| Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] | 
| Fundstelle: | Band 292, Jahrgang 1894, Miszellen, S. 263 | 
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                        [Kleinere Mittheilungen.]
                        Kleinere Mittheilungen.
                        
                     
                        
                           Denkschrift des Vereins deutscher Ingenieure über die
                              									Einführung eines einheitlichen Schraubengewindes auf metrischer Grundlage.
                           Kein Maschinenelement kommt in der mechanischen Technik so häufig vor wie die
                              									Schraube. Ihre Abmessungen müssen nach Erfahrung und praktischem Bedürfniss
                              									festgestellt werden und ihre Herstellung ist schwierig. Bald, nachdem das
                              									Maschinenwesen in diesem Jahrhundert einen so grossen Aufschwung genommen, im J.
                              									1841, hat der hervorragende Werkzeugfabrikant John
                                 										Whitworth in einem an das englische Institut der Civilingenieure
                              									gerichteten Schreiben über ein einheitliches System von Schraubengewinden sich
                              									ausgesprochen. Seine damaligen Ausführungen sind noch heute zutreffend, um zu
                              									begründen, wie nützlich und vortheilhaft es ist, ein einheitliches Schraubengewinde
                              									in den Werkstätten eines Landes einzuführen.
                           Whitworth sagte: „Die Schraubengewinde, welche den
                                 										Gegenstand meines Vortrages bilden, sind diejenigen der Bolzen und Schrauben,
                                 										die zur Ausstattung von Dampf- und anderen Maschinen dienen.
                           
                              Aus der Verschiedenheit der Gewinde, die von verschiedenen Maschinenbauern
                                 										angeordnet werden, entstehen grosse Unbequemlichkeiten. Die allgemeine Fürsorge
                                 										für Ausbesserungen wird zugleich kostspielig und unzulänglich. Die
                                 										Schwierigkeit, die genaue Ganghöhe eines gewissen Gewindes zu ermitteln,
                                 										verursacht namentlich dann, wenn sie nicht in einem einfachen Verhältniss zu dem
                                 										üblichen Zoll steht, die grösste Verlegenheit. Dieses Uebel würde gänzlich
                                 										beseitigt durch ein gleichmassiges System, bei welchem das Gewinde für einen
                                 										gegebenen Durchmesser constant würde. Dieses Princip würde die kostspielige
                                 										Mannigfaltigkeit der Schneidwerkzeuge vermeiden und die dadurch herbeigeführte
                                 										Verwirrung und Hemmung beseitigen. Es würde auch die Verschwendung von Bolzen
                                 										und Muttern, welche jetzt unvermeidlich ist, verhindern. Der Aufschwung und die
                                 										Richtung des Maschinenbaues in den letzten Jahren haben eine Vermehrung dieser
                                 										Uebel bewirkt, die schliesslich zu einer Aenderung des Systems führen müssen.
                                 										Betrachten wir z.B. die Reparaturwerkstätten einer Eisenbahn oder einer
                                 										Dampfschiffahrtsgesellschaft. Hier wird die Verschiedenheit der durch den Mangel
                                 										an Uebereinstimmung erforderlich werdenden Schneidzeuge der Anzahl der
                                 										Fabrikanten, von denen die Maschinen bezogen sind, entsprechen, während, wenn
                                 										ein gleiches System von Schraubengewinden bei den verschiedenen Maschinen
                                 										angewendet wäre, ein einziger Schneidzeugsatz ausreichen würde. Die Ersparniss
                                 										und die mannigfachen Vortheile, welche in diesem Falle aus der Gleichmässigkeit
                                 										entspringen, müssen genügend einleuchten. Wenn ein gleichmässiges System für die
                                 										Marine und die Eisenbahnen angenommen würde, so ist nicht daran zu zweifeln,
                                 										dass es auch auf alle anderen Maschinen jedweder Art ausgedehnt würde. Für
                                 										besondere Zwecke würden selbstverständlich stets besondere Gewinde erforderlich
                                 										sein; aber für Schrauben, welche allgemein zur Zusammensetzung der Maschinen
                                 										gebraucht werden, würde der Vortheil der Gleichmässigkeit jeder anderen Erwägung
                                 										vorgehen.“
                              
                           Whitworth's Bemühungen um Einführung eines
                              									einheitlichen, im engsten Bezug zu dem englischen Zoll stehenden Gewindesystems
                              									waren von Erfolg gekrönt. Trotz mancher ihm anhaftender Mängel fand sein System
                              									vermöge der Vortheile, welche der Einheitlichkeit innewohnen, allgemeine Annähme in England und weite Verbreitung auf dem
                              									europäischen Continent. England lieferte unzählige, zum Schneiden der Schrauben
                              									eingerichtete Drehbänke, welche den Namen „englische“ erhielten, sowie
                              									Schraubenschneidzeuge, und hat daraus grosse Vortheile gezogen. Es ist nicht
                              									unwahrscheinlich, dass der hohe Rang, den England so lange Zeit im Maschinenbau
                              									eingenommen hat, zu einem grossen Theile dem Vorgehen Whitworth's zu verdanken ist.
                           Wie Whitworth bereits in den 40er Jahren in England, so
                              									war W. Sellers 1864 in Nordamerika bestrebt, der
                              									Mannigfaltigkeit der Schrauben ein Ziel zu setzen. Auch diese Bemühungen hatten
                              									Erfolg. Von dem Marineminister der Vereinigten Staaten wurde im J. 1868 eine
                              									Commission von Marineingenieuren zur Prüfung der Schraubenfrage ernannt, welche die
                              									Wichtigkeit einer völligen Uebereinstimmung der gebräuchlichen Schrauben in der
                              									Praxis sowohl der privaten Fabriken wie in der Marine anerkannte. Auf Grund ihres
                              									Gutachtens wurde das Seller'sche Gewindesystem im J.
                              									1868 zur ausschliesslichen Verwendung in der Marine vorgeschrieben. Dadurch ist
                              									diesem Gewinde der Weg zur Annahme in ganz Nordamerika geebnet worden.
                           Textabbildung Bd. 292, S. 262 Mit den englischen Schraubendrehbänken und den englischen
                              									Schneidwerkzeugen gelangte das Whitworth'sche
                              									Schraubensystem auch nach Deutschland; allein meist kam es verändert zur Anwendung.
                              									Der Einfluss der in Deutschland üblichen Maassysteme konnte nicht völlig überwunden
                              									werden; wenn auch meist die Whitworth'schen Ganghöhen
                              									zur Geltung gelangten und auch dessen Gangform einzuhalten versucht wurde, so
                              									richteten sich doch die Durchmesser der Bolzen und die Schlüsselweiten der Muttern
                              									nach den landüblichen Maassen, früher dem rheinischen, dem bayerischen und anderen,
                              									jetzt nach dem Metermaass. Verschiedene missglückte Versuche einzelner
                              									Werkzeugfabrikanten, ein metrisches Gewinde einzuführen, haben nur die grosse,
                              									höchst schädliche Mannigfaltigkeit auf diese Weise allmählich entstandener Gewinde
                              									noch vermehrt.
                           
                              
                                 Bolzen-durch-messer dDie
                                          													Bolzen bis zu 5 mm einschliesslich umfasst die von den
                                          													Feinmechanikern und Elektrotechnikern aufgestellte Scala, die auf
                                          													vollständig gleichen Grundlagen wie diejenige des Vereins deutscher
                                          													Ingenieure beruht und als dessen Fortsetzung zu betrachten
                                          												ist.
                                 Ganghöhe h
                                 Gangtiefe t
                                 Kerndurch-messer dDie
                                          													Bolzen bis zu 5 mm einschliesslich umfasst die von den
                                          													Feinmechanikern und Elektrotechnikern aufgestellte Scala, die auf
                                          													vollständig gleichen Grundlagen wie diejenige des Vereins deutscher
                                          													Ingenieure beruht und als dessen Fortsetzung zu betrachten
                                          												ist.
                                 Schlüssel-weite w
                                 
                              
                                 mm
                                 mm
                                 mm
                                 mm
                                 mm
                                 
                              
                                   6
                                 1,0
                                  0,75
                                   4,5
                                 12
                                 
                              
                                   7
                                 1,1
                                    0,825
                                   5,35
                                 14
                                 
                              
                                   8
                                 1,2
                                 0,9
                                   6,2
                                 16
                                 
                              
                                   9
                                 1,3
                                    0,975
                                     7,05
                                 18
                                 
                              
                                 10
                                 1,4
                                   1,05
                                   7,9
                                 20
                                 
                              
                                 12
                                 1,6
                                 1,2
                                   9,6
                                 22
                                 
                              
                                 14
                                 1,8
                                   1,35
                                 11,3
                                 25
                                 
                              
                                 16
                                 2,0
                                 1,5
                                 13,0
                                 28
                                 
                              
                                 18
                                 2,2
                                   1,65
                                 14,7
                                 31
                                 
                              
                                 20
                                 2,4
                                 1,8
                                 16,4
                                 34
                                 
                              
                                 22
                                 2,8
                                 2,1
                                 17,8
                                 37
                                 
                              
                                 24
                                 2,8
                                 2,1
                                 19,8
                                 40
                                 
                              
                                 26
                                 3,2
                                 2,4
                                 21,2
                                 43
                                 
                              
                                 28
                                 3,2
                                 2,4
                                 23,2
                                 46
                                 
                              
                                 30
                                 3,6
                                 2,7
                                 24,6
                                 49
                                 
                              
                                 32
                                 3,6
                                 2,7
                                 26,6
                                 52
                                 
                              
                                 36
                                 4,0
                                 3,0
                                 30,0
                                 58
                                 
                              
                                 40
                                 4,4
                                 3,3
                                 33,4
                                 64
                                 
                              
                           Es ist ein weit verbreiteter Irrthum, dass in Deutschland das Whitworth-Gewinde
                              									allgemein eingeführt sei; eine genaue Prüfung würde ergeben, dass die Gewinde
                              									unserer Maschinenwerkstätten meist nur noch im äusseren Ansehen dem
                              									Whitworth-Gewinde entsprechen, thatsächlich aber fast sämmtlich mehr oder weniger
                              									von einander abweichen. Kaum zwei Fabriken in Deutschland dürften wirklich so
                              									gleiche Gewinde haben, dass man die Muttern der einen passend auf die Gewindebolzen
                              										der anderen
                              									schrauben könnte. Durch diesen Mangel in der Einheitlichkeit der Gewinde befindet
                              									sich Deutschland schon lange im grossen Nachtheile gegenüber England und neuerdings
                              									auch gegenüber Nordamerika.
                           Der Verein deutscher Ingenieure hat sich seit 1875 eingehend mit der Frage eines
                              									einheitlichen metrischen Gewindesystems befasst und endlich in seiner Breslauer
                              									Hauptversammlung vom Jahre 1888 ein bestimmtes System aufgestellt, welches er zur
                              									allgemeinen Annahme empfiehlt. Die Scala dieses Systems ist folgende: Kantenwinkel =
                              									53° 8' (Winkel an der Spitze des in das Quadrat eingezeichneten gleichschenkligen
                              									Dreiecks).
                           Gegenüber dem weitest verbreiteten, dem Whitworth'schen
                              									Gewinde, sei nur bemerkt, dass dessen Scala erhebliche Sprünge und
                              									Unregelmässigkeiten aufweist, dass seine Abstufungen zu grob sind und dass die
                              									Abrundungen in der Gangform auf die Dauer die Genauigkeit der Anfertigung hindern,
                              									ja unmöglich machen.
                           Um das von ihm aufgestellte Gewinde in die Praxis einzuführen, muss der Verein deutscher Ingenieure sich zunächst an die
                              									deutschen Reichs- und Staatsbehörden wenden, da sie die grössten Abnehmer der
                              									Privatfabriken sind und selbst grosse Werkstätten betreiben. Bei der kaiserl.
                              									deutschen Marine werden die Gewinde nach dem System Whitworth geschnitten, die Bolzendurchmesser und die Schlüsselweiten
                              									werden auf ganze Millimeter abgerundet. Bei den königl. preussischen Staatsbahnen
                              									wird ebenfalls das Whitworth'sche System zu Grunde
                              									gelegt, aber mit Abweichungen in den Durchmessern. Bei der königl. preussischen
                              									Kriegsverwaltung sind zumeist, aber nicht ausschliesslich, die Ganghöhen nach Whitworth in Gebrauch, aber die Gangform ist eine
                              									andere und die Durchmesser sind auf Millimeter abgerundet.
                           Also auch diese drei grossen Behörden desselben Reiches bezieh. Staates haben
                              									verschiedene Gewinde.
                           Wie im eigentlichen Maschinenbau, so finden die Schrauben auch vielfach Anwendung in
                              									der Feinmechanik, welche durch die mannigfaltige Ausbildung der Elektrotechnik
                              									neuerdings einen ungewöhnlichen Zuwachs erhalten hat. Die Frage einer einheitlichen
                              									Herstellung der Schrauben ist daher für die Feinmechanik ganz besonders brennend
                              									geworden. Deren Lösung erfolgte unter thatkräftigster Förderung von Seiten der
                              									Physikalisch-technischen Reichsanstalt auf einer im November 1892 stattgehabten
                              									Conferenz in München durch Aufstellung eines Systems kleinerer Schrauben, im engsten
                              									Anschluss an das vom Verein deutscher Ingenieure für
                              									Schrauben grösseren Durchmessers aufgestellte System. Das neue System der
                              									Feinmechaniker wird voraussichtlich in kürzester Zeit in Deutschland allgemein zur
                              									Ausführung kommen, namentlich da auch die betheiligten Staatsanstalten, insbesondere
                              									die Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung, es zu fördern in Aussicht gestellt
                              									haben.
                           Der Verein hat mehrere vollständige Gewindeschneidzeuge, wie sie für den praktischen
                              									Gebrauch der Maschinenfabriken erforderlich sind, anfertigen lassen, um sie denen,
                              									die das neue Gewinde erproben wollen, zur Verfügung zu stellen.
                           Aus den dargelegten Gründen muss der Verein deutscher
                                 										Ingenieure den grössten Werth darauf legen, von den Reichsund
                              									Staatsbehörden, denen grosse technische Betriebe unterstehen, solche Proben des
                              									neuen Gewindes vorgenommen zu sehen.
                           Folgende Erwägungen dürften insbesondere diesen Behörden dazu Veranlassung
                              									bieten:
                           1) Es ist ein auf die Dauer unhaltbarer Zustand, dass im Deutschen Reiche für eines
                              									der wichtigsten Maschinenelemente ein auf ausländischem Maass beruhendes und
                              									überdies von den meisten willkürlich abgeändertes System angewendet wird.
                           2) Das Metermaass findet immer weitere Verbreitung. Mit der Einführung des
                              									Metermaasses würden aber auch andere Nationen, die jetzt Gewinde nach Whitworth und Sellers
                              									haben, veranlasst werden, sich unserem metrischen System anzuschliessen.
                           3) Indem wir uns bezüglich des Gewindes auf eigene Füsse stellen, machen wir uns auch
                              									bezüglich der Werkzeuge dazu von England unabhängig und erhalten dem eigenen Lande
                              									die bedeutenden Summen, die immer noch für solche Werkzeuge nach England fliessen.
                              									Wenn die Einführung des Metermaasses und damit des metrischen Gewindes auch in
                              									fremden Ländern zunimmt, werden wir des Vortheiles theilhaftig werden, den lange
                              									Jahre hindurch bis jetzt England durch die Lieferung von Gewindeschneidwerkzeugen
                              									und Drehbänken genossen hat.
                           4) Die Sicherheit, überall – zunächst wenigstens im eigenen Lande – die gleichen
                              									Gewinde und die gleichen Werkzeuge zu ihrer Herstellung zu haben, würde ganz
                              									ausserordentlich grosse Vortheile mit sich bringen.
                           5) Dieselbe Sicherheit würde aber auch bedeutende Ersparnisse mit sich bringen.
                           6) Dadurch, dass das neue Gewinde durchweg von geraden Linien begrenzte
                              									Querschnitte und einen jeder Zeit leicht herstellbaren Winkel hat, ist nicht nur die
                              									Genauigkeit der Herstellung besser gesichert als bei dem Whitworth'schen, sondern es wird auch aus demselben Grunde billiger
                              									herstellbar und leichter auf seine Genauigkeit prüfbar sein.
                           7) Es muss zugegeben werden, dass die Einführung des metrischen Gewindesystems Kosten
                              									und während der Uebergangszeit auch Schwierigkeiten veranlassen wird; aber beide
                              									dürften nicht erheblich sein. Es ist nicht nothwendig, dass eine Fabrik, eine
                              									Werkstatt von heute auf morgen einen vollständigen Wechsel vornimmt. Auf derselben
                              									Drehbank, auf der man mit einer Leitspindel von ½ Zoll engl. das Whitworth-Gewinde
                              									schneidet, kann man – nach Anschaffen eines einzigen Wechselrades – die sämmtlichen
                              									Steigungen unseres metrischen Gewindes schneiden. Ebenso wenig bedürfen die
                              									Schraubenschneidbänke und die Kluppen einer Aenderung. Neu gemacht und geändert
                              									werden müssen die Backen und Bohrer, also die eigentlichen Schneidzeuge. Aber das
                              									müssen diese Theile so wie so von Zeit zu Zeit.
                           
                        
                           Notiz über ein Röhrenniveau von variabler EmpfindlichkeitAus den Sitzungsberichten der kaiserl. Akademie der
                                       												Wissenschaften zu Wien. Mathem.-Naturwissensch. Klasse Juli 1893,
                                    											vom Herrn Verfasser mitgetheilt. von Ludwig Mach.
                           Der inneren Wand eines Libellenrohres ertheilt man bekanntlich die (schwach)
                              									tonnenförmige Gestalt durch Schleifen auf einem Stahldorne von derselben Form. Die
                              									Dicke dieses Dornes nimmt von seinen (genau gleich starken) Enden gegen die Mitte,
                              									entsprechend dem Radius, unter welchem die Röhre ausgeschlafen werden soll,
                              									allmählich zu. Bei sehr grossem Radius, also beim Schleifen von hoch empfindlichen
                              									Libellen, ist aus naheliegenden Gründen die Herstellung des Werkzeuges
                              									ausserordentlich schwierig. Das Schleifen erfordert nebst grosser Geduld
                              									beträchtliche mechanische Fertigkeit. Ich versuchte deshalb vor einiger Zeit, dieses
                              									umständliche Verfahren durch ein anderes recht einfaches zu ersetzen.
                           Textabbildung Bd. 292, S. 263Fig. 1.Textabbildung Bd. 292, S. 263Fig. 2. Von dem Gedanken ausgehend, dass ein an den beiden Enden fixirtes, in der
                              									Mitte, jedoch einseitig und senkrecht auf seine Achse, gedrücktes Glasrohr eine
                              									annähernd kreisbogenförmige Krümmung besitzt, führte ich die im Nachfolgenden näher
                              									beschriebene Libelle aus. Die Wand des Glasrohres gg
                              										(Fig. 1) trägt in der Mitte eine Bohrung, in
                              									welcher die Mutter eines feines Stahlschräubchens s
                              										(7/40 mm
                              									Gangsteigung) eingelassen ist. Ein gut cylindrisches Rohr, das ganz wie die
                              									gewöhnlichen Libellen eine Theilung und Aetherfüllung besitzt, wird an seinen Enden
                              									mit zwei aufgepassten, bogenförmigen Stahlstückchen m
                              									und n versehen. Diametral diesen beiden Klötzchen
                              									gegenüber und in der Mitte von g1g1 befindet sich ein ganz ähnlich gearbeitetes Stück
                              										o. Dieses Rohr wird in das erstere eingeschoben und
                              									mit Hilfe des in o eingreifenden Schräubchens s gedrückt. Da bei der ganzen Pressungsvorrichtung
                              									ausser Glas nur Stahl in Stücken von sehr geringer Ausdehnung verwendet wurde, so
                              									ist die Aenderung der Krümmung durch Temperaturschwankungen auf ein Minimum
                              									reducirt. Fig. 2 zeigt einen Schnitt durch die
                              									Vorrichtung. Eine Bestimmung der Empfindlichkeit (bei sanft gepresstem Rohre) ergab
                              										1p = 7''. Innerhalb der Temperaturgrenzen von + 40°
                              									C. bis – 20° C. war diese Libelle nahezu denselben Variationen unterworfen wie
                              									irgend ein anderes durch Schleifen hergestelltes Röhrenniveau. Da an den Enden die
                              									gleiche Empfindlichkeit wie in der Mitte vorhanden war, so dürfte wohl die
                              									Biegungscurve einem Kreisbogen sehr nahe kommen. An manchen Stellen aber bemerkte
                              									ich sehr geringe Variationen der Empfindlichkeit, welche ich der nicht ganz
                              									vollkommen cylindrischen Form des Rohres zuschreiben muss.Das Glas
                                    											meiner Versuchslibelle war von A. Pessler,
                                    											Mechaniker in Freiberg i. S., aus einem Röhrenvorrath ausgewählt worden.
                                    											Obwohl es ohne jede Correction der Cylinderfehler mit Füllung und Theilung
                                    											versehen wurde, so ersetzt es im gebogenen Zustande eine Libelle von der
                                    											oben erwähnten Empfindlichkeit. Wenn man ein möglichst
                              									cylindrisches Glas unter vielen Glasröhren systematisch heraussucht, und dessen
                              									eventuelle Formfehler durch Nachschleifen auf einem cylindrischen Dorne corrigirt,
                              									was beiläufig gesagt eine sehr leichte Arbeit ist, so könnte man durch Einfügen
                              									desselben in die obige Biegungsvorrichtung eine gute Libelle von beträchtlicher
                              									Empfindlichkeit erhalten. (Zeitschrift für
                                 										Instrumentenkunde.)
                           
                        
                           Erdöl als Mittel gegen den Kesselstein.
                           (Aus dem 1893er Jahresbericht des Berg.
                              									Dampfkessel-Revisionsvereins.)
                           Oberingenieur Vogt theilt über diesen Gegenstand
                              									Folgendes mit: „Soviel Hochachtung ich vor dem Erdöl habe, wenn es auf die Lampe
                                 										gegossen wird oder als Brennmaterial Verwendung findet, so halte ich mich doch
                                 										für verpflichtet, hier an dieser Stelle kräftigst vor der Benutzung des Erdöls
                                 										gegen den Kesselstein zu warnen, nicht weil ich eine Wirkung des Erdöls auf den
                                 										Kesselstein bestreite, sondern weil im Gegentheil seine Wirkung eine derartige
                                 										ist, dass ein Defectwerden der Kessel, namentlich der in hiesiger Gegend noch
                                 										zahlreich vorhandenen Aussenfeuerungskessel, sehr zu befürchten ist, dann aber
                                 										auch noch aus anderen Gründen, auf die ich noch zu sprechen komme. Die Wirkung
                                 										des Erdöls auf den Kesselstein ist nicht chemischer, sondern rein mechanischer
                                 										Natur. Wird, wie es richtig ist, die mit Kesselstein besetzte Kesselwandung im
                                 										kalten Zustande mit Erdöl gestrichen, so dringt es in den Kesselstein ein. Bei
                                 										nachheriger Erwärmung des wieder mit Wasser gefüllten Kessels entweichen zuerst
                                 										aus dem eingedrungenen Erdöl dessen leichtflüchtige Bestandtheile, und
                                 										schliesslich verdampft es bei ungefähr 150° C. Durch das Entweichen der
                                 										flüchtigen Bestandtheile und durch das nachherige Verdampfen des Erdöls wird der
                                 										Kesselstein gelockert und gesprengt, so dass er von selbst von der Kesselwandung
                                 										abfällt. Die abgefallenen Kesselsteinstücke und -stückchen werden von der
                                 										Strömung des Wassers im Kessel; die naturgemäss nach derjenigen Stelle des
                                 										Kessels hin ist, wo die stärkste Wasserverdampfung und die stärkste Erwärmung
                                 										stattfindet, mitgerissen und lagern sich, zu Klumpen angehäuft, auf der
                                 										Feuerplatte ab. Eine nothwendige und in hiesiger Gegend leider so sehr bekannte
                                 										Folge hiervon ist, dass die Feuerplatte an der Stelle, wo der Klumpen liegt, gar
                                 										nicht oder wenigstens zu schwach vom Wasser bespült werden kann, dadurch
                                 										überhitzt wird und sich durchbeult oder aufreisst. Solche Ablagerungen von
                                 										losgesprungenen Kesselsteinsplittern auf den Feuerplatten sind bei
                                 										Innenfeuerungskesseln kaum zu befürchten, hier finden die Ablagerungen an einer
                                 										Stelle des Kessels statt, die von den Heizgasen erst berührt wird, wenn diese
                                 										eine niedrige Temperatur erreicht haben. Bei Locomotivkesseln finden die
                                 										Ablagerungen vorwiegend auf dem Boden des Langkessels statt, wo sie aber
                                 										vollends unschädlich sind, da die Wandungen des Langkessels gar nicht von den
                                 										Heizgasen berührt, vielmehr von der Aussenluft abgekühlt werden.
                           
                              Es ergibt sich hieraus wieder so recht die Nothwendigkeit, sehr vorsichtig
                                 										umzugehen mit all derartigen Mittheilungen, mag die Stelle, welche ihre
                                 										Wichtigkeit für alle Kesselbesitzer betont, auch noch so fett gedruckt sein, und
                                 										mag die Quelle der Mittheilung herrühren, woher sie will. Eins passt eben nicht
                                 										für alles!
                              
                           
                              Was mich weiter gegen die Benutzung des Erdöls als Kesselsteinlösungsmittel
                                 										einnimmt, ist die grosse Gefahr, die mit der Anwendung dieses Mittels für die
                                 										Arbeiter verbunden ist. Ist die Kesselwandung beim Anstreichen mit Erdöl nicht
                                 										durch und durch erkaltet und ebenso das Mauerwerk des Kessels, so tritt eine
                                 										Betäubung der Arbeiter in Folge der sich sofort entwickelnden leichtflüchtigen
                                 										Bestandtheile des Erdöls ein, oder es erfolgt gar eine Entzündung, wenn nicht
                                 										gut gereinigtes Erdöl Verwendung findet. Es sind schon so viele Unglücksfälle
                                 										dieser Art durch die Benutzung des Erdöls in den Dampfkesseln vorgekommen, dass
                                 										ich Ihnen mit der vollsten Ueberzeugung nur zurufen kann: Giessen Sie das Erdöl
                                 										in die Lampen, aber verschonen Sie Ihre Kessel damit, zum Wohle der Arbeiter und
                                 										nicht zum Schaden unserer Pfleglinge!“
                              
                           Einen Beleg für die von Vogt hervorgehobene, mit der
                              									Benutzung von Erdöl verbundene grosse Gefahr bietet folgender, im 17.
                              									Geschäftsbericht des Rheinischen Dampfkessel-Ueberwachungsvereins mitgetheilter
                              									Unfall:
                           
                              „Die Anwendung von Erdöl als Antikesselsteinmittel führte zur schweren Verletzung
                                 										zweier Leute von dem Bedienungspersonal eines Dampfschiffs, von denen einer nach
                                 										wenigen Stunden starb. Kurze Zeit nachdem der Kessel ausser Betrieb, war durch
                                 										die Mannlöcher mittels einer Spritze Erdöl auf die mit Kesselstein bedeckten
                                 										Wandungen aufgetragen, wobei sich, da die Kesselwandungen noch heiss waren,
                                 										Erdöldämpfe bildeten. Die Bedienungsmannschaft hatte die strenge Weisung,
                                 										den Kessel bis zur vollständigen Erkaltung stehen zu lassen und nicht zu
                                 										befahren. Leider wurde diese Vorschrift nicht befolgt, und ein Mann führte ein
                                 										brennendes Licht zum oberen Mannloch hinein, um die Wirkung des Erdöls zu
                                 										beobachten; hierdurch entzündeten sich selbstverständlich die Erdöldämpfe, und
                                 										eine lange Flamme schlug zu beiden Mannlöchern heraus, wobei derjenige Arbeiter,
                                 										welcher in das obere Mannloch hineingeleuchtet hatte, und ein zweiter, welcher
                                 										vor dem unteren Mannloch beschäftigt war, schwere Brandwunden
                                 									erhielten.“
                              
                           
                        
                           Vorkommen und Anwendung des Glimmers.
                           Weisser Glimmer kommt, soweit bekannt, in Norwegen nur an einem Orte in
                              									gewinnungswerther Menge vor, nämlich in Rakkestad an der Südküste. Aber in einer
                              									Tiefe von 10 bis 12 m musste auch dieser Betrieb eingestellt werden, weil das
                              									Material zu unrein wurde und mit Kiesen und Rostflecken behaftet war. In den Jahren
                              									1885/90 fand von hier aus nach Amerika, Deutschland und Frankreich eine Ausfuhr
                              									statt, deren Werth für Amerika 37675 M. betrug (gegen 13 M. das Pfund). Ausser zu
                              									Ofenscheiben verwendet man Glimmer zu Compassplatten, zu Isolatoren bei elektrischen
                              									Beleuchtungsmotoren, als Pulver in Tapeten, feuerfesten Papieren und als Beimengung
                              									für Maschinenöle. Aber im Verhältniss zum Weltmarkt stehen die amerikanische Union
                              									(Nord-Carolina) und Russland als Glimmerproducenten obenan. In den letzten Jahren
                              									soll auch Asien bedeutende Mengen geliefert haben. Sind die Glimmerplatten
                              									mindestens 5 × 5 cm gross, so sind sie verkäuflich, aber deren Werth steigt
                              									bedeutend mit der Grösse. Während man 5 × 5 cm-Platten mit nur 0,4 M. bezahlt,
                              									erreichen solche von 8 × 13 cm schon 8 bis 9 M. Die Stärke der Platten wechselt
                              									zwischen 1,0 und 0,1 mm, aber am meisten wird die Stärke von 0,2 mm gesucht. Die
                              									Platten werden zugeschnitten, wobei ein sorgfältiges Schneiden eine grosse Rolle
                              									spielt; schlecht zugeschnittene Platten können bis 50 Proc. an Werth verlieren, und
                              									solche mit Rissen oder Riefen in den Kanten oder mit Rostflecken sind von geringem
                              									oder keinem Werthe. (Norges geologiske undersögelse
                              									nach Oesterreichische Zeitschrift.)
                           
                        
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                              									Versuche berechnet und herausgegeben von H. F. Wiebe,
                              									Mitglied der physikalisch-technischen Reichsanstalt. Braunschweig. Friedr. Vieweg
                              									und Sohn. 30 S. 2 M.
                           Auf Grund neuerer Versuche, die den Regnault'schen
                              									Versuchen gegenüber die grossen Fortschritte der Thermometrie benutzen konnten, sind
                              									zwei neue Berechnungen durchgeführt, deren erste die Wärmegrade um 1/100° steigend zu
                              									Grunde legt und danach die Barometerhöhe bis auf Hundertstelmillimeter berechnet,
                              									deren zweite für die Barometerhöhe von 680 bis 800 mm um je 1/100° mm steigend die Grade bis zu 4 Decimalstellen
                              									angibt. Bei beiden Tafeln sind die PP angegeben. „Der Umfang der Tafeln ist so
                                 										bemessen, dass nahezu sämmtlichen auf der Erdoberfläche vorkommenden
                                 										atmosphärischen Druckunterschieden Rechnung getragen wird.“
                           Mittheilungen aus dem
                                 										mechanisch-technischen Laboratorium der königl. Technischen Hochschule in
                                 										München von J. Bauschinger, 22. Heft,
                              									enthaltend Verhandlungen der in Dresden (1886) und Berlin (1890) abgehaltenen
                              									Verhandlungen zur Vereinbarung einheitlicher Prüfungsmethoden für Bau- und
                              									Constructionsmaterialien. Nachruf von A. Martens.
                              									München. Ackermann. 326 S. Quart. 12 M.
                           An der Spitze des Heftes findet sich ein Nachruf für den der Wissenschaft leider zu
                              									früh entrissenen Prof. Bauschinger und sein Porträt in
                              									Lichtdruck. Die Verhandlungen sind nach den stenographischen Berichten
                              									wiedergegeben. Leider musste die ursprüngliche Absicht, diesem Hefte auch die Wiener
                              									Verhandlungen (1893) beizufügen, in Folge des Hinscheidens Bauschinger's hinausgeschoben werden.