| Titel: | Graphit und seine Bedeutung für Maschinenlager. | 
| Autor: | F. W. Landgräber | 
| Fundstelle: | Band 344, Jahrgang 1929, S. 72 | 
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                        Graphit und seine Bedeutung für
                           								Maschinenlager.
                        Von Bergwerksdirektor F. W. Landgräber.
                        LANDGRÄBER, Graphit und seine Bedeutung für
                           								Maschinenlager.
                        
                     
                        
                           Die fortschreitende Erkenntnis der Lagerforschung strebt neben billigen
                              									Lagermetallen gleichzeitig auch Verbesserungen in betriebstechnischer Hinsicht an,
                              									um geringen Anschaffungspreis mit höchster technischer Vollkommenheit zu vereinen.
                              									Da zur Lösung dieses Problems die bisherigen metallurgischen Mittel nicht
                              									ausreichten, mußten neue Wege beschriften werden: auf der Suche nach Metallen mit
                              									höchsten Gleiteigenschaften wandte man sich, gestützt auf die inzwischen gesammelten
                              									Erfahrungen der Schmiertechnik, dem Graphit zu. Dieser Weg konnte grundsätzlich als
                              									aussichtsreich bezeichnet werden, wenngleich die Verarbeitung von Graphit zu einem
                              									brauchbaren Lagermetall auch lange Zeit nicht gelang. Die zweifelsfrei erwiesenen,
                              									sehr günstigen schmiertechnischen Eigenschaften des Graphites ließen jedoch weitere
                              									Versuche lohnend erscheinen, und so wurden die Bestrebungen nach dieser Richtung
                              									fortgesetzt, bis eine gleichmäßige Verteilung des Graphits gelang. In gitterartiger
                              									Struktur liegen die feinen Graphitteile an, in der sie fest umschließenden
                              									eutektischen Masse eingebettet. Diese eigenartige Zusammensetzung verleiht dem
                              									Metall eine gewisse Aufsaugefähigkeit für die Aufnahme von Schmiermittel, das bei
                              									Oelmangel durch Ausschwitzen wieder zu Schmierung des Zapfens abgegeben wird.
                           Der eingelagerte Graphit gibt dem Gittermetall eine ganz besondere Gleitfähigkeit,
                              									wie sie eben nur bei Graphit in geeigneter Verarbeitung zu erwarten ist. Die
                              									Laufflächen von Lagerschale und Zapfen erhalten, sofern nicht vollkommene Schmierung
                              									vorliegt, in Kürze einen äußerst feinen Graphitspiegel von hochgradiger Politur.
                              									Dadurch wird die Tragfähigkeit beträchtlich erhöht, so daß ein solches Lager bei
                              									allmählichem Einlaufen auch bei reiner Flüssigkeitsreibung noch sehr hohe
                              									Belastungen bei kleinstem Schmiermittelverbrauch zu tragen vermag.
                           Druckfestigkeit und Härte der Gittermetalle sind trotzdem hohen Ansprüchen gewachsen;
                              									so beträgt z.B. die Druckfestigkeit des Gittermetalles, Marke L, 1080 kg/cm2, bei einer Brinellhärte von 34 kg/cm2. Bei fünffacher Sicherheit, auf den
                              									Festigkeitswert bezogen, können also Lagerdrucke bis zu 250 kg/cm2 aufgenommen werden. Die hervorragende
                              									Gleitfähigkeit ist wohl das wesentliche Merkmal dieses Metalles. Der bei
                              									halbflüssiger und halbtrockender Reibung auftretende Gleitwiderstand ist so gering,
                              									daß sogar völliger Schmiermittelmangel eine Zeitlang aufgenommen werden kann.
                              									Versuche fielen sehr günstig aus. So wurde bei sämtlichen Lagern 5 Minuten nach
                              									Betriebsbeginn die Oelzufuhr abgestellt, nach einiger Zeit bei einigen Metallen
                              									jedoch wieder erneut angestellt, teils um Fressen zu verhüten, teils um den Einfluß
                              									erneuter Schmiermittelzufuhr zu studieren. Nach 55 Minuten Versuchsdauer, also 50
                              									Minuten nach Abstellung der Schmierung, betrug die Erwärmung beim Regelmetall 40°,
                              									beim 60prozentigen Zinnweißmetall 92°, während das im gleichen Lager verwandte
                              									Gittermetall N nur 21° Temperaturerhöhung aufwies. – Das Ersatzmetall hatte bereits
                              									nach 30 Minuten gefressen.
                           Bei einem anderen Versuch wurde eine hohe Welle künstlich beheizt, bis das Schmieröl
                              									verdampfte. Eine Betriebsstörung trat hierbei nicht ein. Darauf wurde die Beheizung
                              									gesteigert, bis das Lagermetall schmolz und tropfenweise ablief. Nach Abstellen der
                              									Wärmezufuhr lief die Welle unter voller Belastung ohne Unterbrechung weiter, bis sie
                              									wieder ihre normale Betriebstemperatur angenommen hatte. Erst hiernach wurden die
                              									Lager aufgenommen.
                           Die Besichtigung ergab, daß die Versuchsmaschine keinen Schaden genommen hatte: Lager
                              									und Welle waren spiegelblank. – Diese Gewaltprobe läßt erkennen, daß Gittermetall
                              									sich auch unter ganz abnorm ungünstigen Betriebsbedingungen (sehr hohen
                              									Temperaturen) als äußerst widerstandsfähig und betriebssicher erweist.
                           Das Wesen der Maschinenschmierung und den Wert der Schmiermittel meinte, nach Dr.
                              										Klarnus,die
                              									Wissenschaft, und zwar bis vor mehreren Jahren ganz allgemein, durch rein
                              									mechanische Gesetze erklären zu können, nämlich durch die Gesetze der
                              									Flüssigkeitsbewegung (Hydrodynamik). Nach diesen Gesetzen sollte für den Wert jedes
                              									Schmiermittels, für seine Schmierfähigkeit und seine Schmierergiebigkeit
                              									ausschließlich die Zähigkeit (Viskosität) des Schmiermittels maßgebend sein. Außer
                              									der Viskosität brauchen nur noch Angaben über den Entflammungspunkt, den
                              									Erstarrungspunkt, über die chemische Reinheit (Gehalt an Asphalt, Teer, Harz,
                              									Wasser, Säure, Asche usw.) und über die chemische Unveränderlichkeit eines
                              									Schmiermittels vorhanden zu sein, um nach der früheren Auffassung das betreffende
                              									Schmiermittel als restlos gekennzeichnet ansehen zu können.
                           Zusammenfassend läßt sich sagen, daß alle diese Größen, mit Ausnahme der Viskosität,
                              									nur darüber etwas aussagen, welche Eigenschaften ein Schmiermittel nicht haben darf, damit es nicht etwa unter bestimmten
                              									Bedingungen Störungen während des Gebrauches hervorrufe. Aber die Ausschaltung von
                              									offensichtlichen Fehlern reicht ja noch lange nicht aus, um die Güte eines Materials
                              									zu verbürgen. Die Frage z.B., ob man durch unzweckmäßige oder zu radikale Behandlung
                              									in den Mineralölraffinerien den Schmierwert der Oele manchmal beeinträchtigt, wurde
                              									in früheren Jahren nur selten aufgeworfen. In der Frage der „Reinheit“ geht
                              									man auch heute noch in der Praxis vielfach soweit, ganz äußerliche Merkmale der
                              									Schmiermittel, wie ihren Farbton und ihre Klarheit als sicherste Bürgschaft für
                              									besondere Schmierfähigkeit anzusehen. Aber vor zwei Jahren angestellte
                              									Untersuchungen haben deutlich gezeigt, daß das „schönste“ Oel auch bei
                              									zweckmäßig gewählter Viskosität trotzdem ein minderwertiges Schmiermittel sein kann
                              									und daß es auf dem Markte vermutlich sehr viele solche „zu Tode gereinigte“
                              									Oele gibt.
                           Jedes Schmiermittel hat bekanntlich die Aufgabe, die aneinandergleitenden
                              									Schmierflächen voneinander zu trennen. Dies erfolgt in der Weise, daß das
                              									Schmiermittel zwischen den beiden Metallflächen eine äußerst dünne
                              									Schmiermittelschicht, den sogenannten Schmiermittelfilm ausbildet. An die
                              									Haltbarkeit dieses hauchdünnen Films werden nun während des Schmiervorgangs sehr
                              									hohe Ansprüche gestellt. Zerreißt er an einzelnen Stellen, so kommen die beiden
                              									aneinandergleitenden Metallflächen in unmittelbare Berührung, die Reibung steigt
                              									dadurch auf ein Vielfaches des ursprünglichen Betrages mit der Wirkung, daß die
                              									Schmierstelle sich erwärmt oder sogar heiß läuft oder sich festfrißt. Jede
                              									Schmierfläche, auch die durch sorgfältigste Bearbeitung geglättete, zeigt unter dem
                              									Mikroskop beträchtliche Rauhigkeiten, und zwar Vorsprünge, Kratzer, Riefen und
                              									andere Unebenheiten. Zerreißt der Oelfilm, so werden offenbar zunächst diese
                              									Rauhigkeiten der beiden Gleitflächen in unmittelbare metallische Berührung kommen.
                              									Die Oelhaut kann auch hinausgepreßt werden oder durch Verdampfung verschwinden.
                              									Steigt die Belastung, die z.B. auf einem Lager ruht, über eine gewisse Grenze, so
                              									ist der Film dieser Beanspruchung nicht gewachsen und er zerreißt. Da in den
                              									letzten Jahren immer größere und schwere Maschinen gebaut werden müssen, uni den
                              									erhöhten Ansprüchen des modernen Betriebes zu genügen, z.B. in der
                              									elektrotechnischen Industrie, so ist es sehr oft dem Konstrukteur heute nicht
                              									möglich, die Ausmaße der Schmierstellen im gleichen Verhältnis zu vergrößern, wie
                              									die Belastung der Maschine größer geworden ist. So kömmt es, daß in vielen Maschinen
                              									und gerade in den modernsten Maschinen der Schmiermittelhaut eine ganz besonders
                              									große Widerstandskraft zugemutet wird. Sehr hoch sind naturgemäß die Ansprüche an
                              									diesen dünnen Oelfilm auch bei abgearbeiteten Maschinen mit nicht mehr völlig
                              									einwandfreier Beschaffenheit der Metalloberflächen, ebenso bei noch nicht
                              									eingelaufenen Maschinen Aber auch jede andere Maschine ist wechselnden
                              									Beanspruchungen unterworfen. Bei dem Anlaufen z.B. eines Lagers ruht zunächst die
                              									Welle mit ihrer ganzen Schwere und der auf ihr ruhenden Last unmittelbar auf der
                              									Lagerschale, also Metall gegen Metall. Das gleiche gilt beim Stoppen und bei jedem
                              									sonstigen Wechsel der Belastung und der Tourenzahl, ebenso wenn sich die Oelzufuhr
                              									aus irgendeinem Grunde auch nur vorübergehend verringert oder gar ganz versagt. Die
                              									zarte Schmierschicht ist also ein äußerst empfindliches Gebilde, dessen kleinste
                              									Aenderung erhöhte Reibung und daher erhöhten Kraftbedarf verursacht. Das Gefährliche
                              									ist, daß jede solche Störung sich selbst steigert, und daß aus dem anfänglichen
                              									kleinen Uebel sich binnen weniger Minuten ein Heißlaufen und Festfressen der
                              									Schmierflächen entwickeln kann, welche nicht nur die Maschine stillegen, sondern
                              									bekanntlich mit sehr schweren Beschädigungen der Maschinenteile verbunden sein
                              									können.
                           Die Kernfrage des Schmierproblems ist also darin zu suchen, die dünne
                              									Schmiermittelhaut möglichst widerstandsfähig zu machen und sie an den zu
                              									schmierenden Metallflächen durch möglichst starke Kräfte festzuheften. Wählt man an
                              									Stelle von leichtflüssigen Schmierölen dickflüssige, erhöht also nur die Viskosität
                              									der verwendeten Schmiermittel, so wird die Oelhaut wohl druckbeständiger, ohne aber
                              									an den Metallflächen fester verankert zu sein. Das gesteckte Ziel wird nur teilweise
                              									erreicht und der eventuell gewonnene Vorteil wieder teilweise dadurch aufgehoben,
                              									daß schwerflüssigere Oele eine höhere innere Reibung haben und daher mehr Kraft
                              									verzehren. Nun wurden vor zwei Jahren wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt,
                              									welche in einwandfreier Weise ergaben, daß verschiedene Oelsorten tatsächlich mit
                              									sehr verschiedener Festigkeit an Metallflächen haften. Aber die Instrumente, mit
                              									deren Hilfe man (und zwar mittels Wärmemessungen) bisher Oelsorten des Handels nach
                              									ihrer Benetzungsfähigkeit mit zuverlässiger Sicherheit auswählen kann, sind leider
                              									sehr empfindlich, recht teuer und ihre Handhabung schwierig. Der zweite Weg
                              									hingegen, nämlich die Schmiermittel durch geeignete Veränderung der
                              									Metalloberflächen an diese fester anzuheften, ist ohne Schwierigkeiten zu
                              									beschreiten und durch eingehende Laboratoriums- und Betriebsversuche an Maschinen
                              									und durch glänzende Betriebserfahrungen erprobt.
                           
                           Graphit ist der Stoff, welcher wie kein anderer alle Oele und die anderen
                              									Schmiermittel an den metallischen Oberflächen verankert. Die Anwendung von Graphit
                              									in der Schmiertechnik ist altbekannt. Aber wie in den meisten Fällen, in denen die
                              									Praxis auf sich allein gestellt bleibt, wurde auch hier das richtig herausgefundene
                              									Hilfsmittel in unzweckmäßiger, ja oft schädlicher Weise angewendet.
                           Graphit ist ein ausgesprochener Sonderling unter den chemischen Stoffen. Selbst der
                              									weichste Gips ist viel härter als Graphit. Durch jedes Metall wird Graphit geritzt,
                              									Graphit selbst greift aber kein Metall an. Ferner ist Graphit stets, auch dann, wenn
                              									man ihn fälschlich „gestaltlos“ oder „amorph“ nennt, in
                              									schuppenförmigen Kristallen ausgebildet. Dieser Schuppenform verdankt er seine
                              									Fähigkeit, an allen Unterlagen erstaunlich festzuhaften. Die Graphitschüppchen
                              									nehmen nämlich durch den leisesten Druck eine Parallelstellung zur Unterlage an,
                              									legen sich also ganz flach und dicht an sie an. Zwischen den Graphitschuppen und den
                              									Metalloberflächen scheinen aber noch Anziehungskräfte besonderer Art, sogenannte
                              									Adsorptionskräfte, zu wirken, welche den Graphit besonders festhalten. Die
                              									Graphitschuppen besitzen ferner eine außerordentliche Spaltbarkeit. Diese
                              									Eigenschaft verleiht dem Graphit eine Geschmeidigkeit und Gleitfähigkeit, die ihn
                              									wie keinen anderen Stoff befähigt, sich den allerfeinsten Unebenheiten einer
                              									Unterlage anzuschmiegen. Man hat also im Graphit einen festen Stoff mit leichter
                              									Fließbarkeit vor sich, der sich unter Wirkung höherer Drucke ähnlich wie eine
                              									Flüssigkeit verhalten muß. Die wichtigste Eigenschaft von Graphit ist aber seine
                              									Fähigkeit, alle Arten von Oelen mit einer so hohen Kraft an sich zu binden wie sonst
                              									kein anderer fester Stoff. Messungen, die jüngst ausgeführt wurden, ergaben, daß
                              									Oele an Graphit sieben- bis zehnmal so fest haften als an metallischen Flächen.
                              									Graphit ist der ideale Vermittler zwischen Oel und Metall.
                           Graphit vereinigt in sich daher in einzigartiger Vollständigkeit alle jene
                              									Eigenschaften, die erforderlich sind, um ein Schmiermittel an einer metallischen
                              									Gleitfläche zu verankern. Es ist nur noch nötig, die richtige Anwendungsform für ihn
                              									zu finden. Vielfach bringt man Graphit direkt in den Schmierflächen, indem man ihn
                              									in Schmiernuten z.B. von Lagerschalen hineinpreßt oder Lagerschalen aus Gemischen
                              									von Graphit und Metall herstellt. Diese Anwendungsform hat den Fehler, daß die
                              									Graphitnuten bald abgeschliffen sind und keinen Graphit mehr hergeben, ebenso wie er
                              									auch aus Graphit-Metallegierungen oberflächlich bald herausgelöst ist, so daß der
                              									benötigte Nachschub an Graphit nach einiger Zeit aufhört. Auch handelt es sich bei
                              									dieser Anwendungsform stets nur um grobgemahlenen Graphit, der infolge seiner Größe
                              									gar nicht imstande ist, bis in die feinsten Schmierspalten einzudringen, welche sich
                              									zwischen den aneinandergleitenden Metallflächen befinden und meist nicht weiter als
                              										1/1000 bis 5/1000 mm sind.
                              									Denselben Fehler hat eine zweite Anwendungsform, die darin besteht, daß man grob-
                              									oder feingemahlenen Graphit einfach mit dem Oel vermengt. Selbst die Teilchen des
                              									feingemahlenen Graphits sind noch lange nicht klein genug, um mit dem Oel in
                              									die engsten Spalten fließen zu können. Einfach aufgeschwemmter, mit Oel nun
                              									mechanisch gemischter Graphit wird sich an ungelegenen Stellen niederschlagen und
                              									wird dorthin, wo man ihn am nötigsten braucht, nur in den seltensten Fällen
                              									gelangen. Am nötigsten braucht man den Graphit aber dort, wo die
                              									Schmiermittelschicht zwischen den Gleitflächen am engsten ist und wo daher die
                              									Gefahr am größten ist, daß Metall und Metall sich unmittelbar berühren und dadurch
                              									zu raschem Anstieg der Reibung, zu starken Erwärmungen, Heißlaufen und Abnutzungen
                              									Anlaß geben.
                           Um dem Graphit die nötige Haltbarkeit in flüssigen Schmiermitteln zu verleihen und
                              									ihm den Eintritt auch in die haarfeinen Kanäle zu eröffnen, mußte die Aufgabe gelöst
                              									werden, ihn so zu zerkleinern, daß die Größe seiner Teilchen sich bereits den
                              									Ausmaßen der Oelmoleküle zu nähern beginnt. Diese wichtige Aufgabe ist auf
                              									physikalisch-chemischem Wege technisch, gelöst worden. Solche Graphite, deren
                              									Teilchen z.B. durchschnittlich nur 0.0001 mm groß sind, heißen kolloide Graphite. Der außerordentlichen Feinheit seiner Teilchen verdankt
                              									der Kolloidgraphit die Fähigkeit, sich in den Schmierölen kolloidal aufzulösen und
                              									in ihnen haltbar zu sein. Der Graphit behält seine Schuppenform trotz der
                              									außerordentlichen Kleinheit der Teilchen bei, ebenso seine Schmiegsamkeit, Weichheit
                              									und Fließbarkeit. Er wird von dem Schmiermittel dank seiner kolloiden Feinheit bis
                              									in die engsten Poren und Spalten mitgeführt und hat dort Gelegenheit, die
                              									Rauhigkeiten, Vorsprünge und Kratzer, welche selbst die sorgfältigst polierten
                              									Metallflächen aufweisen, auszufüllen, dadurch die Gleitflächen auszuebnen und zu
                              									glätten, sie mit einer festhaftenden, hauchdünnen Graphithaut zu überziehen und an
                              									dieser Graphithaut das Schmiermittel zu verankern. Die Ausebnung der Rauhigkeiten
                              									und die Graphitisierung der Metallflächen erfordert eine gewisse Zeit, nach welcher
                              									sich erst die Wirkungen des Graphits zeigen, und zwar durch ruhigen, stetigen und
                              									glatten Gang der Maschine, durch Verminderung der Reibungsverluste und damit durch
                              									Erhöhung des Wirkungsgrades, durch Ersparnis an Kraft und Herabsetzung der
                              									Reibungswärme. Der Kolloidgraphit braucht sich keineswegs in dicker Schicht auf den
                              									Gleitflächen abzulagern, sondern es genügt schon ein dünnes Häutchen, dessen Bestand
                              									natürlich durch stetigen Nachschub von neuem Kolloidgraphit gewährleistet sein muß.
                              									Die durch den Kolloidgraphit um ein Vielfaches erhöhte Haftfestigkeit der Schmieröle
                              									an den Gleitflächen gestattet, die Beanspruchung der Schmierstellen zu erhöhen, den
                              									lastenden Druck zu steigern, dünnflüssigere Oele anzuwenden, die Umdrehungszahl zu
                              									erniedrigen, ohne daß die Oelhaut zerreißt oder herausgepreßt wird. Man braucht also
                              									auch bei Maschinenteilen, die außerordentlich hohen Belastungen oder Temperaturen
                              									ausgesetzt sind, oder bei Schwankungen der Belastungen, beim Anlaufen und Stoppen
                              									der Maschinen, beim Versagen der Oelzufuhr nicht mehr grobe Störungen des Betriebes,
                              									Abnutzungen der Schmierflächen und Beschädigungen der ganzen Maschine zu befürchten.
                              									Denn selbst wenn jetzt die Schmiermittelhaut zerreißt, verdampft oder weggepreßt wird, tritt
                              									der Graphit als Schmiermittel an den gefährdeten Stellen in Wirksamkeit und betätigt
                              									sich als ein festes Schmier mittel mit den Fließeigenschaften einer Flüssigkeit.
                              									Diese Graphithaut kann durch keine Temperatur zerstört werden, da Graphit selbst bei
                              									Temperaturen über 1000° noch vollständig unverändert bleibt. Aber auch im
                              									ungestörten Betriebe erlaubt die festere Verankerung des Schmiermittels, die
                              									Oelzufuhr zu vermindern und, wie Versuche und Praxis lehren, den Oelbedarf auf ein
                              									Drittel bis die Hälfte und mehr gegenüber einer Schmierung ohne Kolloidgraphit zu
                              									vermindern. Da ferner die neuesten Messungen gezeigt haben, daß auch Schmieröle,
                              									welche blankes Metall nur. schlecht benetzen, an graphitierten Flächen ebenso fest
                              									haften wie Schmieröle, die an und für sich an blanken Metallen gut haften, wird es
                              									möglich, mit Hilfe von Kolloidgraphit auch mit Oelen einwandfrei zu schmieren,
                              									welche bei graphitfreier Schmierung minderwertig oder unbrauchbar wären. Je mehr bei
                              									den schweren modernen Maschinen die Beanspruchungen der Schmierstellen wachsen,
                              									desto dringlicher ist es, unsere Schmiermittel leistungsfähiger zu machen. Ferner
                              									ist es heute, wo jede Beschädigung der Maschine, jede Verschwendung von Kraft
                              									und Hilfsstoffen mehr denn je vermieden werden muß, Aufgabe jedes rationellen
                              									Betriebes, auf bewährter Grundlage auch das Schmierungswesen zu modernisieren und
                              									dadurch an Unkosten für Reparaturen und für Amortisation zu sparen und die
                              									Beaufsichtigung durch Vergleichmäßigung des Betriebes zu vereinfachen.
                           Die erforderlichen Zusätze von Kolloidgraphit sind äußerst gering und daher erfordert
                              									die Veredelung der Schmiermittel nur geringe Kosten. Im Durchschnitt genügt ein
                              									ständiger Zusatz von nur 0,1 bis 0,3 v. H. von Kolloidgraphit zu den Schmiermitteln.
                              									Die Spuren von Kolloidgraphit verändern die äußerliche Beschaffenheit der
                              									Schmiermittel nur wenig, beeinflussen ihre Zähigkeit praktisch nicht und verdunkeln
                              									die an sich gleichgültige Färbung der Oele nur wenig. Daß die Anwesenheit einer so
                              									winzigen Menge von Kolloidgraphit ausreicht, uni jene Veredelung unserer
                              									Schmiermittel zu bewerkstelligen, erinnert an die Veredelung unserer Nahrungsmittel
                              									durch die winzigen Mengen von Vitaminen, so daß man den Kolloidgraphit den
                              										„Lebensstoff“ unserer Schmierung nennen kann.