die in die Wandungen eindringenden Wärmemengen starke
                              									Veränderungen, die hauptsächlich durch den Abfall der Temperatur, nämlich durch die
                              									Neigung der Temperaturkurven beim Eintritt, wie in Abb.
                                 										2 ersichtlich, sich ergeben, diese Neigung kann sogar ein Vielfaches ihres
                              									beständigen Wertes erreichen. Dann bewirkt die in die Wandung eindringende Wärme
                              									große Veränderungen, sie sammelt sich dann in den Oberflächenschichten und verteilt
                              									sich während des Arbeitsganges tiefer in die Wandung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 235
                              Abb. 7.
                              
                           Den Kurven liegen Motorgeschwindigkeiten n = 100 Umdrehungen in der Minute zugrunde
                              									und wechseln im umgekehrt proportionalen Sinne mit Vn ab, woraus hervorgeht, daß besonders bei den Motoren mit langsamem Gang
                              									diese Temperaturschwingungen und die von diesen abhängenden thermischen, in
                              									bestimmten Zeiträumen wiederkehrenden Spannungen auftreten. Trotz der Geringheit der
                              									Temperaturveränderungen erreichen die Spannungen, die durch diese hervorgebracht
                              									werden, 
                              									recht beträchtliche Werte, die bei einem Motor mit voller Belastung bei 100
                              									Umdrehungen in der Minute in bestimmten Zwischenräumen wiederkehrend zwischen 120
                              										kg/cm2 bei der Ausdehnung und 200 kg/cm2 bei der Kompression während einer Umdrehung
                              									abwechseln. Zum mindesten treten sie als Zusatzspannung auf, die sich in bestimmt
                              									wiederkehrenden Zeitabständen auf den unveränderlichen thermischen
                              									Durchschnittsspannungen aufschichten. Bei der näheren Zeitbestimmung des
                              									Temperaturfeldes im Falle von Belastungsänderung muß, da es sich ja um glatte
                              									Wandung handelt, von dem der Gleichung (2) entsprechenden Zustande ausgehen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 236
                              Abb. 8.
                              
                           \tau=C+Dx+\Sigma\,(A_n\,cos\,nx+B_n\,sin\,nx)\,.\,e^{-Kn^2t}
                              									(5).
                           Diese Lösung wird man den Anfangszuständen und besonderen
                              									Grenzen anpassen, dadurch, daß man die entsprechenden Werte von A, B und n
                              									bestimmt.
                           Für eine glatte, 50 mm starke gußeiserne Wandung erhält man bei plötzlicher, mit
                              									voller Belastung erfolgter Inbetriebsetzung des Motors die in Abb. 5 wiedergegebenen Kurven, die die
                              									Temperaturverteilung in den verschiedenen Augenblicken nach der Inbetriebsetzung
                              									anzeigen. Die Anwärmung erfolgt anfangs durch eine starke Wärmeaufnahme durch die
                              									Wandung, ohne daß diese gleichzeitig auf das Zirkulationswasser übertragen wird.
                              									Während der ersten Sekunden steigt also die Temperatur der mit den Gasen in
                              									Berührung kommenden Flächen sehr schnell, dann aber langsamer, um schließlich
                              									theoretisch den vorherrschenden Zustand nur nach einer unbegrenzten Zeit zu
                              									erreichen. Schon nach Verlauf von 5 Minuten ist der Unterschied weniger als 15° C.
                              									Besonders bedeutungsvoll ist die starke Krümmung der Temperaturkurve im Anfang,
                              									weil diese Verteilung der Temperatur eine nachträgliche thermische Ermüdung zur
                              									Folge hat.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 236
                              Abb. 9.
                              
                           Die bei Veränderung der Belastung entstehenden thermischen Zusatzspannungen lassen
                              									sich in ihrer Wirkung etwa wie folgt darstellen: Man denke sich ein Prisma, einfach
                              									viereckig, von gleicher Höhe wie die Dicke der Platte und vollständig frei, um sich
                              									ausdehnen zu können. Dieses Prisma wird seine ebenen Seitenflächen verlieren, wenn
                              									es einer ungleichmäßigen Erwärmung ausgesetzt wird und die angrenzenden Wandelemente
                              									zwingen das Prisma, wegen der Symmetrie, die Form einer abgestumpften Pyramide mit
                              									ebenen Seitenflächen anzunehmen. Die daraus hervorgehenden elastischen
                              									Verlängerungen und Spannungen verändern sich von Schicht zu Schicht quer durch die
                              									Wandung. Dann ist eine Bestimmung durch Berechnung möglich, wenn man davon ausgeht,
                              									daß die für die Erhaltung der ebenen Seitenflächen erforderliche Deformationsarbeit
                              									ein Minimum sein muß. Auf diesem Wege gelangt man zu einer einfachen Gleichung.
                              									Wendet man diese bei den Kurven der Abb. 3 an, so
                              									erhält man die Spannungskurven der Abb. 4 in den
                              									Zeiten, die bei 10, 20 und 40 Sekunden nach der Inbetriebsetzung des Motors liegen,
                              									wobei man als Werkstoff für die Wandungen Gußeisen mit einem Koeffizienten
                              										\frac{E\,\beta}{1-\nu}=18 angenommen hat. Die Abbildung 4 läßt erkennen, daß sowohl auf der von Gas
                              									als auch auf der von Wasser bestrichenen Seite der Wandung eine
                              									Kompressionsbeanspruchung auftritt, dagegen in den mittleren Schichten der Wandung
                              									eine Zugbeanspruchung. Weiter ergibt sich, daß nach zehn Sekunden auf der von den
                              									Gasen bestrichenen 
                              									Seite die Spannungen besonders hoch sind, sich aber dann schnell vermindern,
                              									dagegen sind die Spannungen auf der vom Wasser bestrichenen Seite zur gleichen Zeit
                              									gering und wachsen bis zu 40 Sekunden. In diesem Augenblick überholen sie die
                              									Spannungen, die zur gleichen Zeit von der Gasseite ausgehen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 237
                              Abb. 10.
                              
                           Die Lage der Kurven in Abb. 5 veranschaulicht sehr
                              									genau das Spiel der Ausgleichsspannungen während der ersten Minute des Betriebes.
                              									Auf der Gasseite erreichen die Druckspannungen (Kurve a) nach einem sehr schnellen
                              									Anstieg nach Verlauf von 10 Sekunden ihren Höhepunkt, um dann wieder schnell
                              									abzufallen, dagegen wachsen auf der Wasserseite die Druckspannungen (Kurve b)
                              									langsamer, überholen nach Ablauf von 25 Minuten die Spannungen der Gasseite und
                              									vermindern sich dann ebenfalls, nachdem sie bei 40 Sekunden ihren Höhepunkt erreicht
                              									haben. Bei nicht zu dicken Wandungen zeigen die Ausgleichsspannungen keine Gefahr,
                              									selbst wenn sie bei einer plötzlichen Belastung entstehen, da in dem gegebenen
                              									Falle, wo die Stärke der Wandung 50 mm erreicht, die Zugspannung 160 kg/cm2 nicht überschreitet.
                           Für einen Umlaufkörper (Grundform für den Kolben, Zylinderdeckel und Zylindermantel)
                              									läßt sich die unveränderliche Verteilung der Temperatur im Innern der
                              									Zylinderwandung wie folgt ausdrücken:
                           \frac{\delta^2\tau}{\delta\,x^2}+\frac{\delta^2\tau}{\delta\,r^2}+\frac{l}{r}\,\frac{\delta\tau}{\delta\,r}=0            (6)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 237
                              Abb. 11.
                              
                           Die Gleichung stellt eine gewisse Uebereinstimmung mit der der Frage der Drehung in
                              									Umlaufskörpern dar, und in vorliegendem Falle kann man auf die für diese in Frage
                              									kommenden Lösungen zurückgreifen. Für einen Zylinderdeckel mit Wasserzirkulation
                              									Bauart Sulzer (selbiger besitzt nur eine einzige, zentral liegende Oeffnung, die das
                              									Brennstoffventil und die Anlaßverbindung enthält) ergibt die Berechnung ein genügend
                              									genaues Netz von rechtwinkeligen Linien, die den Bedingungen der
                              									Differentialgleichung der thermischen Leitfähigkeit entsprechen, vor allem
                              									zeigen dieses deutlich die Kontrollpunkte, die in dem Diagramm eingetragen sind.
                              									Hierzu ist noch zu bemerken, daß eine gleichmäßige Gastemperatur im ganzen
                              									Verbrennungsraum und der gleiche Wärmeleitungskoeffizient in allen Punkten
                              									angenommen worden ist. Die der unveränderlichen Verteilung der Temperaturen
                              									entsprechenden thermischen Spannungen können jedoch nur in dem Falle genau bestimmt
                              									werden, wenn die achsiale Symmetrie des Kolbens, des Deckels und des Zylindermantels
                              									durch keinerlei Konstruktionseinzelheiten wie Ventile, Rippen etc. gestört werden.
                              									Handelt es sich aber um die Frage des Hüllenwiderstandes mit axialer Symmetrie für
                              									irgend eine Temperaturverteilung, die aber symmetrisch zur Achse läuft, so kann die
                              									Temperatur symmetrisch in bezug auf die Achse sowohl im Sinne der Höhe wie auch in
                              									dem der Hüllendicke abweichen.
                           Tatsächlich ist die Aufstellung der Differentialgleichung allgemein für
                              									Umlaufshüllenkörper mit symmetrischer Temperaturverteilung möglich. Bei
                              									verschiedenen kann man sogar noch weiter gehen, besonders bei denen mit einem
                              									konstanten Krümmungsradius am Endpunkte, also Körper mit konischer, kugelförmiger
                              									oder ringförmiger Oberfläche, hierin sind die beiden Fälle inbegriffen: Zylinder und
                              									runde, ebene Platten, welches die Hauptgrundformen für die Zylinderwandungen
                              									darstellen.
                           Für den Deckel des Zweitaktmotors kann man mit großer Genauigkeit die thermischen
                              									Spannungen bestimmen, weil diese besondere Bauart es ermöglicht, alle solche
                              									unkrontollierbaren Vergrößerungen der Spannungen zu vermeiden, die durch
                              									Unterbrechung der achsialen Symmetrie infolge Anbringung von Ventilen, Rippen etc.
                              									unvermeidlich sind. Die den warmen Gasen ausgesetzte wassergekühlte Wandung hat eine
                              									konische Hüllenform von einer möglichst geringen Dicke, um thermischen Spannungen
                              									vorzubeugen. Zum Widerstand gegen den Gasdruck stützt sie sich in ihrer Mitte durch
                              									den Einbau des Brennstoffventils und der Anlaßvorrichtung auf eine starke runde
                              									Platte, 
                              									wodurch unter gleichzeitiger Berechnung der Einfluß der konischen Hüllendicke
                              									studiert und in günstigster Weise in bezug auf den zylindrischen Teil und der runden
                              									Platte eine Lösung gefunden werden kann. Hieraus ergibt sich die Möglichkeit, dem
                              									Deckel angemessene Abmessung zu geben mit achsialer Symmetrie bei gegebener
                              									symmetrischer Temperaturverteilung in bezug auf Achse und Belastung. Man ist sogar
                              									in der Lage, an Hand einer Zeichnung über Temperaturverteilung die genaue Lösung der
                              									Differentialgleichung graphisch zu erhalten, wie es als Beispiel am Zylindermantel
                              									gezeigt wird. Das Liniennetz der Abb. 6 gibt diese
                              									Temperaturverteilungen an sowie auch die verschiedene Dicke nach dem Profil des
                              									Zylindermantels. Der Mantelteil rechts des Ringes ist in sich selbst schon einer von
                              									der Temperaturverteilung herrührenden Spannung und Drehung unterworfen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 238
                              Abb. 12.
                              
                           Eine genaue Berechnung der Spannungen und Deformationen ist trotz des allgemeinen
                              									Charakters dieser Daten möglich durch graphische Lösung der Differentialgleichung,
                              									die in Abb. 6 aufgetragen sind und zwar die
                              									Deformationen in 100facher Vergrößerung. Von großer Bedeutung ist, wie die Prüfung
                              									der Beispiele erkennen läßt, für diese sichere Beurteilung der thermischen
                              									Spannungen eine einfache und symmetrische Bauart des Deckels, des Kolbens und des
                              									Mantels. Das entgegengesetzte Beispiel gibt der Deckel des Viertaktmotors, der durch
                              									die Anordnung von mehreren Ventilen unterbrochen ist, wo sich leicht durch
                              									Temperaturunterschiede hervorgerufene Risse zeigen, weil keine Möglichkeit besteht,
                              									eine genaue Berechnung aufzustellen. Für den Erbauer von Großkraftmotoren sind diese
                              									thermischen Spannungen von großer Wichtigkeit. Die Firma Gebrüder Sulzer hat auf
                              									ihren Versuchsstand nun eine Reihe von Messungen im Innern der
                              									Zylinderwandungen zur Ermittlung der Temperaturverteilungen in Großkraftmaschinen
                              									durchgeführt und zwar an einem Zweitaktmotor mit Hilfe von Thermoelementen. Diese
                              									Beobachtungen erfolgten an 30 verschiedenen Punkten des Kolbens, Deckels und des
                              									Zylindermantels. Hierbei beschränkte man sich nicht nur auf Messungen der mittleren
                              									Temperaturen, sondern ermittelte auch mit vollständiger Genauigkeit auf
                              									photographischem Wege die Temperaturschwingungen während einer Umdrehung des Motors.
                              									Herr Naegel, Professor an der technischen Hochschule zu Dresden, gab hierzu die
                              									Initiative.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 238
                              Abb. 13.
                              
                           Der Versuchszylinder des Zweitaktmotors hatte 600 mm Bohrung, 1060 mm Hub, 100
                              									Umdrehungen in der Minute und entwickelte 1350 P.S. Die Punkte in der inneren (Gas-)
                              									Seite befinden sich alle 0,5 mm unter den mit den Gasen in Berührung kommenden
                              									Flächen. Die verwendeten Thermoelemente bestanden aus 0,5 mm dicken
                              									Kupfer-Konstantandrähten, deren Lötstelle für je 100° C Temperaturunterschied eine
                              									Spannung von etwa 5 Millivolt ergaben. An den Hauptbeobachtungsstellen waren diese
                              									Drähte der Thermoelemente in konisch geschliffene Stöpsel aus besonderem Gußeisen
                              									eingebaut. Durch Gips waren diese Drähte in Glasröhrchen festgelegt und mit ganz
                              									besonderer Sorgfalt eingesetzt, so daß man die Gewähr hatte, daß die Gußstelle genau
                              									bei 0,5 mm Tiefe lag. Eine besonders sorgfältige Legung des Kabels erforderten die
                              									Beobachtungspunkte des Kolbens. Hier wurden die verschiedenen Drähte zu einem Kabel
                              									von 24 Drähten vereinigt, das längs der Kolbenstange bis zum Kreuzkopf und von hier
                              									längs der Hebel außerhalb des Motors zur Aufnahmestelle der Diagramme führt. Alle
                              									Drähte, die von dem Kolben, Deckel und Zylindermantel kommen, laufen in einer
                              									Beobachtungsstelle zusammen, von wo man 
                              									sie mittelst Kommutatoren zu einem Millivoltmeter für annähernde Messungen oder
                              									zu einer Ausgleichsverbindung für genaue Messung der mittleren Werte leitete sowie
                              									zu einem Galvanometer für photographische Aufzeichnung des Temperaturverlaufes.
                              									Diese letztere Apparatur war in einem besonderen Raume aufgestellt und zwar weit vom
                              									Motor entfernt, damit die feinen Erschütterungen des Motors nicht störend einwirken
                              									konnten. Um auch bei der photographischen Aufnahme jede Erschütterung zu vermeiden,
                              									war das Galvanometer mit vibrierendem Draht, wodurch die Schwingungen des
                              									thermo-elektrischen Stromes wiedergegeben werden, an einem Stahldraht aufgehängt.
                              									Der thermo-elektrische Strom fließt nun durch einen goldenen Draht von etwa 100 mm
                              									Länge und 0,005 mm Dicke, der zwischen zwei starken magnetischen Polen eingespannt
                              									ist. Eine elektrische Bogenlampe beleuchtet diesen Draht, der hierbei entstehende
                              									Schatten des Drahtes wird mit Hilfe eines Mikroskopes beobachtet und seine der
                              									Stromstärke entsprechenden Ausweichungen werden auf eine photographische Trommel
                              									aufgetragen, die von einem Elektromotor mit einstellbarer Geschwindigkeit
                              									angetrieben wird und durch einen sehr engen achsialen Spalt erleuchtet wird, welchen
                              									der Verschluß während der Dauer einer Trommelumdrehung öffnete. Ein besonders
                              									aufgestellter Widerstand verhinderte, daß der thermo-elektrische Strom nicht ganz
                              									durch den Golddraht des Galvanometers geht, sondern nur der Teil, der den
                              									Temperaturveränderungen entspricht, also vom mittleren Werte abweicht. Im
                              									allgemeinen erreichten die im Apparat festgestellten Stromstärken nur ± 4/1000
                              									Milliampère.
                           Die Abbildung 7 gibt die ermittelten Temperaturen bei
                              									normalem Betrieb, in diesem Falle bei Vollast und bei 100 Umdrehungen in der Minute
                              									wieder. Die provisorisch gezogenen isothermischen Linien lassen die Gestaltung des
                              									thermischen Flusses nach dem Zirkulationswasser hin erkennen. Die Höchsttemperaturen
                              									im Deckel wie im Kolben erreichten abgerundet 300° C, nur im oberen Teil des
                              									Mantels, an der Stelle, die der oberste Teil des Kolbens nicht erreicht, wurde eine
                              									Temperatur von 333° festgestellt, es ist dies die höchste Temperatur, die bei voller
                              									Belastung in den Wandungen des Motors gemessen wurde. Welchen Einfluß die zentrale
                              									Einspritzung des Brennstoffes mit der kalten Luft ausübt sowie das Fortschreiten der
                              									Verbrennung, zeigen genau die Temperaturen auf dem Boden des Kolbens, nämlich der
                              									mittlere Teil ist immer der kälteste. Bei geringen Belastungen erreicht die
                              									Kolbentemperatur ihren höchsten Punkt in der Bogenhälfte, dagegen bei voller
                              									Belastung, bei der ja die Verbrennungszeit länger dauert, liegt die wärmste Stelle
                              									am äußeren Rand des Kolbens. Das gleiche gilt auch für den Mantelteil, der in der
                              									Höhe des Ringes liegt, der nur bei höheren Belastungen in die Zone der glühenden
                              									Gase gelangt. Uebrigens wird der Verbrennungsvorgang, den man aus der
                              									Veränderung der Temperaturverteilung folgern kann, in gleicher Weise durch die
                              									Schwingungen der Temperaturen während eines Arbeitsganges bestätigt. Am geringsten
                              									sind die Schwingungen in der Mitte des Kolbens. Das Diagramm der Abb. 8 gibt solche Schwingungen bei halber Belastung
                              									und 100 Umdrehungen in der Minute während zweier Umdrehungen wieder und zwar an der
                              									Stelle in der Mitte des Kolbens und im Halbbogen. Dieses Originaldiagramm in Größe
                              									von 170 × 280 mm ermöglicht sehr genaue Ablesungen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 239
                              Abb. 14.
                              
                           Im Zylindermantel erreichten die Temperaturen ihren höchsten Punkt in der Höhe des
                              									Ringes, d.h. an der Stelle, die der erste Kolbenring nicht erreicht und an der
                              									infolgedessen eine Schmierung auch nicht in Frage kommt. Ein anderer
                              									Beobachtungspunkt war so gelegt, daß er gerade noch vom obersten Kolbenring
                              									überschritten wurde, die hier ermittelte Temperatur betrug 251° C. Ganz besonderes
                              									Interesse bieten die hier aufgenommenen Temperaturdiagramme bei % Belastung (Abb. 9) und bei einfacher Kompression, also ohne
                              									Brennstoffaufnahme (Abb. 10). Hier bewirkt
                              									unmittelbar vor und nach dem Passieren des oberen toten Punktes der obere Kolbenring
                              									eine plötzliche Senkung der Temperatur und zwar beim Durchgang eine solche Abkühlung
                              									der Mantelwandung, daß diese noch sehr gut in 0,5 mm Tiefe wahrnehmbar ist, woraus
                              									hervorgeht, daß der Kolbenring den oberen Zylindermantelteil abkühlt. Bei voller
                              									Belastung war demnach eine noch niedrige Temperatur als 250° C hier zu erwarten, was
                              									man auch bestätigt fand, denn die Temperaturmessungen gaben bei voller Belastung nur
                              									einen mittleren Wert von 128° C und einen Höchstwert von 135° C. Hieraus kann man
                              									weiter schließen, daß bei Zweitaktmotoren die Kolbenringe nicht im entferntesten die
                              									Temperaturen erreichen, wie sie bei Dampfmaschinen z.B. ermittelt wurden, was
                              									wiederum für die Schmierung der Zweitaktmotoren von außerordentlicher Wichtigkeit
                              									ist. Die Abb. 11 gibt ein Diagramm bei % Belastung
                              									während zweier Umdrehungen von der Temperaturveränderung des oberen Kolbenringes,
                              									die in einer Tiefe von 0,5 mm in der Gleitfläche dieses Kolbenringes gemessen 
                              									wurden. Die für den Augenblick unverständlich erscheinenden Schwingungen
                              									können, wie folgt, erklärt werden:
                           Unmittelbar vor Erreichung von PMS gelangt der Kolbenring in den oberen heißesten
                              									Teil des Zylindermantels, wo er sich um etwa 10° C erwärmt, bis er jenseits von PMS
                              									in gleichem Abstand von neuem in den kältesten Teil des Zylindermantels gelangt, wo
                              									selbstverständlich wieder Abkühlung erfolgt. Bevor nun auf seinem Wege der
                              									Kolbenring PMJ erreicht, gehen dieser und der Beobachtungspunkt an einer
                              									Auspufföffnung vorüber. In dieser Stelle wird die durch die kalte Zylinderwandung
                              									hervorgerufene Abkühlung plötzlich unterbrochen, dagegen strömt die Wärme aus dem
                              									Innern des Kolbenrings nach der zuvor abgekühlten Außenfläche. Hierbei steigt die
                              									Temperatur anfangs schnell, dann langsam wie bei einer Erwärmungskurve, bis der
                              									Kolben die Auspufföffnung verdeckt und der Beobachtungspunkt wieder mit der. kalten
                              									Zylindermantelöffnung in Berührung tritt. Noch unmittelbar vor Erreichung der
                              									Auspufföffnungen gibt der absteigende Ast der Kurve ein leichtes Zäckchen an, was
                              									vom Durchgang des Ringes über einen im Mantel befindlichen Nocken herrührt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 343, S. 240
                              Abb. 15.
                              
                           Die Abb. 12 liefert den Beweis dafür, daß sich
                              									tatsächlich die Abkühlung nur in der äußersten Schicht vollzieht. Dieses Diagramm
                              									zeigt die Temperaturveränderung des Kolbenringes in 1,5 mm Tiefe unter der
                              									Gleitfläche. Weiter ist noch erläuternd zu bemerken, daß die beiden Diagramme der
                              										Abb. 11 und 12
                              									unmittelbar nacheinander aufgenommen worden sind und die Beobachtungspunkte sich nur
                              									wenige Millimeter voneinander entfernt befinden, so daß sich der Verkauf der
                              									Diagramme nur durch den Tiefenunterschied von 1 mm zwischen den beiden
                              									Beobachtungspunkten erklärt. Von weiterem Interesse sind die Diagramme bei der
                              									Inbetriebsetzung und Stillsetzung des Motors. So zeigt das Diagramm Abb. 13 das Ansteigen der Temperatur während des
                              									Anlaufens unter Vollast eines Beobachtungspunktes im Deckel, wobei genau jede der
                              									Zündungen zu unterscheiden ist. Alle 10 Sekunden vertausche man den
                              									Beobachtungspunkt auf der Gasseite mit dem auf der wassergekühlten Seite und
                              									umgekehrt, so daß die Temperaturerhöhung sowohl der gas- wie der wassergekühlten
                              									Seite auf demselben Diagramm erscheint. Die charakteristische Veränderung der
                              									Temperaturen beim plötzlichen Anhalten eines mit Vollast laufenden Motors zeigt(das Diagramm 14. Man erkennt genau die letzten
                              									Zündungen und unmittelbar nach der letzten Zündung sinkt auf der Gasseite sehr rasch
                              									die Temperatur, hingegen kann man während der ersten 10 Sekunden auf der Wasserseite
                              									kein Sinken der Temperatur feststellen. Die Erwärmung des Kolbens während der ersten
                              									drei Minuten ist im Diagramm der Abb. 15
                              									veranschaulicht und zwar, wenn der Motor mit Vollast anläuft. Die 10
                              									Beobachtungspunkte des Kolbens waren jeder abwechselnd zwei Sekunden mit dem
                              									Galvanometer verbunden, so daß jeder Beobachtungspunkt alle 20 Minuten wieder
                              									auftrat. Im ganzen wurden 200 Diagramme aufgenommen.
                           Diese reiche Ausbeute mit ihren wertvollen Auskünften über Temperaturverteilung und
                              									thermischen Spannungen in Dieselmotoren dient zur Ergänzung der Ergebnisse, die im
                              									Laufe der Zeit die Firma Gebr. Sulzer aus zahlreichen Versuchen mit ihren Motoren
                              									gewonnen hat.