| Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] | 
| Fundstelle: | Band 259, Jahrgang 1886, Miszellen, S. 380 | 
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                        [Kleinere Mittheilungen.]
                        Kleinere Mittheilungen.
                        
                     
                        
                           H. Förster's Verdrängung des Stauwassers bei Turbinen.
                           Zur Verdrängung des Stauwassers bei Turbinen empfiehlt Hugo
                                    										Förster in Mühle Gorsdorf bei Jessen (* D. R. P. Kl. 88 Nr. 33884 vom 7.
                                 									Mai 1885), das Laufrad mit einem Mantel zu umgeben, der oben gegen das Druckwasser dicht schlieſst und in welchen Preſsluft gepumpt
                              									wird. (Vgl. Laudien 1880 238
                              									433.)
                           
                        
                           Schiffsgeschwindigkeiten.
                           Auf Seeschiffen wird die Fahrgeschwindigkeit nach Knoten (zu je 1852m) in der Stunde berechnet; 1 Knoten entspricht
                              									also 0m,514 in der Secunde. Ein Segelschiff alter Construction lief mit günstigem Winde
                              									höchstens 8 Knoten (4m,112), während ein heutiger
                              									Segler es auf 13 Knoten (6m,682) bringen kann,
                              									wenn Wind und Wetter günstig sind. Die Fahrgeschwindigkeit der Frachtdampfer liegt zwischen 8 und 10 Knoten (4m,112 und 5m,140). Post- und Passagierdampfer sind erheblich schneller. Die transatlantischen
                              									Schnelldampfer des Bremer Lloyd laufen mit einer
                              									Durchschnittsfahrt von 15 bis 16 Knoten (7m,710
                              									bis 8m,214) über den Ocean. Die schnellsten Torpedoboote können eine Geschwindigkeit von 21 bis 22
                              									Knoten (10m,794 bis 11m,308) erreichen. Unsere Panzerfregatten
                              									machen 12 bis 13 Knoten (6m,168 bis 6m,682) Fahrt bei äuſserster Anspannung der
                              									Maschine.
                           Der Postdampfer Irland, nach dem Engineer, 1885 Bd. 60 * S. 204, von Gebrüder
                                 										Laird in Birkenhead für die Linie Holyhead-Kingstown gebaut, erreichte bei
                              									der Probefahrt eine Geschwindigkeit von 20 Knoten oder 37km (10m,28 in
                              									der Secunde). Bemerkenswerth ist, daſs Maschine und Kessel nach dem alten, vor 30
                              									Jahren üblich gewesenen Niederdrucksystem construirt sind, während man sonst in der
                              									ganzen Schiffstechnik bei Neubauten heute in der Regel das Compoundsystem anwendet,
                              									welches bedeutende Kohlenersparniſs, also bei gegebenem Kohlenvorrathe die
                              									Zurücklegung eines gröſseren Weges als das alte System ermöglicht. Da der Weg von
                              									Holyhead nach Kingstown in nur 3 Stunden zurückgelegt wird, ein Kohlenmangel also
                              									ausgeschlossen ist, gab man die Vortheile des Compoundsystem es auf, um eine
                              									möglichst leichte Maschine zu haben.
                           
                        
                           
                           Leimwärmapparat für Buchbindereien.
                           L. Hertz in Warschau und G. v.
                                    										Nawrocki in Berlin (* D. R. P. Kl. 11 Nr. 33693 vom 21. Juni 1885) haben
                              									einen Apparat zum Flüssighalten von Leim angegeben, bei welchem der Leim in dünner Schicht durch Dampf für das Durchziehen ganzer
                                 										Papptafeln warm gehalten wird. In einen auf Füſsen stehenden viereckigen
                              									Dampfkessel ist eine nur für Holzkohlen berechnete Feuerung eingebaut und läuft der
                              									Dampfraum oben am Kessel in zwei flache Kammern aus, welche auf ihrer oberen Fläche
                              									Pfannen zur Aufnahme des Leimes bilden. In der Mitte zwischen beiden Pfannen ist
                              									Platz zum Aufstellen der Kochtöpfe für den Leim, aus welchen der letztere in die
                              									Pfannen immer nachgegossen werden kann. Die Papptafeln werden mit der zu beklebenden
                              									Seite nach unten einfach über den Spiegel des flüssigen Leimes in den Pfannen
                              									hinweggezogen.
                           
                        
                           Carhart's Tragband für Telephon-Luftkabel.
                           Textabbildung Bd. 259, S. 380 Da das Ausspannen einer groſsen Anzahl einzelner Leitungsdrähte in
                              									mehrfacher Beziehung unbequem und schwierig ist, so vereinigen die amerikanischen
                              									Telephongesellschaften sehr häufig eine gröſsere Zahl ihrer Drähte zu einem Kabel,
                              									welches dann an einem einzigen starken Drahte in der Luft aufgehängt wird. Für
                              									diesen Zweck erscheint das beistehend nach der Electrical
                                 										World, 1885 Bd. 6 * S. 96 dargestellte Kabel-Tragband von Carhart besonders geeignet. Dasselbe besteht aus zwei
                              									aus schwachem Bleche hergestellten Theilen, einem oberen, auf dem tragenden Drahte
                              									ruhenden und aus einem unteren, das Kabel umfassenden Theile, welcher das Kabel fast
                              									vollständig umschlieſst; seine beiden nach oben gerichteten Lappen sind am Ende
                              									hakenförmig nach auſsen umgebogen und greifen mit diesen Haken in entsprechende
                              									Falze, zu welchen die Lappen des oberen Theiles nach innen zu umgebogen sind. Ein
                              									Ausschnitt in diesen Falzen greift über einen zungenförmigen Ansatz der Lappen des
                              									unteren Theiles und verhindert so die seitliche Verschiebung beider Theile gegen
                              									einander.
                           
                        
                           Lestelle's Schutz der Weingärten gegen Fröste mittels
                              									Elektricität.
                           Die Verheerungen, welche nächtliche Fröste im April und Mai in Obst- und Weingärten
                              									anzurichten pflegen, bekämpft man seit einigen Jahren durch künstliche Erzeugung von
                              									Wolken behufs Verminderung der Wärmeausstrahlung (vgl. 1874 214 498. 1878 229 566). Man verbrennt dazu
                              									Theersubstanzen auf den zu schützenden Feldern. Um diesen Schutz zuverlässiger und
                              									minder kostspielig zu machen, benutzt der Telegrapheninspector Lestelle in Mont de Marsan eine seit 1882 in den
                              									Weingärten Laudes und in der Gironde eingeführte elektrische Anordnung. Wie die Zeitschrift für Elektrotechnik, 1885 S. 746 nach dem
                              										Bulletin de la Compagnie internationale des
                                 										téléphones berichtet, bringt er inmitten des Weinberges oder Feldes ein
                              									Thermometer an, welches, wenn die Temperatur auf 2° über Null sinkt, den Stromkreis
                              									eines galvanischen Elementes schlieſst. Dadurch kommt ein von einem Triebwerke
                              									bewegter Commutator in Thätigkeit, welcher nach und nach den Strom eines kleinen Rühmkorff'schen Inductors durch eine Reihe von
                              									Stromkreisen sendet. In jedem Stromkreise befindet sich ein Zünder, welchen der
                              									elektrische Strom entzündet, worauf eine Zündschnur ein Büschel Schieſswolle und
                              									durch diese das Zündpulver auf einem benachbarten Feuerherde in Brand setzt. Die
                              									Feuerherde, aus Laub, Kräutern u. dgl. gebildet, sind in etwa 40m Entfernung von einander und werden sämmtlich in
                              									weniger als 1 Secunde entzündet. Gegen Unregelmäſsigkeiten wird der Herd dadurch
                              									geschützt, daſs man denselben mit in Oel und Harz getränkten Sägespänen bedeckt,
                              									welche zugleich die Raucherzeugung vermehren. Die Entzündung der von den Zündern
                              									ausgehenden Schieſswollfäden wird dadurch erleichtert, daſs man auf ihre Unterlage
                              									in geschmolzenes Pech eingetauchtes Stroh oder andere recht leicht entzündliche
                              									Stoffe auflegt. Die Kosten der ersten Anlage werden auf 88 bis 90 M. für 1ha geschätzt, für welche Fläche 7 Feuerherde
                              									ausreichen, um eine zusammenhängende Rauchwolke zu erzeugen.
                           
                        
                           
                           Ueber Rübenbau.
                           Rübenbauversuche unter Anwendung der Elektricität wurden
                              									von C. Braune (Deutsche
                                 										Zuckerindustrie, 1885 S. 1614) ausgeführt. Als die Rübenpflanzen
                              									aufgegangen waren, wurde an einem Ende der 56m
                              									langen Reihen eine Kupfer-, am anderen eine Zinkplatte eingesenkt und diese
                              									oberirdisch durch einen Draht verbunden (A). Zwei andere Reihen erhielten an den
                              									Enden Kupferplatten, in deren oberirdische Verbindung eine Batterie von 14 Meidinger'schen Elementen eingeschaltet war (B). Der
                              									elektrische Strom war vom 3. Juni bis 7. August gleichmäſsig stark, nahm aber dann
                              									ab. Die am 26. Oktober geernteten Rüben ergaben das Gewichtsverhältniſs 230 und 235
                              									zu 210 ohne Elektricität (C). Bei der Polarisation fand man:
                           
                              
                                 
                                 Brix
                                 Zucker
                                 Nichtzucker
                                 Quotient
                                 
                              
                                 A
                                 18,0
                                 15,3
                                 2,7
                                 85,6
                                 
                              
                                 B
                                 17,9
                                 15,5
                                 2,4
                                 86,6
                                 
                              
                                 C
                                 16,7
                                 15,0
                                 1,7
                                  89,7.
                                 
                              
                           Daraus ergibt sich, daſs die Vertheilung und Aufschlieſsung
                              									der Salze im Erdboden, wie sie durch die Wirkung des elektrischen Stromes bedingt
                              									ist, beim Zuckerrübenbau den Gewichtsertrag erheblich, den Zuckergehalt in etwas
                              									bereichert, dagegen den Reinheitsquotienten wesentlich herabmindert.
                           Umfassende Versuche über die Keimfähigkeitsdauer der Runkelrübenknäule wurden von G.
                                 										Marek ausgeführt (Zeitschrift des deutschen Vereins
                                 										für Rübenzucker-Industrie, 1885 S. 945). Hiernach war die einjährige Saat
                              									die beste, dieser folgten fast gleichwerthig die 3- und 4jährige Saat, dieser die
                              									frisch geerntete und die 2jährige Saat. Im Allgemeinen hat diese Untersuchung einen
                              									wesentlichen Unterschied in der Beschaffenheit zwischen den 5 letzten Ernten nicht
                              									ergeben; es hat sich sogar herausgestellt, daſs der 3- und 4jährige Samen
                              									vollwerthig dem frischen zur Seite steht. Mit dem Alter von 5 Jahren begannen
                              									merkliche Rückgänge in der Keimfähigkeit hervorzutreten, welche sich nach dem 6. und
                              									7. Jahre allmählich steigerten und mit dem 9. Jahre ihre höchste Grenze
                              									erreichten.
                           Umfassende Versuche von G. Marek (daselbst S. 1073)
                              									lieferten das für Rüben Samenzüchter wichtige Ergebniſs, daſs der Zuckergehalt eine erbliche Eigenthümlichkeit der Rübe
                              									ist, bei welchem der Standort derselben nicht einen solchen Einfluſs zu üben
                              									scheint, daſs diese erbliche Eigenthümlichkeit hierdurch verdeckt wird. Fälle dieser
                              									Art dürften in normalen Verhältnissen nur die Ausnahme bilden. Es scheint sogar die
                              									Eigenschaft der Rübe, ihren Zuckergehalt auf ihre Nachkommen zu vererben, so stark
                              									zu sein, daſs sie Bodenarten, welche bisher als dem Rübenbau nicht günstig
                              									bezeichnet wurden, sich zu erschlieſsen vermag, und Düngungen, welche bisher als
                              									schädlich galten, in gewissen Fällen, ohne Einbuſse der Güte, zulässig erscheinen
                              									läſst.
                           Versuche von M. Hollrung (daselbst S. 297) bestätigen,
                              									daſs Frost namentlich den vorgequellten Rübensamen
                              									stark schädigen kann.
                           B. Corenwinder (Sucrerie
                                 										indigène, 1885 Bd. 24 S. 630) bestätigt die schon von J. Liebig gemachten Angaben über den Einfluß der Aschenbestandtheile auf das Wachsthum der
                                 										Zuckerrübe, daſs die übrigen Düngemittel nichts helfen, wenn der Boden
                              									nicht genug Kalk enthält.
                           E. Wollny (Fühling's
                                 										landwirthschaftliche Zeitung, 1885 Nr. 10) zeigt, daſs die Behäufelungskultur nur auf bündigen, humosen, das
                              									Wasser gut anhaltenden Böden, sowie in einem feuchten Klima dem Ertragsvermögen der
                              									Pflanzen förderlich, auf allen leicht austrocknenden Böden und in einem trockenen
                              									Klima aber unzweckmäſsig ist, weil den Kulturpflanzen unter solchen Umständen die
                              									zur normalen Entwickelung nothwendigen Wassermengen nicht zur Verfügung stehen.
                           W. Rimpau (daselbst 1885 Nr. 12) führt aus, daſs aus den
                              									durch Polarisation ausgewählten Stammrüben immer einige
                              									ihre Vorzüge nicht vererben, so daſs nur eine mehrere Jahre hindurch ausgeführte
                              									Zuchtwahl sicheren Erfolg gibt.
                           Nach Versuchen von G. Marek (Der
                                 										Landwirth, 1885 S. 521) haben Salzlösungen zur
                                 										Bestimmung der specifischen Schwere ganzer Rüben nur sehr bedingten Werth,
                              									da die Gröſse des Kopftheiles, anhaftende Luft u. dgl. groſsen Einfluſs besitzen.
                              									Auch durch Einlegen kleiner Abschnitte in Salzlösungen von 1,06 ist eine Auswahl der
                              									an Zucker reichsten Rüben nicht zu erzielen.
                           
                           L. Malkhoff (Neue Zeitschrift
                                 										für Rübenzucker-Industrie, 1885 Bd. 14 S. 313) findet, daſs die
                              									gleichzeitige Zuführung von Feuchtigkeit und Düngstoffen der Entwickelung des Keimes und der jungen Pflanzen sehr förderlich ist.
                           Nach A. Ladureau (Sucrerie
                                 										belge, 1885 S. 314) wirkt die Phosphorsäure
                              									auf die Zuckerrübe als basisches, citratlösliches Phosphat ebenso vortheilhaft wie
                              									als Superphosphat. (Vgl. 1885 255 354. 256 374.)
                           
                        
                           Der Einfluſs der Weichreife auf die Beschaffenheit des
                              									Malzes.
                           Nach C. Lintner sen. (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1885 S. 468) wird nicht in allen
                              									Mälzereien derselbe Grad von Weichreife angewendet, da durch einen höheren Weichgrad
                              									auch ein etwas gröſserer Verlust an nützlichen Bestandtheilen der
                              									Gerstetrockensubstanz eintritt. Je geringer aber der Wassergehalt des Grünmalzes
                              									ist, um so rascher wird unter sonst gleichen Umständen das Austrocknen auf der
                              									oberen Darre vor sich gehen und auch um so geringer wird der Wassergehalt des Malzes
                              									sein, wenn dasselbe auf die untere Darre gebracht wird. Auf diese Weise erhält man
                              									leicht ein lichtes Malz, unbedeutend süſs und nahezu
                              									ohne Aroma. Ist aber dagegen der Wasserrest in dem auf die obere Darre gegebenen
                              									Grünmalze noch ein verhältniſsmäſsig hoher, so muſs die Austrocknung desselben
                              									langsamer ausgeführt werden und dürfte auſserdem das Trockenmalz noch mit einem
                              									etwas höheren Wassergehalte auf die untere Darre gelangen. Dieser Wasserrest im
                              									Grünmalze auf der oberen und derselbe auch im Trockenmalze auf der unteren Darre
                              									sind aber zu berücksichtigen, wenn nicht ein leichtes, sondern ein mehr oder weniger
                              										dunkles und jedenfalls ein süßes Darrmalz mit deutlichem Malzaroma erhalten werden soll. Wird ein
                              									Grünmalz auf der oberen Darre mit genügendem Wasserrest in einer ziemlich hohen
                              									Schicht langsam ausgetrocknet, so sterben zwar auch
                              									hier die Keime bald ab; wegen der groſsen Feuchtigkeit im Malze geht aber der
                              									diastatische Proceſs in demselben noch eine Zeit lang fort und, da der dabei
                              									erzeugte Zucker nicht mehr verbraucht wird, so bleibt derselbe im Malze und es
                              									entsteht ein süſses Malz. Ein gewisser Zuckergehalt mit
                              									einer geringen Wassermenge – etwa dem Wassergehalte der lufttrockenen Gerste 12 bis
                              									14 Proc. entsprechend – geben auf der unteren Darre das süſse und aromatische Malz
                              									für bayerische Biere.
                           
                        
                           Zur Kenntniſs der frischen Kartoffeln.
                           Noch nicht völlig ausgereifte, frische Kartoffeln enthielten nach J. Hungerbühler (Landwirthschaftliche Versuchsstation, 1885 Bd. 32 S. 386) als wichtigste
                              									Bestandtheile:
                           
                              
                                 Zeit der Probenahme
                                 Eiweiſs
                                 Stärke
                                 Zucker
                                 Vom Gesammtstickstoffvorhanden
                                 
                              
                                 alsEiweiſs-N
                                 als Nicht-Eiweiſs-N
                                 
                              
                                 23.
                                 Juni
                                    0,94%
                                      9,65%
                                    1,09%
                                    70,9%
                                    29,1%
                                 
                              
                                 30.
                                 „
                                 1,22
                                 12,44
                                 0,91
                                 64,4
                                 35,6
                                 
                              
                                   7.
                                 Juli
                                 1,02
                                 12,83
                                 0,90
                                 58,7
                                 41,3
                                 
                              
                           Der Gehalt an Eiweiſs wurde in bekannter Weise durch Multiplication des
                              									Eiweiſs-Stickstoffes mit 6,25 berechnet.
                           
                        
                           Neuer Zuckerersatz.
                           Auf der Erfindungsausstellung in London war von C.
                                 										Fahlberg in New-York unter der Bezeichnung „Saccharin“ ein ungemein süſs schmeckendes weiſses Pulver
                              									ausgestellt, welches den Zucker ersetzen soll. Diese neue Verbindung wird als
                              									Anhydroorthosulfaminbenzoesäure, C6H4.CO.SO2NH,
                              									bezeichnet. Nach Angabe einer Flugschrift: „Saccharin, Patent Dr. C. Fahlberg in
                                 										New-York und A. List in Leipzig (New-York
                                 										1885)“ löst sich dieser Stoff schwer in kaltem Wasser, leichter in heiſsem
                              									Wasser. Der Geschmack soll viele Hundertmal süſser sein als der von Traubenzucker.
                              									Stärkezucker, mit 0,05 bis 0,1 Procent dieser Verbindung versetzt, soll den
                              									Rohrzucker in jeder Beziehung vertreten.
                           Damit soll also der Rübenzucker beseitigt, der chemischen Industrie dagegen durch die Lieferung von
                              									Schwefelsäure, Salzsäure, Chlorkalk und Soda aufgeholfen werden, der
                              									Kohlentheerindustrie durch Nachfrage nach Toluol, der Landwirthschaft durch
                              									Lieferung des zur Beschaffung des Stärkezuckers erforderlichen Getreides. Als sehr
                              									schätzenswerth werden überdies die groſsen antiseptischen Wirkungen des Stoffes bezeichnet.
                           Referent hatte kürzlich Gelegenheit, diesen wunderbaren Stoff zu kosten. Etwa 1mg desselben, auf die Zunge gebracht, entwickelte
                              									anfangs einen an Benzoesäure erinnernden, dann einen eigenthümlich süſsen Geschmack,
                              									welcher mehrere Stunden anhielt und dadurch
                              									schlieſslich SO unangenehm wurde, daſs zur Beseitigung
                              									desselben etwas China genommen werden muſste. Diese Eigenschaft erscheint wenig
                              									geeignet für die Einführung dieses Süſsstoffes an Stelle von Zucker. Welche
                              									Wirkungen ferner der tägliche Genuſs eines stark antiseptischen Stoffes auf den
                              									menschlichen Körper haben wird, müssen erst noch Versuche zeigen. Zu berücksichtigen
                              									ist ferner, daſs dieses sogen. Saccharin bestenfalls lediglich ein Genußmittel sein würde, während Zucker zugleich ein Nahrungsmittel ist. 100k Rohzucker von 96 Proc. kosten zur Zeit 46 M. oder nach Abzug der Steuer
                              									rund 28 M., während nach König (Nahrungsmittel, S. 210) der Nährwerth von 100k solcher Stickstoff freier Extractstoffe 25 M. beträgt, so daſs auf
                              									Rechnung des „Süſsstoffes“ nur 3 M. kämen (vgl. S. 219 d. Bd.).
                           
                              F.
                              
                           
                        
                           Zur Untersuchung von Borsäure.
                           Das Verfahren von Stolba (Zeitschrift für analytische Chemie, 1864 S. 357) zur Bestimmung des
                              									Wassergehaltes der Borsäure durch Erhitzen mit 4 Th. Borax ist nach H. Gilbert (Repertorium für
                                 										analytische Chemie, 1885 S. 375) bei Gegenwart von Schwefelsäure nicht
                              									verwendbar. Er bringt dagegen 1g,5 Aetzkalk in
                              									eine Platin schale, glüht auf dem Gebläse bis zum bleibenden Gewichte, übergieſst
                              									den Kalk mit etwa 10cc Wasser, rührt 2g Borsäure mittels eines Glasstäbchens in die
                              									Kalkmilch ein, spritzt das Anhaftende zum Schaleninhalte und dampft auf dem
                              									Wasserbade zur Trockene. Dann wird erhitzt anfangs mit kleiner, später mit voller
                              									Flamme und zuletzt, um die aufgenommene Kohlensäure zu verjagen, noch 5 Minuten auf
                              									dem Gebläse. Der Gewichtsverlust ist Wasser, bei der toskanischen Borsäure Wasser
                              									und Ammoniak, welches letztere selbstverständlich besonders ermittelt und in Abzug
                              									gebracht werden muſs. Proben von toskanischer (I) und kalifornischer Borsäure (II)
                              									hatten folgende Zusammensetzung:
                           
                              
                                 
                                 I
                                 II
                                 
                              
                                 Wasser
                                 42,03
                                 45,29
                                 
                              
                                 Unlösliches
                                 0,96
                                 0,22
                                 
                              
                                 Ammoniak
                                 1,23
                                 –
                                 
                              
                                 Natron und Kali
                                 0,72
                                 1,01
                                 
                              
                                 Kalk
                                 0,40
                                 0,47
                                 
                              
                                 Magnesia
                                 0,83
                                 0,15
                                 
                              
                                 Eisenoxyd und Thonerde
                                 0,28
                                 0,07
                                 
                              
                                 Chlor
                                 0,06
                                 0,97
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                 7,04
                                 1,17
                                 
                              
                                 Borsäure
                                 46,47
                                 50,87
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 100,02
                                 100,22
                                 
                              
                                 Ab Sauerstoff für Chlor
                                 0,02
                                 0,22
                                 
                              
                           
                        
                           Neue Pyridinabkömmlinge.
                           W. Epstein (Liebig's
                                 										Annalen, 1885 Bd. 231 S. 1) erhielt durch Zusammenbringen von Zimmtaldehyd,
                              									Ammoniak in wasserfreier alkoholischer Lösung und Acetessigäther in den der
                              									Gleichung: C9H8O +
                              										HN3 + 2C6H10O3 = C21H25O4N + 3H2O
                              									entsprechenden Verhältnissen den Benzylidendihydrocollidindicarbonsäureäther:  C5N(CH3)2(CH.CH.C6H5.H2)(COOC2H5)2 und daraus das Lutidin: C5N(CH3)2H3.
                           Entsprechende Versuche von F. Engelmann (daselbst S. 37)
                              									zeigen, daſs die ursprüngliche Reaction, aus Acetessigäther und Aldehydammoniak zu
                              										Pyridinbasen zu gelangen, in der Reihe der
                              									Fettaldehyde von der Formel CnH2nO wohl eine allgemeine genannt werden darf. Die
                              									aus Propylaldehyd, Isobutylaldehyd und Valeraldehyd auf diese Weise gewonnenen Verbindungen
                              									besitzen im Wesentlichen alle die schon am Hydrocollidindicarbonsäureäther
                              									charakterisirten Eigenschaften, unterscheiden sich aber von diesem durch ihre
                              									zunehmende Löslichkeit und abnehmende Krystallisationsfähigkeit. Bei der Oxydation
                              									mit Salpetrigsäure geben die aus Propylaldehyd und Valeraldehyd gewonnenen
                              									Hydroäther genau die erwarteten basischen Dicarbonsäureäther und schlieſslich die
                              									entsprechenden Basen selbst; die aus Isobutylaldehyd erhaltene Verbindung hingegen
                              									liefert merkwürdigerweise, abweichend hiervon, Lutidincarbonsäureäther und als
                              									Endproduct Lutidin.
                           Auf das Acroleïn ist die Synthese nicht anwendbar und Benzoylessigäther, an Stelle
                              									des Acetessigäthers gesetzt, gibt zwar ein Condensationsproduct mit Aldehyd, ist
                              									aber unvermögend, Pyridinabkömmlinge zu liefern.
                           Nach E. Voges (Berichte der
                                 										deutschen chemischen Gesellschaft, 1885 S. 3162) ist die von Böttinger beschriebene Pyridindicarbonsäure lediglich
                              										Lutidinsäure.
                           A. Hesekiel (daselbst S. 3091) untersuchte das aus
                              									Glycerin und Acetamid mit Phosphorsäure nach folgender Gleichung: 2C3H8O3 + C2H3O.NH2 = C6H7N + C2H3O.OH + 5H2O entstehende Picolin.
                              									Wird statt Glycerin Paraldehyd verwendet, so entsteht Methyläthylpyridin. Propionaldehyd gibt Parvolin.
                           Nach M. Dennstedt (daselbst 1885 S. 3316 und 1886 S. 75)
                              									findet die Umwandlung des Pyrrols in Pyridin nach folgender Gleichung statt: C4H4NH + 2NaOH +
                              										CH2J2 = C5H5N + 2NaJ + 2H2O. Die Ausbeute an Pyridin ist aber
                              									auſserordentlich gering.
                           
                        
                           Neuerung im Verfahren zum Bedrucken von
                              									Gespinnstfasern.
                           Beim Bedrucken der Gespinnstfasern mit solchen Farbstoffen, welche als
                              									Tanninverbindungen fixirt werden, verwendete man bisher Mischungen, welche auſser
                              									dem Farbstoffe, der Verdickung u. dgl. noch Weinsäure, Methyl- oder Aethylweinsäure
                              									enthielten. Diese genannten Säuren sollen sich jedoch nach Angabe der Farbwerke vormals Meister, Lucius und Brüning in Höchst a. M. (* D. R. P. Kl. 8 Nr. 34515 vom 8. Mai 1885) mit Vortheil durch Lävulinsäure ersetzen lassen, welche billig ist, beim
                              									Dämpfen die Faser nicht angreift und eine schönere Entwickelung des Farbstoffes
                              									veranlaſst. Auch die Essigsäure läſst sich beim Zeugdruck durch Lävulinsäure
                              									ersetzen, so z.B. beim Bedrucken des Stoffes mit Alizarin oder Farbstoffen, welche
                              									in ähnlicher Weise wie das Alizarin als Thonerde- oder Chromlacke auf der Faser
                              									befestigt werden; es hat die Lävulinsäure vor der Essigsäure den Vorzug, daſs sie
                              									mit Wasserdampf nicht flüchtig ist, also beim Dämpfen des bedruckten Gewebes nicht
                              									entweicht.
                           Zweckmäſsig verwendet man beim Drucken lävulinsäure Salze der Farbbasen oder
                              									Mischungen der Farbstoffe mit Lävulinsäure; man erhält solche, indem man in einer
                              									Naſsmühle die Lävulinsäure mit der getrockneten oder besser noch etwas feuchten
                              									Farbbase oder dem Farbstoffe so lange mahlt, bis eine vollständige Mischung erreicht
                              									ist. So bedruckt man z.B. den Stoff mit nachstehender Mischung:
                           
                              
                                 183
                                 Th.
                                 Druckblau (Indulin) als Paste, 25 proc.
                                 
                              
                                 500
                                 „
                                 Lävulinsäure
                                 
                              
                                 40
                                 „
                                 Oelemulsion
                                 
                              
                                 630
                                 „
                                 Essigsäure-Stärkeverdickung
                                 
                              
                                 100
                                 „
                                 Traganth-Tannin (50 Th. Traganthschleim und 50 Th. Tannin)
                                 
                              
                           und entwickelt die Farbe dann durch Dämpfen des bedruckten
                              									Stoffes.
                           Das sogen. „Lävulinblau“ (Mischung von lävulinsaurem Indulin mit Lävulinsäure)
                              									wird durch Eintragen von 1 Th. feuchter Indulinbase in 3 Th. Lävulinsäure und innige
                              									Vermischung erhalten; das Product bildet eine zähflüssige Masse, welche in dieser
                              									Gestalt in den Handel gebracht wird und unmittelbar (unter Zusatz einer Verdickung)
                              									beim Zeugdruck benutzt werden kann.