| Titel: | Kleinere Mitteilungen. | 
| Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, Miszellen, S. 274 | 
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                        Kleinere Mitteilungen.
                        Kleinere Mitteilungen.
                        
                     
                        
                           Strassenlokomotive mit Rädern ohne Naben und Speichen.
                           Sowohl The Engineer als Le Génie
                                 										civil nehmen Notiz von den überraschend günstigen Ergebnissen, welche
                              									unlängst von Crowden in Hoostell gelegentlich der Prüfung einer ganz eigentümlichen, durch einen
                              									Petroleummotor angetriebenen Strassenlokomotive erzielt worden sind. Das
                              									Aussergewöhnliche dieses sonst ganz einfach angeordneten Fahrzeuges (Fig. 1 bis 3.) besteht
                              									darin, dass seine vier Räder weder Nabe noch Speichen besitzen, sondern lediglich
                              									Laufkränze, die durch Reibungsräder in Umlauf gesetzt werden. Auf den in federnden
                              									Gehäusen lagernden Stahlachsen a1 und a2 sind die Scheibenräder r1, r1' bezw. r2, r2' festgekeilt, deren Rand das Innere eines
                              									Laufkranzes k1, k1' bezw. k2, k2' berührt, wobei das
                              									Gewicht des Fahrzeuges hinreicht, eine so grosse Reibung zwischen Scheibenrad und
                              									Laufkranz hervorzurufen, dass der letztere, deren Lage durch zwei Leitrollen i1 und i2 (Fig. 1) noch im
                              									besonderen gesichert ist, durch das erstere in Umdrehung versetzt wird und sich
                              									gleichsam wie eine Eisenbahnschiene ohne Ende vor dem eigentlichen Rade abrollt. Die
                              									wagerechten Träger, in denen die Leitrollen i1 und i2 lagern, stehen mit der Lagerschere der
                              									betreffenden Reibungsscheibe in steifer Verbindung und die beiden Rollenträger eines
                              									Räderpaares sind wieder untereinander mittels eines doppelten Querträgers zu einem
                              									gemeinsamen Gestelle vereinigt, das bei der unterhalb des Motors liegenden Radachse
                              										a1
                              									a1 mit dem Rahmen des
                              
                              									Lokomotivuntergestelles fest verschraubt ist. Das Radgestelle der zweiten Achse a2
                              									a2 steht hingegen nur
                              									mit Hilfe eines in der Mitte desselben senkrecht aufragenden Drehzapfens mit dem
                              									Untergestelle der Lokomotive im Zusammenhang, weil dasselbe als Lenkachse dient.
                              									Dieses Radgestell kann zu dem Ende durch das vom Führerstand aus mittels einer
                              									Schraubenspindel zu bewerkstelligende Anziehen oder Nachlassen der Lenkstangen s1 und s2 nach Bedarf gewendet
                              									werden. Ein Umkehren der Lokomotive wird niemals notwendig, weil sie vorn wie
                              									rückwärts mit einem vollständig eingerichteten Führerstand ausgerüstet ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 274
                              Querschnitt der Reibungsscheibe und des Laufkranzes an der festen Radachse bezw. an der Lenkachse.
                              
                           Die Gesamtlänge des 2,10 m breiten und 2,70 m hohen Fahrzeuges beträgt 7,60 m; der 20
                              									PS leistende Petroleummotor „Kapitän“ überträgt die Kurbelbewegung
                              									vermittelst Kegelrädern auf eine Kettenradwelle, welche sie mit Hilfe von Ketten
                              									ohne Ende auf kleine Kettenräder fortpflanzt, die auf den Radachsen a1
                              									a1 und a2
                              									a2 festsitzen. Die
                              									Reibungsscheiben r1,
                              										r1
                              									', r2 und r2' haben alle
                              
                              									denselben Durchmesser von 0,66 m, die Laufkränze k1, k1
                              									', k2 und k2' einen solchen von
                              									2,18 m und die acht Führungsrollen i einen Durchmesser
                              									von 0,25 m. Wie sich aus den Fig. 4 und 5 ersehen
                              									lässt, welche die Querschnitte der Reibungsscheiben und Laufkränze darstellen, sind
                              									die letzteren für alle vier Fahrräder ganz gleich; sie haben eine Breite von
                              
                              									165 mm und bestehen aus dem inneren, aus gewalztem Stahl hergestellten Kranz k1 bezw. k2, über dem noch ein
                              									Reifen (Bandage) w1
                              									bezw. w2 aus weichem
                              									Eisen aufgezogen und mit versenkten Nieten befestigt ist. Von den vier antreibenden
                              									Reibungsscheiben, welche aus Gussstahl mit sechs radial verlaufenden Doppelrippen
                              
                              									ausgeführt sind, haben die an der festen Achse unterhalb des Motors befindlichen
                              									eine grössere Breite als die Laufkränze, so dass sie, wie es Fig. 4 zeigt, nicht nur
                              
                              									den Innenwulst dieser Kränze, sondern auch deren beide Seitenkanten berühren.
                              									Dementgegen sind die zwei Reibungsscheiben an der Lenkachse schmäler als die
                              									Laufkränze und sie berühren dieselbe also auch nur an dem Innenwulst (vgl. Fig. 5),
                              									allerdings auf einer um so grösseren Berührungsfläche. Es sind zweierlei
                              
                              									Fahrgeschwindigkeiten vorgesehen, nämlich eine geringere mit 3 km/Std. und eine
                              									höhere mit 7,8 km/Std.. Die Aenderung der Geschwindigkeiten geschieht in gewöhnlicher Weise
                              									durch Ein- und Ausschalten verschieden grosser Kegelräder im Vorgelege. Mit Hilfe
                              									der Radiateurs ist es möglich, den Motor einen vollen Arbeitstag in Betrieb zu
                              									halten, ohne eine Nachfüllung oder eine Erneuerung des Petroleumvorrates vornehmen
                              									zu müssen. Bei voller Ausnutzung verbraucht der Motor stündlich 8 l Petroleum. Samt
                              									und sonders wiegt die dienstbereite Strassenlokomotive annähernd 6 t.
                           Bei den eingangs erwähnten praktischen Versuchen hat man der geschilderten Lokomotive
                              									zuvörderst 10 cm hohe kantige Holzschwellen in den Weg gelegt, über welche dieselbe
                              									ohne Anstand hinwegfuhr. Beim zweiten Versuch wurde sie einem Zuge von 13 aneinander
                              									gehängten Lastwagen vorgespannt. Jeder der letztgedachten, 6 m langen, 1,94 m
                              									breiten und 1,40 m hohen Wagen hatte vorn wie rückwärts Räder von 1,95 m Durchmesser
                              									und war mit 1000 gewöhnlichen Mauerziegeln beladen. Das Taragewicht eines Wagens
                              									betrug 1 t und seine Belastung 3,3 t, so dass sich das Bruttogewicht des ganzen
                              									Zuges auf 13 + 42,9 = 55,9 t belief. Diese Last wurde von der Petroleumlokomotive
                              									auf der makadamisierten Versuchsstrasse mit der kleineren Geschwindigkeit von 3 km/Std. leicht und
                              									anstandslos gezogen, wobei der Motor 6,3 PS indizierte. Auch diesem Zuge hatte man
                              									Hölzer vor die Lokomotivräder sowohl als vor die Wagenräder geworfen und die
                              									Fahrzeuge sind darüber weggefahren, ohne die stetige Fahrt des Zuges zu beirren oder
                              									irgendwie zu beeinträchtigen. Daraufhin hat man die erhöhte Geschwindigkeit von 7,8
                              										km/Std.
                              									versucht, nachdem vorher an den beiden letzten Wagen des Zuges die Bremsen
                              									festgezogen worden waren, so dass der Motor seine volle Kraft einsetzen musste. Auch
                              									dabei ergab sich nicht der geringste Anstand, sondern die Fahrt vollzog sich
                              									vielmehr durchaus regelrecht, 
                              									ohne dass irgend ein Schleifen der Reibungsscheiben auf den Radkränzen, noch
                              									ein Schleifen der letzteren auf der schmutzigen Strasse beobachtet werden konnte.
                              									Bei einem weiteren Versuch wurde die Strassenlokomotive allein über einen sandigen
                              									Heidegrund geführt, wo die Laufkränze 22 cm tief einsanken, so dass die Treibketten
                              									und die Kettenräder auf den Radachsen bereits den Boden des Geländes berührten.
                              									Selbst unter diesen aussergewöhnlich ungünstigen Verhältnissen gelang es, die
                              									Lokomotive ohne äussere Nachhilfe, mit Hebeln o. dgl., lediglich aus eigener Kraft,
                              									wieder auf besseren Untergrund und auf die Strasse zu bringen. Schliesslich wurde
                              									auch noch im empirischen Wege das Verhältnis festzustellen versucht, welches
                              									obwaltet, wenn die Laufkränze weggenommen werden, und hat man zu dem Ende dieselben
                              									Probefahrten, welche früher vorgenommen worden sind, nunmehr ohne Laufkränze wiederholt. Hierbei ergab sich ein Unterschied von etwa 60
                              									% zu Gunsten der Laufkränze, allein dieses Ergebnis kann doch nur als ein
                              									fragwürdiges gelten, weil ja die Radlaufflächen und Durchmesser ganz andere waren
                              
                              									als hei den Versuchen mit Laufkränzen. Immerhin hat die geschilderte
                              									Strassenlokomotive bei den eben betrachteten Versuchen noch folgende Vorteile
                              									aufgewiesen:
                           Alle vier Räder sind Triebräder, weshalb das gesamte Lokomotivgewicht der Adhäsion zu
                              									gute kommt. Die freien Laufkränze überfahren Hindernisse viel leichter als
                              									gewöhnliche Räder; die Federung der Leitrollen gewährleistet den Laufrollen einen
                              									gewissen Grad von Elastizität, der sie gegen die Unebenheiten des Weges wesentlich
                              									unempfindlicher und nachgiebiger macht, als es sonst bei Strassenlokomotivrädern der
                              									Fall zu sein pflegt. Auch in den Krümmungen, wo sich die Anpassung der Räder
                              									wahrscheinlich durch gleitende Verschiebungen der Reibungsscheiben auf den
                              									Laufkränzen vollzieht, erfolgt die Fahrt leicht und sicher. Der Preis des Fahrzeuges
                              									stellt sich endlich auch niedriger als bei einer gleich starken
                              									Dampfstrassenlokomotive.
                           
                        
                           Zur Fertigstellung des ersten Kabels durch den Stillen Ozean.
                           Am 14. Februar 1902 ist auf der Neptunswerft von Wigham
                                 										Richardson and Comp. Limit., Newcastle on Tyne, das Schiff vom Stapel
                              									gelaufen, welches dazu bestimmt ist, das erste Kabel durch den Pacific zu legen. Die
                              									Herstellung des Kabels sowohl wie seine Legung ist der Telegraph Construction and Maintenance Company, London, übertragen worden,
                              									welche auch das erste deutsche transatlantische Kabel baute und legte, das demnach
                              									ebensowenig deutscher Herkunft ist, wie der erste deutsche Kabeldampfer, der 1300 t
                              									grosse „von Podbielski“, welcher am 9. September 1899 bei David J. Dunlop, Port Glasgow, vom Stapel gelaufen ist.
                              									Uebrigens ist das sogen. deutsche Kabel durchaus nicht unabhängig, denn es berührt
                              									auf den Azoren portugiesisches Gebiet, und weder England noch Frankreich haben
                              									gebotenenfalls die Neutralität Portugals respektiert. Admiral Boscaven zerstörte am 19. August 1759 vier französische
                              									Linienschiffe des Kommodore de la Clue, die sich auf
                              									den Strand des neutralen Portugal bei Kap St. Vincent geflüchtet hatten, und der
                              									französische Kommodore Suffren griff ohne Zaudern am
                              									11. April 1781 ein englisches Geschwader unter Kommodore Johnstone an, welches in Porto Praya, dem neutralen portugiesischen Hafen
                              									der Kap Verdischen Inseln ankerte.
                           Das neue Kabelschiff, das den Namen „Colonia“ trägt, ist ein 500' langer, 56'
                              									breiter, 39' tiefer Doppelschraubendampfer, der, vollständig ausgerüstet, 10000 t
                              									Schwergut laden und in vier Tanks 3000 Meilen (à 1852 m) Kabel aufnehmen kann. Das
                              									mit sehr vielen Hilfsmaschinen ausgerüstete Schiff, das für 11,5 Meilen stündliche
                              									Reisegeschwindigkeit gebaut ist, geht nach Fertigstellung mit voller Kabelladung
                              									sogleich nach Vancouver ab, um mit der Legung der ersten Strecke des neuen
                              									Weltkabels, des einzigen erstklassigen Kabels im ausschliesslichen Regierungsbesitz,
                              									zu beginnen. Diese erste Strecke Vancouver-Fanning Island ist 3567 Meilen (6606 km)
                              									lang, so dass die „Colonia“ allein die gesamte Strecke nicht mitführen kann.
                              									Falls die Legung im Jahre 1902 gelingt, ist der Pacific 36 Jahre nach dem Atlantic
                              									von einem brauchbaren Kabel durchquert; am 27. Juli 1866 lief der „Great
                                 										Eastern“ in Hearls Content Bay, New Foundland.
                           Mit der Legung dieser Weltlinie hat England wieder einmal bewiesen, mit welcher
                              									Energie es entschlossen ist, sich in seiner Weltstellung, die zu einem bedeutenden
                              									Teil auf dem fast alleinigen Besitz der grossen Kabel beruht, zu behaupten. Durch
                              									dieses Kabel fesselt es zugleich seine Kolonien enge an sich, denn die
                              									Bewirtschaftung ist eine gemeinsame von Grossbritannien, Australien und Kanada. Wird
                              									Kanada noch mit England durch ein Regierungskabel verbunden – die vorhandenen sind
                              									Privatbesitz –, so ist die englische Regierung in ihrem Nachrichtenwesen nach
                              									Ostasien und Australien völlig unabhängig, und der Bau einer neuen Linie durch den
                              									Atlantic ist haute keine grosse Leistung mehr.
                           Viel mehr Aufhebens hat man seit einer Reihe von Jahren von dem zu bauenden
                              									Pacific-Kabel der Vereinigten Staaten gemacht, dessen Legung noch in nicht
                              									absehbarer Ferne liegt, und dessen Zurückstehen hinter dem der Ausführung nahen
                              									englischen Projekt wieder einmal die Neigung der Deutschen zeigt, die Amerikaner in
                              									ihren Leistungen zu hoch, die Engländer zu niedrig einzuschätzen. Bereits 1892 war
                              									von zwei amerikanischen Projekten im Prometheus
                              									eingehender die Rede, die natürlich über die damals noch nominell selbständigen
                              									Sandwichs-Inseln gehen sollten. Eins war von Vancouver ausgehend projektiert und
                              									wohl nicht ernst zu nehmen, das andere von San Francisco. Von den Sandwichs-Inseln
                              
                              									wollten die leider nicht genannten Ingenieure eine Linie nach Japan, 3900 Meilen,
                              									die andere nach Brisbane, 4350 Meilen, gehen lassen.
                           In New York bildete sich eine Pacific Cable Company, und
                              									der Senator Charter brachte 1895 Anträge über Zuschüsse
                              									und Beförderung von Staatsdepeschen ein (Berl. Neueste
                                 										Nachrichten, 16. Dezember 1895). Heute, 7 Jahre später, legt England sein Kabel und es will scheinen, als ob die
                              									amerikanischen Projekte gänzlich ins Stocken geraten werden, jedenfalls kann man
                              									jetzt, nach Veröffentlichung des britisch-japanischen Vertrages, mit noch mehr
                              									Berechtigung wie vordem den Amerikanern den Ausspruch der Pythia von Delphi an den
                              									Pharao Necho ins Gedächtnis rufen. „Du baust für Fremde!“ liess sich der
                              									Orakelgott der Griechen vor zweieinhalb Jahrtausenden vernehmen, als Necho ihn über
                              									die Zukunft des Durchstiches der Landenge von Suez befragte. Und er hatte recht!
                              									Aegypten empfindet es bis heute, dass der mit seinem Schweiss und französischem Geld
                              									erbaute Suezkanal für – England hergestellt ist, das dreiviertel des
                              									Durchgangsverkehrs stellt, die Hälfte der Kanalaktien an sich gebracht hat und dazu
                              									– Aegypten selbst.
                           Der Kabeldampfer „Colonia“ ist der beste aller Kabelschiffe, deren es
                              									gegenwärtig 45 gibt, von denen nur neun sich in Händen der Regierungen befinden,
                              									während die anderen Privatbesitz sind. Vier hat England und seine Kolonien, je einen
                              									besitzen China und Japan, und drei hat Frankreich, von denen der 1879 abgelaufene,
                              									5938 t deplacierende Transportdampfer „Mytho“ noch für seine Bestimmung
                              									umgebaut wird. Die Eastern Telegraph Comp., die grösste
                              									Kabelgesellschaft, besitzt fünf Kabeldampfer. Von anderen Flaggen, ausser der
                              									Englands, die auf 33 dieser Fahrzeuge weht, und Frankreichs, ist der Danebrog auf
                              									zwei Schiffen der Grossen Nordischen Kabelgesellschaft,
                              									die italienische Flagge auf einem der Firma Pirelli zu
                              
                              									Spezzia und die deutsche auf dem bereits erwähnten „von Podbielski“ der Norddeutschen Seekabelwerke vertreten. „Von
                                 										Podbielski“ kann rund 600 Meilen Kabel aufnehmen, also den fünften Teil wie
                              										„Colonia“. Zwar meldete die Deutsche
                                 										Marine-Zeitung vom 26. November 1899, die neue deutsche Gesellschaft liesse
                              
                              									einen Kabeldampfer von 6000 bis 8000 t bauen, doch ist von diesem noch nichts weiter
                              									zu hören gewesen, ausserdem – welchem Zwecke sollte derselbe dienen, da die Legung
                              									von Weltkabeln seitens Deutschland, soweit bekannt, in nächster Zeit nicht zu
                              									erwarten steht? So angenehm es wäre, nach Samoa Kabelverbindung zu haben, wird sich
                              									schwerlich eine deutsche Firma auf das Risiko einlassen, eins zu bauen.
                           
                        
                           Neue Flottenbaupläne von Griechenland, Spanien und der Türkei.
                           Die Flotte Griechenlands beherrschte zweifellos während des ganzen Verlaufs des
                              									letzten Krieges gegen die Türkei die See, soweit sie in die Interessensphäre
                              									Griechenlands fiel. Die Türkei verzichtete darauf, Seestreitkräfte aus den
                              									Dardanellen auslaufen zu lassen, einerseits weil sich die Ueberlegenheit zu Lande
                              									sehr bald als derartig erwies, dass jede Massnahme auf dem Wasser überflüssig
                              									erschien, dann aber auch war die türkische Flotte so sehr vernachlässigt, dass man
                              									nicht wagen konnte, sie auf die freie See zu führen und der Gefahr auszusetzen,
                              									wirklich energisch angegriffen zu werden. Aber obwohl die Griechen Herr des Wassers
                              									waren, entwickelte ihre Flotte, von deren Operationen viel die Rede war, keineswegs
                              									eine Thätigkeit, die sie hätte entfalten können; sie schoss ziemlich viel und ohne
                              									Erfolg. Prevesa konnte sie nicht einmal nach vieltägiger Beschiessung überwältigen;
                              									eine negative Leistung, welche allerdings ein Gegenstück im grossen in der
                              									Beschiessung San Jago de Cubas durch die Amerikaner gefunden hat, deren mächtiger
                              									Flotte es auch nicht gelang, die miserabel armierten, ganz veralteten Werke zum
                              									Schweigen zu bringen oder ernstlich zu beschädigen. Griechenland will seine Flotte,
                              									welche drei ganz brauchbare Panzerschiffe mittlerer Grösse zählt, um drei
                              									Panzerkreuzer, sechs Torpedoboote vermehren. Ueber die Abmessungen ist Näheres noch
                              									nicht bekannt, jedoch sollen sich die vier Werftetablissements Italiens: Ansaldo, Sestriponente, Orlando, Livorno, Odero, Genua, und Pattison, Neapel, geeinigt haben die Bauten gemeinsam
                              									zu übernehmen, da keine der Firmen das Risiko allein zu tragen sich kräftig genug
                              										fühlteSchiffbau, 8. 11. 1901. Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens, 2. 1902..
                              									Die Zahlungen 
                              									sollen gesichert sein und die Fertigstellung hat in 18 Monaten, also höchstens
                              
                              									Mitte 1903 zu erfolgen, woran zu zweifeln ist.
                           Spanien tritt mit einem umfangreichen Flottenbauprogramm auf.
                           Acht Panzerschiffe von je 12000 t Deplacement und vier Panzerkreuzer von 8000 t sind
                              									von der Kammer bewilligt – d.h. „im Projekt“. Ferner wurde im Ministerrat zur
                              									Vergrösserung der Kriegsflotte eine Erhöhung von zwölf Millionen Pesetas
                              									vorgeschlagen. Dieses Bauprogramm erinnert an eins, das nunmehr über ein Jahrzehnt
                              									zurückdatiert, und das in seinem Entwurf und seiner angestrebten Ausführung den
                              									Verhältnissen angepasst war. Wäre die thatsächliche Durchführung nach dem Plane
                              									erfolgt, so hätten die Amerikaner nicht so leichtes Spiel gehabt. Drei
                              
                              									Linienschiffe, sechs 7000 t grosse Panzerkreuzer sollten als Kern der neuen Flotte
                              									gebaut werden, und Ende 1890 wurde die Flotte folgendermassen in Bezug auf
                              									Linienschiffe und Panzerkreuzer eingeteilt. I. Division Cadiz: Linienschiff
                              										„Carlos V.“, Panzerkreuzer „Princesa de Asturias“, „Infanta
                                 										Maria Teresa“. II. Division Ferrol: Ein Linienschiff von 9000 t im Bau,
                              									Panzerkreuzer „Kardinal Cisneros“, „Amirante Oquendo“. III. Division
                              									Cartagena: Linienschiff „Pelayo“, Panzerkreuzer „Cataluna“ und
                              										„Viscaya“. Das war 1890. Als 8 Jahre später der Krieg ausbrach, waren
                              									fertig „Carlos V.“, „Pelayo“ in La Sayne
                              									bei Toulon gebaut und gerade im Umbau, „Infanta Maria Teresa“, „Amirante
                                 										Oquendo“ und „Viscaya“. „Kardinal Cisneros“ lief zu Ferrol am
                              									19. März 1897 vom Stapel und befand sich noch in der Ausrüstung, ebenso „Princesa
                                 										de Asturias“, abgelaufen am 17. Oktober 1896, und „Cataluna“ kam zu
                              									Cartagena erst am 29. April 1900 zu Wasser. Mit dem Bau des 9000 t grossen
                              									Linienschiffes der Division Ferrol ist bis heute noch nicht begonnen. Zur Eröffnung
                              									des Kaiser Wilhelm-Kanals 1895 hatte Spanien unter Konteradmiral Martinez de Espinosa ein stattliches Geschwader nach
                              									Kiel gesandt, das aus „Pelayo“, „Infanta Maria Teresa“ und dem Kreuzer
                              										„Marques de Ensenada“ bestand. Admiral Cervera hat sich 1898 bitter beklagt, dass ihm befohlen wurde von den
                              									Azoren nach Cuba zu gehen, da der Zustand der Schiffe miserabel gewesen sei. – Mit
                              									der Ausführung des neuen Programms wird es wohl gute Weile haben. Spanien, dessen
                              									wertvolle Kolonien verloren sind, bedarf keiner grossen Flotte, und seine Finanzen
                              									erlauben ihm auch kaum, eine solche zu beschaffen.
                           Der dritte Staat, der sich mit Flottenbauplänen beschäftigt, ist die Türkei. Eine
                              									türkische Flottenliste weist eine sehr stattliche Zahl von Schiffen und Fahrzeugen
                              									aller Art, vom Linienschiff bis zum Unterseeboot auf, in Wirklichkeit aber ist die
                              									Flotte, einige kleine Fahrzeuge ausgenommen, unbeweglich, bis auf ein einziges
                              									Schiff, den Panzer „Messudieh“. Dieser ist nach mancherlei Schwierigkeiten
                              									zur Zeit bei Ansaldo, Sestriponente bei Genua, im Umbau
                              									vollendet, hat zwei Maschinen, zwei Schrauben erhalten und wurde neu bestückt.
                              									Abgenommen ist das Schiff noch nicht. Man beabsichtigt nun die Panzer
                              										„Orkanieh“, „Mamudieh“, „Osmanieh“,
                              										„Mukademme-i-Haϊr“, „Feth-i-Bulend“, „Awn-Illah“ und
                              										„Muin-i-Zaffer“ ebenfalls umbauen zu lassen. Wie weit aber Wollen und
                              									Können auseinander liegen, zeigt der ebenfalls beabsichtigte Umbau des Panzers
                              										„Assar-i-Tefik“. Das jetzt 32 Jahre alte Schiff wurde Anfang 1899 der
                              									Firma Ansaldo, Sestriponente, zum Umbau überwiesen. Da
                              									kein Geld eintraf, nahm die Firma keine Arbeiten vor, und 1900 wurde der Panzer in
                              									Begleitung des Raddampfers „Ismir“, auf dem sich der türkische Vizeadmiral
                              										Kalau vom Hofe Pascha, früherer deutscher
                              									Korvettenkapitän, befand, nach Kiel übergeführt, wo die Germania-Werft ihn umbauen sollte. Da kein Geld eintraf, hat sie bis heute
                              									die Arbeit nicht begonnen. „Ismir“ ist, als sich auch bei ihm Geldmangel
                              									einstellte, nach Konstantinopel gegangen, und „Assar-i-Tefik“ führt im Kieler
                              									Hafen ein beschauliches Dasein. Wem die Türkei die oben genannten Schiffe zum Umbau
                              									und Modernisieren anzuvertrauen gedenkt, steht noch nicht fest, es dürften sich aber
                              									schwer Etablissements finden, welche ohne feste Garantien prompter Zahlung die
                              									Bauten übernehmen. Die Schiffe stammen von England und aus der Zeit des Sultan Abdul Aziz, welcher mit allen erreichbaren Mitteln die
                              									Flotte mit modernen Panzerschiffen vergrösserte und es auch erreichte, dass im
                              									Schwarzen Meer die Türkei Herr des Wassers war, was sich während des Krieges 1877
                              									bis 1878 für Russland unbequem bemerkbar machte. Abdul
                                 										Aziz Nachfolger thaten nichts für die Flotte, hatten auch wohl die Mittel
                              									nicht dazu, und so liegen die teueren Schiffe bewegungslos und unbemannt im Goldenen
                              									Hörn vor Anker. Mit vieler Mühe konnte zur Feier in Kiel 1895 der kleine alte
                              									Raddampfer „Fuad“ entsandt werden, der aber dafür den „Geschwaderchef“
                              									Vizeadmiral Arif Pascha an Bord hatte.
                           Nach Schiffbau vom 8. Februar 1902 soll der Umbau der
                              									alten Schiffe aufgegeben sein, dagegen beabsichtigt die Türkei, neue zu kaufen oder
                              									zu bestellen, und es verlautet, dass in Russland zwei Schlachtschiffe in Auftrag
                              									gegeben sind (?). England soll sich um Aufträge bemühen und Cramp and Sons in Philadelphia einen zweiten geschützten Kreuzer in Bau
                              									nehmen, einen, der 10764000 M. kosten wird, hat das Etablissement nach erfolgter
                              									Anzahlung bereits begonnen.
                           
                        
                           Parsons' DampfturbineS. a. * S. 237. * 251 d. Bd..
                           Wie vorauszusehen, hat sich die englische Admiralität den Vorteilen, welche durch die
                              									Verwendung der Dampfturbine als Bewegungserreger geschaffen werden, nicht
                              									verschliessen können.
                           In dem Flottenausbau für dieses Jahr sind daher:
                           1. ein Kreuzer Klasse III. von 109,8 m Länge zwischen Loten, 12,2 m Breite und einer
                              									Verdrängung von 3048 t bei 4,42 m Tiefgang,
                           2. ein Torpedojäger der „Viper“-Klasse, jedoch stärker gebaut, aufgenommen,
                              									welche Turbinenmaschinen erhalten.
                           Der Kreuzer wird bei W. G. Armstrong, Whitworth und Co.
                              									in Elswick gebaut, während ein Schwesterschiff mit Kolbenmaschinen bei Laird Bros, in Birkenhead in Auftrag gegeben ist.
                           Die Geschwindigkeit dieser Schiffe soll 21,75 Knoten = 40,32 km betragen und muss die
                              									Kolbenmaschine auf 1016 kg Maschinen- und Kesselgewicht 18 PSi leisten, es kommen also auf 1 PSi 56,44 kg.
                           Die neu zu bauenden zehn Stück Torpedojäger, die in der englischen Marine bisher alle
                              									reichlich schwach gebaut waren und zu vielen Unfällen Veranlassung gaben, sind bei
                              									der Abnahme mit einer grösseren Belastung – 125 t engl. Bunkerkohlen und Deckslast –
                              									einer vierstündigen Probefahrt zu unterziehen, auch ist man in der verlangten
                              									Geschwindigkeit auf 25,5 Knoten = 47,25 km zurückgegangen, trotzdem wird aber wohl
                              									kaum eine geringere Geschwindigkeit wie 30 Knoten oder 55,6 km erwartet werden.
                           Der mit Turbinenmaschinen auszurüstende Torpedojäger wird bei Hawthorn, Leslie und Co. in Newcastle-on-Tyne gebaut.
                            E. A.
                           
                        
                           Bücherschau.
                           Die Beleuchtung von Eisenbahnpersonenwagen mit besonderer Berücksichtigung der Elektrizität. Von Dr. Max Büttner, Mit 60 in den Text gedruckten Figuren. Berlin 1901, Julius Springer, und München, R. Oldenbourg.
                           In diesem ein spezielles Gebiet der Eisenbahnbeleuchtung behandelnden Werke sind die
                              									verschiedenen dermalen noch im Gebrauche befindlichen Beleuchtungssysteme und deren
                              									Einrichtungen für die Eisenbahn-Personen- und -Postwagen auf Grund sorgfältig
                              									gesammelter und gesichteter Daten eingehend beschrieben, die Vorzüge und Nachteile
                              									der verschiedenen Beleuchtungsarten im gegenseitigen Verhältnisse genau abgewogen
                              									und die Anlage und Betriebskosten auf Grund vorliegender Betriebsdaten eingehend
                              									berücksichtigt.
                           Dass hierbei die elektrische Beleuchtungsart mit besonderer Vorliebe behandelt wird,
                              									liegt wohl in der Natur der Sache begründet, da die oft traurigen Konsequenzen
                              
                              									mehrerer Eisenbahnunfälle vielfach auf das explosible Oelgas, welchem in neuerer
                              									Zeit, um eine grössere Leuchtkraft zu erzielen, bei einigen Bahnen das noch
                              									viel gefährlichere Acetylengas beigemengt wird, zurückgeführt werden, wohingegen die
                              									Ungefährlichkeit der elektrischen Beleuchtung nachgewiesen erscheint.
                              									Nichtsdestoweniger hat sich Verfasser bestrebt, die vollste Objektivität zu wahren
                              									und das vergleichende Urteil nur auf Grund sorgfältig erhobener Daten zu
                              									fällen.,
                           Es ist dieses Werk, welches einen bestimmten Gegenstand abgeschlossen behandelt,
                              									jedem, der sich für das in Rede stehende Thema interessiert, insbesondere aber dem
                              									Eisenbahntechniker um so mehr zu empfehlen, als die durchaus glatte und elegante,
                              									dabei aber auch deutliche Behandlungsweise das Interesse gefangen hält und sich die
                              									Ausstattung würdig dem gediegenen Inhalte anschliesst.
                            A. P.