| Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] | 
| Fundstelle: | Band 292, Jahrgang 1894, Miszellen, S. 302 | 
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                        [Kleinere Mittheilungen.]
                        Kleinere Mittheilungen.
                        
                     
                        
                           Die Zahl der Getreidemühlen im Deutschen Reiche.Nach den
                                    											Erhebungen der Commission für Arbeiterstatistik.
                           1) Windmühlen. Das Kataster der Müllerei-Berufsgenossenschaft führte im Januar 1893
                              									für das Deutsche Reich 14301 Mühlen, welche nur Wind als Triebkraft benutzten, auf.
                              									Diese Windmühlen liegen fast durchwegs in Nord- und Mitteldeutschland; in
                              									Württemberg ist keine; nur zwei befinden sich in Süddeutschland, nämlich je eine in
                              									der bayerischen Pfalz und in Baden. Von den norddeutschen Staaten weisen Waldeck und
                              									Reuss ältere Linie keine Windmühlen auf. 2) Wassermühlen. Im Kataster der
                              									Müllerei-Berufsgenossenschaft waren im Januar 1893 im Deutschen Reiche 25851 von
                              									Wasser allein, 1352 von Wasser und Dampf getriebene und 624 Getreidemühlen, in deren
                              									Betrieb Wind und Wasserkraft zur Verwendung kamen, verzeichnet. 3) Dampfmühlen. Im
                              									Januar 1893 bestanden 2094 von Dampf allein und von Dampf und Wasser getriebene
                              									Mühlen.
                           
                        
                           Dermatine, ein kautschukartiges Erzeugniss.
                           Unter dem Namen Dermatine wird in jüngster Zeit ein englisches Product bei uns
                              									eingeführt, welches alle Maschinenfachleute interessiren dürfte. Unter Benutzung
                              									eines Aufsatzes von F. Wallenstein in der Allgemeinen Oesterreichischen Chemiker- und
                                 										Techniker-Zeitung, 1892 Nr. 4, der das Material in England eingehend
                              									studirte, sind wir (Glaser's Annalen vom 1. September
                              									1893) in der Lage, folgendes hierüber mittheilen zu können.
                           Der Erfinder der Dermatine ist Maximilian Zingler, ein
                              									geborener Oesterreicher und Mitglied der Chemical Society in London, die englischen
                              									Patente werden von einer Actiengesellschaft ausgeübt, der derzeit einzigen Fabrik
                              									dieses Materials.
                           Dermatine ist unter die kautschukähnlichen Producte zu klassificiren, wenngleich es
                              									im Gebrauch von Kautschuk sehr verschieden ist.
                           Das Neue in der Fabrikation liegt hauptsächlich in der Verwendung kohlensaurer
                              									Magnesia – zur Compensirung des Vulkanisirungsschwefels – was die Hauptursache ist,
                              									dass die Producte jedem atmosphärischen Einflüsse widerstehen und mit der Zeit nicht
                              									brüchig werden, wie es Gummi waren stets thun, in denen die Säure nicht neutralisirt
                              									wird, die sich aus dem Vulkanisirungsschwefel zu entwickeln pflegt. Dermatine macht
                              									nicht den gewöhnlichen Vulkanisirungsprocess durch, sondern einen davon
                              									verschiedenen Veredelungsprocess. Ferner ist in der Dermatinefabrikation die
                              									Verwendung von ozonübertragenden Lösungsmitteln, wie Benzol, Naphta, Camphoröl,
                              									Terpentin ausgeschlossen, was zur Folge hat, dass sich in dem fertigen Product keine
                              									langsamen Oxydationsprocesse abspielen können, welche in Lederbänden, Gummizügen,
                              									Hanfseilen sehr oft einen raschen Verfall der Zugfestigkeit u.s.w. herbeiführen.
                           Die Fabrikation von Dermatine geschieht in der Weise, dass die verschiedenen
                              									Rohmaterialien zwischen Stachelwalzen zerkleinert werden, worauf ein Mischen nach
                              									gewissen Gewichtsverhältnissen und ein gleichmässiges Durcharbeiten des Gemisches,
                              									zuerst in Knetapparaten, dann zwischen Gleitwalzen folgt.
                           Diese durch hochgespannte Wasserdämpfe geheizten Walzen drehen sich im selben Sinne
                              									und sind ähnlich den Appreturkalandern der Textilfabriken construirt. Dadurch, dass
                              									das gemischte Material zwischen denselben bei hoher Temperatur und starkem Druck
                              									wiederholt zu dünnen Bändern ausgewalzt wird, erreicht die Gleichmässigkeit des
                              									Gemenges eine besondere Vollendung.
                           Es folgt nun die Herstellung der verschiedenen Artikel in Pressformen unter
                              									hydraulischem Druck auf Zugbänken, zwischen kalibrirten Walzen u.s.w. Es würde zu
                              									weit führen, die Herstellung der verschiedenen Artikel bis ins Einzelne zu
                              									verfolgen; dieselbe geschieht in der Hauptsache unter Beachtung der zwei
                              									Gesichtspunkte:
                           1) Anwendung sehr starken hydraulischen Druckes;
                           2) Einwirkung verhältnissmässig hoher Hitzegrade. Ferner
                              									wird noch das Princip eingehalten, jeden Dermatine-Artikel unter solchen Bedingungen
                              									zu erzeugen, die weit über der im Gebrauch geforderten Festigkeitsbeanspruchung
                              									liegen. So wird zum Beispiel für die Erzeugung der Treibriemen die zur Verwendung
                              									gelangende Hanffasereinlage vorerst einem Beizverfahren unterworfen, welches deren
                              									Dehnbarkeit so viel wie möglich aufhebt. Das präparirte Gespinnst, das mit Dermatine
                              									überkleidet werden soll, wird unter sehr starker Spannung gearbeitet und das
                              									Ueberkleiden mit Dermatine unter hohem Druck zwischen kalibrirten Walzen und auf
                              									einem Spanntisch bei einer Spannung vorgenommen, grösser als diejenige, welche der
                              									Riemen bei seinem Gebrauch als Krafttransmission zu übertragen berufen ist. Das
                              									schliessliche Veredelungsverfahren geschieht bei einer Temperatur von nahezu
                              									200° unter fortwährender Aufrechterhaltung der Spannungsbeanspruchung bis
                              									wieder zur vollständigen Erkaltung. Es ist klar, dass sich in einem so hergestellten
                              									Riemen alle inneren Verschiebungen bereits vollzogen haben, welche in einem
                              									Lederriemen während des Gebrauches eintreten und die lästigen Dehnungen hervorrufen;
                              									da ein solcher Riemen ferner kautschukartig dicht und homogen ist, so können
                              									Temperatur- und Feuchtigkeitswechsel demselben nichts anhaben.
                           Auch die Dampfkolbenüberzüge, Stopfbüchseneinlagen, Dichtungsringe u.s.w. werden
                              									unter sehr hohem Dampfdruck und einer Temperatur von nahezu 200° C. behandelt, bevor
                              									sie die Fabrik verlassen. Ebenso machen die Kolbenstulpen, Ventilbeliderungen,
                              									Schläuche für Oelpumpen und andere Apparate der Oel- und Fettindustrie ein
                              									besonderes Härtungsverfahren durch, welches als Fabrikgeheimniss gewahrt wird.
                           Jedenfalls scheint das Verfahren die genannten Artikel ausserordentlich ölfest zu
                              									machen, denn es ist nahezu ausschliesslich Dermatine, was man in englischen und
                              									schottischen Oelfabriken in Anwendung findet. Dermatine-Artikel dieser Sorte sind
                              									hornartig hart, jedoch elastisch, wenngleich selbst bei starkem Druck nicht viel in
                              									der Form nachgebend. Die Kanten dieser Gegenstände, z.B. Pump cups, sind scharf und
                              									hart, aber biegsam, gut druckelastisch, aber fast gar nicht zugelastisch.
                           Dermatine-Dichtungsringe sind dem äusseren Ansehen nach Gummi-Dichtungsringen sehr
                              									ähnlich, -Treibriemen haben Farbe und Ansehen von lohgarem Leder, -Schläuche und
                              									-Dichtungsschnüre geben einem Zug elastisch nach, Treibriemen sind nahezu
                              									dehnungsunfähig, Ventileinsätze, Manschetten, Pump cups, sind sehr formfest, und nur
                              									starkem Druck gegenüber verhalten sie sich wie elastische Körper. Ein Ledersurrogat
                              									aus Dermatine, welches in London bereits viel auf Schuhsohlen verarbeitet wird,
                              									welche 3- bis 4mal länger als Ledersohlen halten sollen, stellt biegsame, wenig
                              									elastische, aber sehr dichte und zähe Platten vor, welche in Farbe und Griff dem
                              									Leder sehr ähnlich sind.
                           Oel und Fett jeder Art, besonders aber Erdöl, ruinirt, wie bekannt, Kautschuk in der
                              									kürzesten Zeit, indem das Fett von dem betreffenden Kautschukgegenstand begierig
                              									aufgesaugt wird. Der Gegenstand erweicht zu einer zähen Schmiere.
                           Die Einwirkung von Erdöl, freier Oelsäure u.s.w. macht das Leder besonders bei hoher
                              									Temperatur, ferner auch bei Einfluss von Feuchtigkeit rasch spröde und brüchig.
                              									Pumpenbeliderungen aus Dermatine dauerten im Allgemeinen 6mal länger, als solche aus
                              									Leder oder Kautschuk, und solche Dermatine-Artikel sind da heute noch in Betrieb, wo
                              									Leder als Dichtungsmaterial in wenigen Tagen zu Grunde ging.
                           Man findet Dermatine aber auch in Fabriken rein mechanischer Richtung. So laufen in
                              									den Werken von W. Armstrong in Elmswick bereits eine
                              									Anzahl Transmissionsriemen aus Dermatine. Diese haben eine geringere Steifigkeit als
                              									Lederriemen von gleicher Dimension, sind biegsam und zähe bei hohen Wärme- und
                              									Kältegraden. Ein Dermatine-Riemen wird von heissem Dampfe oder andauernder
                              									Feuchtigkeit nicht beeinflusst und kann sowohl unter Wasser, als auch in einer
                              									Atmosphäre von gespanntem Dampf oder in trockener heisser Luft arbeiten.
                           Die Zugfestigkeit von Dermatine-Riemen ist durchschnittlich 4,572 engl. Pfd. auf den
                              									Quadratzoll, gegen 3,572 Pfd. für bestes Leder oder 35 k zu 27 k auf 1 qcm; das ist
                              									etwa 30 Proc. mehr. Diese Versuche sind bei David Kirkaldy
                                 										and Son in London ausgeführt.
                           Die mit der Einführung des neuen Materials in Deutschland betraute Firma ist Calm und Bender in Berlin SO.
                           
                        
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                           Prof. Reuleaux' Urtheil über die
                                 										Leistungen unserer deutschen Industrie auf den Weltausstellungen zu Philadelphia
                                 										und Chicago, kritisch beleuchtet von E.
                                 										Jentzen, Director des städtischen Technicums zu Neustadt i. Meckl. Verlag
                              									von Gerhard Kühtmann in Dresden. 24 S. Preis 80 Pf.
                           Die Schrift bietet im Wesentlichen nur eine Zusammenstellung von bereits
                              									veröffentlichten Aeusserungen verschiedener Corporationen über die bekannten
                              									Aeusserungen Reuleaux'. Man sollte diese Sache doch nun
                              									als erledigt ansehen und ruhen lassen.