| Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] | 
| Fundstelle: | Band 310, Jahrgang 1898, Miszellen, S. 199 | 
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                        [Kleinere Mittheilungen.]
                        Kleinere Mittheilungen.
                        
                     
                        
                           Der deutsche Schiffbau.
                           Seit einer Reihe von Jahren tritt immer entschiedener das Uebergewicht des deutschen
                              									Schiffbaus über jeden Concurrenten hervor, natürlich mit Ausnahme des englischen,
                              									der allein weit mehr Seeschiffe herstellt, als alle anderen Länder zusammengenommen,
                              									wie denn ja auch die englische Flagge Zweidrittel aller Seedampfer der Welt besitzt.
                              									Diese hohe Wtellung des deutschen Schiffbaus ist um so bemerkenswerther, als er ohne
                              									staatliche Subvention arbeitet, während der französische hohe Bauprämien erhält und
                              									durch Zölle auf fertige Schiffe gegen fremde Concurrenz geschützt ist, dafür aber
                              									nicht Zollfreiheit auf Schiffbaumaterialien geniesst, wie es glücklicher Weise der
                              									deutsche thut. Das Bureau Lloyds in London verzeichnet für Ende September 1898 an
                              									Handelsschiffen als wirklich im Bau (die bloss bestellten Schiffe nicht
                              									eingerechnet) für Deutschland 144000 t Dampfer und nur 150 t Segler. Frankreich hat
                              									an Dampfern nur den dritten Theil im Bau, nämlich 50100 t; dagegen cultivirt es noch
                              									den Bau von Segelschiffen, die doch einen dem Untergang geweihten aussterbenden Typ
                              									vorstellen; es baut davon 25300 t. Alles in allem sind in Deutschland 144000 t
                              									Handelsschiffe im Bau, in Frankreich nur 75400. Die meisten anderen Länder stehen
                              									weit zurück. Nur Italien – 38300 t Dampfer und 2700 t Segler – und die Vereinigten
                              									Staaten – 55100 t Dampfer und 3400 t Segler – ragen noch einigermaassen hervor.
                              									Gegen Englands 1301500 t Dampfer und 2700 t Segler bedeutet das alles freilich
                              									wenig. Der britische Schiffbau ist beinahe zehnmal so gross als der deutsche und
                              									beinahe neunzehnmal so gross wie der französische. Dazu kommt nun noch die
                              									Bauthätigkeit der Staats- wie der Privatwerften für die Kriegsflotten. Der englische
                              									Schiffbau hierfür war Ende September 1898 mit 376000 t verzeichnet; davon für die
                              									englische Kriegsflotte auf Staatswerften 110000 t, auf Privatwerften 156000 t.
                              									Ausserdem für fremde Rechnung auf Privatwerften 110000 t. Man sieht, dass die
                              									britische Kriegsmarine die Privatwerften mehr beschäftigt, als ihre eigenen. In
                              									Deutschland sind alle Privatwerften auf Jahre hinaus mit Aufträgen gut versehen.
                           Anfang October d. J. wurde auf der kaiserl. Werft zu Wilhelmshaven das Panzerschiff
                              									(Linienschiff) Kaiser Friedrich III. in Dienst
                              									gestellt. Das Schiff ist das erste einer Reihe derjenigen modernen Linienschiffe,
                              									die den Kern der durch das neue Flottengesetz bewilligten Schlachtflotte zu bilden
                              									bestimmt sind. Drei von ihnen sind bereits im Bau, nämlich ausser Kaiser Friedrich III., Kaiser Wilhelm II. zu
                              									Wilhelmshaven und Ersatz König Wilhelm in Kiel. Diese
                              									Panzer, von denen jeder mehr als 20 Millionen M. kosten wird, entsprechen nach jeder
                              									Richtung den Anforderungen der Neuzeit. Sie sind die ersten Dreischraubendampfer
                              									unserer Marine und ganz aus deutschem Material gearbeitet. Ursprünglich dem
                              									Brandenburg -typ nachgearbeitet, haben diese Panzer dennoch eine völlig andere
                              									Gestalt erhalten, weil man bei ihnen die Erfahrungen der neuesten Seekriege
                              									praktisch verwerthet hat. In Folge dessen ist in. der Artillerie eine völlige
                              									Umwälzung eingetreten. An Stelle der schweren 28-cm-Geschütze, in denen die
                              									Hauptkraft der „Brandenburgklasse“ lag, ist eine ausserordentlich kräftige
                              									Batterie von Schnellfeuerkanonen getreten, die den Panzern der
                              										„Brandenburgklasse“ überhaupt fehlte. Demnach wird Kaiser Friedrich III. ausgerüstet mit 18
                              									Schnellfeuerkanonen von 15 cm Kaliber, 12 desgleichen von 8,8 cm und 3,7 cm, sowie 8
                              									Maschinengewehren und 6 Torpedorohren. Mit der modernisirten Artillerie hat eine
                              									Verbesserung der Panzerung gleichen Schritt gehalten. Der Panzer ist als
                              									Gürtelpanzer gearbeitet, besteht aus bestem Harvey-Stahl, umgürtet das Schiff jedoch
                              									nur zu etwa ⅘ seiner Länge vom Bug aus gerechnet. Der sich in Höhe von 2 m um das
                              									Schiff hinziehende Panzergürtel erreicht in der Mitte mit 300 mm seine grösste
                              									Stärke, verjüngt sich dann aber zu den Seiten hin bis zu 150 mm. Ueber die ganze
                              									Länge des Schiffes zieht sich zum Schutz gegen Steilfeuer ein gewölbtes Panzerdeck
                              									von 75 mm Durchmesser in der Mitte. Ferner haben Panzerschutz erhalten die
                              									Munitionsaufzüge, der Commandothurm und die Geschützthürme und die
                              									Geschützkasematten. Die Schnellfeuerkanonen sind in einer Längsbatterie auf dem
                              									Oberdeck aufgestelltund verleihen diesen Schiffen einen ungleich höheren Gefechtswerth als denen
                              									der „Brandenburgklasse“. Die Ueberlegenheit der Schnellfeuergeschütze ist im
                              									spanisch-amerikanischen, wie im japanisch-chinesischen Krieg überzeugend dargethan
                              									worden. Auch in der Schnelligkeit, einem äusserst wichtigen Factor der modernen
                              									Kriegführung zur See, hat Kaiser Friedrich III.
                              									erhebliche Fortschritte gegen unsere bisherigen Panzerschiffe gemacht. Die Stärke
                              									der Maschinen ist auf 13000  (gegen nur 9000 bei Brandenburg) angewachsen und gibt dadurch dem 11050 t verdrängenden,
                              									vollbeladenen Panzer immer noch die beträchtliche Höchstgeschwindigkeit von 18 bis
                              									19 Seemeilen in der Stunde. Die Maschinen- und Kesselanlagen sind völlig modern und
                              									haben sich bei den vor einigen Monaten angestellten Vorproben bei verthautem Schiff
                              									bewährt. Zur Erzeugung des Dampfes dienen nicht weniger als 12 Kessel, zu je 2 in
                              									wasserdichten Abtheilungen angeordnet. Die 3 Maschinen sind Hochdruckmaschinen, die
                              									in getrennten Räumen jede für sich arbeitet. Bei langsamer Fahrt wird nur eine, bei
                              									mittlerer Fahrt zwei, bei schneller Fahrt alle drei Schrauben gebraucht. Ausser den
                              									3 Hauptmaschinen sind nahezu 100 Hilfsmaschinen vorhanden, von denen ein sehr
                              									grosser Theil durch elektrische Kraft betrieben wird. Hierfür, wie zur Speisung der
                              									grossen Scheinwerfer sind grosse Dynamomaschinen aufgestellt. Die grösseren
                              									Maschinen und Kessel bedangen einen grösseren Raumgehalt, weshalb die
                              									Wasserverdrängung bei den neuen Panzern 11050 gegen nur 10100 bei Brandenburg beträgt. Dementsprechend sind die
                              									Hauptmaasse bei Kaiser Friedrich III. wie folgt
                              									angesetzt: Länge 115 m, grösste Breite 20,4 m und Tiefgang 7,8 m. Um die auch bei
                              									der Masut-Heizung noch erforderlichen Kohlenräume zu gewinnen, hat man den grössten
                              									Theil der Wohnräume nach oben auf Deck verlegt. Dieselben unterscheiden sich auf den
                              									ersten Blick von denen der älteren Schiffe durch die verringerte Verwendung von
                              									Holz. In Folge der vernichtenden Wirkung der neueren Geschütze ist die Gefahr der
                              									Splitterwirkung, wie in der Schlacht am Yalufluss zu Tage trat, ganz erheblich
                              									grösser geworden. Das Bestreben unserer Marine war deshalb bei Neubauten darauf
                              									gerichtet, Holz nach Möglichkeit gänzlich zu vermeiden. Vollständig mit Stumpf und
                              									Stiel ausrotten liess sich indessen das Holz nicht, weil die Versuche, die man mit
                              									dem als Ersatz herangezogenen Aluminium machte, wenig befriedigend ausfielen. Man
                              									hat deshalb in den Wohnräumen der Officiere zum Theil die Holzmöbel (aus Mahagoni)
                              									noch beibehalten, während man zu den Wänden Metall verwendet. Um den Metallwänden
                              									den unwohnlichen harten Eindruck zu nehmen, hat man sie mit einer geschmackvollen,
                              									marineblauen Ripstapete überzogen. Da der Stoff auf dem Metall schlecht halten
                              									würde, ist zwischen beide eine Korkschicht gelegt, auf welche der Stoff aufgenagelt
                              									wird. In einigen Officierskammern hat man auch eine bunte Aluminiumtapete
                              									versuchsweise angewendet. Einen ferneren Versuch mit einer Neuerung will man auch
                              									auf dem Oberdeck machen. Das gewölbte Panzerstahldeck war bisher mit Linoleum
                              
                              									bekleidet. An dessen Stelle tritt bei Kaiser Friedrich
                                 										III. Torgament, eine dickflüssige, aus Gyps, Sägespänen und einer
                              									Flüssigkeit zusammengesetzte Masse, die dickflüssig aufgestrichen wird, um bald
                              									darauf zu verhärten. Auch hier wird man den Erfolg des Versuchs abzuwarten
                              									haben.
                           Den Schiffsnachrichten vom 12. October entnehmen wir,
                              									dass auf der Yachtwerft von Oertz und Harder im
                              									Reiherstieg in Hamburg eine Yacht mit Hilfsmotor und Segelschraube als
                              									Dienstfahrzeug für die Oberfischmeisterei in Stralsund gebaut worden ist. Dieselbe
                              									nennt sich Regierungspräsident von Arnim und ist ein
                              									schlank gebautes Segelschiff in folgenden Dimensionen: Länge über alles 13,85 m,
                              									Länge in der Wasserlinie 10,0 m, Breite 3,18 m, Tiefgang 1,30 m. Als Segler ist
                              									dieselbe mit einem Bleikiel versehen worden. Um auch bei ungünstigen Winden bezw.
                              									bei Windstille die Inspectionsfahrten ausführen zu können, hat das Schiff einen Swiderski'schen Erdölmotor von 8  mit Meissner'scher Segelschraube erhalten. Letztere ist
                              									derartig construirt, dass sie längsschiffs gelegt werden kann, wenn das Fahrzeug
                              									unter Segel sich befindet. Der Widerstand der Schiffsschraube beim Segeln wird
                              
                              									hierdurch aufgehoben. Die innere Einrichtung dieser Yacht ist einfach, aber
                              									geschmackvoll gehalten. Die Kajüte bietet wohnliche Unterkunftsräume für den
                              									Oberfischmeister. Vor der Kajüte befindet sich eine Combüse, Werkstätte u.s.w. Im
                              									Vorderschiff ist ein Raum für die aus zwei Mann bestehende Besatzung. Die
                              									maschinelle Einrichtung dieser Yacht ist von Carl
                                 										Meissner in Hamburg ausgeführt. Die Probefahrten sowohl im Segeln als auch
                              									mit Schraube sollen zur allseitigen Zufriedenheit ausgefallen sein.
                           Schliesslich möge hier ein neues Motorboot erwähnt werden, welches Graf Zeppelin, der Erfinder des lenkbaren Luftschiffes,
                              									construirt hat, und mit welchem im September I. J. von Konstanz aus auf dem
                              									Bodensee Probefahrten gemacht wurden. Der Motor treibt dabei nicht eine Schraube,
                              									die im Wasser geht, sondern eine Windschraube mit drei blattförmigen Flügeln, die
                              									sich nach Art der Windmühlen in der Luft dreht. Das Boot erhält dadurch eine
                              									Geschwindigkeit von 11 km in der Stunde. Die Bewegung ist ruhig und elegant,
                              									hingegen erinnert das Geräusch der ausserordentlich rasch sich drehenden Flügel an
                              									das Tosen von Batteurs in Baumwollspinnereien.
                           
                        
                           Zuschrift an die RedaktionSiehe
                                    											auch Seite 140 d. B..
                           (Unter Verantwortlichkeit des Einsenders.)
                           Dass die Bewegung bei meiner Steuerung D. R. P. Nr. 48833 durch einen kurzen Lenker
                              										AB von einem Excenterkreis entnommen wird, habe ich
                              									schon in meiner Patentschrift als bekannt hingestellt, also nie als meinen
                              									Erfindungsgedanken ausgegeben.
                           Es ist richtig, dass beim Anhub des Ventils der Hebel EF, der zugleich Regulirhebel ist, bei meiner Steuerung den ganzen Druck,
                              									der zu überwinden ist, aufnimmt; dagegen ist es nicht richtig, dass dadurch bei
                              									meiner Steuerung bei jedem Anhübe des Ventils ein Rückdrück entsteht, welcher sich
                              									am stärksten bei schiefer Lage des Regulirhebels, also bei grosser und kleiner
                              									Füllung geltend mache.
                           Von diesem Drucke, der in diesem Hebel auftritt, kann nur dann ein Theil als
                              									Rückdruck zur Erscheinung kommen, wenn dieser Druck nicht die Richtung EF hat, denn nur dann kann er in zwei Componenten
                              									zerlegt werden, von denen die eine in der Richtung EF,
                              									die andere senkrecht dazu durch F geht. Diese zweite
                              									Componente allein wirkt als Rückdruck. Diese Rückdruckcomponente sucht den Hebel EF um E zu drehen, und
                              									tritt dann mehr oder weniger auf, wenn Punkt A weiter
                              									nach links, als der Anfangslage entspricht, vorgerückt ist, wenn sich also die drei
                              									Richtungen AB, EF, CD nicht mehr in einem Punkte
                              									schneiden. Bei Beginn des Ventilhubes schneiden sich die drei Richtungen in allen
                              									Füllungsgraden in einem Punkt (oder nahezu); dann ist die Rückdruckcomponente gleich
                              									Null. Dabei ist es völlig gleichgültig, welcher Füllungsgrad eingestellt ist, welche
                              									Lage zum Loth das Glied EF hat.
                           Die andere Componente in der Richtung EF wirkt
                              									ausschliesslich auf Zug im Gliede EF und auf Reibung im
                              									Lager der Regulirwelle, keinesfalls aber als Rückdruck.
                           All das muss naturnothwendig ganz genau ebenso bei der Walter'schen Steuerung der Fall sein, denn sie ist, abgesehen von dem
                              									Reglergestänge bca1 ,
                              									genau dieselbe kinematische Kette und genau ebenso beansprucht. Hier muss die
                              									gleiche Rückdruckcomponente in e auftreten wie bei mir
                              									in F; und wo soll diese nun hinkommen? Es ist nicht
                              									anders denkbar, als dass sie durch den Theil eb auf den
                              									Zapfen b, seitlich von diesem Zapfen an die Stange bc und von dieser in c auf
                              									den Regulirhebel abgegeben wird.
                           Wenn also der Regulirhebel auch nicht in seiner Längsrichtung von der zu
                              									überwindenden Last beansprucht wird, so hat er in genau gleicher Weise wie bei mir
                              									die Rückdruckcomponente aufzunehmen. Der Zapfen f nimmt
                              									den Zug in ef auf, und hier entsteht gleicher Weise
                              									Reibung wie bei mir in E. Wenn auch der
                              									Reibungshalbmesser an diesem Zapfen kleiner ist als bei mir an der Regulirwelle, so
                              									sind dafür bei der Walter-Steuerung drei weitere Zapfen
                              									mit Reibung vorhanden. Bestimmt man die Rückdrücke bei beiden Steuerungen graphisch
                              									der Grösse nach, so findet man, dass kein Unterschied vorhanden ist.
                           Was endlich die Ventilhübe betrifft, so kann hierüber nur an Hand einer Zeichnung im
                              									grossen Maasstabe entschieden werden. Es liegt mir eine Zeichnung von Herrn Walter selbst vor, die gelegentlich meines Einspruches
                              									gegen die Ertheilung seines Patentes, diese Frage behandelte; er erhielt bei den
                              									kleinen Füllungsgraden nur dadurch etwas höhere Hübe, dass die Steuerung ganz
                              									unnormal gelegt wurde.
                           Mit diesem glaube ich erwiesen zu haben, dass die von Herrn Walter meiner Steuerung zugeschriebenen Unvollkommenheiten, wenn
                              									vorhanden, in der seinigen ebenso vorhanden sind, dass die Verbesserung der
                              									Ventilhübe keine Verbesserung ist, so dass die Zuthat der weiteren zwei Glieder mit
                              									drei Zapfen nicht als eine Verbesserung der Widnmann-Steuerung anzusehen ist.
                           München, den 25. November 1898.
                           H. Widnmann.