| Titel: | Kleinere Mitteilungen. | 
| Fundstelle: | Band 314, Jahrgang 1899, Miszellen, S. 78 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Kleinere Mitteilungen.
                        Kleinere Mitteilungen.
                        
                     
                        
                           Der Luftballon im Heeresdienst.
                           Ueber die Verwendung des Luftballons im Heeresdienst bringt die Nordd. Allg. Ztg. einen Aufsatz, für den ein besonderes
                              									Interesse vorausgesetzt werden darf. Es wird darin ausgeführt:
                           Mit dem Fesselballon sind in der kurzen Zeit seines Bestehens schon wiederholt
                              									wesentliche Veränderungen vorgenommen worden. Bis zum Jahre 1896 wurde als
                              									Fesselballon der kugelförmige, wie solcher auch jetzt noch zu Freifahrten im
                              									Gebrauch ist, benutzt. Derselbe zeigte wesentliche Nachteile; er war wenig stabil
                              									und bei einer Windstärke von mehr als 6 bis 7 m war seine Benutzung überhaupt
                              									ausgeschlossen. Diese Uebelstände führten zu mannigfachen Versuchen, welche endlich
                              									mit der Annahme des Drachenballons endeten. Dieser wurde vor wenigen Jahren erfunden
                              									und dessen Form ist jetzt bei den Armeen Frankreichs, Englands und Oesterreichs im
                              									Gebrauch. Das Prinzip dieses Ballons entspricht dem Prinzip des Drachens, wie ihn
                              									die Kinder beim Spielen steigen lassen. Dadurch, dass er etwas schräg in den Wind
                              									gestellt wird, wirkt der Wind nicht mehr wie früher drückend, sondern hebend auf den
                              									Ballon, und es ist durch diese Konstruktion möglich geworden, den Ballon fast bei
                              									jedem Wetter steigen zu lassen. Die Hülle des Ballons hat eine längliche Form, ist
                              									in der Mitte cylindrisch, und an beiden Enden sind Kugelabschnitte angesetzt. Durch
                              									Zeug wird dieser Ballon in einen kleinen unteren und einen grösseren oberen Teil
                              									getrennt. In letzterem befindet sich das zum Schweben nötige Gas (Wasserstoffgas),
                              									in ersteren dringt durch eine trichterförmige Oeffnung Luft. Durch diese Anordnung
                              									ist es möglich, die dem Ballon nötige längliche Form beizubehalten. Am hinteren Ende
                              									des Ballons befindet sich ein länglicher, nach unten gebogener, wulstförmiger
                              									Ansatz, ähnlich dem Aussehen eines Krebsschwanzes. In diesem befindet sich Luft, und
                              									durch denselben ist es möglich, dem Ballon die dem Drachenprinzip entsprechende
                              									schräge Stellung zu geben, und dieser Luftsack trägt wesentlich zur Verminderung der
                              									Schwankungen in der Luft bei. Der Korb zur Aufnahme der Personen befindet sich unter
                              									der Mitte des Ballons, das Haltekabel etwas nach vorn. Die Verwendung ist bis zu
                              									einer Windstärke von 14 bis 15 m möglich. Der Korb ist im allgemeinen zur Aufnahme
                              									einer Person eingerichtet, die Verständigung dieser mit den auf der Erde
                              									Befindlichen geschieht mittels Telephons. Dieser Luftballon ist infolge seiner
                              									Konstruktion fast an jedem Tag des Jahres zu verwenden, was gegen den früher im
                              									Gebrauch gewesenen einen wesentlichen Vorteil zeigt. Die höchste Höhe, bis zu
                              									der ein Hochlassen möglich ist, beträgt 1000 m; selbstverständlich vermindert sich
                              									diese Zahl bei schwerem Wetter.
                           Unter normalen Umständen ist eine Beobachtung im Umkreise von 7 bis 8 km mit Hilfe
                              									eines guten Glases für militärische Zwecke möglich, d.h. auf diese Entfernungen kann
                              									der im Ballonkorb Befindliche noch Truppen und ihre Bewegungen erkennen; nur unter
                              									den günstigsten Verhältnissen vergrössern sich diese Entfernungen bis zu 12 bis 13
                              									km. Ein Beobachten auf derartige Entfernungen ist infolge der Schwankungen des
                              									Ballons, welche die Orientierung anfangs sehr erschweren und verhindern, besonders
                              									wenn die Hilfe des Fernglases notwendig ist, den zu beobachtenden Gegenstand
                              									fortgesetzt im Auge zu behalten, sehr schwierig, und muss selbstverständlich erst
                              									erlernt werden. Die meisten sehen überhaupt bei den ersten Aufstiegen gar nichts.
                              									Sind jedoch erst die oben angegebenen Schwierigkeiten überwunden, so überblickt der
                              									Aufgestiegene das Gelände wie eine Karte, alle, auch die langsam vor sich gehenden
                              									Veränderungen kann er in wenigen Sekunden erkennen. Die Verwendung dieses erst seit
                              
                              									wenigen Jahren im Gebrauch befindlichen Kriegsmittels ist sowohl im Festungs- als
                              									auch im Feldkrieg von grossem Wert. Zur Bedienung des Ballons in ersterem werden
                              									Leute bei der Fussartillerie und den in Festungen liegenden Infanterie-Regimentern
                              									ausgebildet, während in letzterem das Luftschifferbataillon (vom 1. Oktober 1899 ab,
                              									bis dahin Abteilung), zwei Kompanien stark, Verwendung findet. Selbstverständlich
                              									ist der Gebrauch des Fesselballons um so leichter, vielseitiger und bequemer, je
                              									mehr er an einer Stelle stehen bleiben kann. Am bequemsten ist deshalb die
                              									Verwendung des Ballons im Festungskrieg und hier wiederum bei dem Verteidiger, da
                              									bei diesem die Verwendung einer grösseren Zahl von Fahrzeugen unnötig erscheint. Ein
                              									Mitführen des Gases ist nicht erforderlich, da die Füllung stets an dem
                              									Herstellungsort des Wasserstoffgases oder wenigstens in dessen Nähe stattfinden
                              									kann. Der Raum zum Platzwechsel ist nicht sehr gross, so dass, im Fall ein solcher
                              									nötig wird, derselbe mit gefülltem Ballon vorgenommen werden kann.
                           Im Festungskriege kann die Führung aus der Verwendung des Ballons folgende Vorteile
                              									ziehen: Der Verteidiger erkennt von ihm aus die Heranschaffung des
                              									Belagerungsmaterials, die Herrichtung des Parks des Angreifers und ist so sehr bald
                              									in der Lage, sich ein Bild machen zu können, von welcher Seite der Hauptangriff zu
                              									erwarten ist. Dementsprechend ist er schon während der Vorbereitungen des Gegners,
                              									also viel zeitiger als in früheren Kriegen, in der Lage, seine Gegenmassregeln zu treffen. Dem
                              									Angreifer wird es immer schwieriger, mit seinen Hauptangriffsbatterien überraschend
                              									aufzutreten und sich so Vorteile zu sichern. Der Angreifer übersieht genauer und
                              									schneller als früher die Verteidigungswerke, er bemerkt, ohne dass schon von allen
                              									Stellungen aus das Feuer eröffnet worden ist, die gegnerischen Anschluss- und
                              									Zwischenbatterien, die Herstellung der Zwischenstellungen u.s.w. Beide erkennen
                              									genau die Wirkungen ihrer Artillerie, können die Schüsse genau beobachten und ihren
                              									eigenen Batterien die Lage verdeckter Ziele angeben u.s.w. Auch für den Feldkrieg
                              									bringt der Luftballon wesentliche Vorteile; auch hier ist für den in
                              									Verteidigungsstellung Befindlichen die Verwendung naturgemäss bequemer als für den
                              									sich Bewegenden, den Angreifer. Der erstere wählt seinen Platz zum Aufstieg, stellt
                              									sich in Ruhe auf und beginnt seine Beobachtungen, nachdem er sich orientiert hat,
                              									die feindlichen Truppen erscheinen ihm nach und nach.
                           Einzelne Optimisten hatten gehofft, dass die Thätigkeit des im Ballon Beobachtenden
                              									vollständig an Stelle derjenigen der aufklärenden Kavallerie treten könne. Dieses
                              									hätte allerdings wesentliche Vorteile gehabt, denn das Gesamtbild, das sich der
                              									Führer auf Grund der Meldungen des Beobachters im Fesselballon macht, deckt sich der
                              									Zeit nach vollständig mit der wirklichen Situation, während dasjenige, das auf Grund
                              									der Meldungen der Reiterei entsteht, mag dasselbe noch so genau sein, doch stets nur
                              									eine vergangene Situation angibt. Auch können im ersteren Falle etwaige Lücken des
                              									Bildes leicht durch den Beobachter ausgefüllt werden. Diesen Vorteilen steht aber
                              									zunächst gegenüber, dass das neue Kriegsmittel gegen Zufälle noch zu empfindlich,
                              									die Beobachtung noch zu abhängig von Wind und Wetter ist, als dass man immer auf
                              									dasselbe rechnen könnte. Ferner ist ein Erkunden mittels des Ballons nur in der Nähe
                              									des Schlachtfeldes möglich; zu weit ausholenden Rekognoszierungen, wie solche
                              									namentlich bei den nächsten Massenheeren nötig sind, ist der Ballon nicht fähig;
                              									hier kann die Kavallerie nicht entbehrt werden. So viel steht jedoch fest, dass man
                              									vom Fesselballon unter normalen oder halbwegs günstigen Verhältnissen immer und
                              									zuverlässig in der Lage ist, den Aufklärungsdienst der Kavallerie unmittelbar vor
                              									und während des Gefechts nicht nur zu ergänzen, sondern ihn nach Vollständigkeit der
                              									Beobachtung und Schnelligkeit der Meldung sogar weit zu übertreffen und
                              									vollständiger, umfassender, rascher und einfacher Erkundigungen auf dem
                              									Gefechtsfelde einzuziehen, als die Reiterei.
                           Betrachten wir nun noch kurz die Hauptpunkte der Thätigkeit eines Beobachtenden in
                              									einer Verteidigungsstellung: Vor dem Gefecht: Feststellung der Anmarschlinien des
                              									Feindes und die Kräfteverteilung. Feststellung der Abwesenheit des Feindes auf
                              									anderen wichtigen Linien. Beobachtung des feindlichen Aufmarsches. Während des
                              									Gefechts: Feststellung der feindlichen Schützenlinien, was nach Einführung des rauch
                              									schwachen Pulvers besonders wichtig erscheint. Es wird dieses dem im Ballon
                              									Befindlichen dadurch erleichtert, dass er die Stellung der Reserven und ihren
                              									Verkehr mit den Schützenlinien sehen kann. Der eigenen Artillerie kann er gegen
                              									direkten Schuss gedeckte grosse Ziele angeben und die Wirkung beobachten.
                              									Beobachtung der feindlichen Kräfteverteilung und frühzeitige Erkennung von
                              									Umfassungsabsichten. Feststellung der Verhältnisse in der Gefechtslinie der eigenen
                              									Truppe. Dieses letztere ist bei der grossen Ausdehnung der künftigen Schlachtfelder
                              									von ausserordentlicher Wichtigkeit. Aehnliche Anforderungen werden an den
                              									Beobachtenden des Angreifers gestellt werden müssen, nur befindet sich dieser
                              									insofern im Nachteil, als sich alles das auf einmal seinem Auge darbietet, was der
                              									Verteidiger nach und nach beobachten konnte. Deshalb ist hier um so besseres
                              									Orientierungsvermögen und um so schnelleres Auffassen der wichtigsten Punkte
                              									erforderlich.
                           In letzter Zeit hat der Gebrauch des Fesselballons noch in zwei Punkten eine
                              									Erweiterung erfahren: 1. findet er Verwendung im optischen Signalwesen, das
                              									neuerdings auch zum Gebrauch des Feldkriegs in den verschiedenen Armeen in Aufnahme
                              									kommt, indem man an dem Haltekabel kleine Signalbälle in die Höhe lässt, wie das
                              									z.B. in Deutschland zum erstenmal in den Kaisermanövern im Jahre 1898 bei Minden der
                              									Fall war. Sollen keine Signale empfangen werden, so ist der Aufstieg einer Person
                              									natürlich unnötig, und es wird zum Hochlassen der Bälle, also zum Zeichengeben ein
                              									kleiner Ballon benutzt; 2. werden Versuche gemacht, den Luftballon der Telegraphie
                              									ohne Draht nutzbar zu machen. Diese Versuche haben bereits gute Resultate
                              									ergeben.
                           Es ist selbstverständlich, dass man sehr bald auf Mittel sann, dieses gefährliche und
                              									immer gefährlicher werdende Kriegsmittel unschädlich zu machen. So wurden denn
                              									eingehende Versuche gemacht, um die Wirkung der Feuerwaffen gegen den Luftballon zu
                              									erproben. Diese Versuche haben ergeben, dass Infanteriefeuer demselben nicht
                              									schadet. Eine Wirkung können nur Feld- oder schwere Geschütze mit Schrapnells
                              									erzielen, jedoch auch nur unter oft grossem Munitionsverbrauch. Auch hierbei
                              									ist für die im Korbe befindliche Person, wenn sie nicht selbst getroffen wird oder
                              									wenn der Ballon nicht Feuer fängt oder wenn das Geschoss nicht in der Hülle
                              									krepiert, selten etwas zu fürchten, da die entstehenden Oeffnungen meist nur klein
                              									sind, das Gas also langsam ausströmt und der Ballon sich infolgedessen nur
                              									allmählich senkt. Auch ist der Schaden meist schnell wieder gut zu machen. Als
                              									bestes Mittel gegenüber dem feindlichen Artilleriefeuer gilt noch immer ein
                              									Herangehen nicht unter 5 km und ein dauernder Wechsel in Höhe und Platz, sobald die
                              									feindlichen Geschütze gegen den Ballon zu wirken beginnen.
                           
                        
                           Simplontunnel.
                           Wie vom Bodensee gemeldet wird, schreiten die Arbeiten am Simplontunnelbau auf der
                              									Südseite rüstig vorwärts. Das Hotel für die Ingenieure und Beamten, die Wohnhäuser
                              									für verheiratete Arbeiter, sowie das grosse Krankenhaus gehen ihrer Vollendung
                              									entgegen. Auf der italienischen Seite sind gegenwärtig beim Bau über 1200 Arbeiter
                              									beschäftigt; im Haupttunnel sind bereits 1150 m gebohrt; der tägliche Fortschritt
                              									beziffert sich durchschnittlich auf 5 m. – Mit dem Bau einer Eisenbahn auf den
                              									Montblanc scheint es ernst werden zu wollen. Sachverständige sind an der Arbeit, um
                              									die Grundlagen für das Unternehmen festzustellen, darunter J. Vallot, Direktor des meteorologischen Observatoriums auf dem Montblanc,
                              									der Ingenieur Henry Vallot, der Naturforscher Dépéret aus Paris, der Mineraloge Offret und der Mediziner Lépine aus Lyon. Diese Gelehrten haben sich vereinigt, um die zahlreichen
                              									Fragen der Geologie, Physiologie und Technik zu lösen. Sie sind über die Möglichkeit
                              									des Baues einig geworden. Die Projekte wurden der obersten Behörde des Departements
                              									Hoch-Savoyen übergeben. Die Bahn soll von Ouches ihren Ausgang nehmen, elektrischen
                              									Betrieb erhalten, wozu die Arve die nötige Kraft liefern soll. Im ganzen wird der
                              									Schienenstrang 11 km lang sein; 12 Stationen werden errichtet. Der Endbahnhof soll
                              									auf die Petits Rochers Rouges zu liegen kommen und besondere Einrichtungen erhalten,
                              									um die Reisenden vor den unbehaglichen Einflüssen des geringen Luftdruckes und der
                              									strengen Temperatur zu schützen.
                           –h.
                           
                        
                           Die Konjunktur der Arbeit.
                           In allen wissenschaftlichen und Fachkreisen begegnen wir den Betrachtungen über die
                              									Leistungen des ablaufenden und die Ausblicke des kommenden Jahrhunderts und über den
                              									Stand der Dinge an der Schwelle zweier Zeitalter. Verhehlen wir es uns nicht: Die
                              									treibenden Elemente unserer Zeit sind die wirtschaftlichen; ein ungeheurer
                              									Wettbewerb um die Güter der Erde ist zwischen allen Kulturvölkern entbrannt, und
                              									wenn durch diese Jagd nach Besitz friedfertige Völker in Krieg getrieben werden, so
                              									ist darin nur ein Auswuchs jenes Kampforganismus zu erblicken, der heute die ganze
                              									Welt beherrscht. Der Volkswirt und Statistiker Raphael
                                 										Georges Levy untersucht daher in der Revue des Deux
                                 										Mondes die wirtschaftliche Ordre de Bataille der Nationen.
                           Welcher Art Güter sind es heute, die den Vorrang an Wohlstand und Gedeihen unter den
                              									einzelnen Völkern bestimmen? Es sind Gold, Silber, Kohle und Eisen. Alle anderen
                              									Produktionen stehen in Abhängigkeit von diesen Grundlagen des nationalen Besitzes.
                              									Die Golderzeugung hat sich gegen früher durch die Entdeckung neuer Felder in
                              									Südafrika, Westaustralien und in den eisumschlossenen Hochthälern von Alaska weit
                              									mehr als verdoppelt. Für das Jahr 1898 wird die Goldausbeute auf etwa 1½ Milliarden
                              									Mark, die Ausbeute an Silber auf das Zehnfache an Gewicht und etwa 4 Milliarden Mark
                              									an Wert berechnet. Aber diese Edelmetalle haben nur mehr indirekten Bezug auf den
                              									öffentlichen Wohlstand, und ihre Produktion bildet nur einen verschwindend kleinen
                              									Teil in der gigantischen Masse menschlicher Arbeit, die den anderen Hauptgütern, der
                              									Kohle und dem Eisen, gewidmet ist.
                           Die Vereinigten Staaten Amerikas haben auf diesem Gebiete binnen weniger Jahre die
                              									Führung an sich gerissen. Nicht nur, dass dieses Riesenreich in allen
                              									Industriezweigen die Bedürfnisse seiner 75 Millionen Einwohner befriedigt, hat es,
                              									ganz abgesehen von der Ausfuhr an Getreide, Fleisch, Holz, Obst und anderen
                              									Naturprodukten, im Jahre 1898 bereits an Industrieerzeugnissen mehr ausgeführt, als
                              									seine Einfuhr betrug. Der rücksichtslose Geschäftssinn des Amerikaners, der in den
                              									Trusts Riesenagitation vereinigt, um alle Elemente der Arbeit, Rohgewinnung,
                              									Transportmittel und Industrie in den Dienst des gleichen Zweckes zu stellen,
                              									ermöglicht diese verblüffenden Erfolge. In den vier Jahren 1894 bis 1898 hat sich
                              									die Erzeugung von Gussstahl von 6 auf 12 Millionen Tonnen vermehrt, so dass Amerika
                              									heute schon auf dem Weltmarkt in Kohlen mit nahezu gleichen Riesenmassen wie England
                              									erscheint.
                           Ein grosser Abstand trennt die Arbeitsvölker der germanischen und angelsächsischen
                              									Rasse von den romanischen Nationen. Das kleine Belgien allerdings mit seinen
                              									Wallonen und Flandern behauptet sich erfolgreich und ist mit seinen mächtigen
                              									Kohlenbetrieben nahe
                              									daran, die Flötze abgebaut zu haben; es sendet den Ueberschuss an Kapitalien und
                              									Menschen den neuen Unternehmungen im Auslande, namentlich in Russland zu. Dagegen
                              									ist Frankreich – nach dem eigenen Zeugnis der Franzosen – in dem Wettkampf
                              									entschieden zurückgeblieben. Italien sucht den Mangel an Kohlen durch Ausnutzung
                              									seiner Wasserkräfte und entsprechende elektrische Anlagen wettzumachen. Spanien
                              									fängt an, seine Schätze an Metallen rationell auszubeuten.
                           Als ungeheuerliches Rätsel zukünftiger Entwickelungen erscheint das noch fast
                              									unerforschte Russland mit seinen 130 Millionen Einwohnern und seiner stetig
                              									zunehmenden Industrie als Gin Faktor, der heute schon auf diesem Gebiete ernsteste
                              									Beachtung fordert. Heute schon produziert Russland mehr Stahl als Frankreich, und
                              									der noch empfindliche Mangel an Kohle wird in Südrussland durch das Petroleum von
                              									Baku in erheblichem Teile wettgemacht.
                           Im Zeichen dieser Verhältnisse und Zustände erfolgt der Uebertritt unserer Kulturwelt
                              									in das neue Jahrhundert. Das kleine Europa, welches vor 100 Jahren dem Stirnrunzeln
                              									des genialen Korsen gehorchte, empfängt heute sein Wohl und Wehe von den
                              									Konjunkturen der Arbeit, die allen Teilen der bewohnten Erde gleichmässig gilt. Der Wettkampf der Nationen wird in den Maschinenwerkstätten
                                 										ausgefochten. (B. A.-Z.)
                           
                        
                           Aluminium-Magnesiumlegierung.
                           Die wertvollste Eigenschaft des Aluminiums, sein geringes spezifisches Gewicht
                              									(2,64), konnte bisher nicht in dem gewünschten Masse ausgenutzt werden, weil es
                              									unmöglich ist, das reine Aluminium mit schneidenden Werkzeugen sauber zu bearbeiten.
                              									Die bearbeiteten Flächen zeigen Risse, die Späne bestehen aus kurzen Splitterchen,
                              									die Werkzeuge schneiden nicht, sondern reissen. Feilen verschmieren sich nach
                              									wenigen Strichen, so dass die die Feile führende Hand mehr das Gefühl eines
                              									fruchtlosen Reibens hat, als das des Abhobelns von Spänchen. In dieser Beziehung
                              									steht das reine Aluminium selbst den Eigenschaften des reinen Kupfers noch nach, das
                              									bekanntlich der Bearbeitung schon grosse Schwierigkeiten entgegensetzt.
                           Seit Jahren ist man bestrebt gewesen, durch Zusatz von Schwermetallen, wie Kupfer,
                              									Nickel, die technologischen Eigenschaften des Aluminiums zu verbessern, nicht ohne
                              									eine entsprechende Erhöhung des spezifischen Gewichtes mit in den Kauf zu nehmen.
                              									Obgleich hiermit der Hauptvorzug des Aluminiums zum Teil preisgegeben wurde,
                              									entsprach die erzielte Verbesserung nicht den Erwartungen, weil es nicht möglich
                              									war, an Arbeitsstücken aus diesen, zwar jetzt vielfach gebräuchlichen
                              									Aluminiumlegierungen, saubere Flächen zu drehen, zu hobeln, zu fräsen oder
                              									scharfgängige Gewinde zu schneiden. Ebenso war eine saubere Bearbeitung mit feinen
                              									Feilen ausgeschlossen. Durch zahlreiche Versuche hat Dr. L.
                                 										Mach in Jena festgestellt, dass das spezifisch leichtere Magnesium (1,74)
                              									in gewissem Verhältnis mit Aluminium legiert, dem letzteren alle die Vorzüge
                              									hinsichtlich der mechanischen Bearbeitung und der Festigkeit verleiht, welche dem
                              									Aluminium im reinem Zustande fehlen.
                           Versuche, Aluminium mit Magnesium zu legieren, sind bereits nach Mach zu der Zeit begonnen worden, als das Aluminium
                              									entdeckt wurde. Wähler (Annalen
                                 										der Chemie und Pharmacie, 1866 S. 253) stellte zwei Legierungen der
                              									genannten Metalle her. Zu der ersten Legierung nahm Wühler Al und Mg im Verhältnis gleicher Aequivalentgewichte und erhielt
                              									eine zinnweisse äusserst spröde und im Bruch splitterige Masse, von der Stücke sich
                              									bei Glühhitze entzünden liessen und wie Magnesium mit weisser Flamme fortbrannten.
                              									Für die zweite Legierung wurde Al und Mg im Verhältnis von 4 Aequivalenten Mg und 1
                              									Aequivalent Al genommen, und es entstand eine halbgeschmeidige Masse, welche,
                              									vielleicht durch innig eingeschmolzenes Chlornatrium, die sonderbare Eigenschaft
                              									hatte, in Wasser im Verlauf eines Tages ohne Wasserstoffentwickelung zu dünnen
                              									Metallblättern zu zerfallen.
                           Die Vorstellung, welche Wähler über die von ihm
                              									dargestellten beiden Legierungen gewann, fasste er wie folgt zusammen. Beide
                              									Legierungen sind offenbar Gemenge, die eine in Salmiaklösung und kalter Natronlauge
                              									unlösliche bestimmte Verbindung eingeschmolzen enthalten. In Salmiaklösung
                              									entwickeln beide heftig Wasserstoffgas unter Abscheidung eines zinnweissen, stark
                              									glänzenden Metallpulvers. Die Lösung enthält viel Magnesia, und die von der
                              									Aluminium reicheren ist stark trübe von einem Magnesiaaluminat.
                           Parkinson (Journal of the
                                 										Chemical Society, 117, und Journal für praktische
                                 										Chemie, 101 S. 375) kommt nach seinen Versuchen mit Magnesiumlegierungen zu
                              									dem Urteil, dass keine der Magnesium-Aluminiumlegierungen irgend eine praktische
                              									Anwendbarkeit in den Künsten verheisst, und das zu einer Zeit, zu welcher die
                              									Versuche von Wähler schon lange bekannt waren.
                           Die Gründe, aus welchen die ganannten Arbeiten zu einem fruchtlosen Ergebnis führten,
                              									sind darin zu suchen, dass zunächst von keinem Forscher der Einfluss erkannt wurde,
                              									welchen das Magnesium, in ganz bestimmten Verhältnissen zugesetzt, auf die
                              									Bearbeitungsfähigkeit des Aluminiums ausübt, dass ferner in dieser mangelnden
                              									Erkenntnis diese Beziehung zwischen dem Aluminium und Magnesium überhaupt nicht
                              									untersucht und die zur Erzielung der genannten Eigenschaften notwendige Grösse des
                              									Zusatzes an Magnesium in systematischer Versuchsreihe nicht untersucht werden
                              									konnte. Statt dessen begnügte sich Wähler damit, nur
                              									beide Metalle in gleichem oder einem Vielfachen der Aequivalentgewichte zu mischen,
                              									also weit jenseits derjenigen Grenze anfing und sich von dieser entfernte, welche
                              									überhaupt für die Bearbeitungsfähigkeit in Frage kommt.
                           Schliesslich ist nach Mach ein dritter Grund für das
                              									Misslingen der früheren Versuche darin zu suchen, dass die beiden Komponenten der
                              									Legierung nicht in der Reinheit verfügbar waren, welche unbedingt notwendig ist,
                              									sondern wahrscheinlich Spuren von aus der Herstellungsweise des Aluminiums
                              									herrührendem Natrium, Kohlenstoff oder Stickstoff enthielten. Diese Annahme liegt
                              									deshalb nahe, weil einerseits Wähler angibt, dass seine
                              									Legierung in Wasser zersetzt wurde, und ferner Muspratt
                              									den schädlichen Einfluss der Luft und des Wassers ebenfalls, und zwar auf Grund von
                              									anderer Seite gemachter Versuche erwähnt, während aus den Versuchen von Mach, welche mit chemisch reinem Aluminium und
                              									Magnesium angestellt wurden, hervorgeht, dass eine solche
                              									Aluminium-Magnesiumlegierung absolut luft- und wasserbeständig ist.
                           Auch das lange nach Wähler hergestellte Aluminium zeigte
                              									starke Beimungungen. 1854 reduzierte Bunsen mit Hilfe
                              									des galvanischen Stromes das Doppelsalz von Aluminiumchlorid und Chlornatrium,
                              									wodurch er das Aluminium gleichfalls in Pulverform erhielt. Durch die Bemühungen von
                              										Deville wurde 1856 nach ähnlichen Methoden
                              									Aluminium fabrikmässig hergestellt und zwar durch Reduktion von
                              
                              									Aluminiumnatriumchlorid, zum Teil unter Zuschlag von Kryolith mittels Natrium. Erst
                              									durch das elektrolytische Verfahren der letzten Jahre ist es möglich, wirklich reine
                              									Metalle darzustellen.
                           Die Versuche von Mach haben im besonderen ergeben, dass,
                              									um die angegebenen Eigenschaften zu erzielen, nicht weniger als 10 und nicht mehr
                              									als 30 Gewichsteile Magnesium auf 100 Gewichtsteile Aluminium zugesetzt werden
                              									dürfen, und dass ein Verhältnis von 10 bis 25 Teilen Magnesium am günstigsten wirkt.
                              									Legiert man 100 Teile Aluminium mit 10 Teilen Magnesium, so besitzt die Legierung
                              									dieselben mechanischen Eigenschaften wie gewalztes Zink. Eine Legierung mit 15
                              									Teilen Magnesium entspricht einem guten Messingguss. Kommen 20 Teile Magnesium zur
                              									Verwendung, so besitzt das Metall die Eigenschaften eines weichen Rotgusses oder
                              									hartgezogenen Messingdrahtes, während bei 25 Teilen Magnesium die Legierung dem
                              									gewöhnlichen Rotguss entspricht.
                           Die Legierung kann wie Aluminium in dünnflüssigem Zustande gegossen werden. Von den
                              									Gussstücken kann man bei der Bearbeitung lange, gewundene Spanlocken wie beim
                              									Messing nehmen. Die abgedrehten Flächen sind spiegelglatt und silberglänzend. Die
                              									weicheren Legierungen lassen sich kalt schmieden, zu Blech walzen, zu Röhren und
                              									Draht ausziehen und besitzen somit die sehr wertvollen Eigenschaften des reinen
                              									Aluminiums. Die Härte und die Festigkeit sind so bedeutend, dass man aus der
                              									Legierung auch Achsen, Hahnwirbel u.a. anfertigen kann. Man kann auch noch
                              									Schwermetalle wie Kupfer, Nickel, Wolfram hinzufügen; doch wird ein solcher Zusatz
                              									im allgemeinen zu verwerfen sein, weil damit das spezifische Gewicht der Legierung
                              									erhöht wird und man doch schon alle mechanischen Eigenschaften bis in die feinsten
                              									Abstufungen mit Magnesium völlig in der Hand hat.
                           
                              R.
                              
                           
                        
                           Bücherschau.
                           Die Fabrikation der Kautschuk- und
                                 										Leimmassetypen, -Stempel und Druckplatten sowie die Verarbeitung des Korkes und
                                 										der Korkabfälle. Darstellung der Fabrikation von Kautschuk- und
                              									Leinmassetypen und -Stempeln, der Celluloidstampiglien, der hierzu gehörigen
                              									Apparate, Vorrichtungen, der erforderlichen Stempelfarben, der Buch- und
                              									Steindruckwalzen, Fladerdruckplatten, elastischen Formen für Stein- und Gipsguss;
                              									ferner der Gewinnung, Eigenschaften und Verarbeitung des Korkes zu Pfropfen, der
                              									hierbei resultierenden Abfälle zu künstlichen Pfropfen, Korksteinen, Pappen,
                              									Isolierungsmassen und Teppichen. Von August Stefan. Mit
                              									113 Abbildungen. Zweite, vollständig umgearbeitete Auflage. Wien. A. Hartleben's
                              									Verlag. 21 Bogen Oktav. Geh. 2 fl. 20 kr. = 4 M. Eleg. geb. 2 fl. 65 kr. = 4,80
                              									M.
                           
                           Zu jenen Fabrikationszweigen, welche in ihren Details trotz der grossen Ausdehnung,
                              									welche sie in kurzer Zeit erlangt haben, noch wenig bekannt sind, gehören auch die
                              									Kautschukstempel.
                           
                           Es finden sich in technischen Zeitschriften wohl Mitteilungen darüber, aber sie
                              									können demjenigen, der Kautschukstempel erzeugen will, unmöglich jene Anleitung
                              									geben, deren er bedarf, um nicht Zeit und Geld unnötig zu verschwenden.
                           Verfasser hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Verfahrungsweise der Herstellung
                              									eingehend und leichtfasslich zu schildern, so dass jeder, der auch gar keine
                              									Kenntnis der Manipulation hat, im stände ist, nach seinen Beschreibungen ein
                              									brauchbares Fabrikat zu erzeugen, um so mehr, als gerade in kleineren Städten
                              									industrie- und gewerbreicher Bezirke die Kautschukstampiglienfabrikation zu einem
                              									einträglichen Erwerbszweige werden kann.
                           Neben den Kautschukstempeln sind auch die Leimmassestempel nicht unwichtig, weil ihre
                              									Herstellungsweise mit den vorgenannten zusammenfällt; die ausgedehntere Anwendung
                              									des Glycerinleims ist noch wünschenswert und sind auch hierfür Anleitungen
                              									gegeben.
                           Ein besonderer Abschnitt behandelt den Kork und seine Verarbeitung zu Pfropfen und
                              									anderen Zwecken. Die Fabrikation der Pfropfen ist auch ausserhalb der
                              									Produktionsgebiete des Korkes an manchen Orten eine ziemlich bedeutende
                              									Hausindustrie, und Hand in Hand mit derselben geht auch die rationelle Verwertung
                              									der Abfälle, welche eingehend zu erörtern ebenfalls Aufgabe des Verfassers gewesen
                              									ist.
                           Bei der Neubearbeitung des Werkes hat der Verfasser dasselbe einer gründlichen
                              									Durchsicht unterzogen und überall verbessernde Hand angelegt, wo es zur leichten
                              									Verständlichkeit notwendig erschien. Speziell in der Herstellung der
                              									Kautschukstempel sind durchgreifende Neuerungen zwar nicht zu verzeichnen, wohl aber
                              									hat sich die Form und Art vielfach verändert und wurde auch hierauf Rücksicht
                              									genommen. Der Verarbeitung des Korkes wurde eingehende Aufmerksamkeit geschenkt, so
                              									dass das Buch auch in seiner zweiten Auflage sich Freunde erwerben wird.
                           Hilfsbuch für Installationen von
                                 										Acetylenbeleuchtungsanlagen. Herausgegeben von Fr.
                                 										Liebetanz. Leipzig. Verlag von Oskar Leiner 1900. Preis geb. 3,75 M.
                           
                           In das Pensum, das sich der Herausgeber dieses Werkchens gesteckt hat, teilen sich
                              									zwei Autoren. Auf 37 Seiten gibt Liebetanz einen kurz
                              									gedrängten Ueberblick über die Herstellung und die Eigenschaften des Calciumkarbids
                              									und des Acetylens, über die Apparate zur Erzeugung des letzteren, die
                              									Brennerkonstruktionen und die Verwendungsart, während nach dem Vorwort der Abschnitt
                              										„Installation“ auf 48 Seiten von Ingenieur Keibel bearbeitet ist. Hier werden besprochen die Apparate und ihre
                              									Aufstellung, die Installation der Gasleitungen, Druckmesser, Druckregler, Anordnung
                              									der Hilfsapparate etc. Den Beschluss macht auf weiteren 19 Seiten die Aufnahme der
                              									bestehenden Verordnungen für die Herstellung und Verwendung von Acetylen.
                           Das mit 85 Abbildungen ausgestattete Werkchen macht einen guten Eindruck. Die
                              									Anordnung des Stoffes ist übersichtlich, die Sprache gefällig. Dasselbe kann daher
                              									bestens empfohlen werden.
                           
                              Bujard.
                              
                           
                        
                           Zuschrift an die Redaktion.
                           (Unter Verantwortlichkeit des Einsenders.)
                           Zu den „Grundlagen zur Fluglehre“ von F.
                              										Heinz-SarajevoD. p. J. 1899 313 *
                                    											28. * 132..
                           Der Verfasser des oben genannten Aufsatzes hat mich ersucht, meine Ansicht über seine
                              									Darlegungen zu äussern; ich thue dies mit nachstehender Erwiderung.
                           Der Autor hat das Bestreben, eine Flugkraft, ein Flugvermögen zu entdecken, wie dies
                              									schon einige seiner Vorgänger gethan haben.
                           Diese Bestrebungen haben, soweit ich mich erinnere, ihren Ursprung in der Hypothese
                              									des fürstl. Reussischen Rats Schlotter, welcher kurzweg
                              									von einer „mechanischen Flugbewegung im Vogelkörper“ sprach.
                           Fortgeführt wurde diese originelle Idee von Buttenstedt,
                              									der die flugtechnischen Kreise heute noch beschäftigt.
                           Eine noch neuere Auflage erlebte diese Idee mit Emil
                                 										Jacobs elastischem Widerstand der Luft, der sich von der früheren
                              										„mechanischen Flugbewegung“ nur dadurch unterscheidet, dass er statt im
                              									Vogelkörper selbst im Flugmittel liegen soll, oder in beiden zugleich? Hier handelt
                              									es sich überall um die Elastizität der Materie.
                           Wenn man unter diese „mechanische Flugbewegung“ vielleicht auch das
                              									Beharrungsvermögen der Masse rechnen will, so gibt es noch mehrere Vertreter dieser
                              									Theorie, es führt aber zu weit, alle aufzuzählen.
                           Heinz steht der Buttenstedt'schen Richtung sehr nahe, er kann aber bezüglich seiner
                              									Reaktivkraft auch unter die Vertreter der verschiedenen Auslegungen des
                              									Flugvermögens durch Beharrung gezählt werden.
                           Es ist kein Zweifel, dass alle diese Bestrebungen eine gewisse Berechtigung haben;
                              									sie führen nach und nach zu der Robert Mayer'schen
                              									Grund Vorstellung jedes mechanischen Vorganges in der Natur:
                           
                              „Jede Bewegung entsteht durch Umwandlung aus einer anderen Bewegungsform.“
                              
                           Da der alles erklärensollende Luftwiderstand keine Bewegungsform ist, so muss es eine
                              									andere spezifische Mittelsflugbewegungsform geben, die sozusagen die Quelle der
                              									sichtbaren Flugbewegung ist.
                           Darin bin ich also mit dem Herrn Autor eins.
                           Bezüglich der Auslegung des Bazin'schen Versuches zur
                              									Erklärung der Segelflugerscheinung möchte ich jedoch den Einwand erheben, dass diese
                              									Auslegung eine gesuchte ist.
                           Das Verhalten der Bazin'schen Kugel im angezogenen
                              									Versuche bietet durchaus keinen Anlass zur Aufstellung einer neuen Kraftform,
                              									nämlich der Reaktivkraft.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 314, S. 80
                              
                           Diese Erscheinung lässt sich durch ganz bekannte Vorgänge erklären.
                           Nebenstehende Figur erläutert den Vorgang.
                           Um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, setze ich die Voraussetzungen beim Versuche
                              									als bekannt voraus.
                           Die Stossresultante Rs zerlegt sich in die
                              									Normalkomponente S1 und
                              									in die Komponente S2.
                           S1 drückt die Ebene an
                              									die Kugel fest an, weil die Kugel beharrt, und erzeugt im Verein mit der
                              									Normalkomponente a2 der
                              									Kugelbewegung einen verstärkten ReibungswiderstandMan kann sich übrigens, um die Sache klarer zu
                                    											machen, die Komponente a1a2 ganz wegdenken, die Kugel stünde im Moment
                                    											des Stosses, im toten Punkt ihrer Bewegung..
                           S2 löst infolge der
                              									rollenden Reibung ein Drehmoment der Kugel um den Trägheitsmittelpunkt M aus und zwar im Sinne der Aufwärtsbewegung.
                           Es ist also gerade so, als wenn wir der Kugel mit der Hand eine Beschleunigung
                              									erteilt hätten.
                           Das Moment der Komponente S2 in Hinsicht auf den träge beharrenden Mittelpunkt M der Kugelmasse ist also die Reaktivkraft Heinz'; dass dieses eine bewegende Kraft ist,
                              									unterliegt wohl keinem Zweifel; wogegen Heinz selbst
                              									die Trägheit als Ursache der Erscheinung, nicht als eine bewegende Kraft erkennen
                              									kann.
                           Nehmen wir den Fall an, dass das Moment der rollenden Reibung nicht ausgelöst werden
                              									könnte, z.B. bei einem Würfel, so machen wir die Wahrnehmung, dass der Würfel der
                              									Ebene folgt, weil er von der Stossbewegung in seitlicher Richtung ergriffen
                              									wird.
                           Wer erinnert sich da nicht eines einfachen und bekannten Experimentes mit einer Münze
                              									und einer Spielkarte.
                           Legt man die Münze auf die Spielkarte und balanciert das Ganze auf einer Fingerspitze
                              									der einen Hand, während man mittelst einer Schnellbewegung des Mittelfingers und des
                              									Daumens der anderen Hand die Karte genau in ihrer wagerechten Richtung wegschnellt, so bleibt die Münze auf der Fingerspitze
                              									liegen.
                           Bei der geringsten Neigung der Karte oder Schiefe des Stosses misslingt das
                              									Experiment, indem die Münze mit der Karte weggeschleudert wird.
                           Nimmt man statt der Münze eine Kugel, so rollt die Kugel gegen den Stoss und fällt
                              									jedesmal zur Erde. Dies sei nur nebenbei erwähnt, weil der Versuch sehr leicht zu
                              									machen ist, und es sich immer empfiehlt, eigene Versuche zu machen.
                           Die Folgerung des Autors, als ob die fragliche Reaktivkraft den Segelflug erkläre,
                              									ist somit unrichtig.
                           Im zweiten Teile (D. p. J. 1899 313 * 132) bringt der Autor seine Darlegungen über die Bedeutung der
                              									Elastizität für dynamische Flugmaschinen.
                           Dieses Thema lohnt sich einer gründlichen Erörterung, ich werde es daher, gesondert
                              									von diesem eben behandelten, bei einer anderen Gelegenheit besprechen.
                           Röhrsdorf.
                           
                              Karl Steffen.