| Titel: | Die Wirkung des Gefügeaufbaues von Messing auf die Eigenschaften und die Verformbarkeit. | 
| Autor: | R. Schulze | 
| Fundstelle: | Band 344, Jahrgang 1929, S. 174 | 
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                        Die Wirkung des Gefügeaufbaues von Messing auf
                           								die Eigenschaften und die Verformbarkeit.
                        Von R. Schulze,
                           									Berlin-Mariendorf.
                        SCHULZE, Die Wirkung des Gefügeaufbaues.
                        
                     
                        
                           Zur wirtschaftlichen Gestaltung eines Betriebes gehören heute neben den
                              									verschiedenen Fragen der Konstruktion und der höchstmöglichen Ausnutzung aller
                              									vorhandenen Betriebseinrichtungen auch umfangreiche Materialkenntnisse. In bezug auf
                              									Behandlung und Verwendung von Stahl und Eisen herrscht in den allgemeinen Fragen bei
                              									allen Fachleuten Klarheit, anders ist es jedoch bei den Nichteisenmetallen,
                              									besonders den Kupfer-Zinklegierungen, die für gewisse Zwecke auf allen technischen
                              									Gebieten unersetzliche Werkstoffe sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 344, S. 173
                              Abb. 1.Gefüge von α Messing.
                              
                           Bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts stellte man diese Legierungen aus Kupfer-
                              									und Zinkerzen, insbesondere Galmei durch Zementationsverfahren her. Erst nach dieser
                              									Zeit ging man dazu über, metallisches Zink als Zusatzmaterial zu verwenden.
                              									Kupfer-Zinklegierungen werden für technische Zwecke in einer Zusammensetzung von 54
                              									÷ 90 % Kupfer, Rest Zink hergestellt. Die Legierungen mit 54 ÷ 65 % Kupfer
                              									bezeichnet man mit Messing und diejenigen mit 65 ÷ 90 % Kupfer mit Tombak. Wie jedes
                              									Metall sind auch die Messinge keine homogenen Körper, sondern bestehen (siehe
                              									Schliffbilder) in ihrem Innern aus vielen einzelnen Kristallen, die auf Grund
                              									des Kohäsionsvermögens einen festen Körper bilden. Die Art und die
                              									Eigenschaften der Kristalle sind bei gegossenem Material abhängig von der
                              									Zusammensetzung und der Temperatur.
                           Betrachtet man zunächst den Einfluß der ersteren, so findet man, daß die
                              									Kupfer-Zinklegierungen mit 65 ÷ 90 % Kupfer, Rest Zink aus einer Kristallart, den
                              									sogenannten α-Mischkristallen bestehen. Diese vereinigen Kupfer- und Zinkkristallite
                              									gemischt in sich. Alphamischkristalle erstarren direkt aus der flüssigen Schmelze.
                              									Erwärmt man also umgekehrt eine derartige Legierung bis unmittelbar unter den
                              									Schmelzpunkt, so ändert sich ihr Gefügeaufbau nicht. Infolge des vorherrschenden
                              									Kupferanteils ähneln die Alpha-Messinge in ihren Eigenschaften mehr dem reinen
                              									Kupfer. Sie sind also gut warm und besonders kalt knetbar und eignen sich vorzüglich
                              									für Drück- und Treibarbeiten. Wegen seiner Beständigkeit gegen korrodierende
                              									Einflüsse ist Alpha-Messing der gegebene Werkstoff für Teile, die den Angriffen von
                              									Luft, Wasser und leichten Säurelösungen ausgesetzt sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 344, S. 173
                              Abb. 2.Gefüge von α+β Messing.
                              
                           Unter 65 ÷ 54 % Kupfer beginnt sich der zunehmende Zinkgehalt im Gefügeaufbau
                              									bemerkbar zu machen, indem die Messinge, falls sie normal abgekühlt sind, aus 2
                              									Mischkristallarten Alpha (α) und Beta (β) bestehen. Bei den α+β-Messingen tritt auch
                              									der Einfluß der Temperatur in Erscheinung, da sich mit der Veränderung derselben ein
                              									und dieselbe Legierung in ihrem Gefüge ändert. Oberhalb 500° ÷ 700° C bestehen z.B.
                              									die α+β-Messinge, ähnlich wie die vorbesprochenen
                              									α-Messinge aus einer Kristallart, nämlich den zinkreichen β-Mischkristallen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 344, S. 174
                              Abb. 3.Profile gepreßter und gezogener Messing-Stangen.
                              
                           Die sogenannte zweite Phase (α) scheidet sich erst bei
                              									Temperaturen unterhalb 500° ÷ 700° C aus. Schreckt man also ein Messing aus z.B. 60
                              									% Kupfer, Rest Zink nach dem Erhitzen auf 700° in Wasser ab, so unterbindet man
                              									dadurch die Ausscheidung der α-Mischkristalle, und das Gefüge besteht auch bei
                              									Zimmertemperatur nur aus β-Mischkristallen. Da die letzteren härter sind, ergibt
                              									sich durch das Abschrecken ein Härtevorgang, wie er für Eisen ganz allgemein bekannt
                              									ist. Der höheren Härte im kalten Zustande steht die gute Knetbarkeit der
                              									β-Mischkristalle in der Wärme gegenüber. Will man ein 60er Messing schmieden oder
                              									pressen, so muß man es ebenfalls über 700° C hinaus erwärmen, da bei tieferen
                              									Temperaturen die weniger gut warm knetbaren a-Mischkristalle bereits ausgeschieden
                              									sind. Man hat also einen Werkstoff vorliegen, der zwei verschieden geeignete
                              									Bestandteile in sich vereinigt, wodurch Spannungen entstehen, die den Bruch
                              									herbeiführen. In den Abbildungen 1 und 2 sind Schliffbilder von α- und
                              									α+β-Messinggefügen gegenüber gestellt. Der Unterschied zwischen den
                              									kupferreichen α-Mischkristallen (hell) und den zinkreichen β-Mischkristallen
                              									(dunkel) tritt deutlich in Erscheinung.
                           Neben den beschriebenen Faktoren spielt bei gewalztem und gezogenem Messing noch die
                              									Art und Größe des Verformungsgrades, sowie die Glühbehandlung eine wesentliche
                              									Rolle. Alpha-Messinge verarbeitet man entsprechend ihren beschriebenen Eigenschaften
                              									hauptsächlich zu Blechen. Der Arbeitsgang ist dabei folgender: Gußplatten von 35 ÷
                              									70 mm Dicke werden im warmen Zustande bei 700° C in Duowalzwerken zunächst auf 12 mm
                              									Dicke vorgewalzt und danach im kalten Zustande unter Einschaltung von
                              									Zwischenglühungen auf das gewünschte Endmaß gebracht. Die Abnahme bei jeder Walzung
                              									beträgt ca. 30 %, bezogen auf die vorliegende Blechstärke. Der jeweils gewünschte
                              									Materialzustand, d.h. ob das Blech schwarzweich, gebeiztweich, halbhart, hart oder
                              									federhart sein soll, wird bei der Schlußwalzung bzw. Schlußglühung erreicht.
                           Schwarzweiches Blech ist der geeignete Werkstoff für Drückarbeiten, weil die
                              									aufgewalzte Oxydschicht schmierend wirkt, was bei stärkerer Beanspruchung zur
                              									Vermeidung des Bruches beiträgt. Gebeiztweiches Blech verwendet man zweckmäßig für
                              									die Herstellung von Hohlkörpern, die möglichst in einer Operation in der Ziehbank
                              									erzeugt werden. Materialfehler sind bei weichen Messingblechen, sofern sie nicht als
                              									sogenannte Schieferstellen ihren Ursprung in Gußblasen haben, meist auf unsachgemäße
                              									Wärmebehandlung zurückzuführen. Wird nämlich das Blech bei der letzten Glühung im
                              									Metallwerk oder bei der Drückverarbeitung überhitzt auf 850° C, so wachsen die
                              									Kristalle über das normale Maß hinaus und es entsteht grobes Gefüge. Dieses ist
                              									spröde und führt zu Bruch oder aber gibt fertigen Hohlkörpern ein narbiges,
                              									unschönes Aussehen. Bei der Herstellung eines zylindrischen Gefäßes von 25 mm
                              									Durchmesser aus einem Rondell von 750 mm Durchmesser in 8 Zügen soll die
                              									Verringerung des jeweils vorliegenden Durchmessers nach der Erfahrung in folgenden
                              									Stufen vor sich gehen:
                           1. Zug 66 %, 2. Zug 77 %, 3. Zug 75 %, 4. Zug 73 %, 5. Zug 65 %, 6. Zug 60 %, 7. Zug
                              									58 %, 8. Zug 54 %.
                           Die Beanspruchung ist also nach dem ersten Glühen am geringsten zu wählen und bei den
                              									nachfolgenden Zügen bis zum Schluß der Verarbeitung zu steigern. Bei harten
                              									Messingblechen zeigen sich mitunter auf der Oberfläche rote Flecke und Streifen.
                              									Diese entstehen, wenn durch starke Erhitzung örtliche Entzinkungen eintreten. Beim
                              									nachfolgenden Beizen schlägt sich an diesen Stellen Kupfer nieder.
                           Die gute Korrosionsbeständigkeit der α-Messinge ist ferner Veranlassung zu ihrer
                              									Verarbeitung zu Kondensatorrohren, die aus 30 % Zink und 70 % Kupfer bestehen oder aber nach dem Vorschriften der Reichsmarine aus 1 %
                              									Zinn, 29 %
                           
                           Zink, 70 % Kupfer. Diese Rohre werden entweder auf hydraulischen Vertikalpressen
                              									aus kurzen Abschnitten im warmen Zustande gepreßt oder aber auf sehr langweilige
                              									Weise direkt aus dem Gußblock gezogen. Zu diesem Zweck wird der letzere mit einem
                              									Kanonenbohrer längs durchbohrt und im kalten Zustande in Langziehbänken
                              									heruntergearbeitet. Das Schrägwalzen nach dem Mannesmannverfahren läßt sich bei den
                              									Kondensatorrohrlegierungen nicht anwenden, da ihre geringe Warmknetbarkeit über den
                              									ganzen Temperaturbereich von 325° aufwärts eine derartig starke Deformation nicht
                              									zuläßt. Bei Ms 90 erstreckt sich der Sprödigkeitsbereich von 450 ÷ 550° C. Beide
                              									Legierungen lassen sich also innerhalb dieser Grenzen auch nicht warm schmieden oder
                              									warm scharf biegen.
                           Alpha- + Beta-Messinge werden auf Grund ihrer guten Warmknetbarkeit bei 750° C
                              									mittels Strangpressen zu Rund- und Profilstangen und diese wieder zu
                              									Messingpreßteilen verarbeitet. Die Vorprodukte für diese Erzeugnisse sind runde
                              									Barren von 70 ÷ 160 kg Stückgewicht. Auch bei der Herstellung von Messingstangen ist
                              									die Temperaturfrage von großer Bedeutung, weil durch Ueberhitzung ebenfalls grobes,
                              									sprödes Korn entsteht, was bei der Bearbeitung auf Automaten oder anderen
                              									schnellaufenden Werkzeugmaschinen die Fabrikation stark beeinträchtigen kann. Bei zu
                              									niedriger Temperatur bildet sich das bereits beschriebene körnige Gefüge, was in
                              									bezug auf Verarbeitung mit spanabhebenden Werkzeugen dieselben ungünstigen
                              									Eigenschaften besitzt. Messing-Preßstangen werden mit einer Genauigkeit von ±÷0,3 mm
                              									hergestellt, ist größere Genauigkeit erforderlich (±÷0,05), so wird das Material
                              									nachträglich in Langziehbänken gezogen. In derselben Weise werden Messingdrähte
                              									hergestellt, die man bis zur Stärcke von 7 mm Durchmesser ebenfalls in dicken Barren
                              									preßt und bis auf die geforderten Endmaße in Rundziehbänken herunterarbeitet. Abb. 3 zeigt eine Zusammenstellung gepreßter und
                              									gezogener Messingprofile für Fensterrahmen, Treppenschienen, sowie zur Herstellung
                              									von Zahnrädern und anderen Spezialerzeugnissen, die in Massenfabrikation direkt von
                              									der Stange gearbeitet werden. Profilstangen, die als Platinen-Ober- oder
                              									-Unterstücke in der Textilmaschinenindustrie zur Verwendung kommen, werden mitunter
                              									durch gleitende Teile einseitig beansprucht. Bei diesen hat man das beschriebene
                              									Verfahren der Messinghärtung durch Erlangung reinen Betagefüges, infolge
                              									Abschreckens in Wasser nach dem Erwärmen auf 700° C, auszunutzen versucht. Die Härte
                              									konnte dadurch innerhalb eines Stückes von 90 auf 105 kg/mm2 gesteigert werden. Die an sich großen
                              									Querschnittsunterschiede der betreffenden Stangen hatten jedoch ein Verziehen zur
                              									Folge. Bei einfachen Teilen dürfte es nach den Erfahrungen aber grundsätzlich
                              									möglich sein, entsprechend der verschiedenen Beanspruchung zweckmäßige
                              									Härteunterschiede zu erzeugen. Die Steigerung der mechanischen Eigenschaften durch
                              									thermische Vergütung ist besonders in neuerer Zeit auch auf die Sondermessinge
                              									ausgedehnt worden, die bekanntlich durch Zusatz eines oder mehrerer Metalle zu
                              									den reinen Kupfer-Zinklegierungen entstehen. Die bis heute erforschten wichtigsten
                              									Zusatzmetalle sind Blei, Mangan, Nickel, Zinn, Eisen und Aluminium. Neuere Versuche
                              									mit Cadmium haben ebenfalls gute Ergebnisse erbracht. Durch Zusatz von 1,5 % Cadmium
                              									läßt sich die Festigkeit eines 58er Messings von 40 auf 53 kg/mm2, die Härte von 95 auf 125 kg/mm2 steigern. Die Dehnung fällt jedoch zu gleicher
                              									Zeit von 25 auf 10 % ab. Die Vergütung der Sondermessinge erfolgt meist durch
                              									Abschrecken in Wasser nach dem Erhitzen auf 700 bis 750° C und nachträgliches
                              									mehrstündiges Anlassen bei 400 bis 500° C. Danach tritt entweder eine
                              									Kornverfeinerung ein, die bessere mechanische Eigenschaften und
                              									Korrosionsbeständigkeit bedingt oder, wenn z.B. das Sondermessing als Material für
                              									Lagerschalen verwendet werden soll, wird die Ausscheidung eines härteren
                              									Bestandteiles bewirkt, der in einer weichen Grundmasse eingebettet ist. Ein
                              									derartiger Gefügezustand ist für Lagermetalle charakteristisch.
                           In der nachfolgenden Tabelle sind die mechanischen Eigenschaften einiger Messinge und
                              									Sondermessinge, sowie deren Verwendungszweck angegeben.
                           
                              
                                 Werkstoff
                                 Kurz-zeichen
                                 Farbton(poliert)
                                 Festigkeitkg/mm2weich hart
                                 Debnung%weich hart
                                 Verwendungs-zweck
                                 
                              
                                 Schraubenmsg.
                                 Ms. 58
                                 ockergelb
                                 40   50
                                 25   15
                                 Armaturen, Pro-file, geschnitteneSchraube
                                 
                              
                                 Mechanikermsg.
                                 Ms. 59
                                 „
                                 40   50
                                 20   12
                                  Stanzteile für dieFeinmechanik u.Uhrenind
                                 
                              
                                 Schmiedemsg.
                                 Ms. 60
                                 „
                                 35   50
                                 30   15
                                  Beschläge, Vor-wärmerrohre
                                 
                              
                                 Druckmsg
                                 Ms. 64
                                 rotlichgelb
                                 30   45
                                 35   15
                                 Metallwaren,PatronenhülsenTiefziehteile
                                 
                              
                                 Halbtombak 
                                 Ms. 67
                                 grünlichgelb
                                 30   45
                                 35   15
                                 Holzschrauben,Messinglotdraht,Ziehteile
                                 
                              
                                 Goldtombak 
                                 Ms. 72
                                 „
                                 25   40
                                 40   15
                                 Turbinenschau-feln, Füllstücke,Rollschrauben
                                 
                              
                                 Mittelrottombak
                                 Ms. 85
                                 goldgelb
                                 25   40
                                 40   10
                                 Metallwaren,Kunstgewerbe-teile
                                 
                              
                                 Rottombak 
                                 Ms. 90
                                 goldrot
                                 25   40
                                 40     5
                                 InstrumentenbauApparateteile
                                 
                              
                                 Spreemetall 
                                 Mn./Ms. I, 4
                                 braungelb
                                 45    –
                                 25    –
                                 Seewasser undwitterungsbe-ständige Press-teile,
                                    											Schiffbau-teile
                                 
                              
                                 Manganmessing 
                                 Mn,/Ms. 3
                                 „
                                 45   55
                                  25   10
                                 Schnecken- undZahnräder, Lauf-buxen, Preßteile
                                 
                              
                                 Nickelmessing 
                                 Ni./Ms. 10
                                 gelblichw.
                                 40   50
                                 35   25
                                 Turbinenschau–fein für Naß-dampfstufe
                                 
                              
                                 Sondermessing 
                                 1 So./Ms. 1
                                 ockergelb
                                 40   60
                                 30   12
                                  Drehteile hoherFestigkeit
                                 
                              
                                 Sondermessing 
                                 2 So./Ms. 2
                                 goldgelb
                                 45   60
                                 20   10
                                  LagerbuxenTeile für Tex-tilmaschinen
                                 
                              
                                 Sondermessing 
                                 3 So./Ms. 3
                                 ockergelb
                                 65   70
                                 15   10
                                 Preßteile, Schiff-bauteile, Loko-motivarmaturen
                                 
                              
                           Das angeführte Mangan-Sondermessing Mn/Ms 1,4 läßt sich im kalten Zustande durch
                              									Ziehen oder Prägen schlecht verarbeiten, außerdem ist seine Oberfläche von einem
                              									braunen Oxydbelag überzogen, der nur durch Beizen entfernt werden kann. Schon
                              									geringe Zusätze anderer Metalle heben diese unerwünschte Wirkung auf (z.B. bei
                              									So/Ms2), machen das Material kalt knetbar und geben ihm ein glänzendes, goldgelbes
                              									Aussehen, wodurch
                              									in vielen Fällen, auch für besondere Zwecke, eine Verarbeitung ohne nachträgliches
                              									Polieren möglich ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 344, S. 176
                              Abb. 4.Infolge innerer Spannungen gerissene im Vergleich zu angelassenen
                                 										Messingschrauben.
                              
                           Kalt gerecktes Messing steht in jedem Fall unter dem Einfluß
                              									innerer Spannungen, die sich im Laufe der Zeit beim Lagern an der Luft auslösen
                              									können. Demzufolge kommt es vor, daß gedrückte Hohlkörper, Schrauben, Schienen,
                              									Preßteile und Rohre plötzlich aufreißen. Den Nachweis dieser Spannungen kann man bei
                              									jedem kalt gereckten Material bereits vor der Verarbeitung durch Tauchen eines
                              									kleinen Probestückes in Quecksilber erbringen. Das letztere dringt in das Messing
                              									ein und bewirkt das Aufreißen schon in einigen Minuten. Durch Anlassen, ½ Stunde bei
                              									325° C, lassen sich die inneren Spannungen bereits vorher auslösen, ohne daß das
                              									betreffende Material sich in irgendeiner Weise verändert. Abb. 4 zeigt zwei Schrauben (Nr. 1 u. 2), die man künstlich mittels der
                              									kleinen sichtbaren Vorrichtung durch Anziehen der Muttern noch besonders gespannt
                              									hatte. Beim Tauchen in Quecksilber rissen die Schraubenköpfe ab. Derselbe Versuch
                              									mit den angelassenen Schrauben 3 und 4 erbrachte den Beweis der Entspannung, da an
                              									diesen der Bruch nicht eintrat. Bei der Verwendung im Betriebe wären also die
                              									Schrauben Nr. 1 und 2 nach einer gewissen Zeit ebenfalls gerissen. Da ein derartiger
                              									Materialbruch oft recht unangenehme Folgen haben kann, ist ein Anlassen, ½ Stunde
                              									bei 325-350° C, für alle kalt gereckten oder gebogenen Messingteile zu empfehlen und
                              									wird bereits in verschiedenen Großbetrieben fabrikationsmäßig durchgeführt.
                           Viel verwendet wird Mesing als Ms 63 und Ms 67 zur Herstellung von Formgußteilen für
                              									alle technischen Gebiete. Wegen der hohen Herstellungskosten, bedingt durch die
                              									Sandformen, geht man jedoch nach Möglichkeit dazu über, derartige Stücke auf dem
                              									Wege des Warmpreß- oder Spritzgußverfahrens zu erzeugen. Besonders in neuerer Zeit
                              									ist auch das letztere sehr entwickelt worden. Weitere Vervollkommnungen hängen
                              									jedoch mit der Werkzeugfrage zusammen, da die erforderlichen Gießformen aus
                              									hochwertigsten Stählen hergestellt werden müssen.