| Titel: | Zuschriften an die Schriftleitung. | 
| Autor: | Baudisch | 
| Fundstelle: | Band 344, Jahrgang 1929, S. 28 | 
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                        Zuschriften an die Schriftleitung.
                        Zuschriften an die Schriftleitung.
                        
                     
                        
                           Prof. Baudisch schreibt in Heft 1/2 1928:
                           
                              P_u=m\,\frac{d\,c_u}{d\,t}-m\,\frac{c^2}{\rho}\,sin\,\alpha
                              
                           Ich habe im Heft 15/16 1928 diese Gleichung um der
                              									Allgemeinheit willen, wie folgt richtig gestellt:
                           
                              P_u=m\,\frac{d\,c}{d\,t}\,.\,cos\,\alpha-m\,\frac{c_2}{\rho}\,sin\,\alpha
                              
                           Unschwer erkennt man aus dieser Sachlage, daß ich
                              									allgemein
                           
                              \frac{d\,c_u}{d\,t}\not=\frac{d\,c}{d\,t}\,.\,cos\,\alpha
                              
                           gesetzt wissen will. Nachdem nämlich cu = c ∙ cos α, so ist die einzig richtige
                              									Differentiation: dcu = d (c ∙ cos α) = dc ∙ cos α –
                              									c sin α ∙ d α, und nur für den Fall α = const. wäre aus der obigen Umgleichung der
                              									Fall einer Gleichung entstanden, womit allerdings die Allgemeinheit einer Ableitung
                              									verloren ist und nunmehr der spezielle Fall für α = const. behandelt wird. Dieser
                              									spezielle Fall entspricht einer logarithmischen Spirale und für diesen speziellen
                              									Fall hat Prof. Baudisch in seiner Originalarbeit die zitierte Gleichung
                              									angeschrieben. Dies habe ich in meiner Richtigstellung genau angegeben. Prof.
                              									Baudisch sagt aber in seiner Erwiderung, daß ich es wäre, der dcu = dc ∙ cos α eingesetzt haben will. Diese
                              									Entstellung meiner Zuschrift muß ich zurückweisen. Ich wiederhole hierbei nochmals
                              									ausdrücklich, daß die Richtigkeit und Allgemeingültigtigkeit der Gleichungen 3) in
                              									der Originalarbeit des Herrn Prof. Baudisch einzig dem Zufall zu danken ist, daß die
                              									Gleichung 2) ebenfalls für eine log. Spirale gilt, und betone, daß eine solche
                              									Form einer Ableitung keinen Anspruch auf allgemeines Resultat erheben kann.
                           Die Gültigkeit der Gleichung 2) für die log. Spirale gibt Prof. Baudisch heute
                              									bereits zu. (Seinerzeit sagte er allerdings „Nach der Lehre von der Krümmung der
                                 										Kurven“ gelte Gl. 2), also galt sie damals allgemein, heute nicht mehr.) Er
                              									sagt aber weiter: nachdem in jedem Punkte einer beliebigen Strombawhn eine log. Spirale als Schmiegungskurve gelegt werden
                              									kann, gilt Gl. 2) auch für jede beliebige Strombahn. Ich
                              									glaube, daß mit dieser Aeußerung Herrn Prof. Dr. Baudisch eine Entgleisung passiert
                              									ist. Wohl kann man in jedem Punkte der beliebigen Strombahn eine Schmiegungskurve
                              									der gewünschten Form legen, doch ist es ohne weiteres einleuchtend, daß jedem Punkte
                              									eine andere log. Spirale zugehört, oder anders gesagt: ist die allgemeine Gleichung
                              									der log. Spirale
                           K (φ – φ0)
                           r = r0 ∙ e
                           so gehören jedem Punkte der beliebigen Strombahn ein längs
                              									derselben stets veränderlicher Wertekomplex (r0, K,
                              										φ0) zu. Das würde besagen, daß der Ursprung um
                              									den die log. Spirale sich entwickelt ständig seinen Ort verändert, wenn man längs
                              									der beliebigen Strombahn fortschreitet, daß also r und cu in Gl. 2) für einen wandernden Bezugspunkt zu nehmen sind. (Der
                              									geometrische Ort dieser Bezugspunkte wäre somit eine Art Evolute der beliebigen
                              									Strombahn!) Dieser Ursprung muß jedoch im Sinne der Behandlung der Aufgabe fest
                              									bleiben und daraus folgt, daß die beliebige Strombahn notwendig eine log. Spirale
                              									sein muß.
                           
                           Die Eulerschen Gleichungen habe ich deswegen angeschrieben, um zu zeigen, daß in
                              									einer beliebigen Richtung r eines Strömungsbereiches gelegene Kraftkomponenten auf
                              									ein Massenteilchen selbst dann zur Wirkung gelangen, wenn keinerlei äußere Kräfte in
                              									dieser Richtung wirken, wenn das Druckgefälle in dieser Richtung die einzige
                              									Bedingung erfüllt, daß es nämlich nicht verschwindet. Dies alles ist wichtig, um den
                              									Irrtum von der „Abstützung“ zu berichtigen. Der Mechanismus einer
                              									Flüssigkeitsströmung ist eben anders, als ihn Prof. Baudisch diesbezüglich
                              									schildert.
                           Es ist mir unverständlich, wieso nach Prof. Baudisch die „Komponenten der
                                 										Zentrifugalkraft“
                              									\frac{\mbox{Cu Cr}}{\mbox{r}} und
                              										\frac{\mbox{Cu}^2}{\mbox{r}} verschwinden und trotzdem
                              									gekrümmte Bahnen vorhanden sein sollen. (Bei gekrümmten Bahnen treten immer
                              									Zentrifugalkräfte auf, folglich dürfen für diesen Fall deren Komponenten nicht
                              									verschwinden.) Meiner Ansicht nach ist eben die notwendige Folge der beiden
                              									Gleichungen \frac{\mbox{Cu Cr}}{\mbox{r}}=\mbox{O} und
                              										\frac{\mbox{Cu}^2}{\mbox{r}}=\mbox{O} die, daß cu = o wird und für den allgemeinen Fall α ≠ , = o sein muß. Entweder die beiden Ausdrücke
                              									verschwinden, dann herrscht Ruhe im Strömungsbereiche, oder aber sie verschwinden
                              									nicht, dann müssen sie in den Ausdrücken für die Kraft- und
                              									Beschleunigungskompetenten ersichtlich bleiben.
                           Prof. Baudischs Ansicht von der „festigkeitslosen Strombahn“ ist abzulehnen.
                              									Zunächst meint er wohl eine fiktive Leitschaufel,In gewisser Hinsicht liefern die in I, II, III ausgeführten Dinge gute
                                    											Beispiele, so daß ein Verweis auf diese Abhandlungen genügt. Der allgemeine
                                    											Gesichtspunkt, den wir hier einnehmen, ist dort aber noch nicht
                                    											vertreten. denn der Begriff der Strombahn schließt deren
                              									Belastbarkeit durch Druckwirkung aus. Eine solche fiktive Leitschaufel ist ideell
                              									der geometrische Ort aller Strombahnen, welche eine gegebene Anfangsbedingung
                              									erfüllen, z.B. zum gleichen Zeitpunkte eine gegebene Strecke schneiden. Vermöge
                              									ihrer unendlich kleinen Dicke bleibt sie solange unbelastet, als das Druckgefälle
                              									senkrecht zu ihr in ihrer unmittelbarsten Nähe nicht unstetig wird; wird dasselbe
                              									jedoch unstetig, dann ist die Strömung nicht realisierbar, die fiktive Leitschaufel
                              									existiert in ihrer Form nicht. Hiermit fällt die Bemerkung Prof. Baudischs im
                              									letzten Absatz seiner Erwiderung, und es fehlt ein richtiger Beweis für die
                              									Behauptung, daß die Strömung nach log. Spiralen auch für den schaufellosen Raum von
                              									Kreiselmaschinen nicht die geeignetste ist.
                           Brunn, am 17. September 1928.
                           Ing. Walther.
                           –––––
                           Erwiderung. Im vorstehenden wird mir der Vorwurf gemacht,
                              									daß ich eine Ableitung der Umfangsbeschleunigung
                           
                              b_u=\frac{d\,c_u}{d\,t}-\frac{c_r\,c_u}{r}
                              
                           nicht allgemein gültig, sondern nur für den Sonderfall der
                              									logarithmischen Spirale durchführte. Um diesen Sonderfall genauer herauszufeilen,
                              									wäre es nach Ansicht des Einsenders meine Pflicht gewesen, in der oben
                              									angegebenen Gleichung für Pu den Wert den durch dc ∙ cos α zu ersetzen und
                              									ausdrücklich zu erwähnen, daß meine Gleichung (2)
                           
                              \frac{c_u}{r}=\frac{c}{\rho}
                              
                           nur für die logarithmische Spirale gilt. Ich halte dem
                              									entgegen, daß die von mir in Heft 1/2, 1928, gebrachte Ableitung der Gleichung für
                              										Pu eine derartige Einschränkung auf den
                              									Sonderfall α = konstant nicht erforderlich macht. Aber auch meine Gleichung (2) gilt
                              									wohl, was ich übrigens nie bestritten habe, für die logarithmische Spirale, sie gilt
                              									aber neben dieser auch für jede beliebige Strombahn, weil man – und dadurch kome ich
                              									zu meiner „Entgleisung“ – an jede beliebige Strombahn in jedem Punkte eine
                              									zum gleichen Koordinatenursprung gehörige logarithmische Spirale als
                              									Schmiegungskurve legen kann. Hat die beliebige Kurve in irgendeinem durch die
                              									Koordinaten r1 und φ1 gegebenen Punkte die Neigung α1 so hat,
                              									bezogen auf das gleiche Koordinatensystem, die Schmiegungsspirale dort mit K1 = tang α1 die
                              									Gleichung
                           
                              r_1=r_0\,e^{K_1\,(\varphi_1=\varphi_0)}
                              
                           Diese Schmiegungsspirale hat, da sie mit der beliebigen Kurve
                              									die gleiche Tangente hat, mit dieser zwei unendlich nahe Punkte gemeinsam. Es gehen
                              									somit für diese zwei unendlich nahen Punkte alle für die logarithmische Spirale
                              									ableitbaren Erkenntnisse auch auf die beliebige Kurve über. So insbesondere die
                              									Erkenntnis, daß das Glied -\frac{c_r\,c_u}{r} Umfangskomponente
                              									der Zentrifugalbeschleunigung \frac{c^2}{\rho} ist. Diese
                              									Umfangskomponente muß aber im schaufellosen Räume deshalb verschwinden, weil sie
                              									eine Eigenschaft einer Führungsfläche, nämlich ihre Festigkeit zum Ausdruck bringt. Selbstverständlich tritt bei gekrümmter
                              									Bahn auch im schaufellosen Räume eine Zentrifugalkraft auf, doch wird dieselbe im
                              									Rahmen der Ableitung meiner Gleichung (8) durch den nach außen zunehmenden
                              									Flüssigkeitsdruck aufgehoben. Sie darf daher nicht noch ein zweites Mal in den
                              									Gleichungen vorkommen, und dies wäre der Fall, wenn man in obiger Gleichung für bu das zweite Glied rechts für die Strömung im
                              									schaufellosen Räume beibehalten würde. Will aber der Einsender die Komponenten der
                              									Zentrifugalbeschleunigung dadurch zum Verschwinden bringen, daß er sie gleich 0
                              									setzt, so liegt dieser mathematischen Operation eine ganz andere, hier sinnstörende
                              									physikalische Bedeutung zugrunde, nämlich der Ruhezustand des Wassers, nicht aber
                              									die Strömung im schaufellosen Räume. Die Auffassung, daß eine Stromlinie solange
                              									unbelastet bleibt, als das Druckgefälle senkrecht zu ihr in ihrer unmittelbarsten
                              									Nähe nicht unstetig wird, führt wieder zu der Erkenntnis, daß zwischen durch
                              									Schaufeln vorgeschriebenen und freien Strombahnen streng zu
                           
                           unterscheiden ist. Bei ersteren treten Unstetigkeiten auf, bei letzteren nicht.
                              									Der Beweis für die Behauptung, daß die Strömung nach logarithmischen Spiralen für
                              									den schaufellosen Raum von Kreiselmaschinen nicht nur nicht die geeignetste, sondern
                              									sogar unmöglich ist, liegt eben darin, daß jede solche Spirale eine Festigkeit
                              									der Bahn, somit eine Schaufel voraussetzt. Ich erwähnte schon in Heft 15/16, 1928,
                              									daß nach logarithmischen Spiralen gekrümmte Führungswände nicht unbelastet sind.
                           Wien, im Jänner 1929.
                           Dr. Baudisch.