| Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] | 
| Fundstelle: | Band 257, Jahrgang 1885, Miszellen, S. 384 | 
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                        [Kleinere Mittheilungen.]
                        Kleinere Mittheilungen.
                        
                     
                        
                           Groſse Anlagen von Drahtseilbahnen für Eisenhütten.
                           Wohl die groſsartigste Anlage einer Drahtseilbahn (vgl. 1884 251 * 15) ist eine von Th. Obach in Wien in
                              									Siebenbürgen zur Ausführung gebrachte Anlage, welche zur Zufuhr von Erzen und
                              									Holzkohle noch 2 Holzkohlen-Hochöfen dient. Die Bahn ist im Ganzen 30542m lang, hat
                              									ein Gesammtgefälle von 892m und übersetzt 60
                              									Bergrücken und 62 Thäler – darunter 28 mit freien Spannweiten von 200 bis 472m, letztere 274m
                              									über der Thalsohle. Die Kohlen werden aus den im Hochgebirge gelegenen Wäldern
                              									herbeigeschafft. Zu
                              									diesem Transporte setzt sich die Bahn aus 6 einzelnen Strecken zusammen von 2404,
                              									4418, 4276,5, 4291, 1882 und 3603m Länge. Die
                              									Fördergefaſse haben 0cbm,5 Inhalt und fassen
                              										120k Kohle. Die Erze werden den Bergwerken von
                              									Gyalar entnommen; daselbst vereinigt sich die Kohlenbahn mit der Erzbahn, welche aus
                              									zwei Strecken: Gyalar-Catsenas (5347m,5 lang) und
                              									Catsenas-Hunyad (4320m) besteht. Die Erzwagen fassen 300k Erz. Die Leistung der Bahn ist 100 Wagen in der Stunde, darunter ⅔ Erz
                              									und ⅓ Holzkohle. Die Tragseile auf der Kohlenbahn sind 17mm, auf der Erzbahn 25mm die Zugseile 13 bezieh. 18mm stark,
                              									sämmtlich aus vorzüglichem Stahl hergestellt. Die Gesammtanlage soll nur 930000 M.
                              									gekostet haben; dieselbe ist als Erzbahn seit November 1883 und als Kohlen- und
                              									Erzbahn seit Mai 1884 im Betriebe.
                           Eine zweite, ähnliche, groſse Anlage ist die von Ad.
                                 										Bleichert und Comp. in Leipzig-Gohlis ausgeführte Drahtseilbahn
                              									Likér-Vashegy, welche die neuen Hochofenwerke der Rimamurány-Salgó-Tarjáner
                              									Eisenwerks-Actiengesellschaft bei Likér im Gömörer Comitat (Ungarn) mit dem an
                              									Eisenstein reichen Vashegy (Zeleznik) verbindet und am 28. Juli 1883 in Betrieb
                              									gesetzt wurde. Die Bahn hat eine Länge von 12900m,
                              									ein gröſstes Gefälle von 330 auf 1000 und einen gröſsten Höhenunterschied von 332m,5; sie besitzt naturgemäſs 3 Hauptstationen:
                              									Likér-Brezin (2900m Länge und einer Höhe von
                              										342m,5 oder 332m,5 über der Endstation), Brezin-Szuha-hegy (5160m Länge, einer Höhenlage von 295m) und Szuha-hegy-Vashegy (4840m lang, 223m
                              									hoch, 213 über dem Anfangspunkte). Der Betrieb erfolgt gleichzeitig durch
                              									Dampfmaschinen von den beiden Mittelstationen Brezin und Szuha-hegy aus. Das
                              									Laufseil der Bahn besteht aus 33 Stück 25mm
                              									starken Drähten und liegt in einem Abstande von 2m,9 parallel neben einander. Der Unterbau besteht aus 211 Unterstützungen,
                              									deren Höhe von 2m,5 bis zu 40m. steigt. Spannweiten von 270m kommen mehrfach vor und die höchste Lage der
                              									Tragseile über einer Thalsohle beträgt 110m. Das
                              									Zugseil ist ein 26m starkes Stahlseil.
                           Bei einer Geschwindigkeit des Zugseiles von 1m,5 in
                              									der Secunde bewältigt die Bahn mit Wagen von 450k
                              									Inhalt 50000k Eisenstein in der Stunde. In einigen
                              									Zwischenstationen wird auſser der Endbeladungsstation die Bahn noch beladen und
                              									entladen und zwar nicht nur mit den zur Hütte gehenden Erzen, sondern auch mit
                              									Baumaterialien, Ziegelsteinen u.s.w. Der Rücktransport besteht aus dem ganzen
                              									Bedarfe von Holz, Kohle und Wasser zur Speisung der Dampfkessel auf den beiden
                              									Antriebstationen. Die gesammte Fördermenge benöthigt eine unaufhörliche Thätigkeit
                              									von 532 Wagen. (Nach der Oesterreichischen Zeitschrift für
                                 										Berg- und Hüttenwesen, 1884 * S. 724 bezieh. * S. 657.)
                           
                        
                           R. de Ricci's Panzerplatte aus Holzstoff.
                           Für Panzerzwecke werden nach dem Vorschlage von R. S. M. de
                                    										Ricci in Hampton Court (D. R. P. Kl. 65 Nr. 32718 vom 14. Januar 1885)
                              									harte Platten aus abwechselnden Schichten von Holzstoff und Drahtgeflecht oder
                              									Metallband mit oder ohne Hanffasern in einer hydraulischen Presse oder zwischen
                              									Walzen hergestellt.
                           
                        
                           Prüfung von Tauwerk.
                           In der Deutschen Seiler-Zeitung, 1884 S. 437 wird darauf
                              									hingewiesen, daſs weitaus die meisten Angaben über Zerreiſsversuche von Tauwerk
                              									(vgl. 1882 245 494) sehr lückenhaft sind. Bei allen
                              									diesen Versuchen sollte auſser den Drehungswerthen, den Festigkeits- und
                              									Dehnungszahlen, genau festgestellt werden: 1) aus welcher Qualität Hanf sind die
                              									Garne gesponnen (genaue Marke); 2) war der Hanf zu Kabelgarn rein gehechelt oder nur
                              									eingeklärt; 3) von welcher Abmessung und aus wie viel Garnen besteht die Trosse; 4)
                              									bei Maschinengespinnst, auf welchen Maschinen gesponnen; 5) wie lange Zeit hat das
                              									Garn getheert gelegen, bevor es geschlagen wurde; 6) wie lange Zeit war die Trosse
                              									fertig vor der Probe. Die Proben selbst müssen möglichst ganzen Trossen entnommen
                              									werden und sind nicht nur kurze, frisch geschlagene Enden zu den Probeversuchen zu
                              									verwenden.
                           Endlich wird an derselben Stelle noch die Nothwendigkeit von systematisch durchgeführten Versuchen hervorgehoben, welche die
                              									vortheilhaftesten Drehungsverhältnisse sowohl für die Duchte, als für die Trossen und für die
                              									verschiedenen Verwendungsarten festzustellen hätten, da nur auf diese Weise für die
                              									Reepschlägereien aus den Versuchen Nutzen erwachsen kann.
                           
                        
                           Statistik bezüglich der Sicherheit der Pferde auf
                              									Steinpflaster und Asphalt.
                           Ueber die bei der Berliner Feuerwehr auf Steinpflaster
                              									und Asphalt stattgehabten Unfälle des J. 1884 ist im Wochenblatt für Baukunde, 1885 S. 239 folgende Tabelle veröffentlicht:
                           
                              
                                 Compagnie
                                 Gesammt-weg Meilen
                                 Davon auf Asphalt
                                 Zahl derUnfälleauf
                                 Ein Unfall auf wie
                                    											vielMeilen?
                                 Wieviel Mal ist derbis zum
                                    											Eintritteeines Unfalles aufSteinpflaster zu-rückgelegte
                                    											Weglänger als aufAsphalt?
                                 
                              
                                 Meilen
                                 In Proc.
                                 Stein
                                 Asphalt
                                 durch-schnitt-lich
                                 aufStein
                                 aufAsphalt
                                 
                              
                                 2
                                 1193,42
                                 2,32
                                 0,194
                                 3
                                   3
                                 198,9
                                 397,0
                                   0,77
                                 516
                                 
                              
                                 1
                                 1670,39
                                 6,50
                                 0,389
                                 4
                                   8
                                 139,2
                                 416,0
                                   0,81
                                 513
                                 
                              
                                 4
                                 1585,85
                                 83,87
                                 5,289
                                 3
                                 10
                                 122,0
                                 500,7
                                   8,39
                                   60
                                 
                              
                                 5
                                 1243,22
                                 211,64
                                 17,235
                                 2
                                 13
                                   82,9
                                 515,8
                                 16,28
                                   32
                                 
                              
                                 3
                                 1825,65
                                 653,43
                                 35,971
                                 3
                                 16
                                   96,1
                                 390,8
                                 40,77
                                        9,5
                                 
                              
                           Die Compagnien sind nach dem Procentsatze des auf Asphalt
                              									zurückgelegten Weges geordnet. Die letzte Reihe zeigt, wie die Sicherheit der Pferde
                              									mit wachsender Gewöhnung, auf Asphalt zu laufen, zunimmt.
                           In der obigen Quelle wird dann noch von Prof. E.
                                 										Dietrich hervorgehoben, daſs die Asphaltstraſsen Berlins bei ihrem
                              									groſsentheils überreichlichen, ein seitliches Ausgleiten begünstigenden Quergefälle
                              									und bei ihrer unter gewissen Witterungsverhältnissen (Herbst und Winter) keineswegs
                              									ausreichenden Reinigung bei Aufstellung solcher Tabellen schlecht wegkommen.
                           
                        
                           Ed. Daelen's Vorrichtung zur Verhinderung des Siedeverzuges
                              									bei Dampfkesseln.
                           Das Gespenst des Siedeverzuges in Dampfkesseln scheint doch noch nicht ganz gebannt
                              									zu sein, da hin und wieder neue Vorschläge zur Verhinderung desselben gemacht
                              									werden. Ed. Daelen in Düsseldorf (* D. R. P. Kl. 13 Nr.
                                 									32404 vom 17. Februar 1885) hat zu diesem Zwecke folgende Einrichtung angegeben: An
                              									den Dampfkessel wird 80 bis 100mm unter dem
                              									höchsten Wasserstande das eine Ende eines wagerechten dünnwandigen Kupferrohres
                              									angeschlossen, welches 40 bis 60mm weit,
                              									auſserhalb des Mauerwerkes etwa 3 bis 4m lang
                              									hingeführt und am anderen Ende geschlossen ist. Das in das Rohr eintretende Wasser
                              									gibt Wärme an die äuſsere Luft ab, strömt am Boden des Rohres zurück und sinkt dann
                              									im Kessel nieder, indem es wieder wärmerem Wasser Platz macht. Auf diese Weise soll
                              									eine fortdauernde Bewegung im Kesselwasser unterhalten werden, so lange dasselbe
                              									überhaupt noch warm ist, also in gleicher Weise, wie dies wirksamer durch eine
                              									zweifache Verbindung des Rohres mit dem Kessel in einem tiefsten und einem höheren
                              									Punkte geschieht.
                           
                        
                           Optische Telegraphie.
                           Am Schlusse eines längeren Aufsatzes im Génie civil,
                              									1885 Bd. 7 * S. 116, 133 und 150 über optische Telegraphie und die dabei verwendeten
                              									Mittel weist Max de Nansouty darauf hin, daſs die
                              									Spiegel in drei verschiedenen Weisen beim Telegraphen benutzt werden können,
                              									nämlich: 1) Um die Lichtstrahlen auf möglichst entfernte Wolken zu werfen und diese
                              									auf Zeiträume von kürzerer und längerer Dauer zu beleuchten; dies geschieht beim
                              									Telegraphiren auf groſse Entfernungen. 2) Um die Lichtstrahlen in wagerechter oder
                              									schräger Richtung bloſs nach dem Empfangsorte zu senden, wenn man auf kürzere
                              									Entfernungen (3 bis 4km) telegraphiren will. 3) Um
                              									bei Nacht nach allen Seiten hin auf kurze Entfernung (etwa 3km) zu
                              									telegraphiren, was gewöhnlich in der Marine beabsichtigt wird; man wirft dann die
                              									Lichtstrahlen lothrecht empor und beleuchtet durch sie zeitweilig auf kürzere und
                              									längere Dauer einen in etwa 15m Höhe schwebenden
                              									Ballon, welcher von allen Seiten her sichtbar, ist.
                           Noch sei erwähnt, daſs Hauptmann Gaumet sich bemüht hat,
                              									einen wirksamen optischen Telegraphen (télélogue)
                              									dadurch herzustellen, daſs er in der Beleuchtung und dem Glänze verschiedener
                              									Gegenstände und der Atmosphäre eine möglichst groſse Verschiedenheit zu erreichen
                              									trachtet. Gaumet verwendet namentlich silberne Zeichen
                              									auf schwarzem Grunde, einfach silberne Buchstaben, welche er auf schwarzem Tuch
                              									befestigt und zu einem Buche vereinigt; seitlich vorstehende Zeichen – wie bei
                              									Handlungsbüchern – machen es leicht, rasch den gesuchten Buchstaben
                              									aufzuschlagen.
                           
                        
                           Beseitigung der Dämpfe von salpetriger Säure in Bunsen'schen
                              									Elementen.
                           Zur Beseitigung der sich im Bunsen'schen Elemente
                              									entwickelnden Dämpfe von Salpetrigsäure hat Rühmkorff
                              									im J. 1869 den Zusatz von Kaliumbichromat zur Salpetersäure vorgeschlagen, A. d'Arsonval im J. 1880 den Zusatz von Harnstoff.
                              									Anstatt des letzteren, zwar sehr wirksamen, aber wenig praktischen Mittels,
                              									empfiehlt d'Arsonval jetzt in den Comptes rendus, 1885 Bd. 100 S. 1167 die Benutzung des
                              									Sauerstoffes, der nichts kostet, während andere Depolarisationsmittel in den
                              									constanten Elementen es gerade sind, welche die Depolarisation theuer machen. Man
                              									soll nämlich die Salpetersäure, welche die Kohle umgibt, durch eine Lösung von
                              									Kupferchlorid in Salzsäure versetzen; die Kupferlösung zerlegt sich, das Kupfer
                              									schlägt sich auf der Kohle nieder, aber nur für einen Augenblick, weil es sich bei
                              									Gegenwart von Salzsäure und Luft fast augenblicklich wieder löst. Diese Lösung läſst
                              									sich noch dadurch beschleunigen, daſs man die Oberfläche der Kohlenplatte
                              									vergröſsert, oder daſs man ein wenig Luft in die poröse Zelle einführt.
                           
                        
                           Verfahren zur Gewinnung von grobkörnigem Kochsalz.
                           Nach Brandes in Salzuflen, Lippe (D. R. P. Kl. 62 Nr.
                                 									31781 vom 26. August 1884) wird die Soole wie gewöhnlich auf etwa ⅓ verdunstet und
                              									das ausgeschiedene Grobsalz an den Pfannenbord gebracht; dann soll der Betrieb
                              									ziemlich gleichzeitig in etwa 3 Pfannen unterbrochen werden, indem die noch
                              									vorhandene Soole durch die die Pfannen mit einander verbindenden Rohrleitungen vom
                              									Pfannenboden aus in eine 4. Pfanne abgelassen wird, um das sämmtliche Salz rein und
                              									abgetrocknet ausbringen und dann ein neues Werk beginnen zu können. Die so gefüllte
                              									4. Pfanne verarbeitet die an zerflieſslichen Salzen schon reichere Soole zu
                              									Mittelkorn-, Vieh- und Fabriksalz und braucht den letzten Rest (unter Schonung des
                              									Pfannenbodens) nicht so stark auszusoggen, weil sie die Mutterlauge von 3 Werken
                              									abführen darf. Es kann aber auch aus dieser 4. Pfanne nach dem ersten Fange die
                              									Soole wieder in eine kleinere Pfanne zur weiteren Gewinnung von Vieh- und Fabriksalz
                              									abgelassen werden, wenn sie auch noch Grobsalz liefern soll.
                           
                        
                           Neuerung beim Bleichen pflanzlicher Stoffe mit
                              									Chlorkalk.
                           Um die Wirkung der Chlorkalklösungen zu verstärken, empfiehlt G. Lunge in Zürich (D. R. P. Kl. 8 Nr. 31741 vom 6. August 1884) einen
                              									Zusatz von Essigsäure oder Ameisensäure. Dabei kommt der Preis der Essigsäure nicht in Betracht, da
                              									nur eine geringe Menge derselben erforderlich ist. Zuerst entsteht nämlich aus
                              									Essigsäure und Chlorkalk freie unterchlorige Säure und essigsaurer Kalk; beim
                              									Bleichprozesse gibt die erstere ihren Sauerstoff ab und wird zu Salzsäure
                              									umgewandelt, welche sich sofort mit dem essigsauren Kalk zu Chlorcalcium und freier
                              									Essigsäure umsetzt; letztere wirkt von Neuem auf Chlorkalk:
                           
                              
                                 2CaOCl2 + 2C2H4O2 = Ca(C2H3O2)2 + CaCl2 + 2HOCl
                                 (1)
                                 
                              
                                 2HOCl = 2HCl + O2
                                 (2)
                                 
                              
                                 Ca(C2H3O2)2 + 2HCl = CaCl2 + 2C2H4O2
                                 (3)
                                 
                              
                           Die nach Gleichung (2) entstehende Salzsäure ist nie in freiem Zustande vorhanden, da
                              									sie nach Gleichung (3) sofort auf den essigsauren Kalk wirkt, Dies ist sehr wichtig, weil die
                              									Salzsäure die Fasern bei längerer Berührung angreift, während Essigsäure völlig
                              									unschädlich ist. Da keine unlöslichen Kalksalze vorhanden sind, so kann die
                              									Behandlung mit Säuern nach dem Bleichen ganz fortfallen; hierdurch wird nicht nur
                              									die Säure und das nochmalige Waschen der Stoffe erspart, sondern auch der Gefahr
                              									vorgebeugt, welche namentlich bei dickeren Zeugen eintritt, daſs die Säure nicht
                              									vollständig ausgewaschen wird. Die übrig bleibenden Spuren concentriren sich dann
                              									beim Trocknen und greifen das Zeug an, sind auch bei manchen Färbearbeiten
                              									nachtheilig.
                           Die Säure kann in verschiedener Weise verwendet werden, z.B. indem man der
                              									Chlorkalklösung von vornherein einen kleinen Zusatz davon gibt, oder indem man am
                              									Schlusse der gewöhnlichen Behandlung mit Chlorkalk ohne Waschen durch Wasser gehen
                              									läſst, welches ganz wenig Essigsäure enthält, oder indem man die Stoffe in mit ganz
                              									wenig Essigsäure angesäuertes Wasser bringt und ganz allmählich Chlorkalklösung
                              									unter fortwährender Bewegung einflieſsen läſst.
                           Wenn die zu bleichenden Stoffe von dem vorhergehenden Bäuchen noch etwas Alkali
                              									enthalten, oder wenn das Wasser sehr hart ist, oder die Auflösung des Chlorkalkes
                              									erhebliche Mengen von Aetzkalk enthält und in ähnlichen Fällen würden nicht
                              									unbedeutende Mengen von Essigsäure zur Neutralisation der Basen verbraucht werden,
                              									ehe unterchlorige Säure in Freiheit gesetzt werden kann. In diesen Fällen kann man
                              									an Essigsäure sparen, indem man einen Theil derselben durch Salzsäure oder
                              									Schwefelsäure ersetzt, darf aber immer nur so weit damit gehen, daſs nie freie
                              									Mineralsäure, sondern immer nur freie Essigsäure vorhanden ist. Dies ist in der
                              									Praxis einfach dadurch zu erreichen, daſs man die Reaction stets nur schwach sauer
                              									gegen Lackmuspapier hält.
                           
                        
                           Zur Kenntniſs des Steinkohlentheeres.
                           Das Thioxen des Steinkohlentheeres, aus
                              									Xylolreinigungssäure dargestellt, wurde von J.
                                 										Messinger (Berichte der deutschen chemischen
                                 										Gesellschaft, 1885 S. 563 und 1636) mit Brom behandelt, bis sich
                              									schlieſslich Octobromthioxen, C4Br2S(CBr3)2, bildete, so daſs sich also sämmtliche 8
                              									Wasserstoffatome durch Brom ersetzen lassen. Das reine Thioxen, C4H2S(CH3)2, ist eine
                              									wasserhelle, farblose, leicht bewegliche Flüssigkeit von nicht unangenehmem Gerüche
                              									und dem Siedepunkte 136,5 bis 137,5 (corrigirt). Die Verbindung zeigt die Laubenheimer'sche Reaction in ausgezeichneter Weise und
                              									zwar beobachtet man einen stark roth-violetten Farbenton.
                           K. E. Schulze (daselbst S. 615) hat im Steinkohlentheere
                              									nun auch eine Carbonsäure und zwar Benzoësäure
                              									gefunden; dieselbe geht beim Behandeln der Oele mit Lauge zur Gewinnung des Phenoles
                              									mit in dieses über und kann aus dessen Destillationsrückständen gewonnen werden.
                              									Durch Einwirkung von Kohlenoxyd auf Anilin, dessen Vorhandensein im
                              									Steinkohlentheere ja bekannt ist, entsteht Phenylisocyanid, das bei der hohen
                              									Temperatur der Gasretorten sofort sich in Benzonitril umsetzt und als solches in den
                              									Theer übergeht. Bei der nachfolgenden Destillation derselben nimmt es die Elemente
                              									des Wassers auf und geht dabei unter Abspaltung des Stickstoffes als Ammoniak in
                              									Benzoësäure über. Man könnte noch die Annahme machen, daſs die Benzoësäure sich
                              									bereits bei der Steinkohlendestillation bildet; doch widerspricht dem die
                              									Reactionsfähigkeit und Unbeständigkeit der Säure bei so hoher Temperatur.
                           
                        
                           Unechte Ockerfarben.
                           Nach F. Tolmeï in München (Technische Mittheilungen für Malerei u. dgl., 1885 S. 18) sind Ockerfarben
                              									nur dann echt, wenn sie von den ihnen zuweilen anhängendem Kalk befreit werden und
                              									nicht geschönt sind; letzteres geschient zuweilen durch Zusatz freier Schwefelsäure.
                              									Gelbe Ocker werden zuweilen durch Curcumaauszug gefärbt.