| Titel: | Kleinere Mitteilungen. | 
| Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, Miszellen, S. 403 | 
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                        Kleinere Mitteilungen.
                        Kleinere Mitteilungen.
                        
                     
                        
                           Zur Gruppierung der Selbstschlussventile auf Grund ihrer Eigenschaften.
                           Unter den Selbstschlussventilen, welche wir in Nr. 12 und 13 dieses Jahrganges
                              									besprochen haben, hat sich die Gattung des unter VI., S. 188, Fig. 6 bis 8, angegebenen
                              									Ventils wesentlich zu ihren Gunsten verändert.
                           Fig. 1 und 2 stellen
                              									dasselbe in einer neuen Form dar: Statt des einfach durch den Dampfstrom im
                              									Augenblicke eines Rohrbruches mitzureissenden Kegelkörpers befindet sich unter dem
                              									eigentlichen Absperrkegel (Fig. 1 und 2) ein mit einem Cylinder g versehener Ventilteller e, welcher sich
                              									lose über einem festen Cylinder k verschiebt. Das
                              
                              									Innere dieses Cylinders ist durch eine Rohrleitung l
                              									mit dem Dampfkessel auf einem Nebenwege in Verbindung gebracht, so dass also der
                              
                              									genannte untere Ventilteller während des Betriebes von unten aus einer besonderen
                              									Leitung Kesseldampf und von oben her den Dampf erhält, welcher sich in dem
                              
                              									Absperrventilgehäuse befindet. Tritt nun ein Rohrbruch ein, so vermindert sich die
                              									Spannung des letztgenannten Dampfes, so dass nunmehr der frische Kesseldampf selbst,
                              									zugeführt durch die Leitung l, den Schluss bewirkt.
                           Der Selbstschlusskörper e kann durch den Hebel i von aussen gehandhabt, also auch von fernher durch
                              									irgend eine Leitung bethätigt werden. Ausserdem ist der Führungsstift durchbohrt, so
                              									dass beim Abheben des Tellers Dampf heraustreten kann, ein Signal für den
                              									Kesselwärter für den Fall der eingetretenen Wirkung des Ventiles.
                           Wenn schon diese Einrichtung der früheren Konstruktion, wie wir sie in dem
                              									angegebenen Artikel besprochen haben, entsprungen ist, so ist doch die eigentliche
                              									Grundlage eine andere, da die mitreissende Kraft des durch den Rohrbruch verstärkten
                              									Dampfstromes nicht mehr verwendet wird. Die Konstruktion lehnt sich in dieser
                              									Beziehung an die in den Fig. 19 und 20, Lincke, unseres
                              									früheren Berichtes an, wo ebenfalls der Kesseldampf unmittelbar zum Selbstschluss
                              									verwendet wird, ohne jedoch eine besondere äussere
                              									Leitung nötig zu haben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 403
                              Fig. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 403
                              Fig. 2.
                              
                           Die Erfüllung der zum Vergleich der verschiedenen Ausführungen gestellten Bedingungen
                              									stellt sich bei dem Ventil Hühner und Mayer nunmehr wie
                              									folgt:
                           
                           1. Unempfindlichkeit gegen zulässige Schwankungen der Spannung: Ist
                              									vorhanden.
                           2. Einstellbarkeit für verschiedene Spannungen: Kann leicht durch Anbringung einer
                              									Feder oder eines Stellgewichtes erreicht werden, ist aber bei der Verwendung des
                              									Kesseldampfes zum Schluss nicht erforderlich.
                           3. Möglichkeit der Prüfung der laufenden Teile von aussen her auf ihre Beweglichkeit:
                              									Wird durch den Hebel gewährleistet.
                           4. Sicherheit gegen Vernachlässigung wie Festsetzen: Ist im strengen Sinne genommen
                              										nicht vorhanden. Es ist denkbar, dass die
                              									Stopfbüchse der Ventilstange sich festsetzt, da eine Notwendigkeit, den Hebel zu
                              									bethätigen, nicht vorliegt. Eine jahrelange Unthätigkeit des Ventils kann die
                              									Aufmerksamkeit des Bedienungspersonals einschläfern, so dass das Ventil im
                              									Bedarfsfalle versagt.
                           5. Unabhängigkeit vom Willen des Bedienungspersonals: Auch diese Eigenschaft ist
                              									nicht vorhanden, da gerade die Möglichkeit erstrebt worden ist, jederzeit zum Ventil
                              									gelangen zu können. Es ist sowohl der Böswilligkeit anheimgestellt, das Ventil
                              
                              									festzusetzen, ohne dass es bei der täglichen Anstellung des Hauptventils bemerkt
                              									werden würde, als auch der Unachtsamkeit und Gedankenlosigkeit, geradezu etwas am
                              									Hebel aufzuhängen. So unwahrscheinlich dies auch im allgemeinen ist, so muss es doch
                              									als Faktor bei einer Einrichtung in Erwägung gezogen werden, die vielleicht ein
                              									Jahrzehnt lang nicht in Wirkung treten und deren Zweck z.B. bei Personalwechsel
                              									geradezu vergessen werden kann.
                           6. Möglichkeit, den Schluss von fernher zu bewirken: Ist vorhanden.
                           7. Verwendungsfähigkeit als Absperrventil: Das Ventil ist ein solches.
                           8. Unabhängigkeit von Schwankungen (Seedampfer): Ist unzweifelhaft vorhanden.
                           9. Möglichkeit, die Apparate verschiedener zusammen arbeitender Kessel von einer
                              									Zentrale aus zu bethätigen: Ist vorhanden, da nichts im Wege steht, den Hebel dazu
                              									zu verwenden.
                           Hiernach erfüllt der Apparat alle Bedingungen mit Ausnahme der unter 4. und 5.
                              									angeführten.
                           Haedicke.
                           
                        
                           Die Kostenfrage des Spiritus-Motorbetriebes.
                           Nachdem es keinem Zweifel unterliegt, dass die Spiritusbeheizung, vorläufig
                              									wenigstens für kleine Fahrzeuge, Vorteile vor der Kohlenfeuerung und besonders vor
                              									der Petroleumbeheizung hat, die sich namentlich in Annehmlichkeiten – kein Russ,
                              									kein Rauch, grosse Reinlichkeit, wenig Geruch – zeigen, tritt die Kostenfrage stark in den Vordergrund. Man rechnet –
                              									hoch – für 1 PS an Kohlen pro Stunde 1 kg. Da Spiritus etwa die doppelte Heizkraft
                              									besitzt, so ist die Annahme, dass 1 PS pro Stunde keinesfalls mehr als 500 g
                              									Spiritus gebrauchen wird, also etwas weniger als ½ l, als im grossen und ganzen
                              									richtig wohl anzunehmen. Der Marktpreis des Spiritus ist bekanntlich nicht
                              									unbedeutenden Schwankungen unterworfen, gegenwärtig ist er sehr niedrig für
                              									denaturierten Spiritus; er wird von einer grossen Berliner Spiritusglühlichtfabrik
                              									in 10 l-Kannen bereits für 25 Pfg. das Liter abgegeben, kostete – um zwei Beispiele
                              									anzuführen – Januar 1896 (94 % Alkohol) 22,40 M. pro 100 l, dagegen Dezember
                              									1900 (ebenfalls 94 %) 31 M. pro 100 l; seitdem ist der Preis stark gefallen. Für den
                              									Motorbetrieb dürfte rektifizierter, denaturierter Spiritus, jedoch von 86 % bis
                              									höchstens 90 % als praktischstes Beheizungsmittel Verwendung finden, wie das auch
                              									zur Beheizung der Spiritusgaslampen bei deren Konstruktion ausdrücklich vorgesehen
                              									ist. Es würde sich demnach, 25 M. als hoher Durchschnittspreis für 100 l
                              									Betriebsspiritus angenommen, die Beheizung pro Pferdekraft und Stunde bei
                              									Spiritusmotoren auf 12½ Pfennig
                                 										stellen.
                           Die beiden Harburger Probefahrzeuge hatten je einen viercylindrigen Motor der Fabrik
                              										Marienfelde von 16 PS. Derselbe würde also in der
                              									Stunde für 2 M. Beheizungskosten durch Spiritus erfordern. Petroleum würde die
                              									gleiche Menge erfordern, an Kohlen genügten 16 kg, jedoch ist zu bemerken, dass das
                              									Anheizen durch Spiritus und Petroleum wesentlich schneller erfolgt, dass also darin
                              									eine Ersparnis bei Anwendung flüssigen Heizmaterials erreicht wird. Es ist, die
                              									Petroleumpreise mit den Spirituspreisen in Vergleich gestellt, nicht zu leugnen,
                              									dass das Spiritusheizmaterial sich höher stellt, dagegen fällt die notwendige,
                              									sorgfältige, häufige Reinigung fort, wie der bei Petroleum niemals zu vermeidende
                              									oder zu unterdrückende üble Geruch, der erfahrungsgemäss sehr stört, und die
                              									Preisdifferenz ist nicht eine derartige, dass sie die Einführung von gewissen
                              									kleinen Klassen von Fahrzeugen mit Spiritusbetrieb wesentlich beeinträchtigen kann.
                              									Wenn bereits davon geträumt wird, die grossen Ozeanliner mit Spiritusheizung über
                              									die Meere gehen zu lassen, und von dem Interesse Kaiser Wilhelms II. in der
                              									Spiritusverwertung erhofft wird, dass die deutschen Linienschiffe und Kreuzer mit
                              									Spiritus beheizt werden, wie dies in der Deutschen
                                 										Tageszeitung vom 4. Mai 1902 schön und anschaulich dargestellt wurde – so
                              									bleibt dies nur ein Traum.
                           So weit sind wir denn doch noch lange nicht. Es spricht gegen die Einführung des
                              									Spiritus zu verschiedenen Zwecken auch ein Etwas, das häufig genug bei seiner
                              									Anführung überlegen lächelnd zurückgewiesen wird, das aber von jedermann, der praktisch mit den Objekten, welche durch Spiritus
                              									bethätigt werden, zu thun hat, sehr ernst genommen wird und auch ernst zu nehmen
                              									ist.
                           Für Ozeandampfer ist Spiritus einfach zu teuer, und sich
                              									in dieser Beziehung wie auch behufs Einführung für Kriegsschiffe Hoffnungen
                              									hinzugeben, heisst die Rechnungen nicht berücksichtigen zu wollen. Die Tonne (1000
                              									kg) Kohlen zu 15 M. angenommen, kosten 1000 PS in 24 Stunden höchstens 360 M., doch
                              									ist wohl zu beachten, dass der preussische Eisenbahnfiskus seinen Steinkohlenbedarf
                              									im Jahre 1901 von 5554618 t zu einem Durchschnittspreise von nur 10,26 M., im Jahre
                              									1900 sogar zu einem solchen von 9,07 M. gekauft hat, so dass sich, 10 M. pro 1 t zu
                              									Grunde gelegt, die 1000 PS auf rund 240 M. pro Tag stellen, also bei einem Dampfer
                              									wie „Deutschland“, der 35000 PS entwickelt, auf 8400 M. täglich und die
                              									Ueberfahrt nach Amerika auf 7 Tage angenommen, auf 58800 M. Ganz anders stellen sich
                              									die Kosten für Spiritus. Für 1000 PS sind nur etwa 500 kg stündlich notwendig,
                              									welche rund 150 M. (30 M. pro Hektoliter), also in 24 Stunden 3600 M. kosten Die
                              										„Deutschland“ würde täglich für 136800 M. Spiritus, in 7 Tagen aber für
                              									957600 M., also für 898800 M. auf einer einzigen Reise mehr
                                 										Heizmaterial brauchen als bisher!
                           
                        
                           Bücherschau.
                           Die Entseuchung der Viehwagen nach den gesetzlichen und
                                 										gesundheitstechnischen Anforderungen und die wirtschaftlichen Schäden der
                                 										Viehseuchen, insbesondere beim Eisenbahnverkehr. Von Adolf Freund. Sonderabdruck aus dem Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens.
                              
                              									Wiesbaden 1900. C. W. Kreidel.
                           Es ist das eine fleissige Arbeit, hauptsächlich fussend auf den Erfahrungen einer
                              									grossen Eisenbahn, die hinsichtlich ihrer Leistungen im Tiertransport zu den
                              									bedeutendsten Europas zählt. Nachdem der Verfasser zuförderst die Notwendigkeit
                              									bespricht, dass seitens der Eisenbahnen die Weiterverbreitung von Viehseuchen
                              									kräftigst bekämpft werde, und er sodann auf die einschlägigen gesetzlichen
                              									Bestimmungen Bezug nimmt, erhärtet er die schweren wirtschaftlichen Schädigungen,
                              									welche den Verkehrsanstalten durch Viehseuchen erwachsen können, durch
                              									ziffernmässige Beispiele. Daran knüpfen sich Darlegungen über das Wesen der
                              									Ansteckungen und die mechanischen oder chemischen Mittel und Wege, um ihren Gefahren
                              									in den zur Beförderung von Tieren dienenden Eisenbahnfahrzeugen zu begegnen. Ein
                              									besonderer Abschnitt ist den Versuchserfolgen gewidmet, welche die Kaiser Ferdinand Nordbahn mit der Reinigung der
                              									Viehwagen durch Waschen bezw. Bespritzen mit Chlorkalklösungen erzielt hat. Die sehr
                              									lesenswerte Schrift wird durch 39 statistische Zusammenstellungen in trefflicher
                              									Weise vervollständigt. Schliesslich möge aber noch bemerkt werden, dass die
                              
                              									Verdeutschung des Ausdruckes „Desinfektion“ durch „Entseuchung“ weder sprachlich noch sachlich gerechtfertigt
                              									erscheint. Man kann doch nur beispielsweise das entkleiden oder enthaupten, was Kleider trägt
                              									bezw. ein Haupt besitzt; Eisenbahnfahrzeuge können also auch nicht entseucht werden,
                              									da sie keinen Seuchen unterworfen sind, welche ja nur einen traurigen Vorzug der
                              									Lebewesen bilden. Auch bedeutet „Infektion“ wörtlich „Ansteckung“, welcher Begriff sich zu jenem von „Seuche“ wie Ursache zu Wirkung verhält; „Desinfektion“ hätte daher mit dem Worte „Entansteckung“ verdeutscht werden müssen, was freilich ganz
                              									entsetzlich klingt. Der Verein Deutscher Eisenbahnverwaltungen gebraucht in einer
                              									1899 erschienenen Zusammenstellung von gesetzlichen Bestimmungen an Stelle des
                              									Wortes „Desinfektion“ die Verdeutschung „Beseitigung von Ansteckungsstoffen“; das ist allerdings etwas lang,
                              									dafür aber richtig.