| Titel: | Der Erfinder der elektrischen Glühlampe – ein Deutscher. | 
| Autor: | K. Skowronnek | 
| Fundstelle: | Band 344, Jahrgang 1929, S. 221 | 
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                        Der Erfinder der elektrischen Glühlampe – ein
                           								Deutscher.
                        Der Erfinder der elektrischen Glühlampe – ein
                           								Deutscher.
                        
                     
                        
                           Zurzeit werden in den Vereinigten Staaten von Nordamerika große Feiern
                              									veranstaltet, die die Oeffentlichkeit daran erinnern sollen, daß Edison vor 50
                              									Jahren die elektrische Glühlampe erfunden hat.
                           Dr. H. Beckmann wies im Jahre 1923 in einem aufsehenerregenden Aufsatz in der
                              										„Elektrotechnischen Zeitschrift“ darauf hin, daß der Deutsche Heinrich
                                 										Goebel bereits 25 Jahre vor Edison brauchbare
                              									elektrische Glühlampen baute und öffentlich vorführte und machte damit auf die
                              									vorher unbekannt gebliebene Tatsache eindringlich aufmerksam. Meine nachfolgenden
                              									Ausführungen sind diesem außerordentlich aufschlußreichen Aufsatz von Herrn Dr.
                              									Beckmann entnommen.
                           Goebels Leistung ist nur durch einen Zufall bekannt geworden. Kurz vor Ablauf des
                              									grundlegenden Patentes Edisons auf seine Glühlampe verklagte die Rechtsnachfolgerin
                              									Edisons, die Edison Electric Light Co., eine Reihe von Firmen, die sich ebenfalls
                              									mit der Anfertigung von Kohlenfadenglühlampen befaßten, wegen Verletzung der
                              									Patente. Alle Prozesse endeten mit der Verurteilung der Beklagten. Zu Anfang des
                              									Jahres 1893 wurde diese Klage auch gegen eine Gesellschaft in Boston erhoben. Dieser
                              									Prozeß verlief aber in einer unerwarteten Art; es war der verklagten Gesellschaft
                              									möglich, einwandfrei nachzuweisen, daß Jahrzehnte vor Edison der Deutsche Heinrich
                              									Goebel eine wirklich brauchbare elektrische Glühlampe gebaut und öffentlich gezeigt
                              									hatte.
                           Heinrich Goebel, ein gebürtiger Hannoveraner (Springe), war eine richtige
                              									Erfindernatur. Zuerst im väterlichen Geschäft tätig, fand dort sein Drang nach
                              									Beschäftigung mit Naturwissenschaften und Physik keine Befriedigung. Er sattelte um
                              									und wurde Uhrmacher und Optiker. Durch Anfertigung verschiedener Apparate für die
                              									Polytechnische Schule in Hannover hatte er vielfach Gelegenheit, technische Aufgaben
                              									zu lösen.
                           Im Alter von 30 Jahren sehen wir Goebel in New York landen und in einer ärmlichen
                              									Straße einen kleinen Laden aufmachen. In seiner freien Zeit bastelte Goebel sehr
                              									viel. Eines Tages brachte er auf dem Dache seines Hauses eine elektrische Bogenlampe
                              									an, die von einer Batterie von 80 Elementen Strom erhielt. Dieser Versuch wurde
                              									ihm sehr übel genommen, die Nachbarn glaubten ein Brand sei ausgebrochen, und er
                              									wurde als Brandstifter festgenommen.
                           Nebenher arbeitete er emsig an dem Versuche, eine elektrische Glühlampe herzustellen.
                              									Durch Zufall – auf der Suche nach einem geeigneten Faden – verfiel er auf verkohlte
                              									Bambusfasern. Ein verkohltes Stück an der Zwinge seines Spazierstockes aus
                              									Bambusrohr, das er ausprobierte, erwies sich als außerordentlich vorteilhaft. Diese
                              									abgespaltene Bambusfaser an Metalldrähten befestigt, wurde in Glasgefäße
                              									eingeschlossen, die er sich aus alten Kölnisch- Wassr- Flaschen zurichtete. Von
                              									seinen Versuchen mit Barometern in Hannover her wußte er, wie man die erforderliche
                              									Luftleere herstellt; er füllte die Gefäße mit Quecksilber, schmolz lange Glasrohre
                              									an und kehrte sie um. Das Glasgefäß wurde dann zugeschmolzen und die erste
                              									elektrische Glühlampe war fertiggestellt. Das war 1854-55.
                           Man darf nicht vergessen, daß die Stromerzeugung zu der Zeit, als Goebel seine Lampen
                              									baute, mit galvanischen Batterien unwirtschaftlich war. Erst die Dynamomaschine
                              									ermöglichte es Edison, seine Glühlampen einer „elektrisch aufgeklärten“ Zeit
                              									zu geben.
                           Goebel verbesserte seine Lampen und beleuchtete mit ihnen sein Schaufenster und
                              									setzte sie abends in den Straßen von New York in Betrieb. Er fuhr mit einem
                              									selbstgebauten Fernrohr auf einem Wagen herum und benutzte die eingeschaltete
                              									Glühlampe als Reklame. Man könnte demnach Goebel als den Begründer der elektrischen
                              									Lichtreklame bezeichnen.
                           Goebel war ein sehr bescheidener Mensch, sonst hätte er aus seiner Erfindung ebenso
                              									Kapital geschlagen, als dies Edison verstand. Der Prozeß, der Goebels Erfindungen
                              									wieder aus Tageslicht brachte, war reich an spannenden Momenten. Kein Patentprozeß
                              									vorher wurde mit so großem Aufwand geführt. Mehr als 150 Zeugen und Sachverständige
                              									wurden vernommen. Das Gericht arbeitete außerordentlich sorgfältig, um einwandfrei
                              									festzustellen, wie und wann Goebel seine Lampen gebaut hatte. Goebel sagte unter Eid
                              									aus, wie er mit seinen Werkzeugen arbeitete und mußte nach seinen eigenen Angaben und
                              									Vorrichtungen Lampen bauen.
                           Ebenso wurden von anderen Sachverständigen auf Grund der Angaben Goebels Lampen
                              									gebaut; alle Versuche gelangen aufs beste. Es wurden Lampen von guter Leuchtkraft
                              									und guter Lebensdauer auf diese Weise hergestellt. Die zahlreichen Zeugen
                              									verschiedensten Alters und verschiedener Nationen und Lebensstellungen sagten
                              									übereinstimmend aus, daß sie wiederholt auf Straßen und Plätzen die Goebel-Lampen
                              									brennend gesehen hätten, daß die Lampen gutes, helles Licht abgegeben hätten und daß
                              									Goebel bereitwillig jedem, der sich dafür interessierte, seine Lampen zeigte. Nach
                              									sorgfältiger Prüfung aller dieser vielen Zeugenaussagen und auf Grund der
                              									verschiedenen vorgelegten Sachverständigengutachten kam das Gericht zu dem Ergebnis,
                              									daß die Klage der Edison Electric Light Co. gegen Goebel und die mit Hirn
                              									verbundene Gesellschaft abzuweisen sei, da durch die Untersuchungen die Behauptungen
                              									Goebels glaubhaft gemacht seien.
                           Bald nach Beendigung des Prozesses starb Heinrich Goebel in New York im Jahre 1893 an
                              									einer Lungenentzündung.
                           Der Elektrotechnische Verein Hannover hat es in dankenswerter Weise unternommen, zur
                              									Erinnerung an Heinrich Goebel am 14. September d. J. in seinem Geburtsort Springe
                              									bei Hannover eine Feier zu veranstalten, bei der am Geburtshause eine Gedenktafel
                              									enthüllt wird. An der Tafel wird eine elektrische Glühlampe angebracht, die Tag und
                              									Nacht leuchtet, eine sinnige Ehrung für den hervorragenden Mann, der der Welt ein
                              									Werk schenkte, das heute Hunderttausenden Brot gibt und Millionen Menschen Licht
                              									spendet.
                           K. Skowronnek, Berlin.