| Titel: | Kleinere Mitteilungen. | 
| Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 722 | 
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                        Kleinere Mitteilungen.
                        Bücherschau.
                        
                     
                        
                           Bücherschau.
                           Patentgesetz und Gesetz
                                 										betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern. Erläutert von Dr. Arnold Seligsohn, Justizrat, Rechtsanwalt und Notar in
                              									Berlin. Zweite Auflage. Berlin. J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, G. m. b.
                              									H.
                           Der Verfasser ist als Kommentator des Patentgesetzes durch die erste Auflage dieses
                              									Werkes bekannt. Das Buch ist besonders für Juristen bestimmt; auch der Patentanwalt
                              									wird in juristischen Fragen mancherlei Belehrung aus dem Buche schöpfen. Die
                              									Patentlitteratur ist sehr ausgiebig benutzt und citiert.
                           Beim Durchblättern des Buches findet man aber auch mancheAuffassung, die
                              									streitig ist, manches, was zweifellos unrichtig ist. Der Jurist kann sich selbst
                              									dann, wenn er ein gutes Verständnis für technische Dinge besitzt, nicht in manche
                              									Einzelheiten des Patentrechtes so hineinfinden, wie umgekehrt der Techniker, welcher
                              									ein gutes Verständnis für juristische Fragen besitzt und vor allen Dingen im Auge
                              									behält, dass das Patentgesetz in hervorragendem Masse für die Praxis bestimmt ist,
                              									und dass diejenige Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen den Vorzug haben muss,
                              
                              									die bei grösster Einfachheit dem praktischen Bedürfnis am meisten Rechnung trägt. Es
                              									ist ein Fehler des Seligsohn'schen Kommentars, zu
                              										„juristisch“ sein zu wollen. Schon auf der zweiten Seite des eigentlichen
                              									Kommentars findet sich hierfür ein Beispiel. Das Wort „Inland“ soll im
                              									Patentgesetz zweierlei Bedeutung haben, einmal – im § 12 – soll es bedeuten: Das Deutsche
                              
                              
                              									Reich ohne Einschluss der Schutzgebiete; sonst soll Inland bedeuten: Deutsches Reich
                              
                              									und Schutzgebiete. Es erscheint wohl richtiger, dem Wort Inland immer die Bedeutung
                              									zu geben: Das Deutsche Reich – ohne Schutzgebiete – und dies ist um so mehr am
                              									Platze, da die Vorschriften über den Schutz von
                                 										Erfindungen durch besondere kaiserliche Verordnung betr. die
                              									Rechtsverhältnisse in den deutschen Schutzgebieten vom 9. November 1900 für die
                              									Schutzgebiete besonders in Kraft gesetzt sind, also der Schutz der Erfindungen in
                              
                              									den Schutzgebieten auch gewährt wird, wenn „Inland“ im Patentgesetz immer
                              									dieselbe Bedeutung hat. Der Ausdruck „Postanstalt im Gebiet des Deutschen
                                 										Reiches“ im § 9 des Patentgesetzes, bei welcher die Gebühr rechtzeitig
                              									einzuzahlen ist, um das Erlöschen des Patentes zu verhindern, rechtfertigt durchaus
                              									nicht die Annahme, dass hierin ein Gegensatz zum „Inland“ in der von Seligsohn untergeschobenen Bedeutung des Patentgesetzes
                              									gefunden werden soll, vielmehr handelt es sich nur um einen anderen Ausdruck für
                              
                              									Inland, und zwar ist dieser Ausdruck wohl deshalb gewählt, weil das Gebiet des
                              									Deutschen Reiches postalisch ein einheitliches nicht darstellt und man neben der
                              									kaiserlichen deutschen Postanstalt auch württembergische und bayerische
                              
                              									Postanstalten hat.
                           Noch mehr als die theoretische Tüftelei über die Bedeutung des Wortes Inland, die
                              									also in demselben Gesetz wandelbar sein soll, gibt die Definition des Begriffs
                              									Erfindung, wie sie nach zahlreichen Citaten anderer von Seligsohn gegeben wird, zur Kritik Veranlassung. Als wesentliches Moment
                              									für den Begriff Erfindung wird die Patentwürdigkeit herangezogen:
                           „es handelt sich um die Abschätzung des Produktes einer
                                 										Geistesarbeit, insbesondere um die Abwägung, ob dieses Produkt gegenüber dem
                                 										Vorhandenen einen so erheblichen technischen Fortschritt bedeutet, dass es sich
                                 										rechtfertigt, seinem Urheber ein die allgemeine Gewerbefreiheit in dem Masse
                                 										einschränkendes Recht, wie es der Patentschutz ist, zu gewähren“ (Seite
                              
                              									27).
                           Hier wird untereinander gemischt der Begriff „Erfindung“ und der rein
                              									technische Begriff „Neuheit der Erfindung“, indem das Recht der allgemeinen
                              									Gewerbefreiheit dem Erfinderrecht übergeordnet wird, während beide vom natürlichen
                              
                              									Standpunkt aus als gleichberechtigt anzusehen sein dürften. Ausserdem kann bei
                              									zufällig gemachten Erfindungen, die auch Seligsohn an
                              									anderer Stelle als Erfindungen anerkennt, von dem Produkte einer Geistesthätigkeit
                              									keine Rede sein. Das, was Seligsohn von den
                              									Definitionsversuchen anderer bezüglich des Begriffes Erfindung sagt, gilt auch von
                              									seinem eigenen Versuche: der Versuch kann nicht als gelungen gelten. Das
                              									Patentgesetz sagt viel klarer, was es will, ohne Definition des Begriffes der
                              									Erfindung, als diejenigen, welche den Begriff Erfindung so oder ähnlich definieren
                              									wollen. Dies liegt daran, weil in den Definitionen nicht ebenso, wie in dem Gesetz
                              									auseinander gehalten werde die drei Begriffe: Erfindung, Neuheit der Erfindung im
                              									Sinn des Patentgesetzes, gewerbliche Verwertbarkeit im Sinn des Patentgesetzes.
                              
                              										„Erfindung“ im Sinn des Patentgesetzes ist nichts anderes als Erfindung
                              									im Sinn des allgemeinen Sprachgebrauches, Erfindung ist die Erfindung eines Mittels
                              									zur Erreichung eines Zweckes. Stellt man Entdeckung und Erfindung nebeneinander, so
                              									bedeutet das erstere die Findung einer bisher unbekannten, die menschliche
                              									Erkenntnis vermehrende Thatsache, während Erfindung eine neue, das menschliche
                              									Können vermehrende Verwertung einer Thatsache darstellt. Entdeckung liegt also auf
                              									dem abstrakten Wissensgebiete, Erfindung liegt auf dem Gebiete angewandten Wissens.
                              									So ist es auch bei den Erfindungen des Patentgesetzes, und der Schwerpunkt bei der
                              									Frage, was ist patentfähig, darf keineswegs auf die Definition des Begriffes der
                              									Erfindung gelegt werden, sondern auf die Definition der Begriffe „Neuheit“
                              									der Erfindung, „gewerbliche Verwertbarkeit“ der Erfindung. Mehrere Seiten des
                              										Seligsohn'schen Kommentars sind durch
                              									Nichtbeachtung dieses Erfordernisses ohne eigentlichen Wert, ausgenommen im
                              									negativen Sinn, weil sie den logisch denkenden Techniker zur richtigeren Auslegung
                              									des Begriffes Erfindung geradezu zwingt. Leider, und das ist die weniger unschuldige
                              									Seite der Seligsohn'schen Kommentation und ähnlicher
                              									Veröffentlichungen über das, was patentfähig ist, haben die Erfinder Nachteile durch
                              									den weitverbreiteten Trieb, den Begriff der Erfindung einzuengen, denn dadurch
                              									werden gewerblich wertvolle Erfindungen, welche allen Voraussetzungen an Neuheit und
                              									gewerbliche Verwertbarkeit genügen, vom Patentschutz ausgeschlossen, weil sie nicht
                              										spezifisch technischer Natur sind. Exempla docent.
                              									In einem Fall wurde einem Anmelder, der in etwa 200000 Erzeugnissen eine Erfindung
                              									verkörpert hatte, erst entgegengehalten, seine Erfindung stelle keine Benutzung der
                              									Naturkräfte dar, und dann war schliesslich der Grund der Abweisung: Es fehlt die
                              									gewerbliche Verwertbarkeit. Dabei war eine 200000fache Verwertung da, und – die
                              									Nachahmer verwerteten die Erfindung, für welche 100000 M. vom Anmelder bezahlt
                              									wurden, auch schon, wenn auch in abgeänderter Art der Ausführung, wie auch amtlich
                              									zur Kenntnis gebrachtwar. Die Ursache, durch welche solche, die Interessen der
                              									Erfinder schädigenden Eigentümlichkeiten bedingt werden, sind im letzten Grund
                              
                              									unbrauchbare und unklare Begriffsbestimmungen der oben erwähnten Art. Der
                              									landläufige Begriff der Erfindung ist ja zu einfach, deshalb wird „gesucht“,
                              									und das Resultat sind „gesuchte“ Definition und „gesuchte“ Anwendung
                              									des Gesetzes.
                           Während der Begriff „Erfindung“ von Seligsohn
                              									ohne jede Veranlassung zu eng gefasst wird, ist bei der Definition des Begriffes
                              										„gewerbliche Verwertbarkeit“ das Umgekehrte der Fall. Zwar ist die
                              									Definition des Begriffes Gewerbe, wie sie von verschiedenen Schriftstellern so
                              									aufgestellt ist, dass ein Irrtum über den Begriff „gewerbliche
                                 										Verwertbarkeit“ fast unmöglich wird, von Seligsohn acceptiert, aber doch geht er bei der Erklärung des Begriffes
                              										„gewerbliche Verwertbarkeit“ tastend umher und gerät in die Irre. Die
                              									acceptierte Definition für Gewerbe ist: „Thätigkeit, welche auf die Gewinnung,
                                 										Berarbeitung oder Verarbeitung von Rohstoffen, einschliesslich der Halbfabrikate
                                 										und Zwischenprodukte, gerichtet ist.“
                           Nun gehört zwar das Heilgewerbe, das Barbiergewerbe, das
                              									Nahrungsmittelchemikergewerbe u.s.w. auch zu den Gewerben, es ist also die obige
                              									Definition thatsächlich zu eng, indessen kann es keinem Zweifel unterliegen, dass
                              									der Erfindungsschutz ein spezifisches Industrierecht ist, dass „gewerblich
                                 										verwertbar“ bedeutet: bei der Herstellung von Waren anwendbar. Die
                              									Landwirtschaft, Gärtnerei u.s.w. wird zur Industrie, wenn sie durch besondere
                              									Arbeitsmethoden Produkte besonderer Art gewinnt, auch sie schaffen Waren, und auch
                              									hier kann man wohl sprechen von Gewerbe. Seligsohn,
                              									welcher für die Erfindung in dem „Erfordernis der Schöpfung“ den wesentlichen
                              									Unterschied gegenüber der Entdeckung findet – nota bene wieder ein Irrtum, denn
                              									unter Umständen ist die Entdeckung zugleich Erfindung, weil die neue Erkenntnis der
                              									Thatsache sich ohne weiteres darstellt als die Findung eines Mittels zur Erreichung
                              									eines Zweckes und ausserdem von dem „Erfordernis der Schöpfung“, streng
                              									genommen überhaupt nicht, insbesondere aber bei Erfindungen, welche z.B. auf
                              									Verwandlung der Kräfte sich beziehen, gar keine Rede sein kann – sagt nun z.B. auf
                              									Seite 30:
                           
                              „Die Schöpfung kann entweder ein Verfahren oder ein körperlicher Gegenstand oder
                                 										beides zugleich sein. Der körperliche Gegenstand ist entweder Arbeitsmittel oder
                                 										Arbeitserzeugnis. (Warum dies alles?! Ware ist der körperliche Gegenstand!) Das
                                 										Verfahren kann auch in einem unkörperlichen Resultat auslaufen, z.B. ein Heil-,
                                 										ein Trocknungsverfahren oder ein Verfahren, Margarine von Naturbutter zu
                                 										unterscheiden. Ein solches Resultat, dem die Körperlichkeit mangelt, kann nicht
                                 										patentiert werden (Kohler, ‚Aus dem Patent- und
                                 
                                 										Industrierecht‘, II. S. 5), nur dem Verfahren kommt der Schutz zu.“
                              
                           Also wir erfahren hier, dass dem Verfahren, Margarine von Naturbutter zu
                              									unterscheiden, der Erfindungsschutz (Neuheit vorausgesetzt) zukommt. Seligsohn vergisst vollständig die von ihm acceptierte
                              									richtige Definition des Begriffes Gewerbe oder vielmehr die Bedeutung
                              										„gewerblich“ in dem einheitlichen Begriff „gewerblich verwertbar“.
                              									Nur solche Verfahren sind aber in Wirklichkeit geschützt, die sich auf die
                              									Herstellung von Erzeugnissen beziehen oder aber doch mit Herstellung von Waren in
                              									Beziehung stehen. Unter Umständen kann zwar auch ein anderes Verfahren abstrakter
                              									Art geschützt sein, aber nur durch Vermittlung des Schutzes auf die Ware, welche für
                              									die Ausübung des Verfahrens nicht entbehrt werden könne. Nicht die
                              									Untersuchungsmethode, die Lehrmethode u.s.w., wohl aber der Untersuchungsapparat,
                              									das Verfahren zur Herstellung des Untersuchungsmittels, das Lehrmittel können
                              									Patentschutz geniessen. Hiermit fällt denn auch noch mancherlei aus dem Aufbau des
                              										Seligsohn'schen Patentrechtes: Eine Benutzung der
                              									Naturkräfte muss stattgefunden haben bei der patentfähigen Erfindung; bei
                              									Lehrmitteln z.B. ist doch der Lehrzweck, bei Spielmitteln ist der Spielzweck das
                              									Ziel des Mittels, welches wir Erfindung nennen, und hierbei kommen doch wohl oft
                              									mehr die Benutzung geistiger Fähigkeiten in Betracht, als Benutzung von Naturkräften
                              									– ganz abgesehen davon, dass gesunde Philosophie auch die Geisteskräfte zu den
                              									Naturkräften gerechnet hat, und mit Berechtigung rechnen kann –, denn Spielmittel
                              									sind oft nur die Verkörperungen der Spielregel und die Lehrmittel Verkörperungen der
                              									Lehrmethoden, trotzdem handelt es sich um Waren, die durch gewerbliche Verwertung
                              									der Erfindung entstehen und dieser ihre Eigenartigkeit verdanken.
                           Seligsohn erkennt in den Ausdrücken gewerbliche
                              										„Verwertung“ des deutschen Patentgesetzes und gewerbliche
                              										„Anwendung“ des österreichischen Patentgesetzes keinen Unterschied;
                              									zunächst liegt es doch wohl nahe, anzunehmen, dass der neuere abweichende Ausdruck
                              									des österreichischen Patentgesetzes auf eine Absicht
                              									zurückzuführen ist. Wenn man hiervon ausgeht, so wird der des Patentrechts Kundige
                              									auch unschwer finden, welches die Absicht des österreichischen Gesetzgebers war, und
                              
                              									man wird mit Recht konstatieren, dass der Ausdruck des österreichischen Gesetzes
                              									korrekter ist. Zweifellos ist die Findung einer Kurzschrift bezw. der Aufbau einer neuen
                              									Methode derselben eine Erfindung; ebenso kann eine Lehrmethode Erfindung sein; die
                              									neuen Heilmethoden sind vielfach Erfindung. Diese Erfindungen gestatten eine
                              									gewerbliche Verwertung, selbst wenn man „Gewerbe“ interpretiert nach der oben
                              									gegebenen Definition, wonach mit der Bezeichnung Gewerbe bezw. gewerblich im Sinn
                              									des Patentgesetzes die Industrie und die Warenproduktion gemeint ist. Denn solche
                              									abstrakte Methoden können nicht nur in Ausübung des Heilgewerbes u.s.w. verwertet
                              
                              									werden, sondern sie können auch gewerblich verwertet werden in Form von Waren, denn
                              									man kann die Erfindungen beschreiben und gewerblich verwerten durch Vermittelung von
                              									Druckschriften, also durch Vermittelung von Waren; diese Art der gewerblichen
                              									Verwertung ist aber keine gewerbliche Anwendung der Erfindung. Es ist doch wohl
                              									möglich und sogar wahrscheinlich, dass dieser Gesichtspunkt zur Benutzung der
                              									präziseren Bezeichnung Anwendung im österreichischen
                              									Gesetz geführt hat.
                           Ueber den Begriff „Neuheit“ der Erfindung geht
                              										Seligsohn mit wenigen Worten, welche nur eine
                              									Umschreibung der gesetzlichen Bestimmung darstellen, hinweg. Selbstverständlich
                              									sollen hier diese Lücken nicht ausgefüllt werden; es genügt die Feststellung, dass
                              									das Fundament des Patentrechtes von dem Kommentator nicht genügend erklärt ist, und
                              									dass trotz reichlicher Citate u.s.w. in wesentlichen Punkten eine Umarbeitung für
                              									eine etwaige spätere Auflage wünschenswert erscheint.
                           Wesentlich vollständiger und zutreffender sind die Bestimmungen des Patentgesetzes
                              									auf dem mehr juristischen Gebiet erläutert; hier wird der Benutzer des Kommentars
                              									wohl nur selten etwas vermissen, wenn er sich über irgend einen bestimmten Punkt
                              									unterrichten will.
                           Auf Seite 97 wird der Schutz besprochen, welchen die unmittelbar nach dem Verfahren
                              									erzeugten Produkte geniessen. Seligsohn sagt, dass alle
                              									Verfahren bezw. Maschinen hier ausscheiden, welche keine bestimmten körperlichen
                              
                              									Produkte erzeugen, z.B. die Dynamomaschinen.
                           Wenn die betreffende Maschine notwendig ist zur Ausübung des Verfahrens und nur zur
                              									Ausübung des geschützten Verfahrens dienen kann, so wird man selbstverständlich die
                              									Anmeldung stets richten auf die Vorrichtung und das Verfahren. Geschieht dies aber
                              									nicht, so wird auch dann die mit dem Verfahren bezeichnete neue Vorrichtung an der
                              									Maschine den Schutz geniessen, soweit diese Vorrichtung bezw. die neue Maschine
                              									lediglich in Frage kommt als Mittel, den Patentschutz zu verletzen. Der Gesetzgeber
                              									hat aber wohl nur an die reinen Verfahren gedacht und feststellen wollen, dass nur
                              									die unmittelbar nach dem Verfahren enthaltenen Erzeugnisse den Schutz geniessen
                              									sollen, nicht aber Erzeugnisse, welche unter Mitanwendung des geschützten
                              									Erzeugnisses hergestellt werden.
                           Auf Seite 280 ist die Rede davon, dass der Patentsucher Beschwerde einlegen kann
                              
                              									unter anderm, wenn ihm das Patent in Abhängigkeit von einem andern Patent erteilt
                              									wird; eine solche Erteilung in Abhängigkeit von einem andern Patent ist aber an sich
                              									nach Entscheidung des Reichsgerichts nicht zulässig und wird auch nicht so
                              									erteilt.
                           Auf Seite 281 wird gesagt, dass Anschlussbeschwerde nicht eingelegt werden kann,
                              									sobald die Beschwerdefrist für den Betreffenden verstrichen ist; diese Annahme ist
                              									so allgemein nicht richtig, denn Anschlussbeschwerde kann jeder Zeit eingelegt
                              									werden, solange der Betreffende noch Beteiligter ist, trotzdem er keine Beschwerde
                              									eingelegt hat.
                           Auf Seite 283 wird gesagt, dass die Anmeldeabteilung nicht aus demselben Grund das
                              									Patent versagen kann, aus welchem sie die Anmeldung nicht zur Auslegung zugelassen
                              									hatte, nachdem die Beschwerdeabteilung diesen Grund gemissbilligt hat. Auch diese
                              									Auffassung ist nicht zutreffend, denn es können in dem Einspruchsverfahren Momente
                              									thatsächlicher und rechtlicher Art hervortreten, welche zu einer anderen Beurteilung
                              									der Sache führen, als bei der Entscheidung über die Beschwerde.
                           Hinsichtlich der Frage, wann das Patent erteilt ist, wird die allgemein anerkannte
                              									Ansicht vertreten, dass das Patent solange nicht erteilt ist, als der
                              									Erteilungsbeschluss der Anmeldeabteilung noch angefochten werden kann; rein formell
                              									betrachtet liegt die Sache nun allerdings so, dass Beschwerden die Rechtskraft eines
                              									Beschlusses nicht hindern. Auch dem Verfahren vor dem Patentamt liegt die
                              									Zivilprozessordnung, soweit nicht besondere Bestimmungen getroffen sind, zu Grunde.
                              									In der Zivilprozessordnung ist bestimmt § 535:
                           
                              „Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen eine der in
                                 										den §§ 345, 355, 374, 579, 619 erwähnten Entscheidungen gerichtet ist.“
                              
                           Die hiernach in Betracht kommenden Fälle, in welchen die Beschwerde keine
                              									aufschiebende Wirkung hat, haben mit dem vorliegenden Fall keine Analogie, und
                              
                              									deshalb könnte man wohl aus rein formellen Gründen zu der Auffassung kommen, dass
                              									die Beschwerde im Patenterteilungsverfahren keine aufschiebende Wirkung hat.
                              									Möglicherweise wird sich demnächst das Reichsgericht mit dieser Frage befassen.
                           In Bezug auf den zweiten Absatz des § 35 des Patentgesetzeswird gesagt, dass es
                              									auch dort hätte heissen müssen: „Unmittelbar nach
                                 										dem patentierten Verfahren hergestellt“. Es ist jedoch zu beachten, dass der
                              									betreffende Ausdruck in § 4 eine ganz andere Bedeutung hat als in § 35. In § 4
                              									handelt es sich um die Feststellung des Schutzumfanges, in § 35 um die Feststellung
                              									einer Rechtsvermutung; das Wort „unmittelbar“ hat in § 35 keinen Sinn.
                           Das Gesetz betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern
                              									wird auf etwa 60 Seiten behandelt und zwar ebenfalls unter ausgiebiger Benutzung der
                              									vorhandenen Litteratur. Die Rechtsbeständigkeit der Eintragung des Gebrauchsmusters
                              									ist nach Seligsohn u.a. davon abhängig, ob die neue
                              									Gestaltung u.s.w. (des Modells) an sich bestimmt und geeignet ist, dem Arbeits- oder
                              									Gebrauchszweck besser und wirksamer als das bisher Bekannte zu fördern. Im besondern
                              									wendet sich der Kommentator gegen die Auffassung des Reichsgerichts (Strafsachen
                              									32/4), wonach nur die Bestimmung zu dem Zweck, nicht aber der Erfolg in Bezug auf
                              
                              									die Erreichung des Zweckes als das Entscheidende angesehen wird. Dieser Auffassung
                              
                              									des Kommentators wird man aber kaum zustimmen können, denn sonst wäre immer nur
                              									dasjenige Modell durch Gebrauchsmuster geschützt, welches wirklich einen Fortschritt
                              									gegenüber dem Bekannten darstellt, und es würde die qualitative Beschaffenheit der
                              									Neuerung geprüft und berücksichtigt werden müssen bei der Feststellung, ob ein
                              									schutzfähiges Muster vorliegt. Es würde also z.B. die Anordnung an
                              									Manschettenknöpfen, welche der besseren Einschiebung der Knöpfe dient, nur dann
                              									schutzfähig sein, wenn diese neue Anordnung besser ist, als die bisher bekannten
                              									Anordnungen, d.h. nach der Auffassung des Kommentators. In Wirklichkeit kann es
                              									hierauf nicht ankommen, sondern das Ausschlaggebende ist die Neuheit der Anordnung;
                              									zwar genügt nicht, dass die Anordnung nur einem Zweck dienen soll, sondern es ist auch notwendig, dass sie dem bestimmten Zweck dienen
                              										kann, nicht aber ist es notwendig, dass sie diesem
                              									Zweck besser dient, als schon bekannte Vorrichtungen.
                           Die betreffende Gesetzesbestimmung will besagen, dass nur solche Gestaltungen,
                              
                              									Anordnungen u.s.w. die Schutzfähigkeit des Musters bedingen, welche mit dem
                              									praktischen Zweck des Gegenstandes in Beziehung stehen, und es genügt
                              
                              									selbstverständlich nicht die Angabe, dass dies der Fall ist, sondern „soll“
                              									ist zu verstehen als eine gesetzliche Voraussetzung in objektiver Beziehung und
                              									nicht subjektiv aufzufassen.
                           Auch die Ansicht des Kommentators über das Verhältnis des jüngeren Schutzes zu dem
                              									älteren Schutz (§ 4) erscheint nicht zutreffend. Es wird nämlich die Ansicht
                              									vertreten, dass das jüngere Recht unbeschränkt wirksam ist gegenüber Dritten, und
                              									dass nur insofern eine Abhängigkeit des jüngeren Rechtes besteht, dass sein Inhaber
                              									den geschützten Gegenstand nicht herstellen, in Verkehr bringen, feilhalten und
                              									gebrauchen darf. Diese Auslegung findet aber in dem Gesetz bezw. in dem Wortlaut des
                              									Gesetzes keine Stütze. Das Recht, von welchem in § 4
                              									Absatz 2 die Rede ist, ist das ausschliessliche Recht,
                              									also das Recht für sich und gegenüber Dritten, und die Ausübung dieses Rechtes ist
                              									im ganzen Umfang abhängig von dem Inhaber des älteren Rechtes. In diesem Sinn ist
                              									auch die Ansicht des Kommentators über den Inhalt des § 5 richtig zu stellen.
                           Trotz dieser und anderer Mängel ist aber der Kommentar von Seligsohn ein sehr brauchbares Werk, dessen Anschaffung nur empfohlen
                              									werden kann.
                           
                              Rudolf Mewes.
                              
                           Bestimmung der Biegungs-, Zug-, Druck-
                                 										und Schubfestigkeit an Bausteinen der österreich-ungarischen Monarchie von
                              									Baurat August Hanisch, k. k. Professor und Vorstand der
                              									Prüfungsanstalt für künstliche und natürliche Bausteine an der k. k.
                              									Staatsgewerbeschule im I. Bezirk in Wien. Wien. Karl Graeser und Co.
                           Als wesentliche Ergänzung in Bezug auf die Ermittelung des Widerstandes gegen
                              									Biegung, Zug, Druck und Schub der von demselben Verfasser früher veröffentlichten
                              
                              									Untersuchungen mit Bausteinen der österreich-ungarischen Monarchie, mitgeteilt in
                              									dessen Resultaten und Frostversuchen, erschienen im gleichen Verlag, dient dieses
                              									Werk. Zur Berechnung von Stiegenstufen, Zangenstücken, Konsolen u.s.w. aus Stein
                              									sind die entsprechenden Festigkeitskoeffizienten erforderlich, für welche jedoch bis
                              									jetzt nur ziemlich vereinzelte Versuchsergebnisse vorlagen. Mit dieser
                              									Veröffentlichung wird die richtige Beurteilung und zweckmässige Verwendung der
                              
                              
                              									Bausteine der österreich-ungarischen Monarchie wesentlich erleichtert und man
                              									gewinnt einen besseren Einblick in die Beziehungen zwischen den verschiedenen Arten
                              									der Widerstände.
                           Das Werkchen kann den Ingenieuren, Architekten, Baumeistern u.s.w., sofern sie
                              									Bausteine aus Oesterreich-Ungarn benutzen, auf das wärmste empfohlen werden und
                              
                              									machen wir noch besonders auf die beigelegte Tafel aufmerksam.