| Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] | 
| Fundstelle: | Band 256, Jahrgang 1885, Miszellen, S. 371 | 
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                        [Kleinere Mittheilungen.]
                        Kleinere Mittheilungen.
                        
                     
                        
                           Das Klima von Bosnien und der Herzegowina.
                           Bis noch vor wenigen Jahren war die Balkanhalbinsel, namentlich der nördliche Theil
                              									derselben, in klimatologischer Beziehung noch völlig unbekannt, indem die
                              									Ländergebiete Rumänien, Bulgarien, Serbien, Bosnien und Herzegowina so gut wie nicht
                              									erforscht waren. Dem Reichs-Kriegsministerium in Wien gebührt das Verdienst, in
                              									Gemeinschaft mit der Centralanstalt für Meteorologie nach Vollendung der Besetzung
                              									der Balkanprovinzen durch Oesterreich einige Stationen errichtet zu haben, auf deren
                              									Beobachtungsdaten gestützt, man nach Jahren im Stande sein wird, einen Ueberblick
                              									über das Klima der Balkanhalbinsel überhaupt zu gewinnen, nachdem die Regierungen
                              									der genannten Nachbarländer bereits den Bestrebungen Oesterreichs gefolgt sind und
                              									meteorologische Institute gründen. Das Interesse, welches insbesondere der
                              									Bautechniker an den herrschenden Witterungsverhältnissen eines Landes zu nehmen
                              									gezwungen ist, mag es rechtfertigen, auf eine Abhandlung von Direktor Hann in den Sitzungsberichten
                                 										der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien, Bd. 88 (vgl. Wochenschrift des österreichischen Ingenieur- und
                                 										Architektenvereins, 1885 S. 140) einzugehen.
                           Wegen des Vergleiches mit bekannten Verhältnissen sind der nachfolgenden Tabelle auch
                              									die Mittelwerthe Wiens beigefügt:
                           
                              
                                 
                                 Ermittelte Seehöhe
                                 Temperatur
                                 
                              
                                 
                                 
                                 Winter
                                 Frühling
                                 Sommer
                                 Herbst
                                 Jahr
                                 
                              
                                 Wien
                                   194m
                                 – 0,6
                                   9,8
                                 19,7
                                   9,9
                                 9,70
                                 
                              
                                 Banjaluka
                                 170
                                    0,0
                                 11,5
                                 20,6
                                 10,9
                                 10,8
                                 
                              
                                 Travnik
                                 500
                                 – 1,0
                                   9,7
                                 19,2
                                 10,0
                                 9,5
                                 
                              
                                 Sarajewo
                                 544
                                 – 0,4
                                   9,0
                                 18,6
                                   9,4
                                 9,2
                                 
                              
                                 Sofia
                                 520
                                 – 2,7
                                 10,3
                                 20,2
                                   9,8
                                 9,4
                                 
                              
                                 Knin
                                 354
                                    4,0
                                 12,9
                                 22,0
                                 12,8
                                 12,9
                                 
                              
                                 Mostar
                                   51
                                    6,5
                                 14,5
                                 25,9
                                 16,5
                                 15,9
                                 
                              
                                 Lesina
                                   19
                                    9,2
                                 14,3
                                 24,1
                                 17,4
                                 16,2
                                 
                              
                           Diese Tabelle, welche allerdings wegen der kurzen
                              									Beobachtungszeit noch keine ganz sicherstehenden Mittelwerthe gibt, drückt aus, daſs
                              									im bosnischen Gebirgslande in einer Seehöhe von 500m die mittlere Temperatur jener von Wien gleicht; da aber Mittelwerthe für
                              									den Charakter des Klimas weniger maſsgebend sind als die täglichen und monatlichen
                              									Wärmeschwankungen, so sei noch die mittlere Schwankung der täglichen Wärmegrenzen
                              									angeführt; dieselbe beträgt für:
                           
                              
                                 
                                 Winter
                                 Frühling
                                 Sommer
                                 Herbst
                                 Jahr
                                 
                              
                                 Wien
                                 5,2
                                   9,2
                                   9,9
                                   7,6
                                   8,0
                                 
                              
                                 Travnik
                                 7,8
                                 13,0
                                 17,0
                                 10,7
                                 12,1
                                 
                              
                                 Sarajewo
                                 8,4
                                 11,7
                                 15,2
                                   9,9
                                 11,3
                                 
                              
                                 Mostar
                                 7,7
                                 10,0
                                 12,6
                                   9,1
                                    9,9,
                                 
                              
                           woraus hervorgeht, daſs die Wärmegrenzen im bosnischen Gebirge
                              									weiter aus einander liegen als in Wien, d.h. daſs das Klima daselbst schroffere
                              									Wechsel erfährt. In der Seehöhe von 500m kommen
                              										Schneefälle und Fröste noch regelmäſsig bis gegen
                              									Mitte Mai vor. Innerhalb 4 Jahren trat in Sarajewo der letzte Frost am 18. April,
                              									der letzte Schneefall am 18. Mai ein und brachte der 28. Oktober schon wieder
                              									Schnee.
                           Bezüglich der Regenvertheilung liegen diese Länder in
                              									einem Uebergangsgebiete. Während die dalmatinische Küste bei trockenem Sommer
                              									vorzüglich Herbstregen empfängt und der Regenmangel des Sommers nach Süden hin
                              									zunimmt, gibt es im Inneren der Balkanhalbinsel bei trockenem Winter vielfach
                              									feuchte Sommer. Es beträgt die mittlere Zahl der Regentage:
                           
                              
                                 
                                 
                                 Sarajewo
                                 Mostar
                                 Lesina
                                 
                              
                                 Im
                                 Winter
                                 13,2
                                   23,1
                                 22,4
                                 
                              
                                 „
                                 Frühling
                                 28,8
                                   28,0
                                 24,2
                                 
                              
                                 „
                                 Sommer
                                 25,9
                                   19,4
                                   9,8
                                 
                              
                                 „
                                 Herbst
                                 24,5
                                   31,8
                                 25,3
                                 
                              
                                 „
                                 Jahr
                                 92,4
                                 101,8
                                  81,7.
                                 
                              
                           
                           Die übrigen Elemente gestatten wegen der kurzen Dauer der
                              									Beobachtungsperiode weder die Ableitung von Mittelwerthen, noch die Feststellung der
                              									Schwankungen.
                           
                        
                           Drake's Handsäge mit Sägebock.
                           Besonders für die Zerkleinerung von Brennholz hat G.
                                    											Drake in Philadelphia (* D. R. P. Kl. 38 Nr. 30522 vom 25. Juni 1884) die in Fig. 14 Taf.
                              									22 skizzirte Handsäge angegeben. In den Bügel a der
                              									Säge ist das aufgebogene Ende einer Schraubenfeder F
                              									lose eingeschoben, welche beim Rückzuge der Säge gespannt werden soll, um dann beim
                              									Schneiden der Säge den Vorschub derselben zu unterstützen. Geht die Säge tiefer in
                              									das Holz, so gleitet die Feder F durch den Bügelschlitz
                              									entsprechend weit nach oben. Die Feder F kann der
                              									Stärke des zu schneidenden Holzes gemäſs mit ihrer Hülse E beliebig am Sägebockschenkel befestigt werden. Eine an F angeschlossene wagerechte Blattfeder M wird im Querstück o des
                              									Bockes geführt; dieselbe soll einestheils die Wirkung der Feder F unterstützen, anderentheils zur Führung dienen.
                           
                        
                           J. Sinclair's Verbindung der Siebtuchenden für
                              									Papiermaschinen.
                           Um Unregelmäſsigkeiten in der Bildung des Papierblattes auf der Verbindungsstelle
                              									möglichst zu vermeiden und die Verbindung selbst dauerhaft zumachen, werden bei dem
                              									von J. Sinclair in Holyoke (Nordamerikanisches Patent
                              									Nr. 309658 nach der Papierzeitung, 1885 S. 648)
                              									angegebenen Verfahren zum Verbinden der Siebtuchenden dieselben zuerst im Feuer
                              									verlöthet und dann soviel von der Löthstelle abgeschnitten, daſs noch einer oder
                              									zwei der letzten Querdrähte mit den Längsdrähten fest verlöthet bleiben. Die Enden
                              									werden dann einfach mit einem Draht zusammengenäht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 256, S. 372
                              
                           
                        
                           Herstellung von braunem, hellgetöntem und weiſsem
                              									Holzstoff.
                           Während die auf Grund früherer Vorschläge von Ed. Rasch
                              									in Hudikswall und E. Kirchner in Frankfurt a. M. (vgl.
                              									1882 245 520) arbeitenden Holzstoff- und Pappenfabriken
                              									ergeben haben sollen, daſs sich nach dem betreffenden Verfahren unter vorgesehenen
                              									Kraft-, Arbeitslohn- und Spesenersparnissen harte Deckel, Buchbinderpappen und
                              									Glanzcartons sowie Papiere erzeugen lassen, erwies es sich als schwieriger und
                              									unsicherer, den Pappen, Cartons und Papieren die häufig ganz besonders verlangte
                              									Langfaserigkeit und Zähigkeit zu verleihen. Es hat sich demnach, wie Rasch und Kirchner (* D.
                              									R. P. Kl. 55 Nr. 31164 vom 29. Mai 1884, 2. Zusatz zu Nr. 18447) neuerdings angeben,
                              									als zweckmäſsig herausgestellt, folgendes vervollkommnete Verfahren anzuwenden: Das
                              									Holz wird auf einer Hackmaschine vor oder nach dem Dämpfen oder Kochen in Wasser
                              									gespalten, dann auf Quetschwalzen oder Stampfwerken in nassem Zustande vorgequetscht
                              									oder erweicht, darauf auf Kollergängen vorzerfasert und schlieſslich auf
                              									Centrifugalholländern, Feinmühlen oder Holländern fertig zerfasert.
                           
                        
                           Verwerthung von Papierabfällen.
                           Nach E. A.
                                    											D. Guichard in Paris (D. R. P. Kl. 55 Nr. 31171 vom 19. September 1884) wird
                              									beschriebenes oder bedrucktes Papier zur Wiedergewinnung von entfärbtem und reinem
                              									Papierstoff mit einer Mischung aus Terpentinöl, Javelle'schem Bleichwasser und Seifenwasser in einer innen mit Erhöhungen
                              									besetzten Trommel behandelt, innerhalb welcher bei deren Drehung Kollersteine o.
                              									dgl. eine reibende und quetschende Wirkung ausüben.
                           
                        
                           G. W. Browne's Sicherheits-Gasbrenner.
                           Um das Ausströmen von Gas aus einem Brenner zu verhüten, wenn die Flamme verlöscht
                              									wird, ohne daſs der Hahn geschlossen ist, ordnet nach dem Scientific American, 1885 Bd. 52 * S. 178 G. W.
                                 										Browne in Brooklyn neben dem eigentlichen Brenner einen kleinen Bunsenbrenner an,
                              									welcher in einer den Hauptbrenner umgebenden Schutzkapsel ausmündet und hier von
                              									einem schraubenförmigen Drahte aus weichem schwammigem Platin umgeben ist. Die
                              									Flamme des Bunsenbrenners brennt zu einer kleinen Oeffnung der Schutzkapsel heraus.
                              									Sollte nun die Hauptflamme auch durch einen starken Luftzug oder durch Ausblasen
                              									verlöscht werden, so wird in den meisten Fällen die durch die Kapsel geschützte
                              									Bunsenflamme fortbrennen und die Hauptflamme wieder entzünden. Wird jedoch auch im
                              									schlimmsten Falle die Bunsenflamme gelöscht und auch die Platinspirale aus dem
                              									hellen Glühen kommen, so wird letztere das von dem Bunsenbrenner ausströmende Gas
                              									auf ihrer Oberfläche verdichten, hierdurch sich wieder bis zur hellen Rothglut
                              									erwärmen und die Flamme des Bunsenbrenners – gleich wie beim Döbbereiner'schen Feuerzeuge den Gasstrahl – aufs Neue entzünden. Durch
                              									die Bunsenflamme theilt sich dann die Entzündung auch der Flamme des Hauptbrenners
                              									mit.
                           
                        
                           Verfahren, Kohlensäure in mit Holzkohle gefüllten Behältern
                              									zusammenzupressen.
                           Um Kohlensäure bequem versenden zu können, will dieselbe G. Stange
                              									in Heide (D. R. P. Kl. 64 Nr. 30849 vom
                                 										2. September 1884) in mit Holzkohle gefüllte Behälter pressen. Die
                              									Wiedergewinnung der von der Holzkohle aufgesaugten Kohlensäure, um dieselbe beim
                              									Ausschank, Heben und Conserviren des Bieres zu benutzen, geschieht durch Entlastung.
                              									Da die Holzkohle unter mehreren Atmosphären Ueberdruck gesättigt ist, so läſst sie
                              									die diesem Drucke entsprechende Menge Kohlensäure in gasförmigem Zustande wieder
                              									austreten, wenn der Druck verringert wird. Man braucht also bloſs den an dem
                              									Behälter befindlichen Auslaſshahn mit der Leitung zu dem Windkessel der gewöhnlichen
                              									Bierdruckapparate zu verbinden, um diesen mit Kohlensäure von dem gewünschten
                              									Ueberdrucke zu füllen. Die dabei in der Holzkohle zurückbleibende Kohlensäure kann
                              									durch Auspumpen auch noch gewonnen werden, wird aber zweckmäſsiger darin gelassen,
                              									um beim nächsten Füllen wieder mit verwendet zu werden.
                           
                        
                           Zur Werthbestimmung der Preſshefe.
                           Gilt es verschiedene Hefesorten in Bezug auf ihre Wirksamkeit zu vergleichen, so
                              									genügen nach W. Gintl (Berichte
                                 										der österreichischen chemischen Gesellschaft, 1885 S. 2) mit gleichen
                              									Mengen der Hefenproben unter gleichen Verhältnissen vorgenommene Gährversuche mit
                              									Bestimmung der entwickelten Kohlensäure oder des gebildeten Alkoholes. Handelt es
                              									sich aber um eine absolute Werthbestimmung einer Hefe, so erscheint es richtiger,
                              									die Bestimmung in der Weise zu führen, daſs nach Vornahme der qualitativen und der
                              									mikroskopischen Untersuchung, durch welche die Abwesenheit fremdartiger Beimengungen
                              									(auſser Stärkemehl) und eine normale Beschaffenheit der Hefezellen festgestellt
                              									wurde, in eine Bestimmung des Verhältnisses eingegangen wird, in welchem der Gehalt
                              									an Stärkemehl zu dem Gehalte an eigentlicher Hefesubstanz steht. Eingehende Prüfung
                              									ergibt aber, daſs die Bestimmung des Gehaltes an reiner Hefesubstanz für die
                              									Beurtheilung einer Preſshefe überhaupt unbrauchbar ist.
                           Während man nämlich meinen möchte, daſs die reinste Preſshefe auch den höchsten
                              									Gehalt an reiner Hefesubstanz zeigen und mit dem wachsenden Gehalte an Stärkemehl
                              									der Gehalt an reiner Hefesubstanz proportional abnehmen muſs, ist dies keineswegs
                              									der Fall; vielmehr wächst mit zunehmendem Stärkegehalte, bis zu einer leicht
                              									bestimmbaren Grenze, auch der Gehalt an reiner Hefesubstanz, so daſs einer
                              									verhältniſsmäſsig sehr stark mit Stärkemehl versetzten Preſshefe ein gröſserer
                              									Procentgehalt an reiner Hefesubstanz entspricht als einer völlig reinen Hefe. So
                              									ergaben z.B. drei Proben folgende Gehalte:
                           
                              
                                 
                                 I
                                 II
                                 III
                                 
                                 
                              
                                 Stärke
                                   1,89
                                 13,47
                                 17,41
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Asche
                                   2,296
                                   1,506
                                   1,288
                                 
                                 
                              
                                 Reine Hefe
                                 22,02
                                 23,45
                                 25,61
                                 
                                 
                              
                                 Wasser
                                 73,80
                                 61,52
                                 55,70
                                 
                                 
                              
                           
                           Daſs die letzte Probe neben der meisten Stärke auch die meiste
                              									Hefe enthält, erklärt sich daraus, daſs das Bindungsvermögen für Wasser bei
                              									Hefezellen gröſser ist als bei Stärke, so daſs letztere das Bindevermögen für Wasser
                              									herabsetzt. Auch die Gährkraft wird durch die Stärke vermindert. So betrug die
                              									Kohlensäure-Entwicklung in den ersten 24 Stunden für Probe I 13g,97, für II 11g,27 und für III nur 10g,78. Dies erklärt
                              									sich daraus, daſs nicht die Menge der reinen Hefesubstanz, sondern der Grad der
                              									Entwicklung der Hefezellen entscheidend für das Maſs der Gährungs erregenden Wirkung
                              									ist. Nun hat man es in einer mit Stärkemehl versetzten Hefe zweifellos mit einer
                              									solchen zu thun, bei welcher eine wenigstens theilweise Wasserentziehung der
                              									Hefezellen erfolgt ist und schon die mikroskopische Untersuchung solcher Hefe läſst
                              									erkennen, daſs stets eine ziemliche Zahl verschrumpfter und verfallener Hefezellen
                              									sich neben den vollen und prallen, das Bild einer völlig gesunden Beschaffenheit
                              									darbietenden Zellen vorfindet.
                           Wenn nun auch nicht angenommen werden kann, daſs derartige verschrumpfte Zellen
                              									bereits völlig abgestorben sind, so ist es doch zweifellos, daſs ihre
                              									Lebensthätigkeit keine normale und somit die von dieser zu gewärtigende Wirkung
                              									nicht jener gleich sein wird, welche von völlig gesunden Hefezellen in Hinsicht der
                              									Gährungserregung geliefert werden kann. Wenigstens wird dies im Anfange des
                              									Gährungsprozesses zweifellos der Fall sein. Dagegen läſst sich denken, daſs bei dem
                              									längeren Verweilen in einer gährungsfähigen Lösung sich die ursprünglich
                              									vorhandenen, nicht normalen Zellen allmählich wieder erholen und dann gleichfalls an
                              									der Gährungserregung mitwirken, was soviel bedeuten würde, als daſs eine an
                              									Stärkemehl reichere Hefe anfangs schwächer wirkt als reine Hefe, in längerer
                              									Berührung mit der Gährungsflüssigkeit aber kräftiger wirken kann. Versuche mit
                              									obigen Hefeproben bestätigten denn auch ein Anwachsen der Gährkraft der anfangs
                              									schwächer wirkenden Hefen im Verlaufe des Gährungsprozesses.
                           Wenn gewisse Hefematerialien sich nicht unmittelbar auf Preſshefe verarbeiten lassen,
                              									ohne einen Stärkezusatz zu erhalten, so kann gegen die Anwendung des Stärkezusatzes,
                              									welcher hier gewissermaſsen nur zur Verbesserung der Beschaffenheit dient, nichts
                              									eingewendet werden. Wo jedoch ein Stärkezusatz in der Absicht einer Erhöhung der
                              									Ausbeute gemacht werden will, erscheint dies gänzlich verfehlt; denn ein solches
                              									Verfahren bedeutet nichts anderes als den Ersatz eines Antheiles von Wasser durch
                              									die jedenfalls viel kostspieligere Stärke, während zugleich der Werth des Productes
                              									herabgesetzt wird.
                           
                        
                           Ueber den Anbau von Zuckerrüben.
                           Wrede bespricht in der Hannoverschen Land- und Forstwirthschaftlichen Zeitung, 1884 S. 1085 die
                              										Kosten für den Anbau der Zuckerrüben in der Provinz
                              										Hannover. Für 1ha
                              									betragen dieselben im Durchschnitte für Arbeiten 240, Düngung 300, Einsaat 24,
                              									allgemeine Wirthschaftskosten 64, Pacht 120 und Zinsen vom Betriebskapitale 24,
                              									zusammen 774 M., oder bei einer Durchschnittsernte von 310 Doppelcentner (zu 100k) 2,50 M. für den Doppelcentner, einschlieſslich
                              									Blätter und Schnitzel. Wie viel von den gefundenen Gewinnungskosten für Blätter und
                              									Schnitzel in Abzug zu bringen ist, hängt von der Verwerthung derselben ab. Die der
                              									ersteren ist im höchsten Grade abhängig von dem Wetter während der Rodezeit. Ob ein
                              									frostfreier Herbst die Fütterung der Blätter bis Ende November gestattet, oder ob
                              									ein früh eintretender Frost dieselbe vielleicht schon Mitte oder Ende Oktober
                              									unmöglich macht, oder wenigstens auf Ochsen und Hammeln beschränkt, ob trockenes
                              									oder nasses Wetter vorherrschend ist, macht selbstverständlich einen groſsen
                              									Unterschied.
                           Für das südliche Mähren ergeben sich nach einer
                              									Mittheilung im Organ für Rübenzucker-Industrie, 1884 S.
                              									171 für 1ha bei 250 Doppelcentner Rübenertrag 232
                              									Gulden Betriebskosten.
                           B. Lach (daselbst 1885 S. 133) zeigt, daſs beschattete Rüben den unbeschatteten erheblich
                              									nachstehen.
                           Auf neun verschiedenen Gütern ausgeführte Anbauversuche
                              									ergaben nach M. Maercker (Neue
                                 										Zeitschrift für Rübenzucker-Industrie, 1885 Bd. 14 S. 85) im Mittel den
                              									höchsten Zuckergehalt der Rübe (14,9 Proc.) für Gebrüder
                                 										Dippe's
                              									verbesserte weiſse, die
                              									höchsten Zuckererträge für Klein-Wanzlebener Original und Vilmorin Klein-Wanzlebener
                              									Kreuzung.
                           Wie wesentlich es ist, zur Züchtung nur möglichst Zucker reiche Rüben zu verwenden,
                              									zeigen folgende Versuchsergebnisse:
                           
                              
                                 
                                 Nachzucht vonZucker
                                    											reichenMutterrüben
                                 Nachzucht vonZucker
                                    											armenMutterrüben
                                 Unterschied zuGunsten der Abkunftvon Zucker
                                    											reichenMutterrüben
                                 
                              
                                 Ertrag für den Morgen (2553qm)
                                   184
                                  192
                                 – 8,0 Ctr.
                                 
                              
                                 Zucker in der Rübe
                                 14,3
                                 12,5
                                   + 1,8 Proc.
                                 
                              
                                 Brix Grad
                                 18,5
                                 16,8
                                   + 1,7 Proc.
                                 
                              
                                 Zucker im Saft
                                 15,9
                                 14,0
                                   + 1,9 Proc.
                                 
                              
                                 Quotient
                                 85,9
                                 83,3
                                   + 2,6 Proc.
                                 
                              
                                 Zucker für den Morgen
                                   26,31
                                 24,0
                                   + 2,31 Ctr.
                                 
                              
                           
                        
                           Anleitung zur Herstellung von Kefyr.
                           Ch. Haccius in Genf (Milchzeitung, 1885 S. 219) gibt folgende Anleitung zur Herstellung des
                              									rasch beliebt gewordenen Kefyrs: Man legt 50g
                              									Kefyrpilze in 1l Wasser von 30 bis 35°. Nach etwa
                              									½ Stunde ersetzt man das gelblich gewordene, eigenthümlich riechende Wasser durch
                              									frisches und läſst 24 Stunden bei 20° stehen. Man legt die Pilze dann in 1l frischer Milch von 200 und wechselt dieselbe
                              									alle 24 Stunden. Die Milch mit den Pilzen muſs wiederholt des Tages geschüttelt
                              									werden. Beim jedesmaligen Wechsel der Pilze von einer Milch zur anderen müssen die
                              									Pilze sorgfältig in kaltem Wasser gewaschen werden und von etwa anhaftenden
                              									Kaseïntheilchen gereinigt werden. Nach 3 bis 4 Tagen bemerkt man, daſs die Pilze
                              									Neigung haben, an die Oberfläche der Milch zu steigen, und gewahrt beim Schütteln
                              									ein eigenartiges Knistern (Kohlensäure), ein Zeichen, daſs die Pilze arbeiten, oder
                              									daſs Gährung stattfindet. Zur Bereitung des Kefyrs sind die Pilze aber erst nach 10
                              									bis 12 Tagen gut; sie steigen dann viel schneller an die Oberfläche der Milch und
                              									das Knistern läſst sich beim Schütteln bereits nach einigen Stunden deutlich hören.
                              									Läſst man sie 24 Stunden in der Milch, so gerinnt dieselbe dann bereits in lockeren
                              									Gerinseln. Man gibt nun ein Glas dieser frischen Pilze in einen Glaspokal mit
                              									breiter Oeffnung, gieſst darüber 4 bis 6 Glas Milch, bedeckt die Oeffnung mit Mull,
                              									um Staub und sonstige Unreinlichkeiten fern zu halten, stellt den Pokal in einen
                              									hellen Raum mit guter Luft bei einer Temperatur von 16 bis 180 und schüttelt den
                              									Inhalt stündlich. In 20 bis 24 Stunden ist unter diesen Umständen gewöhnlich die
                              										„Sakwaska“, wie es die Kaukasier nennen, oder die Milchhefe gut, sie ist
                              									Rahm ähnlich, von angenehm süſssäuerlichem Geschmacke. Mittels eines Siebes trennt
                              									man die Pilze von der Milch und wäscht erstere gut ab, um sie von Neuem zu
                              									gebrauchen. Die Hefemilch kann dann so, wie sie ist, auf starkwandige Flaschen
                              									gefüllt werden; besser ist es jedoch, diese Milch nur als Ansäuerungsmittel zu
                              									benutzen und sie mit der doppelten Menge abgerahmter Milch in starke Flaschen zu
                              									geben, welche jedoch nicht ganz gefüllt werden dürfen. Diese Flaschen korkt man zu,
                              									legt sie bei einer Temperatur von 14 bis 15° und schüttelt alle paar Stunden tüchtig
                              									durch. Nach 24 Stunden erhält man schwachen, nach 48 Stunden mittleren und später
                              									starken Kefyr. Will man die Gährung einstellen, so braucht man die Flaschen nur auf
                              									Eis zu legen. Man kann den Kefyr dann 8 bis 10 Tage bei beliebiger Stärke
                              									erhalten.
                           Ist der Schaum beim Schütteln der Flasche fest, so ist es Zeit, den Kefyr zu
                              									genieſsen. Nimmt man als Ansäuerungsmaterial mehr als 1/3 Hefemilch, so tritt der
                              									Zeitpunkt der Reife des Kefyrs schneller ein, ebenso wenn die Temperatur höher ist,
                              									als ⅓ angegeben. Je mehr Hefemilch verwendet wird und je höher die Temperatur, um so
                              									schneller, aber nicht um so besser wird der Kefyr. Hat man groſse Mengen Kefyr zu
                              									bereiten, so kann man auch ⅕ einer Flasche guten Kefyrs
                              									nehmen und den Rest der Flasche mit abgerahmter Milch nachfüllen. Man erhält so
                              									ebenfalls recht guten Kefyr. Will man keinen Kefyr mehr machen, so wäscht man die
                              									Pilze sorgfältig und läſst sie an der Sonne gut austrocknen; behält man die Pilze
                              									dann an einem trockenen Orte bei Luftabschluſs, so kann man dieselben nach 1 Jahr
                              									noch gut verwenden.
                           
                        
                           
                           Verfahren zur Darstellung von Carbonaphtolsäuren.
                           Behandelt man nach R. Schmitt in
                              										Dresden (D. R. P. Kl. 12 Nr. 31240
                                 										vom 19. September 1884) die trockenen Alkalisalze des α- oder β-Naphtols mit trockener Kohlensäure bei
                              									gewöhnlicher Temperatur, so bilden sich die Alkalisalze des sauren kohlensauren
                              									Naphtolesters, z.B.: C10H7ONa + CO2 = C10H7O.CO.ONa.
                           Werden diese Salze auf 120 bis 140° in einem luftdicht geschlossenen Kochtopfe einige
                              									Stunden erhitzt, so setzen sich dieselben molekular in die einfachen Alkalisalze der
                              										α- und β-Carbonaphtolsäure um. Als Beispiel dieses Prozesses sei die Gleichung
                              									angeführt, nach welcher sich die Umlagerung des Natriumnaphtylcarbonates in das
                              									betreffende carbonaphtolsaure Natrium vollzieht: C10H7O.CO.ONa = C10H6.CO.ONa.OH. Beim Oeffnen des Gefäſses
                              									ist kein Ueberdruck vorhanden; die absolut trockenen, staubförmigen Salze werden in
                              									Wasser gelöst, die freien Säuren durch Mineralsäure gefällt und auf gewöhnliche
                              									Weise durch Umkrystallisiren gereinigt.
                           Man kann auch die Alkalisalze des α- und β-Naphtols
                              									scharf trocknen, in einen Druckkessel füllen und hierauf so lange trockene
                              									Kohlensäure einpumpen, als zur Bildung des Alkalinaphtylcarbonates nöthig ist. Der
                              									Druckkessel wird dann geschlossen, während die Kohlensäure noch nicht vollständig
                              									absorbirt und noch Ueberdruck vorhanden ist. Hierauf läſst man die Masse einige
                              									Stunden unter mehrmaligem Umrühren stehen, um die vollständige Umwandlung der
                              									Naphtolsalze in naphtylkohlensaure Salze zu ermöglichen. Man erhitzt dann auf 120
                              									bis 140°, um die Umsetzung in einfache α–bezieh. β-carbonaphtolsaure Salze zu bewirken.
                           Nach einem dritten Verfahren werden Alkalinaphtolsalze in einen Druckkessel gefüllt,
                              									dann wird so viel feste Kohlensäure eingeschüttet, als zur Bildung der
                              									naphtylkohlensauren Alkalisalze nöthig ist. Hierauf wird der Apparat schnell
                              									geschlossen und weiter wie oben verfahren.
                           
                        
                           Ueber krystallisirtes Methylviolett.
                           In den Werkstätten der Gesellschaft für
                                 										Anilinfabrikation in Berlin wird neuerdings ein violetter Farbstoff gewonnen, welcher nach A. W.
                                 										Hofmann (Berichte der deutschen chemischen
                                 										Gesellschaft, 1885 S. 767) an Krystallisationsfähigkeit alle
                              									Anilinfarbstoffe übertrifft. Der Farbstoff wird durch Behandlung von Dimethylanilin
                              									mit gechlortem Ameisensäuremethyläther gewonnen; letzteren hat man durch die
                              									Einwirkung von Chlor sowohl auf Ameisensäuremethyläther, als auch auf
                              									Chlorkohlensäuremethyläther erhalten. Auf die eine oder andere Art dargestellt,
                              									wirkt der gechlorte Aether in Gegenwart von Aluminiumchlorid – Zinkchlorid hat sich
                              									minder vortheilhaft erwiesen – auf Dimethylanilin energisch ein. Aus dem
                              									Reactionsproducte wird, entweder unmittelbar oder nach vorhergegangenem Aussalzen
                              									des Farbstoffes, ein Chlorid in schönen Krystallen gewonnen.
                           Die untersuchten Krystalle sind undurchsichtig und zeigen im reflectirten Lichte
                              									einen eigenthümlich grünlich braunen Metallglanz; sie sind in Wasser und Alkohol mit
                              									tief violett blauer Farbe löslich. Aus Wasser lassen sie sich leicht, aus Alkohol
                              									nur schwierig umkrystallisiren. Die Krystalle, welche sich beim langsamen Erkalten
                              									der heiſs gesättigten Lösung ausschieden, hatten bis zu 4mm im Durchmesser und gehören dem hexagonalen
                              									Systeme an. Die Analyse führte auf das salzsaure Salz eines 6fachen methylirten
                              									Pararosanilins: C19H12(CH3)6N3Cl. Mit Schwefelammonium bei 120°
                              									behandelt, bildet sich die Leukobase: C19H13(CH3)6N3.
                           Der Farbstoff ist identisch mit dem von der Badischen Anilin-
                                 										und Sodafabrik (1884 254 389) durch Einwirkung
                              									von Phosgen auf Dimethylanilin gewonnenen, dessen Bildung durch folgende Gleichungen
                              									erläutert wird:
                           C6H5N(CH3)2 + COCl2 = C6H4N(CH3)2COCl + HCl.
                           C6H4N(CH3)2COCl + C6H5N(CH3)2 =
                              										[C6H4N(CH3)2]2CO + HCl
                           [C6H4N(CH3)2]2CO + COCl2 = [C6H4N(CH3)2]2CCl2 +
                              										CO2.
                            C6H4N(CH3)2]2CCl2 +
                              										C6H5N(CH3)2 = [C6H4N(CH3)9]3CCl + HCl.