| Titel: | Polytechnische Schau. | 
| Autor: | K. | 
| Fundstelle: | Band 343, Jahrgang 1928, S. 246 | 
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                        Polytechnische Schau.
                        (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
                           								– nur mit Quellenangabe gestattet.)
                        Polytechnische Schau.
                        
                     
                        
                           
                              
                              Besteht eine unmittelbare Gefahr der Ueberfremdung des Marktes
                                 										mit amerikanischen Wagen?
                              
                           Wenn man den ungeheuren Vorsprung in Betracht zieht, den die amerikanische
                              									Kraftfahrzeug-Industrie infolge des Krieges und seiner Nachwirkungen vor der
                              									europäischen hat, ist es eigentlich zu verwundern, daß trotz aller Zollschranken der
                              									europäische Bedarf an Kraftwagen nicht vollkommen von den Amerikanern befriedigt
                              									wird. Denn es bestehen vorläufig keine Aussichten für Europa, eine
                              									Kraftfahrzeug-Industrie von der Größe zu entwickeln, wie sie in Amerika in den
                              									letzten 15 Jahren entstanden ist – die eigentliche Ursache der ungeheuren
                              									Verbilligung der Erzeugung. Wenn trotz diesen uns verschlossenen Möglichkeiten der
                              									amerikanische Wagen keineswegs in Europa vorherrschend geworden ist, so liegt das
                              									zum nicht geringen Teil an den anders gearteten Anforderungen, die der europäische
                              									Markt im Gegensatz zum amerikanischen stellt, Anforderungen, die zum Teil die
                              									Entwicklung drüben und hier verschieden beeinflußt haben.
                           Eine Ursache dieser verschiedenen Entwicklung ist die Frage des Brennstoffes, der
                              									genau so ein Element des Kraftfahrzeuges ist, und vielleicht ein ebenso wichtiges,
                              									wie etwa der Zylinder oder die Bremse oder der Reifen. Es darf nicht vergessen
                              									werden, daß Amerika das Land des Benzinüberflusses ist, des billigen Brennstoffes
                              									und nebenbei der niedrigen Fahrzeugsteuern. Die Wirtschaftlichkeit des
                              									Motorenbetriebes spielt also, mit unseren Verhältnissen verglichen, eine
                              									untergeordnete Rolle. Motoren mit hohem Benzinverbrauch und großem Zylinderinhalt
                              									können durchaus leistungsfähig sein, aber sie sind nicht wirtschaftlich in unserem
                              									Sinne; der amerikanische Automobilmotor, wenn auch entstanden aus einer ungeheuren
                              									Praxis heraus, ist durchaus nicht ideal für europäische Verhältnisse, und der
                              									Brennstoffmarkt übt zweifellos in noch viel größerem Maße seinen Einfluß auf die
                              									Bauart des Motors aus, als etwa die bessere Straßenbeschaffenheit in den
                              									Vereinigten Staaten auf die Konstruktion des ganzen Wagens. Hinzu kommt, daß drüben
                              									die Steuergesetzgebung nicht zur Entwicklung von Maschinen mit kleinem
                              									Zylinderinhalt bei hohen Leistungen gezwungen hat.
                           Wir sind darauf angewiesen, den Brennstoff in unseren Motoren so weit wie möglich
                              									auszunutzen; denn seine Kosten machen normalerweise ein Drittel der Betriebskosten
                              									überhaupt aus. Diese Notwendigkeit ist der Grund, weshalb man bei unseren Motoren
                              									immer mehr zu höherer Verdichtung übergeht und damit zur Möglichkeit der wirklichen
                              									Ausnutzung von Kraftstoffen, die eine höhere Verdichtung vertragen, Kraftstoffen,
                              									die bei uns, im Gegensatz zu Amerika, in ausreichender Menge und Güte vorhanden
                              									sind.
                           Natürlich hat sich die amerikanische Industrie in ihrem Kampf um die europäischen
                              									Märkte dieser Forderung anzupassen versucht, die in ihrer Bedeutung in den letzten
                              									Jahren auch in Amerika selbst immer mehr an Einfluß gewinnt. Und wenn noch vor
                              									kurzer Zeit der amerikanische Motor durchschnittlich ein Verdichtungsverhältnis von
                              									1 : 4 hatte, so sind in diesem Jahr eine ganze Reihe von Firmen dazu übergegangen,
                              									hochverdichtende Motoren bzw. Motoren mit Hochverdichtungs-Zylinderköpfen,
                              									serienmäßig zu bauen. So hat der neue Acht-Zylinder-Marmon einen Verdichtungsgrad
                              									von 1 : 5,25 erhalten, Stutz baut Spezial-Zylinderköpfe mit Verdichtungsgraden von 1
                              									: 6 und 1 : 6,25, Auburn liefert Zylinderköpfe für 6,2-fache Verdichtung und
                              									Chrysler baut serienmäßig Zylinderköpfe für eine Verdichtung von 1:6,1, unter
                              									gleichzeitiger Empfehlung des „Ethyl-Gasoline“ als Brennstoff, eines Benzins,
                              									das durch Zusatz von (giftigem) Tetra-Ethyl-Blei kompressionsfest gemacht ist und
                              									infolgedessen nicht schon bei verhältnismäßig geringer Verdichtungserhöhung den
                              									Motor durch starkes Klopfen beansprucht. Es ist interessant, daß beim Vergleich der
                              										
                              									amerikanischen Typentafeln von 1926, 1927 und 1928 man erkennen kann, daß die
                              									Anzahl der Motoren mit höheren Verdichtungsgraden gegenüber der Gesamttypenzahl von
                              									3 auf 16 und schließlich auf 21 % gestiegen ist (in Deutschland bauen nach der
                              									Typentafel des RDA. 1928 75 % unserer Automobilfabriken Motoren mit einer
                              									Verdichtung von über 1:5), obgleich, wie oben angeführt, die Verhältnisse auf dem
                              									amerikanischen Brennstoffmarkt nicht unbedingt diese Entwicklung gefördert haben.
                              									Aber auch der Amerikaner hat die zuerst von deutschen Ingenieuren erkannten großen
                              									wirtschaftlichen und fahrtechnischen Vorteile der Hochverdichtung anerkannt (höhere
                              									Leistung, geringeren Brennstoffverbrauch, weniger Schalten u.a.m.) und hat, im Sinne
                              									dieser Entwicklung, künstlich erzeugte, nicht klopfende, hochverdichtungsfähige
                              									Brennstoffe, wie das genannte „Ethyl-Gasoline“, trotz seiner Gefährlichkeit
                              									weitgehend eingeführt, weil in Amerika natürlich kompressionsfeste Brennstoffe, wie
                              									Benzol, Spiritus und deren Gemische mit Benzin, nicht in ausreichender Menge
                              									vorhanden sind.
                           Es hat also zweifellos gerade im letzten Jahr eine weitgehende Anpassung der
                              									amerikanischen Kraftfahrzeugmotoren – Konstruktionen an die Erfordernisse des
                              									europäischen Marktes stattgefunden, eine Entwicklung, die durchaus beachtlich ist,
                              									wenn man auch vorläufig nicht sagen kann, daß eine unmittelbare Gefahr der Eroberung
                              									der europäischen Märkte durch amerikanische Wagen vorliegt.
                           Dipl.-Ing. A. Lion (Berlin).
                           Was bedeutet Klopffestigkeit? Das Klopfen ist eine der
                              									unangenehmsten Krankheiten des Motors im praktischen Fahrbetrieb. Es kommt natürlich
                              									vor, daß Lager und Bolzen nach einer langen Betriebszeit ausgeleiert sind, oder auch
                              									der Kolben im Zylinder Spiel bekommt und infolgedessen ein Klopfen eintritt. Dieses
                              									Klopfen ist aber leicht zu beheben durch Auswechselung der betreffenden schadhaften
                              									Teile. Viel gefährlicher ist das Klopfen, das während des Verbrennungsvorganges
                              									auftritt und durch die ungünstigen Eigenschaften des Brennstoffes hervorgerufen
                              									wird, und dessen Folgen unter Umständen erst die eingangs genannten Schäden und die
                              									erste Art des Klopfens sein können.
                           Diese zweite Art des Klopfens, die weniger leicht zu beheben ist, als die
                              									erstgenannte, tritt oft dann auf, wenn nicht der geeignete Brennstoff im Motor
                              									verwandt wird, wenn der Brennstoff die im Zylinder erzeugte Kompression nicht
                              									verträgt und bestimmte Werte von Druck und Temperatur überschritten werden, die dann
                              									zu einer Selbstzündung des Kraftstoffes führen. Dann wird die
                              									Verbrennungsgeschwindigkeit im Motor außerordentlich gesteigert, und es entsteht
                              									eine sogenannte Druckwelle, die sich innerhalb außerordentlich kleiner Zeit mit
                              									großer Geschwindigkeit fortpflanzt, einen plötzlichen Druckstoß erzeugt und die
                              									Ursache des deutlich hörbaren Klopfens oder, in anderen Fällen, Klingeins des Motors
                              									wird.
                           Im Einzelnen soll hier nicht auf die verschiedenen Erscheinungen beim Klopfen
                              									eingegangen werden. Es kann ohne weiteres gesagt werden, daß theoretisch die Frage
                              									des Klopfens, so lange bekannt diese unangenehme Erscheinung auch schon ist,
                              									noch nicht recht geklärt ist. Andererseits kennt man wohl die Mittel zur Abhilfe
                              									dieser Erscheinung, die man am besten an der Wurzel packt. Es wäre falsch, wegen der
                              									auftretenden Klopferscheinungen etwa die Verdichtung des Motors herabzusetzen und
                              									auf die großen Vorteile der höheren Kompression einfach zu verzichten. Vor allem
                              									ersetzt man die Zündkerzen, falls sie die Ursache besonderer Wärmeansammlungen und
                              									damit zu früher Zündungen sind, durch kompressionsfeste Kerzen. Auch ein Ersatz des
                              									gußeisernen Kolbens durch einen Leichtmetallkolben hilft in vielen Fällen.
                           Meist liegt aber, wie gesagt, die Ursache des Klopfens nicht im Motor, sondern im
                              									Brennstoff, der sich zu früh entzündet und nicht das „Kommando“ des
                              									Zündfunkens abwartet. Um die Klopffestigkeit vieler Brennstoffe zu erhöhen, gibt es
                              									bekanntlich zwei Arten von Zusätzen, einmal die Beimengung sogenannter
                              										„chemischer Bremsen“, wie des im amerikanischen Ethyl-Gasoline
                              									enthaltenen Tetra-Ethyl-Bleis oder des im deutschen Motalin zu findenden
                              									Eisenkarbonyls. Leider ist gerade das Tetra-Ethyl-Blei sehr giftig und auch
                              									unbeständig, während das Eisenkarbonyl ungiftig ist. Das andere Mittel ist ein
                              									Zusatz von Benzol oder auch Toluol oder Spiritus, die sich bis heute als die besten
                              										„Antidetonantia“ erwiesen haben. Natürlich sind derartige Brennstoffe mit
                              									kompressionsfesten Zusätzen nicht als unbedingt klopffest zu bezeichnen. Ihre
                              									Klopffestigkeit ist nur erhöht, und jeder Erhöhung der Kompression sind sie
                              									naturgemäß nicht gewachsen, während andererseits die hohe Klopffestigkeit des
                              									Benzols in der Praxis nicht einmal voll ausgenutzt werden kann, man also gar nicht
                              									die Möglichkeit hat, aus diesem Brennstoff den vollen Ertrag herauszuholen. Man ist
                              									z.B. ohne Schwierigkeiten in einem gewöhnlichen BMW-Motor mit Benzolbetrieb auf
                              									11fache Verdichtung gegangen. Mit Benzinen mit Benzolzusätzen kann man im
                              									allgemeinen nicht über eine Verdichtung von 5 bis 5½ hinausgehen, abgesehen
                              									vielleicht vom Aral, das Verdichtungen bis zu 1 : 6 ohne weiteres aushält. Hat man
                              									Benzol zur Verfügung, kann man in der Praxis Verdichtungsgrade bis zu 1 : 8 ohne
                              									weiteres anwenden.
                           Zweierlei muß hier unterschieden werden, nämlich die eigentlichen
                              									Benzin-Benzol-Gemische von den Benzinen mit geringem Benzol-Zusatz. Es ist irrig,
                              									anzunehmen, daß Benzine mit ganz geringem Benzol-Zusatz eine wesentliche Erhöhung
                              									ihrer Klopffestigkeit erfahren. Praktisch ist eine beträchtliche Erhöhung der
                              									Klopffestigkeit nur durch einwandfreie Gemische zu erzielen, die außerdem
                              									zweckmäßiger nicht vom Fahrer selbst hergestellt, sondern fertig bezogen werden, da
                              									eine vollkommene Mischung durch einfaches Zusammengießen und -schütteln nicht zu
                              									erzielen ist.
                           Dipl.-Ing. A. Lion, Berlin.
                           Planwirtschaft bei Kraftwagenausbesserungen. Die vielen
                              									Klagen über zu. hohe Aufwendungen für größere Ausbesserungen und laufende
                              									Instandhaltung der Kraftwagen entspringen nicht selten der Unkenntnis der Besitzer
                              									über die notwendigen Voraussetzungen für den Betrieb einer Autowerkstatt. Doch auch
                              									die Leiter solcher Betriebe können 
                              									durch planmäßige Führung der Arbeiten zur Verbilligung ihrer Kosten wesentlich
                              									beitragen.
                           Eine Schrift, die ein vom Ausschuß für wirtschaftliche Fertigung, von der
                              									Arbeitsgemeinschaft deutscher Betriebsingenieure im Verein deutscher Ingenieure
                              									(ADB), vom Reichsverband des Kraftfahrzeughandels und -gewerbes und vom
                              									Reichsverband der Automobil-Industrie eingesetzter Ausschuß verfaßt hat und die von
                              									Dipl.-Ing. Kreide in dem Fachheft „Kraftfahrwesen“ der VDI -Zeitschrift Nr. 44 in einem Aufsatz „Wirtschaftliche Kraftwagenausbesserung“ besprochen wird, soll
                              									insbesondere den Kreisen der kleinen Werkstättenbesitzer Anregungen bieten, ihre
                              									Betriebe nach neuzeitlichen Grundsätzen wirtschaftlich zu führen. Die Wirtschaft
                              									solcher Betriebe beginnt schon mit der Ausrüstung, deren Umfang durch die Erwägungen
                              									bestimmt sein soll, daß sich der kleinere Betrieb auch auf kleinere Arbeiten
                              									beschränken muß. Im Bereich der Arbeitsvorbereitung kann durch rechtzeitige
                              									Beschaffung notwendiger Ersatzteile zweifellos noch viel zur Vereinfachung und
                              									Beschleunigung der Wageninstandhaltung getan werden. Gleiches gilt von einer
                              									übersichtlicheren Gestaltung des Rechnungswesens, das auch im Kleinbetrieb bei einem
                              									Mindestaufwand an Schreibtätigkeit eine Nachprüfung der geleisteten Arbeit und des
                              									verbrauchten Materials noch nach längerer Zeit ermöglichen soll. Bereitwilligkeit zu
                              									klarer Rechnungslegung würde viel dazu beitragen, um das Vertrauen zwischen
                              									Bestellern und Ausführenden zu fördern.
                           Außer dem genannten Beitrag enthält das Fachheft „Kraftfahrwesen“ der
                              									Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure weitere Aufsätze über Oeltriebwagen,
                              									Fahrzeugdieselmotoren, Tankanlagen, Unfälle im Kraftwagenbetrieb u.a.m. aus der
                              									Feder namhafter Autoren.
                           VDI.
                           Unfälle im Betrieb und Verkehr mit Kraftwagen. In der
                              									anläßlich der Internationalen Automobil-Ausstellung Berlin 1928 als Fachheft
                              										„Kraftfahrwesen“ erschienenen Nr. 44 der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure gibt Ziv.-Ing. Ad. König zum ersten Mal eine umfassende Uebersicht über die
                              									Unfallmöglichkeiten im Kraftwagenbetrieb und die Mittel zu ihrer Verhinderung. Er
                              									unterscheidet hierbei zwischen den Gefahren, die der an sich fehlerlose Wagen allein
                              									durch seine überlegene Geschwindigkeit und Wendigkeit oder durch die bei den
                              									heutigen Motoren noch unvermeidlichen Geräusche und Gerüche hervorrufen kann, und
                              									den Gefahren, die am fehlerhaften Wagen auftreten und sich im Gleiten oder
                              									Schleudern, im Versagen einzelner Teile, im Entstehen von Bränden u. dergl.
                              									äußern.
                           Mit Recht wird hervorgehoben, daß bei der Beurteilung aller Unfallmöglichkeiten die
                              									Erfahrung und Vorsicht des Wagenführers in erster Linie in Betracht zu ziehen ist,
                              									und daß der zuverlässigste Wagen in der Hand eines leichtsinnigen Fahrers gefährlich
                              									werden kann. In diesem Zusammenhang verdient besonders der Gedanke Erwähnung, der
                              									Neigung zur Entfaltung übermäßig hoher Geschwindigkeiten im Straßenverkehr mit
                              									Kraftdroschken durch neue Fahrpreisanzeiger entgegenzuwirken, die bei
                              									Ueberschreitung der Höchstgeschwindigkeit selbsttätig einen ständig abnehmenden
                              									Fahrpreis einstellen. Die Betrachtungen über das Verhältnis zwischen Motorleistung
                              									und Wagengewicht zeigen die Irrigkeit der vielverbreiteten Anschauung, daß im
                              									Stadtverkehr die sogen. starken Wagen gefährlicher seien als die schwachen;
                              									schließlich wird darauf hingewiesen, daß die heutigen Fahrvorschriften hinsichtlich
                              									des Vorfahrtsrechts der auf Hauptverkehrsstraßen fahrenden Wagen bei der
                              									Schwierigkeit der Unterscheidung zwischen Haupt- und anderen Straßen mancherlei
                              									Gefahrenmöglichkeiten in sich bergen und einer Revision bedürfen.
                           Schließlich dürfte der vorliegende Beitrag, der mit einer ausführlichen Uebersicht
                              									über die wesentlichsten Unfallmöglichkeiten auch eine eingehende Darstellung der zu
                              									ihrer Herabsetzung vorgesehenen Maßnahmen verbindet, wirksam zur Erkenntnis und
                              									somit zur Vermeidung der mannigfachen Gefahren des heutigen Kraftwagenbetriebes
                              									beitragen.
                           Über Wirtschaft und Technik der Steinkohlenveredlung
                              									machte Generaldirektor Dr.-Ing. e. h. A. Pott (Essen) auf
                              									der Tagung der Bergleute in Berlin interessante Mitteilungen. Er wies darauf hin,
                              									daß dank der weitgehenden Mechanisierung des Kokereibetriebes bei der Errichtung der
                              									neuen Zentralkokereien im Ruhrgebiete eine erhebliche Senkung der Betriebskosten und
                              									eine Steigerung der Leistung je Mann und Schicht von z.B. 4 t Koks bei den früheren
                              									Normalkokereien mit etwa 60 Öfen auf heute 11-18 t gelungen ist. In den
                              									neuzeitlichen Verbundöfen, die wahlweise mit Stark- oder Schwachgas beheizt werden
                              									können, werde heute ein Drittel, bis zum Jahresende voraussichtlich die Hälfte der
                              									gesamten Kokserzeugung des Ruhrgebietes gewonnen. Auch auf dem Gebiete der
                              									Schwelerei sind bemerkenswerte Fortschritte zu verzeichnen. Die Einhaltung der
                              									optimalen Schwelbedingungen auf Grund neuerer Erkenntnisse gelingt in den
                              									Doppeldrehöfen. Auch bei der Aufarbeitung der Nebenprodukte der
                              									Steinkohlenschwelerei sind wichtige Verbesserungen gelungen; so ist heute das in
                              									einer Menge von 10–12 kg je t Kohle anfallende Schwelbenzin ein vorzüglicher,
                              									klopffester Motorbrennstoff, ebenso ist es gelungen, die Urteerphenole weitgehend zu
                              									reinigen und zur Herstellung ganz neuer Desinfektionmittel zu verwenden. Auch die
                              									Fortschritte auf dem Gebiete der Braunkohlenveredlung wurden in diesem Zusammenhang
                              									kurz gestreift.
                           Der Steinkohlenbergbau schenkt der Gewinnung von synthetischem Ammoniak besondere
                              									Beachtung und hat sich neuerdings dazu entschlossen, auch selbst derartige Anlagen
                              									zu errichten, vornehmlich deshalb, weil die Gewinnung von 1 kg gebundenem Stickstoff
                              									außer Wasser und Luft etwa 5 kg Steinkohle erfordert. Im Hinblick darauf, daß bis
                              									zum Jahresende die Gesamterzeugung an Stickstoff in Deutschland etwa 1 Mill. t
                              									gegenüber einem Inlandverbrauch von nur etwa 400000 t erreichen wird, sowie unter
                              									Berücksichtigung der heutigen niedrigen Stickstoffpreise muß vor einer hemmungslosen
                              									Stickstofferzeugung gewarnt und beim Bau neuer Anlagen eine weise Mäßigung dringend
                              									empfohlen werden. Bei der Herstellung von synthetischem Ammoniak spielt die Wasser-
                              										
                              									Stoffgewinnung eine ausschlaggebende Rolle bezüglich der Wirtschaftlichkeit.
                              									Aus Wassergas gewonnener Wasserstoff kostet je cbm etwa 7 Pf., während nach dem
                              									Verfahren von Bronn-Concordia-Linde, das vom Koksofengas ausgeht, 1 cbm sich auf
                              									etwa 4,5 Pf. stellt. Bei einem Bedarf von 2,5 cbm Wasserstoff zur Bindung von 1 kg
                              									Stickstoff in Form von Ammoniak bedeutet dies, daß die Ausgaben für den Wasserstoff
                              									in 1 kg Ammoniakstickstoff im ersten Falle 17,5 und im zweiten Falle 11,25 Pf.
                              									betragen. Technische Verbesserungen werden es ermöglichen, den Preis für den
                              									Wasserstoff noch weiter zu senken. Nicht minder wichtig als für die
                              									Stickstoffbindung ist die Frage der billigen Wasserstofferzeugung für die Gewinnung
                              									von Ölen aus Kohle nach dem Verfahren von Bergius oder von Fischer. Letzteres
                              									Verfahren bezeichnete Dr. Pott als durchaus gangbar und auch als wirtschaftlich
                              									erfolgversprechend, sofern es gelinge, hinreichend aktive Katalysatoren
                              									aufzufinden.
                           Zum Schluß ging der Vortragende noch näher auf das Sortenproblem und die
                              									Gasfernversorgung ein, die dem Ruhrbergbau die Möglichkeit geben soll, seinen
                              									edelsten Brennstoff, das Koksofengas, das bisher unter den Koksöfen und Dampfkesseln
                              									im eigenen Betriebe verfeuert werden mußte, zu verkaufen und an seiner Stelle die
                              									schwer absetzbaren Kohlensorten selbst zu verfeuern. Die Beschaffenheit des
                              									Koksofengases stehe der des heutigen Stadtgases in keiner Weise nach, im Gegenteil
                              									können zur Reinigung und Verbesserung des Kokereigases wegen der gewaltigen Mengen,
                              									in denen es zur Verfügung steht, Verfahren angewandt werden, die zur Reinigung der
                              									kleinen Mengen dezentralisiert erzeugten Stadtgases wirtschaftlich nicht
                              									durchführbar wären. Es sei heute möglich, das Koksofengas praktisch restlos von
                              									Naphthalin zu befreien sowie das aus verschiedenen Kokereien stammende Gas in bezug
                              									auf Heizwert und Gasdichte so gleichmäßig einzustellen, daß das gesamte Ferngas in
                              									vollkommener Reinheit und Gleichmäßigkeit zur Verfügung stehe.
                           Sander.
                           Ueber die feuerfesten Stoffe für Hochöfen. Um zu einer
                              									Beurteilung der für Hochöfen am besten geeigneten feuerfesten Stoffe zu gelangen,
                              									muß man zuerst den Gründen nachgehen, die ihre Zerstörung während des Ofenbetriebes
                              									verursacht haben. Man wird dabei die verschiedenen horizontalen Zonen des Hochofens
                              									zu berücksichtigen haben, nämlich die Gicht, den Schacht, den Kohlensack, die Rast,
                              									den Herd und die Herdsohle. Es wäre nicht möglich, innerhalb einer einzigen
                              									Uebersicht die vielfachen Ursachen, die bei dem Verfall der feuerfesten Stoffe
                              									mitspielen, aufzustellen, da alle Hochöfen nicht das gleiche Roheisen erzeugen und
                              									auch nicht gleich geführt werden. Bedingen doch die verschiedenen Roheisensorten
                              									auch verschiedene Ofentemperaturen und erfordern keineswegs die Verwendung der
                              									gleichen Eisenerze. Es ist praktisch unmöglich, eine normale Ofenreise des Hochofens
                              									anzugeben, die 2, aber auch 20 Jahre betragen kann. Man wird daher auch von dem
                              									Lieferer feuerfester Steine keine bestimmte Gewähr in dieser Beziehung verlangen
                              									können. Dagegen sind die Abnahmevorschriften über die Eigenschaften der
                              									feuerfesten Stoffe während ihrer Lieferung selbstverständlich und auch notwendig. An
                              									der Gicht und im oberen Teil des Gestells ist die Wirkung der Temperatur gering;
                              									besteht an der Gicht doch eine Temperatur von nicht mehr als 150 bis 300°, so daß
                              									die feuerfesten Stoffe hier nicht Gefahr laufen, durch Einschmelzen zugrunde zu
                              									gehen. Auf der anderen Seite sind sie aber heftigen Stößen durch das Einführen der
                              									Möller ausgesetzt, ferner auch einer anderen zerstörenden Wirkung, die man nicht
                              									verkennen sollte, nämlich den mit Kohlenoxyd beladenen Gasen, die die Steine ständig
                              									baden und in sie einzudringen versuchen. Der durch die Reaktion: 2 CO = CO2 + C frei werdende Kohlenstoff lagert sich in
                              									pulverförmigem Zustand auf den Stein ab und führt seine Zersplitterung herbei. Es
                              									ist daher selbstverständlich, daß die für den oberen Teil des Gestells verwendeten
                              									Steine in erster Linie gegen Stöße und Verschleiß widerstandsfähig sind. Die
                              									Druckfestigkeit der Steine spielt also hier die vorherrschende Rolle. Dann muß die
                              									Porosität dieser Steine zwecks Vermeidung des Eindringens von Gasen gering sein. Die
                              									chemische Zusammensetzung ist von untergeordneter Bedeutung, während die
                              									Schmelztemperatur der Steine verhätnismäßig niedrig sein kann. Im mittleren Teil des
                              									Schachtes sind die Steine hauptsächlich den mechanischen Einflüssen der Einsätze
                              									ausgesetzt, die bei ihrem Fallen die Auskleidung abnutzen. Für diesen Teil sind
                              									Steine zu wählen, die genügend feuerfest, aber gleichzeitig auch sehr verschleißfest
                              									sind. Auch diese Steine sollen möglichst wenig porös sein. Im Kohlensack fangen die
                              									Schwierigkeiten an, da hier die Einsätze anfangen, in den teigigen Zustand
                              									überzugehen, und da hier die ersten chemischen Angriffe auf die Auskleidung
                              									erfolgen. Für diesen Teil wird man demnach Steine von genügend hohem Schmelzpunkt,
                              									von geringer Porosität und von hohen Erweichungstemperaturen nehmen, so daß die
                              									chemische Zusammensetzung der Steine einen möglichst geringen Angriff gewährleistet.
                              									Den empfindlichsten Teil des Hochofens stellen die Rast und der Herd dar, für die
                              									man die Steine mit besonderer Sorgfalt zu wählen hat. Die Steine müssen hier dem
                              									starken chemischen Angriff der Einsätze und der Schlacke widerstehen und müssen
                              									daher neben einer geringen Porosität eine hohe Schmelztemperatur und eine hohe
                              									Erweichungstemperatur unter Last besitzen. Bei dem Herd und der Herdsohle ist ferner
                              									mit der Gefahr zu rechnen, daß das Metall durch die Auskleidung durchdringt. Dieser
                              									Gefahr versucht man durch Kühlung des Kohlensacks und des Herdes vorzubeugen. Im
                              									Kohlensack sind die Steine noch einer besonderen Ursache für ihre Zerstörung
                              									ausgesetzt: ist eine der Düsen nicht genau ausgerichtet, so könnte sie, besonders
                              									nach dem Abstich, den Gebläsewind unmittelbar auf einen Teil der Auskleidung
                              									aufblasen und hierdurch eine plötzliche Abkühlung hervorrufen, die den Steinen
                              									nachteilig werden könnte, wenn man bei ihrer Auswahl nicht mit dieser Gefahr
                              									gerechnet hat. Für diese Zonen sind demnach Steine zu wählen, die gegen
                              									Temperaturwechsel beständig sind. Manche Hüttenleute sind 
                              									auch der Ansicht, daß die Auskleidung besonders leidet, wenn der Herd nach
                              									jedem Abstich ganz geleert wird; über diesen Punkt herrscht jedoch keine
                              									Uebereinstimmung.
                           Was die Höchsttemperatur im Hochofen anbetrifft, so ist es gewiß, daß sie sich etwas
                              									oberhalb der Düsen befindet, wo die Verbrennung am eifrigsten ist. Die Höhe dieser
                              									Temperatur wird in den einen Fällen mit höchstens 1400° angegeben, in den anderen
                              									mit 1800°. Es ist allerdings nicht zu leugnen, daß die Verhältnisse von einem Werk
                              									zum anderen und von einem Hochofen zum anderen verschieden sind. Man dürfte aber
                              									doch immer mit einer Temperatur von mindestens 1500° rechnen, die auch 1700°
                              									erreichen kann. Dann nimmt man an, daß die Temperatur, wenn sie auf Düsenhöhe stark
                              									ist, sehr schnell nach oben zu abnimmt und daß sie etwa in der Höhe des Kohlensacks
                              									1000° nicht übersteigt. Trotz dieser geringeren Temperatur ist der Kohlensack doch
                              									als eine besonders ausgesetzte Zone zu bezeichnen, da hier das gefürchtete Hängen
                              									der Gichten eintreten kann. Oberhalb des Kohlensacks leidet das Futter sehr durch
                              									den mechanischen Einfluß der niedergehenden Einsätze und des aufsteigenden
                              									Staubes.
                           Bei der Herstellung von Hämatitroheisen ist die Frage der Erhaltung und der
                              									Lebensdauer der Steine nicht so schwer zu lösen als bei der Verhüttung von
                              									phosphorreichen Eisenerzen für die Herstellung von Thomas-Roheisen oder gar bei der
                              									Herstellung von manganreichem Roheisen. Der Wechsel im Gang eines Hochofens wirkt
                              									sich nachteilig aus, und zwar aus folgendem Grunde: während eines gleichmäßigen
                              									Betriebes wird zwar die Auskleidung zum Teil in einer gewissen Dicke angenagt, doch
                              									überzieht sie. sich mit einem gewissen Magma, daß durch Koks, Erz und Staub in
                              									agglomerierter Form gebildet die Auskleidung überzieht und dadurch schützt; wird nun
                              									der Ofengang geändert, so verschwindet dieses Magma und das Futter wird wiederum bis
                              									zur. Bildung einer neuen Schutzschicht abgenagt. Man beobachtet diese Erscheinung
                              									z.B. bei der Umstellung eines Hochofens von grauem Roheisen auf weißes Roheisen. Die
                              									Entstehung dieser Schutzschicht kann man übrigens in vielen Oefen wahrnehmen, u.a.
                              									auch bei den Drehöfen der Zementwerke. Man ist daher auf den Gedanken gekommen, die
                              									Auskleidung überhaupt der Zusammensetzung des Ueberzugs entsprechend zu wählen.
                              									Infolgedessen hat man im Hochofenbetrieb auch Versuche mit Kohlenstoffsteinen
                              									angestellt, doch dürften diese nicht zu einer praktischen Entwicklung geführt haben.
                              									Man wird daher einem der jeweiligen Verwendung und Beanspruchung angepaßten Stein in
                              									bezug auf die Sicherheit und Lebensdauer stets den Vorzug zu geben haben.
                           Bei der Auswahl der feuerfesten Stoffe für den Hochofen gibt man oft den Steinen von
                              									weißer Farbe den Vorzug, weil diese wenig Eisen, viel Tonerde enthalten und sehr
                              									dicht und widerstandsfähig sein sollen. Im folgenden seien die Mindest- und
                              									Höchstgehalte auf 9 verschiedenen Werken an Tonerde in den Steinen für die
                              									verschiedenen Hochofenteile aufgeführt:
                           
                              
                                 
                                    
                                    
                                 Tonerdegehalt in %
                                 
                              
                                 
                                 mindestens
                                 höchstens
                                 durchschnittlich
                                 
                              
                                 Ofenboden
                                 36
                                 43
                                 40
                                 
                              
                                 Gestell-Unterteil
                                 34
                                 45
                                 41
                                 
                              
                                 Gestell
                                 34
                                 45
                                 41
                                 
                              
                                 Rast
                                 34
                                 45
                                 39
                                 
                              
                                 Kohlensack
                                 32
                                 45
                                 38
                                 
                              
                                 Schacht   „   „
                                 in den ver-schiedenenTeilen
                                 302222
                                 393535
                                 343130
                                 
                              
                           Die Unterschiede zwischen den Mindest- und den Höchstgehalten
                              									bringen die verschiedenen Ansichten zum Ausdruck, die von einem Werk zum anderen
                              									herrschen. In der Regel wird man bei der Abnahme der feuerfesten Steine die Angabe
                              									der Schmelztemperatur verlangen, dann der Bruchfestigkeit, auch des Verhaltens bei
                              									1000 bis 1200° und des Porositätsgrades.
                           Eigenschaften einer Hochofenauskleidung
                           
                              
                                 
                                 erster
                                 Steine
                                    											vonzweiterBeschaffenheit
                                 dritter
                                 
                              
                                 Al2O3  mindestens
                                 40 %
                                 39 %
                                 32 %
                                 
                              
                                 Fe2O3  höchstens
                                  1,60
                                   2,20
                                 2,25
                                 
                              
                                 CaO    höchstens
                                  0,10
                                   0,10
                                 0,50
                                 
                              
                                 MgO   höchstens
                                  0,15
                                   0,15
                                 0,30
                                 
                              
                                 Alkali höchstens
                                  1,85
                                   1,95
                                 3,70
                                 
                              
                                 Schmelztemperatur
                                 1770° bis1970°
                                  1730° bis 1750°
                                 1690°
                                 
                              
                                 Bruchfestigkeit bei ge-   wöhnlicher Tempe-   ratur
                                    											in kg/cm2
                                     95
                                   150
                                 180
                                 
                              
                                 Porosität in %:
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 nach ½ Stunde
                                   7,5
                                   3,0
                                 1,60
                                 
                              
                                 nach 1     „
                                   9,5
                                   3,9
                                 2,15
                                 
                              
                                 nach 2 Stunden
                                 10,5
                                   4,5
                                 2,50
                                 
                              
                                 nach 3     „
                                   –
                                   4,9
                                 2,85
                                 
                              
                                 nach 4     „
                                   –
                                   5,1
                                 3,00
                                 
                              
                                 nach 5     „
                                   –
                                   5,25
                                 3,20
                                 
                              
                                 nach 6     „
                                   –
                                    –
                                 3,25
                                 
                              
                           Die Sprödigkeit prüft man dadurch, daß man die Steine eine Stunde lang in einem
                              									Schmiedeofen erwärmt und plötzlich in kaltes Wasser eintaucht: die Steine dürfen
                              									dabei keine Risse erhalten. Im großen und ganzen genügt es, wenn man folgende
                              									Anforderungen an die Steine stelle, wobei man von allen Steinen eine geringe
                              									Porosität und lineare Veränderungen entsprechend der Verwendungsstelle verlangt, die
                              									in vernünftigen Grenzen und ohne Uebertreibungen festgelegt worden sind. Außerdem
                              									wird man verlangen:
                           1. für die Steine des Schachtes
                           eine Mindestverschleiß- und Schlagfestigkeit und ein einwandfreies Verhalten in einem
                              									Kohlenoxydstrom;
                           2. für die Steine des Kohlensacks
                           eine hohe Schmelztemperatur, hohe Erweichungstemperaturen unter Last und einen guten
                              									Widerstand gegen den chemischen Angriff der Einsätze bestimmter Zusammensetzung;
                           3. für die Steine der Rast und des Herdes eine hohe Schmelztemperatur, hohe
                              									Erweichungstemperaturen unter Last, hohe Widerstandsfähigkeit gegen Schlacken und
                              									geschmolzenes Metall, Widerstand gegen plötzlichen Temperaturwechsel. (Chimie et
                              									Industrie, 1928, S. 444/53.)
                           Dr.-Ing. K.