| Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] | 
| Fundstelle: | Band 301, Jahrgang 1896, Miszellen, S. 264 | 
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                        [Kleinere Mittheilungen.]
                        Kleinere Mittheilungen.
                        
                     
                        
                           Die Durchbiegung von Trägern durch Stoss.
                           Die Formeln, nach welcher eine fallende Last auf den Träger einwirkt, haben bislang
                              									wenig Eingang in die Lehrbücher gefunden, doch sind in der letzten (6.) Auflage von
                              										Merriman's Mechanics of
                                 										Materials einige Erörterungen darüber angestellt worden. Die unten
                              									angeführte Formel für die Durchbiegung eines Trägers unter der Wirkung eines
                              									fallenden Gewichtes sind diesem Buche entnommen.
                           P sei das Gewicht der Last, welche durch die Höhe h auf die Mitte eines an den Endpunkten unterstützten
                              									Trägers fällt; d sei die durch P verursachte statische Durchbiegung, welche man entweder direct messen
                              									oder nach der gewöhnlichen Methode berechnen kann; D
                              									sei die dynamische Durchbiegung, welche durch den Stoss der fallenden Last
                              									verursacht wird; W sei das Gewicht des Trägers.
                           Die dynamische Durchbiegung ist in diesem Falle:
                           
                              D=d+\sqrt{2\,m\,h\,d+d^2}
                              
                           wo der Werth von m auf dem
                              									Verhältniss von P zu W
                              									beruht, den man nach folgender Formel erhält:
                           
                              m=\frac{35\,P}{35\,P+17\,W}
                              
                           Mit dieser Formel kann man die Durchbiegung, welche der Stoss einer fallenden Last
                              									verursacht, berechnen, vorausgesetzt, dass die Dehnung, welche der Träger erleidet,
                              									die Elasticitätsgrenze des Materials, aus dem er gemacht ist, nicht
                              									überschreitet.
                           Als Beleg für die Richtigkeit der Formel mag ein von P. H.
                                 										Dudley in der Railroad Gazette vom 31. Mai
                              									1895 angeführter Versuch dienen:
                           Eine Eisenbahnschiene von 30 Fuss Länge und 80 Pfund Gewicht für das laufende Yard
                              									wurde an ihren beiden Enden durch Böcke unterstützt. Eine Last von 100 Pfund, welche
                              									man allmählich auf die Schiene wirken liess, verursachte eine statische Durchbiegung
                              									von 0,12 Zoll; liess man dieselbe Last von einer Höhe von 1 Fuss fallen, so
                              									verursachte sie eine Maximaldurchbiegung von 0,91 Zoll.
                           In diesem Versuch ist P = 100 Pfund, h = 12 Zoll, d = 0,12 Zoll
                              									und W = 800 Pfund. Nach der oben angeführten Formel finden wir m = 0,2047, und wenn wir diesen Werth in die Formel für
                              									die dynamische Durchbiegung einführen, D = 0,897.
                              									Dieses durch Rechnung gefundene Resultat stimmt mit dem beobachteten Werth 0,91 Zoll
                              									sehr gut überein.
                           Wird in der obigen Formel h = 0, so wird D = 2 d oder die
                              									dynamische Durchbiegung ist doppelt so gross als die statische. Dieser Fall tritt
                              									ein, wenn die volle Intensität einer Last, welche man plötzlich einwirken lässt,
                              									während der ganzen Dauer der Durchbiegung fortwirkt.
                           Die Formel beweist die Richtigkeit des lang bekannten Satzes, dass die Durchbiegung
                              									und Dehnung, welche eine plötzliche Belastung verursacht, doppelt so gross ist wie
                              									die, welche eine allmählich einwirkende Belastung verursacht. Sowohl diese
                              									Schlussfolgerung als auch die Formel ist aber nur dann richtig, wenn die Dehnung
                              									geringer als die Elasticitätsgrenze ist.
                           
                        
                           Verhütung der Verwitterungen des Marmors.
                           Ueber die nachtheiligen Einflüsse der Witterung auf den Marmor macht in der Baumaterialienkunde, Heft 3, F.
                                 										Hauenschild einige Mittheilungen, deren Schluss wir in Nachstehendem folgen
                              									lassen:
                           Im J. 1885, gelegentlich der Restaurirungsarbeiten am St. Marcus-Dom, ermittelte der
                              									Bauleiter Ingenieur Saccardi
                              									in dem Verfahren, welches der Chemiker Kessler zum
                              									Härten weicher, natürlicher und künstlicher Bausteine vorschlug, bestehend im
                              									Imprägniren mit Metallfluosilicaten (Fluaten), ein Mittel, welches zu überraschenden
                              									Resultaten führte und das daher berufen erscheint, in der Frage der Renovirung und
                              									Conservirung der Statuenmarmore von Bedeutung zu werden. Saccardi behandelte im Laboratorium von Prof. Leonardi z.B. eine vollständig weich gewordene Marmorplatte mit Fluat,
                              									welche darauf ihre ursprüngliche Härte wieder erlangte, mit der Säge bearbeitet
                              									scharfe Ränder ergab und, mit Blei polirt, eine so klare Oberfläche erhielt, wie sie
                              									selbst bei neuem Marmor nicht zu erzielen ist.
                           Saccardi rühmt von diesem Mittel ferner, dass es auch
                              									zum Verkitten löcheriger Stellen im Marmor vorzügliche Dienste leistet, indem man
                              									zunächst aus dem mit Wasser angerührten Marmorpulver einen Brei bereitet und in die
                              									beschädigten Stellen einstreicht und hinterher mit Fluat härtet, wodurch der Kitt so
                              									hart wie der Marmor selbst wird und mit diesem ein homogenes Ganze bildet.
                              									Diesbezügliche Laboratoriumsversuche in der Mailänder Technischen Hochschule ergaben
                              									für eine so hergestellte künstliche Steinmasse aus Kalkpulver, imprägnirt mit
                              									Doppelfluat, eine durchschnittliche Festigkeit für Bruch von 57 k und für Druck von
                              									142 k auf 1 qcm.
                           Vom chemischen Standpunkte aus erklärt sich diese in der Praxis beobachtete günstige
                              									Einwirkung der Fluate auf Marmor dahin, dass eine wechselweise Umsetzung vor sich
                              									geht.
                           Es bilden sich aus Aluminiumfluat und Marmor einerseits unlösliche Kieselsäure,
                              									Flusspath und unlösliche Thonerde, andererseits Kohlensäure, welche entweicht.
                           Es wäre sehr wünschenswerth, dass diese schon seit 10 Jahren bewährte
                              									Conservirungsmethode auch in Deutschland mehr Eingang fände, wozu die gegenwärtigen
                              									Mittheilungen eine Anregung bilden mögen.
                           
                        
                           Die Diamanten des Stahles.
                           Wie die Chemiker-Zeitung berichtet, wurde in der
                              									jüngsten Sitzung der Academie des sciences in Paris eine Arbeit von Rossel über die Diamanten des Stahles verlesen. Moissan hat dadurch diamantartige Kohlenstoffkrystalle
                              									erhalten, indem er bei 3000° geschmolzenes Eisen mit Kohle sättigte und unter hohem
                              									Druck abkühlte. Dies brachte den Verfasser auf den Gedanken, dass die sehr harten
                              									Stahlsorten, welche bei sehr hoher Temperatur in den Stahlfabriken hergestellt und
                              									unter hohem Druck abgekühlt werden, Kohlenstoff enthalten müssten, welcher dieselben
                              									Formen und Eigenschaften hat, wie die von Moissan
                              									beschriebenen Diamanten. Er behandelte verschiedene Proben Stahl, indem er dieselben
                              									mit starken Säuren auflöste, die Rückstände wurden nach einander mit concentrirter
                              									Salpetersäure, geschmolzenem Kaliumchlorat, concentrirter Fluorwasserstoffsäure und
                              									starker Schwefelsäure behandelt.
                           Rössel fand in einer grossen Zahl von Proben
                              									krystallisirte Rückstände, welche durchscheinend, durch die genannten
                              									Behandlungsweisen nicht löslich waren und die von Moissan angegebenen Eigenschaften besassen. Diese Rückstände
                              									krystallisiren bald in regulären Octaëdern von geringer Dimension, bald sind es
                              									ebenso durchscheinende Splitter von grösserer Dimension, die leicht einen
                              									Durchmesser von 0,5 mm erreichen. Diese Krystalle verbrennen in Sauerstoff unter
                              									Bildung von Kohlensäure; sie absorbiren das Licht, geben aber mit polarisirtem Licht
                              									keine Färbung. Sie sind aussergewöhnlich hart, ritzen Korund, sind aber sehr
                              									spröde.
                           
                        
                           Lösen festgerosteter Muttern.
                           Um das Losdrehen festgerosteter Muttern von den Schraubenbolzen, welches seither nur
                              									mit grosser Mühe durch Anwärmen und nach langwieriger Behandlung mit Oel u. dgl.
                              									erfolgen konnte, auf leichte Weise zu bewerkstelligen, werden jetzt Muttern mit
                              									einer die Gewindegänge derselben durchschneidenden Oelnuthe versehen. Dieselbe kann
                              									sowohl parallel zur Achse des Schraubenbolzens gerichtet sein, als auch in schräger
                              									Richtung um die Cylinderfläche herumlaufen, und sowohl rund, als auch eckig
                              									ausgeführt werden. Diese von A. Matthees in
                              									Nieder-Georgenthal erfundenen gesetzlich geschützten Muttern besitzen noch den
                              									Vortheil, dass durch Losdrehen derselben das Gewinde nicht verschlechtert und stumpf
                              									gerieben, sondern durch die Kanten der eingearbeiteten Nuthen eher nachgeschnitten
                              									wird.