| Titel: | Kleinere Mitteilungen. | 
| Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, Miszellen, S. 627 | 
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                        Kleinere Mitteilungen.
                        Kleinere Mitteilungen.
                        
                     
                        
                           Die Schnellbahnwagen der Allgemeinen
                              									Elektrizitäts-Gesellschaft in Berlin.
                           Auf dem Internationalen Ingenieurkongress in Glasgow hielt der Chefingenieur der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft, O. Lasche, im
                              									Beisein von vielen ersten Fachleuten der Eisenbahngesellschaften einen Vortrag über
                              
                              									den nunmehr fertiggestellten und geprüften Schnellbahnwagen der A. E.-G.
                           Der Hauptinhalt sei in folgendem kurz gegeben:
                           Die Studiengesellschaft für elektrische Schnellbahnen hatte sich gebildet zu dem
                              									Zwecke, die technischen und wirtschaftlichen Bedingungen für den elektrischen
                              									Betrieb von Fernbahnen zu studieren.
                           Der Probebetrieb mit dem Wagen der A. E.-G. für die
                              									Fernhahnversuche hat auf dem Versuchsstand in der Fabrik, soweit die
                              									Betriebsbedingungen auf einem Probierstand überhaupt festgestellt werden können, den
                              									angestrebten Leistungen entsprochen.
                           Der Wagen wurde mit einer sekundlichen Umfangsgeschwindigkeit der Räder von etwa 56
                              									m, entsprechend einer Fahrgeschwindigkeit von 200 bis 210 km stündlich geprüft und
                              									vor einigen Wochen auch dem technischen Ausschuss der Studiengesellschaft als fertig
                              									zur Ueberführung auf die Versuchsstrecke vorgeführt.
                           
                              1. Die
                                    										Versuchsstrecke.
                              Als obere Grenze der Geschwindigkeit waren für die Versuche zunächst 200 km
                                 										stündlich in Aussicht genommen worden. Auf Grund von sorgfältigen Erwägungen und
                                 										von Gutachten erster Autoritäten wurde beschlossen, für die Versuchsfahrten eine
                                 										vorhandene Strecke zu verwenden. Ausschlaggebend war hierbei, dass eine solche
                                 										Versuchsstrecke seitens der Militärbehörde zur Verfügung gestellt werden konnte,
                                 										und dass andererseits die Schaffung einer besonderen Versuchsstrecke einen
                                 										unberechenbaren Aufwand an Zeit und Mehrkosten verursacht hätte. Die Strecke,
                                 										auf welcher die Versuche demnächst beginnen werden, ist die Militärbahn
                                 										Berlin-Zossen. Diese Strecke ist für die erforderlichen Studien hervorragend
                                 										geeignet, weil sich die Versuche auf derselben auch auf die Verschiedenheit von
                                 
                                 										Oberbau, Schienenprofil, Bettung und Stossverbindungen erstrecken können.
                              Die vorliegende Veröffentlichung bezieht sich ausschliesslich auf Konstruktion
                                 										und Prüfung des Wagens und auf die zur Schaffung desselben erforderlichen
                                 										Vorstudien, Versuchsanordnungen und Versuche. Das andere Kapitel der Arbeiten,
                                 										die Versuchsfahrten selbst auf der Strecke, soll jetzt beginnen. Sie sollen nach
                                 
                                 										zwei völlig auseinander gehenden Richtungen hin Grundlagen für die praktischen
                                 										Auswertungen schaffen.
                              
                                 a) Die Durchführung von 80 bis
                                       												100 km stündlicher Fahrgeschwindigkeit.
                                 Es soll zuerst ermittelt werden, welche Geschwindigkeiten unter thunlichster
                                    											Beibehaltung unserer heutigen Betriebseinrichtungen erreichbar sind, und um
                                    											wieviel geringere Anforderungen ein Betrieb mit elektrischen Einzelwagen an
                                    											den Oberbau und seine Instandhaltung stellt bei Geschwindigkeiten, wie sie
                                    											heute bereits auf einigen der besten Strecken mit
                                    											Dampflokomotivenerreicht werden. In vielen Fällen dürfte die
                                    											elektrische Betriebskraft die Möglichkeit bieten, einen stark steigenden
                                    											Verkehr unter Beibehaltung der vorhandenen Brücken und des vorhandenen
                                    											Oberbaues zu bewältigen. Dem Publikum wäre mit Durchführung dieser
                                    											Geschwindigkeiten schon gedient, wenigstens in gewisser Beziehung. Die
                                    
                                    											Entfernungen würden in kürzerer Zeit zurückgelegt werden, man brauchte nicht
                                    											erst auf lange Züge zu warten, welche täglich nur wenige Mal verkehren und,
                                    											indem die Rauchbelästigung für die Reisenden in Fortfall käme, könnten ihnen
                                    											manche Bequemlichkeiten bereitet werden.
                                 Nach dieser Richtung bietet die Konstruktion der Motorwagen keine
                                    											Schwierigkeiten, und weder der Oberbau noch die bestehenden Einrichtungen
                                    											des Betriebes und des Signalwesens würden wesentliche Neuerungen bedingen.
                                    											Die Versuche werden für die Einführung und Wirtschaftlichkeit eines solchen
                                    											Betriebes auf bestehenden Fernbahnlinien weitere Unterlagen bringen. Dass
                                    
                                    
                                    											der Betrieb mit Elektrizität unter allen Umständen vor dem mit Dampf
                                    											ökonomische Vorteile bieten muss, ist übrigens nicht unbedingtes
                                    											Erfordernis. Es ist zwar anzunehmen, dass durch die Zentralisation der
                                    											Krafterzeugung bei Verwendung bester Dampfkesselanlagen und Maschinen mit
                                    											Vorwärmung und Ueberhitzung eine vorzügliche Ausnutzung des Brennstoffes
                                    
                                    											erreicht werden kann, wie sie bei Dampflokomotiven ganz ausgeschlossen ist;
                                    											ferner liegt in der Möglichkeit, weite Strecken von einer Zentrale aus mit
                                    											hochgespanntem Drehstrom zu betreiben, der Vorteil, dass eine fast
                                    											gleichmässige Beanspruchung der Maschinen erzielt werden kann; jedoch kann
                                    											Gewissheit über diese Fragen eben nur durch die vorzunehmenden Versuche
                                    											erlangt werden. In vielen Fällen dürfte es aber schon genügen, dass das
                                    											Reisen durch die elektrische Kraft dem Publikum zur Annehmlichkeit wird und
                                    											der Betrieb den modernen Anforderungen sich besser anpassen lässt.
                                 
                              
                                 b) Das Erreichen von etwa 200 km
                                       												stündlicher Geschwindigkeit.
                                 Der eigentliche Zweck der Versuche richtet sich auf das Anbahnen eines
                                    											Schnelldienstes, und die Feststellung der höchsten zulässigen
                                    											Geschwindigkeit dürfte gleichfalls das Ergebnis der eingehenden Studien
                                    
                                    											sein. Für die angestrebten hohen Geschwindigkeiten müssen der Signaldienst
                                    											im heutigen Sinne, die Wegeübergänge und Weichen entweder gänzlich in
                                    											Fortfall kommen oder tief einschneidenden Aenderungen unterzogen werden;
                                    											unerlässlich erscheint auch die Verlegung des Schnellverkehrs auf getrennte
                                    											Geleise und besondere Bahnkörper, welche diesem ausschliesslich in der einen
                                    											oder anderen Richtung dienen. Diesem Schnellbetrieb wäre gegenüber zu
                                    
                                    
                                    											stellen der Lokal- und Güterbetrieb. Die hierfür erforderlichen Studien
                                    											erstrecken sich auf die Motorfahrzeuge, den Oberbau und die ausreichende
                                    											Sicherung des Betriebes.
                                 
                              
                           
                              2. Die Konstruktion des
                                    											Motorwagens.
                              Es kommen nicht Lokomotiven im gewöhnlichen Sinne, sondern Motorwagen zur
                                 										Verwendung, welche für die unmittelbare Aufnahme von 50 Personen eingerichtet
                                 										sind. Die Leistung der Motoren von 1000 PS kann bis auf 3000 PS gesteigert
                                 
                                 										werden. Die
                                 										Versuche werden ergeben, ob so kräftige Motoren erforderlich sind, und wie bei
                                 										verschiedenen Geschwindigkeiten und den Einflüssen von Gegen- und Seitenwind der
                                 										Stromverbrauch sich ändert.
                              Entsprechend dem angestrebten Ziel – Bau und Betrieb von Fernbahnen – wurde
                                 										Drehstrom in Aussicht genommen, nachdem durch die von der Gesellschaft
                                 										angestellten Versuche der Nachweis geführt worden war, dass die Erzeugung und
                                 										Fernleitung desselben mit Spannungen von mehr als 40000 Volt keine
                                 										Schwierigkeiten mehr bietet. Für die vorliegende Strecke dürfte man sich
                                 										indessen mit 12000 Volt begnügen, da die Entfernung von der zur Stromlieferung
                                 										herangezogenen Drehstromzentrale der Berliner
                                    											Elektrizitätswerke nur 12,5 km und die zu speisende Fahrdrahtstrecke
                                 										nicht mehr als 24 km beträgt. Obwohl in der vorliegenden Ausführung aus
                                 										Zweckmässigkeitsgründen Transformatoren zur Umformung der 12000 Volt auf 435
                                 										Volt in dem Fahrzeug selbst untergebracht worden sind, ist diese Anordnung nicht
                                 										prinzipieller Natur; unter Umständen dürfte es zweckmässig sein, die Motoren
                                 										statt mit Niederspannung mit einer mittleren Spannung von etwa 2000 Volt zu
                                 										betreiben, in welchem Fall auch der Fahrdraht diese Spannung erhält. In
                                 										geeigneten Entfernungen wären alsdann Transformatoren zur Umwandlung von 50000
                                 										auf 2000 Volt, welche im Gegensatz zu Gleichstromumformern weder Bedienung noch
                                 										Instandhaltung erfordern, an der Strecke zu verteilen.
                              An jedem Ende des Wagens befindet sich ein Stand für den Führer, damit dieser
                                 										stets vom vorderen Ende des Fahrzeuges aus die Führung handhaben kann. Alle
                                 										stromführenden Teile wurden in dem in der Mitte des Wagens belegenen Apparatraum
                                 										untergebracht und durch doppelte, gut geerdete Blechwände gegen Personen- und
                                 
                                 										Führerräume abgeschlossen.
                              Die Gesamtlänge des Wagens, dessen Abmessungen im Normalprofil bleiben, beträgt
                                 										22 m. Der Wagenkasten wird von zwei kräftigen Drehgestellen mit je drei Achsen
                                 										getragen. Die mittlere Achse jeden Drehgestelles dient nur als Laufachse,
                                 										während die beiden äusseren Achsen je einen Motor von 250, maximal 750 PS
                                 										tragen. Der Durchmesser der Räder beträgt 1250 mm, die Tourenzahl etwa 960 pro
                                 										Minute.
                              
                           
                              3. Die Vorstudien für die
                                    											Konstruktion des Motorwagens.
                              Mit der Aufgabe, einen Motorwagen zum Zweck von Studien und Versuchen zu bauen,
                                 										war dem Konstrukteur die willkommene Freiheit geboten, von Grund aus Neues zu
                                 										schaffen und auf Althergebrachtes zu verzichten. Die vorliegende Ausführung
                                 										stützt sich daher weder auf die bisherigen Konstruktionen von elektrischen
                                 
                                 										Lokomotiven für geringere Geschwindigkeiten, noch auf solche von Vorort- und
                                 										Strassenbahnwagen. Die Studien, welche der eigentlichen Durchführung der
                                 										Konstruktionsarbeiten voranzugehen hatten, bezogen sich denn auch gerade auf
                                 										jene Punkte, welche unterschiedlich hierzu bei elektrischen Fernbahnen und
                                 										insbesondere bei solchen für höchste Geschwindigkeiten in Frage kommen.
                              Die Gewichte der elektrischen Einrichtung glaubte man anfangs nicht unter 50 t
                                 										für die verlangten Leistungen von 3000 PS max. herabmindern zu können. Durch
                                 										neue Anordnung und besondere Konstruktion der wesentlichen Elemente wie der
                                 										Transformatoren, Motoren und Anlassapparate gelang es jedoch, dieselben auf etwa
                                 										30 t zu ermässigen. Durch sorgfältige und reichliche Kühlung des magnetisch
                                 										beanspruchten Eisens in den Transformatoren wurde das Gewicht auf 6,5 kg pro
                                 										Kilo-Watt heruntergebracht. Die Motoren wurden entsprechend den neuen
                                 										Konstruktionen der A. E.-G. für ortsfeste Dynamos
                                 										und Motoren ohne gusseisernes Gehäuse ausgeführt und der Blechkranz als
                                 										Rippenkörper ausgebildet, um so auch hier eine vollkommene Kühlung des Eisens zu
                                 										erzielen.
                              Eine weitere Frage von tiefeinschneidender Bedeutung war auch der Zusammenbau der
                                 										Motoren mit den Radachsen; denn selbstverständlich waren Zwischenglieder wie
                                 										Zahnräder oder Ketten mit ihrem Verschleiss und ihrer Unzuverlässigkeit von
                                 
                                 										vornherein ausgeschlossen. Obschon man von Anfang an danach strebte, die Motoren
                                 										abzufedern, mussten doch viele verschiedene Anordnungen durchstudiert werden.
                                 										Bei den einen waren die Motoren hart, bei den anderen federnd auf der Achse oder
                                 										am Radkörper montiert. Die Lösung des Problems einer abgefederten Aufhängung,
                                 										ohne irgend welche Belastung der Achse bei 1000 Touren und 750 PS pro Motor war
                                 										schwierig und verlangte eine scharfe Kritik der eigenen Entwürfe; sie gelang
                                 										vermöge einer eigenartigen, federnden und gleitenden Kuppelung und durch eine
                                 										abgefederte Aufhängung der Motoren, deren anfangs sehr weiche Bewegungen
                                 										allmählich in eine steifere und steife Aufhängung übergehen. Diese Konstruktion
                                 										setzte für die Motoren naturgemäss eine Hohlachse voraus, deren
                                 										Umfangsgeschwindigkeit in den Lagern nahezu 15 m pro Sekunde beträgt. Ueber
                                 										diese ungewöhnlichen Reibgeschwindigkeiten wurden eingehende Versuchsreihen bis
                                 										zu 20 m pro Sekunde und bis zu sehr hohen Lagerdrücken aufgestellt.
                              Waren Anlasser für Motoren von 250 und 750 PS Leistung auch früher schon mehrfach
                                 										ausgeführt worden, so hatte man sie doch für die vierfache Stärke, für dauernde
                                 										Belastung unddie Unterbringung in einem engen Raume nicht zu konstruieren
                                 										brauchen; es wurde deshalb die Frage des üblichen Flüssigkeits- und des
                                 										Metallanlassers eingehend behandelt. Ersterer erschien von vornherein
                                 										unzulässig, da es ausgeschlossen war, dauernd Widerstand eingeschaltet zu
                                 										lassen, also dauernd die Geschwindigkeit zu regulieren, weil die hierbei der
                                 										Flüssigkeit zugeführte Wärme dieselbe sehr bald erhitzen und zum Kochen bringen
                                 										würde. Bei den Metallanlassern erwies sich die unendliche Zahl von Kontakten,
                                 										Bürsten, Verbindungskabeln und Paketwiderständen als sehr lästig und
                                 										unübersichtlich. Für die vier Motoren mit je 750 PS Maximalleistung ergaben sich
                                 
                                 										12 Walzen, von denen jede mindestens 12 Kontaktstufen erhalten musste, und jeder
                                 										Kontaktstufe entsprechen Verbindungskabel nach den Widerstandspaketen. Trotzdem
                                 										bleiben die Unterschiede in den Stromstärken von Stufe zu Stufe noch sehr gross
                                 
                                 
                                 										und die Regulierung grob. Dass der Verschleiss an den vielen Kontakten die
                                 										Betriebssicherheit ungünstig beeinflusst, namentlich bei der geringen
                                 										Uebersichtlichkeit des ganzen Apparates, ist neben dem grossen Gewicht ein
                                 										schwerwiegender Uebelstand.
                              Alle diese Nachteile wurden vermieden durch die Ausführung eines Anlassers, der
                                 										sich besonders für die Beschleunigung und Verzögerung grosser Massen und die
                                 										Regulierung ihrer Geschwindigkeit, unter anderem also auch für den Antrieb sehr
                                 										grosser Fördermaschinen eignet. Als Widerstandsmaterial wird hier zwar auch
                                 										Sodalösung verwandt, doch hat der Apparat mit den üblichen Konstruktionen der
                                 										Flüssigkeitsanlasser nichts gemein, wie dies auch die im grössten Stil gemachten
                                 										Versuche bewiesen haben. Die Elektrodenbleche stehen hier fest und hängen in
                                 										einem Behälter, in welchen die Flüssigkeit durch eine ständig laufende Pumpe
                                 										hineingeschafft wird. Der Behälter erhält ein Ventil im Boden, durch welches die
                                 										Flüssigkeit abgelassen werden kann. Soll der Motor eingeschaltet werden, so wird
                                 										das Ventil geschlossen und die Flüssigkeit beginnt zu steigen, die
                                 										Eintauchfläche der Elektroden nimmt also allmählich zu, d.h. es wird Widerstand
                                 										ausgeschaltet, und zwar kontinuierlich und nicht stossweise. Entsprechend der
                                 
                                 										Verringerung des eingeschalteten Widerstandes nimmt die Tourenzahl des Motors
                                 										zu. Durch Regulierung der Zuflussgeschwindigkeit kann das Ansteigen der
                                 										Flüssigkeit im Behälter und somit die Anfahrzeit für den Motor reguliert und
                                 										letzterer vor Ueberlastung geschützt werden. In dem Behälter ist ein Ueberlauf
                                 										eingebaut, so dass die Flüssigkeit oben abfliesst, also an der Stelle, wo sie am
                                 										wärmsten ist. Sie bleibt also stets in Bewegung, wodurch die Möglichkeit geboten
                                 										ist, ihr die Wärme ständig abzuführen. Man kann daher dauernd Widerstand
                                 										eingeschaltet lassen, d.h. dauernd mit kleinerer als der normalen
                                 										Geschwindigkeit fahren. Der Ueberlauf in dem Behälter lässt sich einstellen, und
                                 										da von der Höhe des Flüssigkeitsstandes die Grösse des eingeschalteten
                                 										Widerstandes und damit die Tourenzahl der Motoren abhängt, so kann dies leicht
                                 										eingestellt werden. Neben der äusserst einfachen Bedienung und grossen
                                 										Betriebssicherheit dieses neuen Anlass- und Regulierapparates gibt dieser also
                                 										den Vorteil, beliebig langsam anfahren und dauernd regulieren zu können, ohne
                                 										dass eine Störung durch zu grosse Erwärmung eintreten könnte.
                              Die Geschwindigkeit von 200 km pro Stunde machte neben der Westinghouse-Bremse
                                 										mit den üblichen Reibbacken eine zweite elektrische Bremsung wünschenswert.
                                 										Vorgenommene Versuche lehrten, wie diese Wirkung mit Hilfe des neuen
                                 										Regulierapparates beliebig sanft oder energisch erreicht werden kann, sei es
                                 										durch Gegenstrom, sei es durch Wirbelstrom unter Einschaltung einer besonderen
                                 
                                 										Bremsbatterie.
                              Noch nach vielen anderen Richtungen hin mussten Studien und Versuche angestellt
                                 										werden, und schliesslich wurde es bei der Neuheit des Ganzen für erwünscht
                                 										gehalten, eine Prüfung bei stillstehendem Wagen vornehmen zu können. Es wurde
                                 
                                 										daher jedes Drehgestell auf Probeböcken mit Laufrollen in Betrieb gesetzt und
                                 										hierbei die volle Geschwindigkeit erzielt. Wenn nun auch aus diesen Proben noch
                                 										keine endgültigen Schlussfolgerungen gezogen werden können, so hegen wir nach
                                 
                                 										dem Verlauf der den praktischen Bedingungen sich eng anschliessenden Versuche
                                 										die zuversichtliche Erwartung, dass das Fahrzeug den an dasselbe gestellten
                                 										hohen Anforderungen ganz entsprechen wird.
                              
                           
                        
                           Bücherschau.
                           Anleitung zur Projektion
                                 										photographischer Aufnahmen und lebender Bilder (Kinematographie). Von Hans Schmidt in München. Mit 56 Figuren. Berlin 1901.
                              									Gustav Schmidt (vorm. Robert Oppenheim).
                           Obgleich das Thema, welches in diesem Büchlein behandelt wird, ein bekanntes ist, so
                              									hat der Verfasser in demselben doch etwas geschaffen, was bis heute in Form und
                              									Inhalt noch nicht vorhanden war, trotzdem die photographische Litteratur zahlreiche
                              									Abhandlungen über dieses Thema gibt. Bei genauer Durchsicht zeigt es sich jedoch,
                              									dass diese Bücher vieles Notwendige nicht enthalten, dagegen viel Entbehrliches
                              									geben, was sie
                              									übergehen könnten. Das vorliegende Schriftchen umfasst die optische Projektion als
                              									solche; keine Zuthaten photographischer oder anderer Natur. Sachliche Darstellung
                              									und die genaue Herleitung des Prinzips schienen dem Verfasser besonders notwendig,
                              									weshalb er auch die Beschreibung von vielen Modellen, die meist nur äusserlich und
                              									wenig voneinander abweichen, vermied. Trotzdem wird das Thema ausführlicher
                              
                              									behandelt als in manchem dickleibigen Handbuch, was die einzelnen Kapitel, wie z.B.
                              									Kalklicht, elektrisches Licht, Kinematographie u.s.w. zeigen. Ueberhaupt ist nur das
                              									Bewährte, alten und neuen Datums angeführt, was den Leser in den Stand setzt, sich
                              									selbst ein Bild davon zu machen, inwieweit die in seinem Besitz befindlichen
                              									Apparate den Anforderungen, die man an einen guten Projektionsapparat stellen kann,
                              									entsprechen.
                           G. Bigourdan, Astronome
                              									titulaire à l'Observatoire de Paris: Le Système métrique
                              									des poids et mesures, son établissement et sa propagation graduelle, avec l'histoire
                              									des opérations, qui ont servi à déterminer le mètre et le kilogramme. 8 VI und 458
                              									S. Paris 1901. Gauthier-Villars, imprimeur-libraire.
                           Die Schaffung des metrischen Systems ist zweifellos einer der grössten Ruhmestitel
                              									Frankreichs, der ihm aber auch mehr Mühe gekostet hat, als man zumeist annimmt. Mit
                              									gerechtem Stolz kann Frankreich dafür jetzt, wo das System zwar noch nicht die
                              									Alleinherrschaft in der gesamten Kulturwelt, doch allgemeine Anerkennung geniesst,
                              									auf das hierüber verflossene Jahrhundert zurückblicken. Die hier vorliegende
                              									Jubiläumsschrift, die eine der Sache würdige Ausstattung erhalten hat, in klein
                              									Oktav mit Elzevirlettern gedruckt und mit 17 Tafeln Abbildungen geschmückt ist,
                              									bringt nun, wie schon der umfangreiche Titel verrät, die sehr ausführlich
                              									dargestellte Geschichte des metrischen Systems aus der Feder eines Verfassers, dem
                              									viele bisher unbekannte Dokumente zugänglich waren. Der Inhalt ist zu reichhaltig,
                              									als dass von ihm hier, wenn auch nur durch Aufzählung der Kapitelüberschriften, eine
                              
                              
                              									vollständige Uebersicht gegeben werden könnte, weshalb nur Einzelnes hervorgehoben
                              									werden soll.
                           Wer die Buntscheckigkeit von Massen und Gewichten innerhalb des deutschen
                              									Reichsgebietes noch miterlebt hat, wird sich wohl verwundert haben, dass aus dem
                              									dringlichen Bedürfnisse nach Vereinheitlichung nicht hier das jetzt internationale
                              
                              									Einheitsmass entstanden ist, sondern in Frankreich, das doch schon eine zu den
                              									Erddimensionen in Beziehung gebrachte und von der Autorität seiner Akademie der
                              									Wissenschaften empfohlene Masseinheit besass, die Toise, der sich auch fremde
                              									Gelehrte, wie z.B. Humboldt, bedienten. In Wahrheit war
                              									es aber vor der Revolution, wie wir aus dem Buche erfahren, mit den Massen und
                              									Gewichten in Frankreich nicht besser bestellt als bei uns. Die Herrschaft über jene
                              									war nämlich nach Karls des Grossen Zeiten an die Feudalherren gekommen, die von
                              									deren Mannigfaltigkeit Nutzen zogen, und es gelang den französischen Königen nicht,
                              									wie beim Gelde, Einheitswerten Anerkennung zu verschaffen. Den Bestrebungen nach
                              
                              									Vereinheitlichung von Mass und Gewicht verband sich aber von 1670 an auch das
                              									Verlangen nach einem „Naturmasse“, d.h. nach einer natürlichen konstanten
                              									Grösse, die durch Beobachtung und Berechnung von neuem wieder zu ermitteln geht.
                              									Wunderbarerweise stimmt nun der von einem Lyoner Geistlichen, Gabriel Mouton, 1670 veröffentlichte Vorschlag im
                              									Prinzip mit der Grundlage des metrischen Systems überein, während Picard (1671), Huygens
                              									(1673), Condamine (1747) für das Sekundenpendel als
                              									Einheit schwärmten; für dieses stellten sich alsdann die Aussichten auch so günstig,
                              									dass 1775 Messier mit Vorarbeiten zur Bestimmung seiner
                              									Länge unter 45° offiziell beauftragt wurde. Das Bedürfnis nach Vereinheitlichung war
                              
                              									auch so dringend; dass sich die 1789 zur konstituierenden Versammlung
                              									zusammengetretenen Abgeordneten aus eigener Initiative mit der Frage beschäftigen
                              									mussten. Nun hätte man jenem einfach dadurch genügen können, dass man den in Paris
                              									gebräuchlichen Massen und Gewichten Geltung für ganz Frankreich verschafft; diese
                              									waren aber den Revolutionären verhasst, weil sie aus Feudalzeiten stammten.
                              									Ausserdem verlangte der Eitelkeitskitzel, ein Mass- und Gewichtssystem zu schaffen,
                              									das wegen seiner Begründung auf ein Naturmass und seinen einfachen wie rationellen
                              									Ausbau Aussicht habe, über die Grenzen Frankreichs hinaus Geltung zu gewinnen. Der
                              									erste Antragsteller, der durch seine spätere politische Thätigkeit berühmt gewordene
                              									Bischof von Autun, Talleyrand, schlug eben deshalb vor,
                              									das Sekundenpendel als Masseinheit festzustellen und zur Mitarbeit bei Begründung
                              									des Systems das englische Parlament einzuladen, was auch am 10. Mai 1790 angenommen
                              									wurde. Die Forderung der dezimalen Einteilung, sowie auch danach die Substitution
                              									der Pendellänge durch einen Meridianteil kam erst durch die Akademie der
                              
                              									Wissenschaften hinzu, die sich der Sache eifrigst annahm und die Mitarbeit des
                              									Auslandes dabei auszuschliessen verstand. Die von ihr als zur Begründung des Systems
                              									als notwendig erklärten mehrjährigen Vorarbeiten,die in der Folge unter den
                              									wechselnden politischen Verhältnissen von verschiedenen Korporationen oder
                              									Kommissionen mit Unterbrechungen durchgeführt wurden, fanden auch Genehmigung,
                              
                              									obwohl den ungeduldigen Radikalen die Sache viel zu lange währte und sie deshalb
                              									1793 die Einführung eines auf einen provisorischen Wert (3 Fuss 1144/100 Linien) des
                              									Meters begründetes System durchzusetzen wussten. Die politische Färbung des neuen
                              									Systems war aber, nachdem die revolutionäre Hochflut verlaufen war, der
                              
                              
                              									Geltendmachung nach der endgültigen Ausarbeitung andererseits wieder hinderlich und
                              									trotz des Einführungsgesetzes vom 19. frimaire an VIII. (10. Dez. 1799) bevorzugte
                              									die Bevölkerung die altherkömmlichen Masse und Gewichte; die ausschliessliche
                              									Herrschaft in Frankreich erlangte das metrische System nicht früher als mit dem 1.
                              									Januar 1840. Unter diesen Umständen kann es nicht Wunder nehmen, dass erst Napoleon
                              									III. in seinen letzten Regierungsjahren Schritte thun konnte, um ihm auch
                              									internationale Geltung zu verschaffen, die schliesslich (1875) zur Einsetzung eines
                              									internationalen Ueberwachungsdienstes führten, der jedoch sehr wichtige Arbeiten
                              									noch einer besonderen französischen Sektion des internationalen Comités überlässt
                              									und Frankreichs Verdiensten um die Sache auch noch in anderen Formen Anerkennung
                              									zollt.
                           
                              O. L.
                              
                           
                        
                           Eingesandt.
                           Ausstellung Düsseldorf 1902.
                           Die Leitung der Düsseldorfer Ausstellung hat vor kurzem eine illustrierte Broschüre
                              									über das Unternehmen herausgegeben, die Anspruch auf besondere Beachtung erheben
                              									kann. Inhaltlich schildert sie in anziehender Sprache sowohl die Vorzüge der schönen
                              									Kunst- und Gartenstadt am Rhein, als auch die Bedeutung der grossen Ausstellung
                              									selbst. Reicher Bilderschmuck ziert das kleine Werkchen. Wir sehen nicht nur die
                              									anziehendsten Punkte der Stadt Düsseldorf in vortrefflichen Abbildungen
                              									wiedergegeben, sondern auch die einzelnen hervorragenden Ausstellungsbauten, deren
                              									Reigen der grosse Pavillon der Firma Krupp eröffnet.
                              									Die Porträts des Protektors, der Ehrenvorsitzenden und der leitenden Personen der
                              									Ausstellung schmücken gleichfalls die Broschüre und ein Panorama bietet einen
                              									Gesamtüberblick aus der Vogelschau über das Ausstellungsgelände, welches sich
                              									bekanntlich 2 km weit am Ufer des Rheines entlang zieht. Der Text der Broschüre gibt
                              									genauen Aufschluss über das, was die Ausstellung bieten wird und über die Motive,
                              									die zur Veranstaltung derselben geführt haben. Der Gedanke des Unternehmens beruht
                              									bekanntlich auf folgender nationaler Erwägung: Rheinland und Westfalen sind als die
                              									industrie- und gewerbreichsten Provinzen Deutschlands weltbekannt. Kein irgend
                              									beachtenswerter Industriezweig fehlt hier, fast jeder wird in diesen Provinzen
                              									grossartig und in hervorragender Weise betrieben. In einer Ausstellung zu Düsseldorf
                              									können die Schwesterprovinzen Rheinland und Westfalen als Repräsentantinnen des
                              									deutschen Gewerbefleisses auftreten und den Beweis liefern, dass nicht Furcht vor
                              									einer Niederlage sie von der Pariser und anderen Weltausstellungen zum Teil
                              									ferngehalten hat, sondern dass für diese Nichtbeteiligung die Gründe auf einem ganz
                              									anderen Gebiete liegen und dass in erster Linie der Raummangel in Paris massgebend
                              									war. Wurde doch schliesslich der ganzen deutschen Eisen- und Maschinenindustrie in
                              									Paris nicht einmal soviel Raum zur Verfügung gestellt, als die Firma Krupp allein für sich beansprucht hatte. In Düsseldorf
                              
                              									können die Industrie und das Gewerbe zeigen, dass wir erwerbsfähig auf dem
                              									Weltmärkte sind, dass wir den friedlichen Wettbewerb mit anderen Nationen nicht nur
                              									nicht scheuen, sondern dass wir auf manchen Gebieten grössere und besondere
                              									Leistungen aufzuweisen haben, als andere Nationen. Das Ausland hat diesen Gedanken
                              									sehr wohl begriffen, denn es widmet der Düsseldorfer Ausstellung ein ganz
                              									hervorragendes Interesse. Haben doch jetzt schon, wie wir aus der Broschüre ersehen,
                              									eine grosse Reihe der hervorragendsten technischen Gesellschaften des Auslandes
                              									beschlossen, im Ausstellungsjahre ihre Kongresse in Düsseldorf abzuhalten. Zur
                              									Bestreitung der Kosten des internationalen Schiffahrtskongresses, der 1902 ebenfalls
                              									in Düsseldorf stattfindet, steuern die deutschen Regierungen sogar 100000 M. bei.
                              									Die Düsseldorfer Ausstellung ist gerade in der gegenwärtigen Zeit der
                              									wirtschaftlichen Depression eine Notwendigkeit und ein Segen, denn sie ist geeignet,
                              									dem Inlande und dem Auslande zu zeigen, welche Kraft und welche Leistungsfähigkeit
                              									dem deutschen Gewerbe und der deutschen Industrie innewohnen und den Mut und die
                              									Kauflust im Inlande und Auslande zu beleben. – Es darf nicht vergessen werden, die
                              									ebenso originelle wie vornehme und gediegene typographische Ausstattung dieser
                              									illustrierten Propagandaschrift besonders zu erwähnen. Sie ist ein Erzeugnis der
                              									bewährten Offizin von August Bagel.